Spruch:
Dem Revisionsrkeurs wird teilweise Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß der Antragsgegner verpflichtet wird, der Antragstellerin binnen 14 Tagen als Abgeltung für ihre Mitwirkung im Erwerb des Antragsgegners den Betrag von 70.000 S (siebzigtausend) samt 4 % Zinsen ab 30.3.1984 zu zahlen, während das Mehrbegehren abgewiesen wird.
Die Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
Text
Begründung
Die Streitteile waren vom 2.6.1976 bis 14.1.1985 verheiratet. Neben der Betreuung des aus den beiden Streitteilen und einem 1977 geborenen Kind bestehenden Haushaltes arbeitete die Antragstellerin seit dem Jahr 1979 bis Ende September 1983 im Friseurbetrieb des Antragsgegners mit.
Am 30.3.1984 stellte sie für die Zeit von März 1981 bis September 1983 den Antrag auf Abgeltung ihrer Mitwirkung im Erwerb des Antragsgegners gemäß § 98 ABGB und begehrte ursprünglich einen Betrag von S 280.000,--, den sie zu Beginn der Tagsatzung vom 29.10.1984 auf 184.000,-- S einschränkte.
Der Antragsgegner beantragte die gänzliche Abweisung des Antrages.
Das Erstgericht verpflichtete den Antragsgegner zur Zahlung eines Abgeltungsbetrages von S 35.000,-- und wies das Mehrbegehren von S 149.000,-- ab.
Das Gericht zweiter Instanz änderte diesen Beschluß dahin ab, daß der Antrag der Antragstellerin zur Gänze abgewiesen wurde. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte das Gericht zweiter Instanz als zulässig.
Die Vorinstanzen trafen kurz zusammengefaßt folgende Tatsachenfeststellungen:
Die Arbeitsleistungen der Antragstellerin entsprachen auf Grund ihrer Fähigkeiten der eines Lehrmädchens, das etwa halbtägig beschäft gewesen wäre, wodurch sich der Antragsgegner im strittigen Zeitraum (März 1981 bis September 1983) einen Betrag von S 70.000,-- ersparte. Eine Entlohnung für diese Arbeit war zwischen den Streitteilen nicht vereinbart und wurde vom Antragsgegner auch nicht geleistet.
Der Antragsgegner kam allerdings für den Unterhalt der Familie auf, wobei er der Antragstellerin nur ein sehr knapp bemessenes aber gerade ausreichendes Wirtschaftsgeld zur Verfügung stellte und ihr manchmal zusätzlich etwas zum Kauf von Kleidung gab. Der Antragsgegner erzielte in seinem Friseurbetrieb einen Monatsumsatz zwischen S 70.000,-- und S 100.000,--. Im Betrieb waren außer den Streitteilen meistens zwei Friseurgehilfinnen und zeitweise noch ein Lehrling tätig.
Die Antragstellerin hatte in die Ehe einen größeren Bargeldbetrag eingebracht, der für gemeinsame Anschaffungen für die Ehewohnung verbraucht wurde. Im Jahr 1978 schloß der Antragsgegner für sich und für die Antragstellerin je einen Prämiensparvertrag ab, wobei er pro Quartal jeweils 5.000 S einzahlte. Als die Prämiensparverträge in Frühjahr 1983 fällig wurden, erhielt die Antragstellerin einen Betrag von S 118.000,-- ausbezahlt, den sie für private Zwecke (Finanzierung von Investitionen im Hause ihres Vaters) verwendete. Im März 1979 erwarben die Streitteile ein Grundstück um 250.000,--, wobei im Grundbuch beide Teile je zur Hälfte als Eigentümer eingetragen wurden. Den Kaufpreis leistete der Antragsgegner.
Das Erstegricht war auf Grund dieses Sachverhaltes der Ansicht, daß der Antragstellerin etwa die Hälfte des an sich als Lohn angemessenen Betrages von S 70.000,-- gebühre, weil sie immerhin Unterhalt erhalten habe und durch die Einzahlungen des Antragsgegners auf das Prämiensparbuch in der Höhe von ca.S 40.000,-- im gegenständlich maßgeblichen Zeitraum von März 1981 bis Frühjahr 1983 auch am Gewinn entsprechend beteiligt gewesen sei. Das Gericht zweiter Instanz war hingegen der Auffassung, der als Höchstbetrag in Betracht kommende Entgeltanspruch von S 70.000,-- (nämlich die ersparten Lohnkosten) sei durch den Erhalt des Betrages von S 118.000,-- aus dem Prämiensparbuch hinreichend abgegolten. Gegen den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wendet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, daß der Antragstellerin ein Betrag von S 140.000,-- zugesprochen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Antragsgegner erstattete eine Revisionsrekursbeantwortung und beantragte, dem Revisionsrekurs der Antragstellerin keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Dem Revisionsrekurs kommt teilweise Berechtigung zu. Gemäß § 98 ABGB gebührt einem Ehegatten für die Mitwirkung im Erwerb eines anderen Ehegatten eine angemessene Abgeltung, die sich einerseits nach der Art und Dauer der Leistungen richtet, die aber auch die gesamten Lebensverhältnisse einschließlich der gewährten Unterhaltsleistungen angemessen zu berücksichtigen hat. Ausgehend vom Wesen der Ehe als einer umfassenden Lebens- und auch Risikogemeinschaft betont diese Formulierung des Gesetzes den familienrechtlichen Charakter des Abgeltungsanspruches. Die Mitwirkung eines Ehegatten im Erwerb des anderen begründet daher nicht einen Vergütungsanspruch wie bei einem Arbeitsverhältnis sondern eher eine Art Gewinnbeteiligungsanspruch ähnlich dem Anspruch aus einem Gesellschaftsverhältnis (SZ 56/95, GesRZ 1985, 147, EFSlg.44907).
Unrichtig ist in diesem Zusammenhang die Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz, der Abgeltungsanspruch könne keinesfalls höher als der fiktive Lohnanspruch oder der Betrag an ersparten Lohnaufwendungen für einen ohne die Mitarbeit des Ehegatten allenfalls beschäftigten Arbeitnehmer sein (S.13 der Entscheidung zweiter Instanz). Dem mitwirkenden Ehegatten steht vielmehr ein angemessener Anteil an einem gemeinsam erwirtschafteten Gewinn zu. Es gibt daher einerseits Fälle, in denen mangels eines erzielten Gewinnes trotz intensiver Mitwirkung kein Abgeltungsanspruch gebührt. Es gibt Fälle, in denen dieser angemessene Anteil am Gewinn etwa dem Wert der Mitwirkungsleistung entspricht, dann ist der Abgeltungsanspruch ungefähr in der Höhe des fiktiven Lohnanspruches festzusetzen. Es gibt aber auch Fälle, in denen durch die Mitwirkung ein Gewinn erzielt wird, dessen Anteil über den reinen Wert der erbrachten Mitwirkungsleistungen am Arbeitsmarkt weit hinausgeht, und in einem solchen Fall ergibt sich aus der partnerschaftlichen Struktur der Ehe dann entgegen der Auffassung der zweiten Instanz sehr wohl, daß der Abgeltungsanspruch auch höher sein kann als der reine Wert der erbrachten Arbeitsleistungen. Der erkennende Senat tritt in dieser Frage daher der von der zweiten Instanz abgelehnten Auffassung von Schwind (Kommentar zum österr.Eherecht, 2. Auflage, 83) bei.
Im vorliegenden Fall kann aufgrund der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen, der Größe des Betriebes und der festgestellten Monatsumsätze davon ausgegangen werden, daß der der Antragstellerin gebührende Anteil am Gewinn des Antragsgegners jedenfalls etwa der Höhe des Wertes der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen entspricht.
Soweit die Antragstellerin in ihrem Revisionsrekurs den Versuch unternimmt, den reinen Wert ihrer Arbeitsleistungen entgegen der Tatsachenfeststellung der Vorinstanzen höher anzusetzen, ist darauf hinzuweisen, daß dies schon deshalb nicht möglich ist, weil gemäß § 232 Abs.2 AußStrG nur der Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung offensteht.
Eine vertragliche Regelung des Mit- oder Zusammenwirkens der Ehegatten im Erwerb erfolgte nach den getroffenen Feststellungen nicht, auch nicht konkludent, sodaß kein Ausschlußgrund nach § 100 ABGB gegeben ist.
Es erfolgte aber auch keine Beteiligung am gemeinsam erwirtschafteten Gewinn in anderer Weise, sei es durch Gewährung eines erhöhten Unterhaltes oder durch sonstige Zuwendungen, die unter Umständen auch ohne ausdrückliche Bezugnahme auf die Mitwirkung im Erwerb berücksichtigt werden könnten (vgl.Schwind, aaO 84 oder EFSlg 44907).
Zwar kam der Antragsgegner für den Unterhalt der Antragstellerin in natura auf. Aus den getroffenen Feststellungen ergibt sich aber, daß dies nur in sehr knapper Form geschah, indem nur der notwendigste Mindestunterhalt abgedeckt wurde. Der Fall, daß die Antragstellerin wegen des durch ihre Mitarbeit im Betrieb des Antragsgegners gestiegenen Einkommen des Antragsgegners einen höheren Unterhalt erhielt, liegt daher nicht vor. Ein automatisches Abziehen der tatsächlich erbrachten Unterhaltsleistungen hat aber in diesem Zusammenhang jedenfalls nicht zu erfolgen (vgl. Fenyves in Ostheim, Schwerpunkte der Familienrechtsreform 1977/1978, 149). Die Einzahlungen auf die beiden Prämiensparbücher begannen schon vor Beginn der Mitarbeit der Antragstellerin völlig unabhängig von der späteren Mitwirkung. Sie wurden - eben deshalb - auch nicht erhöht, als ab dem Jahr 1979, und zwar zunächst eher in geringer Form und erst nach und nach intensiver werdend, die Mitwirkung der Antragstellerin im Betrieb des Antragsgegners einsetzte. Wenn daher der Betrieb schon vorher ohne die Mitwirkung der Antragstellerin die Ansparung von je 5000 S pro Quartal gestattete ( und zwar abgesehen von Investitionen in das Unternehmen und später Anschaffung eines aufwendigen PKW, vgl.AS bzw.Beil.G), kann die bloße Fortsetzung der Einzahlungen hier nicht als gänzliche oder auch nur teilweise Abgeltung der Mitwirkung im Erwerb behandelt werden. Ähnliches gilt für den Grundkauf, der im März 1979 erfolgte, also zu einem Zeitpunkt, als die Mitarbeit der Antragstellerin gerade erst einsetzte bzw. begann, Früchte zu tragen. Auf die beiden Prämiensparverträge und den Grundkauf könnte daher nur im Rahmen des Aufteilungsverfahrens nach §§ 81 ff EheG Bedacht genommen werden, sofern nicht ein solches in diesem Zusammenhang (Prämiensparbücher und Grundkauf), möglicherweise deshalb entbehrlich ist, weil die Ehegatten die der Billigkeit entsprechende Aufteilung ohnedies schon dadurch vorweggenommen haben, daß die ehelichen Ersparnisse von vorneherein schon während aufrechten Bestandes der Ehe entsprechend zugeeignet wurden. Daß hingegen alle, wann immer während der Dauer der Ehe geschehenen Vermögensvorgänge nicht nur im Aufteilungsverfahren nach §§ 81 ff EheG sondern sozusagen immer und vorrangig auch im Verfahren über die Abgeltung der Mitwirkung eines Ehegatten im Erwerb des anderen berücksichtigt werden müßten, kann dem Gesetz (§ 98 ABGB, § 83 Abs.2 EheG) nicht entnommen werden. Die angemessene Berücksichtigung der gesamten Lebensverhältnisse der Ehegatten spricht daher im vorliegenden Fall alles in allem dafür, daß der Antragstellerin der oben dargelegte Betrag von 70.000,- S ohne Reduktion gebührt, in welchem Sinn die Entscheidungen der beiden Vorinstanzen abzuändern waren. Bei diesem Verfahrensausgang entspricht es unter Berücksichtigung der Vermögenslage der Antragstellerin gemäß § 234 AußStrG der Billigkeit, die Kosten aller drei Instanzen gegeneinander aufzuheben, auch wenn die Antragstellerin zunächst ein mehr als doppelt so hohes Begehren stellte, wie es jetzt als angemessen festgestellt wurde.
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