OGH 3Ob532/89

OGH3Ob532/8914.6.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gertrude G***, Krankenpflegerin, Salzburg, Schwalbenstraße 6, vertreten durch Dr. Günther Stanonik, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Hedwig F***, Altenpensionsinhaberin, Lochen, Intenham Nr. 16, vertreten durch Hans Freyborn, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen restlich 1 Mill. S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 27. Jänner 1989, GZ 5 R 44/88-41, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 10. Dezember 1987, GZ 1 Cg 225/87-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen vierzehn Tagen die mit 18.667,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 3.111,30 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 23. Februar 1987 unterfertigte die Beklagte einen mit 1. Oktober 1987 datierten, tatsächlich aber von der Klägerin am 10. Jänner 1987 vorbereiteten Schuldschein, wonach sie der Klägerin seit einiger Zeit 1,2 Mill. S schulde. Dieser Betrag werde aus der Erbschaft von Maria K*** nach Erhalt des Gerichtsbeschlusses (gemeint war die Einantwortungsurkunde) in bar ausbezahlt (Beilage A).

Zwischen den Parteien ist strittig, ob sich dieser Schuldschein auf zugezählte Darlehen (Standpunkt der Klägerin) oder zumindest teilweise auf ein Schenkungsversprechen (Standpunkt der Beklagten) beziehen sollte.

Die Klägerin behauptet, sie habe der Beklagten Darlehen von insgesamt 1,2 Mill. S zugezählt, zusätzlich dazu schulde ihr die Beklagte eine Million auf Grund eines Schenkungsversprechens. Sie begehrte 1,2 Mill. S samt mündlich vereinbarter 9,75 % Zinsen seit 23. Februar 1987.

Die Beklagte macht geltend, sie habe nur ein Darlehen von 200.000 S erhalten. Weiters habe sie der Klägerin aus Dankbarkeit für das Wiederauffinden des Originaltestaments der am 24./25. November 1986 verstorbenen Maria K*** die Zahlung des Betrages von 1 Mill. S versprochen. Die Rückzahlung des Darlehens und die Erfüllung des Schenkungsversprechens seien noch nicht fällig, weil beides erst für die Zeit des Eingangs des Verkaufserlöses eines Hauses aus der fraglichen Erbschaft zugesagt worden sei. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Das Erstgericht nahm die Gewährung von Darlehen in der Höhe von insgesamt 1,2 Mill. S als erwiesen an, verurteilte die Beklagte zur Zahlung dieses Betrages samt 4 % Zinsen seit 23. Februar 1987 und wies das Zinsenmehrbegehren von 5,4 % (richtig 5,75 %) ab, welche Teilabweisung in Rechtskraft erwachsen ist.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes im Umfang von 200.000 S sA, änderte es jedoch im Mehrbegehren von 1 Mill. S samt Anhang dahin ab, daß das Klagebegehren in diesem Umfang abgewiesen wurde.

Das Berufungsgericht nahm eine Beweiswiederholung vor und traf abweichend vom Erstgericht folgende Tatsachenfeststellungen:

Ob die Klägerin der Beklagten außer der Zuzählung eines Darlehens von 200.000 S weitere Darlehen in Höhe von 1 Mill. S gewährt hat, konnte nicht festgestellt werden. Es ist möglich, daß dies der Fall war und die Beklagte dies mit dem Schuldschein bestätigte, es ist aber ebenso möglich, daß dies nicht der Fall war und die Bestätigung im Schuldschein dem Zweck diente, das Schenkungsversprechen der Beklagten anläßlich der Auffindung des Originals des Testaments der Maria K*** schriftlich festzuhalten.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, daß der Schuldschein wegen des nicht genannten Rechtsgrundes keinen Beweis für ein gewährtes Darlehen darstelle. Ein abstraktes Schuldversprechen sei dem österreichischen Recht fremd. Die Klägerin treffe daher die Beweislast für den im Schuldschein nicht offengelegten Rechtsgrund.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt. Bei der Darlehensklage trifft den Kläger die Beweislast für die Zuzählung eines Geldbetrags als Darlehen und dessen Höhe sowie für den Ablauf des Rückzahlungstermins (Beispiel bei Fasching, Lehrbuch Rz 875). Diesen Beweis hat die klagende Partei im vorliegenden Rechtsstreit nicht erbracht.

Gemäß § 294 ZPO ist zwar davon auszugehen, daß die Beklagte den strittigen Schuldschein unterfertigt und damit am 23. Februar 1987 einbekannt hat, der Klägerin seit einiger Zeit 1,2 Mill. S zu schulden. Ob sich jedoch dieses Schuldbekenntnis auf ein zugezähltes Darlehen oder auf eine andere Schuld bezog, kann der Privaturkunde nicht entnommen werden. Woraus ersichtlich sein soll, daß es sich dabei um ein Gelddarlehen gehandelt haben müsse, wird in der Revision nicht verständlich gemacht. Sicherlich fehlen Hinweise dafür, daß der Schuldschein etwa über eine Kaufpreisschuld ausgestellt worden sein könnte. Das Berufungsgericht führt aber dieses Beispiel nur an, um zu verdeutlichen, daß sich ein bloßes Schuldbekenntnis auf alle möglichen Rechtsgründe beziehen kann. Ebenso naheliegend wie die nachträgliche Bestätigung über eine Darlehensschuld ist im vorliegenden Fall die schriftliche Bestätigung des zuvor nur mündlich abgegebenen Schenkungsversprechens. Gerade der Hinweis auf die Erbschaft, die Formulierung, daß der Betrag "aus" dieser Erbschaft geleistet und "ausbezahlt" (nicht etwa zurückbezahlt!) werde, sind Indizien für die Bestätigung des nicht strittigen Schenkungsversprechens. Der strittige Schuldschein erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 1001 ABGB, weil er nicht Aufschluß darüber gibt, daß eine Darlehensschuld einbekannt wurde, sodaß nicht zu untersuchen ist, inwieweit diese Bestimmung wegen § 272 ZPO überhaupt noch praktische Bedeutung hat (vgl. dazu ausführlich Stanzl in Klang2 IV/1, 762 f. und Schubert in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 1001). Mangels Angabe eines Rechtsgrundes kann es aber nach der oben dargestellten, die Klägerin treffenden Beweislast der Beklagten nicht schaden, daß im vorliegenden Fall auch der Beweis fehlt, daß der Schuldschein keine Darlehensschuld betrifft.

Die klagende Partei hat nie geltend gemacht, daß der strittige Schuldschein ein konstitutives Anerkenntnis oder einen Vergleich enthalten habe. Es sind auch im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, daß die klagende Partei vor der Unterfertigung des Schuldscheines die Rückzahlung einer Darlehensschuld gefordert hätte, die die Beklagte anerkennen sollte, oder daß hierüber zwischen den Streitteilen Differenzen bestanden hätten, die durch einen Vergleich bereinigt werden sollten (vgl. dazu RdW 1989, 62). Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte