OGH 3Ob526/94

OGH3Ob526/9425.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Gerstenecker und Dr.Pimmer als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Christian R*****, geboren 24.5.1980, wegen Unterhalts, infolge Rekurses des Amtes für Jugend und Familie *****, als besonderer Sachwalter gemäß § 212 Abs 2 ABGB, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 8.März 1994, GZ 44 R 227/94-91, womit sein Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Bruck an der Leitha vom 2.Februar 1994, GZ P 72/92-87, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Dem Rekursgericht wird die neue Entscheidung über den Rekurs unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung

Nach der einverständlichen Scheidung der Eltern kam die Obsorge über den mj. Christian R***** vorerst der Mutter Friederike R***** zu, die am 28.7.1989 die schriftliche Zustimmung zur Vertretung des Minderjährigen für die Durchsetzung der Unterhaltsansprüche (§ 212 Abs 2 ABGB) durch das (damalige) Bezirksjugendamt *****gab.

Mit Beschluß vom 18.9.1992 wurde die Obsorge von der Mutter Friederike R***** auf den Vater Peter R***** übertragen.

Am 14.2.1994 gab der Vater die niederschriftliche Zustimmung zur Vertretung des Minderjährigen für die Durchsetzung der Unterhaltsansprüche (§ 212 Abs 2 ABGB) durch das Amt für Jugend und Familie *****. Diese Niederschrift langte am 18.2.1994 beim Erstgericht ein.

Das Rekursgericht wies den am 16.2.1994 beim Erstgericht eingelangten Rekurs des Sachwalters gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 2.2.1994 über Unterhaltsbestimmung mit dem angefochtenen Beschluß zurück. Der Jugendwohlfahrtsträger habe seine Vertretungsbefugnis rechtsgeschäftlich von der Obsorgebefugnis der Mutter abgeleitet. Mit dem Erlöschen der Obsorgebefugnis der Mutter sei die Vertretungsbefugnis des Jugendwohlfahrtsträgers erloschen. Das Rekursgericht sprach aus, der "ordentliche Revisionsrekurs" sei zulässig, weil hiezu keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Das gegen die Zurückweisung seines Rekurses gerichtete Rechtsmittel des Sachwalters ist zulässig (§ 14 Abs 1 AußStrG) und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Fälle der Beendigung der Vertretungsbefugnis des Jugendwohlfahrtsträgers als Sachwalter nach § 212 Abs 2 ABGB sind in § 212 Abs 5 ABGB geregelt. Die Sachwalterschaft endet mit schriftlichem Widerruf der Zustimmung durch den gesetzlichen Vertreter oder Enthebung durch das Gericht auf Antrag des Jugendwohlfahrtsträgers, wenn der Jugendwohlfahrtsträger zur Wahrung und Durchsetzung der Kinderrechte nichts mehr beizutragen vermag.

Diese Fälle liegen hier nicht vor. Der Umstand, daß nun dem anderen Elternteil die Obsorge zukommt, kann allein eine Beendigung der Sachwalterschaft nach § 212 Abs 2 ABGB nicht bewirken.

Das Rekursgericht übersieht weiters, daß bereits eine schriftliche Zustimmung des nun obsorgeberechtigten Vaters zur Vertretung des Minderjährigen durch den Jugendwohlfahrtsträger als Sachwalter nach § 212 Abs 2 ABGB vorlag. Die Bestellung zum Sachwalter wird bereits mit dem Einlangen des Ersuchens, der Zustimmungserklärung oder dem Abschluß der Niederschrift hierüber beim Jugendwohlfahrtsträger wirksam (Pichler in Rummel2, Rz 4 zu § 212 ABGB; Schwimann in Schwimann, ABGB, Rz 3 zu § 212).

Das Rekursgericht darf daher eine Entscheidung über den Rekurs des Sachwalters nicht mangels Vertretungsbefugnis ablehnen.

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