Normen
AußStrG §1
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §1
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §13
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §18
EO §10
JN §1
ZPO §411
ZPO §519
AußStrG §1
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §1
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §13
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §18
EO §10
JN §1
ZPO §411
ZPO §519
Spruch:
Zulässigkeit des Rekurses gegen einen Beschluß des Berufungsgerichtes, womit unter Nichtigerklärung des erstinstanzlichen Urteiles die Abtretung nach § 18 der 6. DVzEheG. an den Außerstreitrichter verfügt wird. (Entgegengesetzt SZ.XXIV/297.)
Der Streit um die Durchführung einer außergerichtlichen oder einer gerichtlichen, aber nicht in geeigneter vollstreckbarer Form getroffenen Einigung oder um die Ergänzung eines Exekutionstitels nach § 10 EO. gehört - sofern er die im § 1 der 6. DVzEheG. erwähnte Materie betrifft - vor den Außerstreitrichter.
Entscheidung vom 8. April 1954, 3 Ob 500/53.
I. Instanz: Bezirksgericht Fünfhaus; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Die Prozeßparteien haben am 12. September 1949 zu 15 Cg 686/49 des Landesgerichtes für ZRS. Wien im Zuge ihres Ehescheidungsprozesses einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, in dem der Ehegatte sich verpflichtete, der Gattin innerhalb einer bestimmten Frist eine Wohnung in Hauptmiete zu beschaffen. Für den Fall des fruchtlosen Verstreichens dieser Frist verpflichtete sich der Gatte, die Abtretung der Hauptmietrechte an der ehelichen Wohnung an die Gattin dem Hauseigentümer gegenüber zu erklären. Die Gattin verpflichtete sich, binnen 14 Tagen nach rekommandierter schriftlicher Verständigung durch den Beklagten über die Zurverfügungstellung der oben bezeichneten Ersatzwohnung die eheliche Wohnung zu verlassen.
Die Ehe wurde am 12. September 1949 rechtskräftig geschieden.
Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 19. Jänner 1950, 51 E 472/50, wurde dem Ehemann auf Grund des gerichtlichen Vergleiches wider die Ehegattin die Räumungsexekution bewilligt.
Die Genannte hat am 15. April 1950 zu 51 C 516/51, des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien eine Klage gemäß § 36 EO. eingebracht, in der sie geltend machte, daß eine Ersatzwohnung nicht zur Verfügung gestellt worden sei. Das Berufungsgericht hat dem Klagebegehren stattgegeben und die Exekutionsbewilligung aufgehoben. Dieses Urteil wurde vom Obersten Gerichtshof am 11. Juni 1952 bestätigt.
Die geschiedene Gattin stellte am 18. September 1951 gemäß § 17 der
6. DVzEheG. beim Bezirksgericht Fünfhaus im Verfahren außer Streitsachen den Antrag, den gerichtlichen Vergleich dahin abzuändern, daß das Mietverhältnis an der ehelichen Wohnung von der Antragstellerin allein fortgesetzt werde und der Antragsgegner verpflichtet sei, die Wohnung zu räumen.
Das Gericht erster Instanz hat diesen Antrag am 4. November 1952 mit der Begründung abgewiesen, daß der geschiedene Gatte auf Grund des Vergleiches ohnedies bei Exekution verpflichtet sei, die Abtretung seiner Hauptmietrechte an die Antragstellerin dem Hauseigentümer gegenüber zu erklären. Es läge daher bereits ein Exekutionstitel vor, der sich mit dem Begehren der Antragstellerin decke. Das Bezirksgericht übersah hiebei, daß das wider den geschiedenen Gatten gerichtete Räumungsbegehren des Antrages durch den Vergleich nicht gedeckt war.
Dieser Beschluß ist in Rechtskraft erwachsen.
Kurz vor seiner Fällung hat die geschiedene Gattin am 18. Oktober 1952 zu 7 C 1290/52 des Bezirksgerichtes Fünfhaus wider den geschiedenen Gatten eine Räumungsklage eingebracht, in der sie ausführte, der Beklagte habe ihr die Hauptmietrechte an der Wohnung bereits übertragen und halte sich seither ohne Rechtsgrund in der Wohnung auf.
Das Gericht erster Instanz gab dem Klagebegehren statt. Aus Anlaß der Berufung des Beklagten hob das Berufungsgericht das Urteil als nichtig auf und gab die Sache gemäß § 18 der 6. DVzEheG. an das Bezirksgericht Fünfhaus in das außerstreitige Verfahren ab.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Klägerin nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Rekurs ist zulässig, denn § 519 Z. 2 ZPO. betrifft nur solche Aufhebungsbeschlüsse wegen Nichtigkeit, mit welchen gleichzeitig die Zurückweisung der Klage ausgesprochen wird. Der Gesetzgeber will daher solche Beschlüsse, welche zufolge einer Nichtigkeit des Verfahrens, die eine weitere Verhandlung nicht notwendig macht (§ 478 ZPO.), die Streitanhängigkeit durch Zurückweisung der Klage beenden, der Anfechtung nicht entziehen, da in solchen Fällen eine den Prozeß endgültig beendende Entscheidung vorliegt. Erfolgt eine Aufhebung des Ersturteiles wegen Nichtigkeit ohne Zurückweisung der Klage, wird die Streitanhängigkeit dadurch nicht berührt. Wird nun bedacht, daß in allen Fällen, in welchen der ordentliche Rechtsweg zulässig ist, daher auch in den Fällen der Zuständigkeit des Außerstreitrichters die Aufhebung wegen Nichtigkeit gleichzeitig mit der Zurückweisung der Klage zu erfolgen hat, § 18 der 6. DVzEheG., der eine Abgabe an den Außerstreitrichter vorsieht, jedoch eine Sondernorm darstellt, die eine Zurückweisung der Klage im ordentlichen Rechtsweg entbehrlich macht, so besteht zwischen der Aufhebung von Urteilen wegen Nichtigkeit, welche mit der Abgabe nach der bezogenen Gesetzesstelle verbunden ist, und solchen Beschlüssen, welche das Ersturteil sowie das vorangegangene Verfahren wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zufolge Zuständigkeit des Außerstreitrichters aufheben, aber gleichzeitig die Klage zurückweisen, kein wesentlicher Unterschied. Da in beiden Fällen die Streitanhängigkeit endgültig beendigt wird, wobei im Falle der Abgabe nach § 18 der 6. DVzEheG. lediglich die formelle Klagszurückweisung zu entfallen hat, ist auch der letztere Fall dem § 519 Z. 2 ZPO. sinngemäß zu unterstellen und der mit der Aufhebung verbundene Abgabebeschluß als einer der im Berufungsverfahren ergehenden Beschlüsse anzusehen, gegen welche der Rekurs statthaft ist. Die entgegenstehende Entscheidung SZ. XXIV/297 kann daher nicht aufrechterhalten werden.
Sachlich ist der Rekurs jedoch nicht begrundet.
Aus § 18 der 6. DVzEheG. ergibt sich eine Erweiterung der Kompetenz des Außerstreitrichters gegenüber § 1 derselben Verordnung. Denn nach § 1 könnte man annehmen, daß die Zuständigkeit des Außerstreitrichters nicht gegeben ist, wenn die Ehegatten sich über die Ehewohnung außergerichtlich geeinigt haben und nicht eine Abänderung dieser Vereinbarung, sondern nur ihre gerichtliche Durchsetzung erfolgen soll. Aus § 18 ergibt sich aber, daß alle Ansprüche hinsichtlich der Ehewohnung vor den Außerstreitrichter gehören, auf Grund welchen Titels immer sie erhoben werden. Es gehört also auch der Streit um die Durchführung einer außergerichtlichen oder einer gerichtlichen, aber nicht in geeigneter vollstreckbarer Form getroffenen Einigung, oder um die Ergänzung eines Exekutionstitels nach § 10 EO. vor den Außerstreitrichter.
Es ist allerdings richtig, daß der Streitrichter seine Zuständigkeit nicht ablehnen könnte, wenn der Außerstreitrichter sich, wenn auch zu Unrecht, für unzuständig erklärt hätte. Aber der Außerstreitrichter hat sich mit dem Beschlusse vom 5. November 1952 nicht für unzuständig erklärt. Er hat den Antrag der Klägerin, die getroffene Vereinbarung dahin abzuändern, daß das Mietverhältnis von ihr allein fortgesetzt werde und daß der Beklagte die Wohnung zu räumen habe, meritorisch abgewiesen.
Eine solche Abweisung kann die zwingende Vorschrift der §§ 13, 18 der 6. DVzEheG. nicht berühren.
Daher war der angefochtene Beschluß zu bestätigen.
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