OGH 3Ob40/84

OGH3Ob40/8413.6.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Annemarie W*****, vertreten durch Dr. Otto Wendling, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wider die verpflichteten Parteien Maria und Siegfried W*****, wegen 7.180 S samt Nebengebühren und anderer Forderungen, infolge Revisionsrekurses der beigetretenen betreibenden Partei Fa. I*****, vertreten durch Dr. Herwig Grosch, Rechtsanwalt in Kitzbühel, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 5. August 1983, GZ 3 R 545/83-53, womit der Meistbotsverteilungsbeschluss des Bezirksgerichts Kitzbühel vom 29. April 1983, GZ E 221/81-46, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Firma I***** Gesellschaft mbH hat die Kosten des Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Im Beschluss über die Verteilung des für die Liegenschaft EZ ***** II KG ***** erzielten Meistbots von 321.500 S samt Zinsen wies das Erstgericht aus dem Kapital unter anderen der Beitrittsgläubigerin S***** zur teilweisen Berichtigung der unter COZ 4 einverleibten und mit diesem Betrag aushaftenden Forderung von 625.000 S den Teilbetrag von 58.750 S, der Beitrittsgläubigerin I***** Gesellschaft mbH zur vollständigen Berichtigung der unter COZ 7 einverleibten Forderung 50.529 S und schließlich der S***** zur teilweisen Berichtigung im Rang COZ 27 weitere 116.943,72 S zu, sodass der S***** aus dem Meistbotskapital insgesamt 175.693,72 S zugewiesen wurden.

Da nach Ansicht des Erstgerichts Anträge auf unverhältnismäßige Befriedigung fehlten, nahm es für jene Gläubiger, die ihre Forderung simultan auch auf der Liegenschaft EZ ***** II KG ***** einverleibt hatten, eine verhältnismäßige Berichtigung vor, wobei es aus der Verhältnisrechnung zur letztgenannten Liegenschaft mit einem Verkaufserlös von 3.100.000 S einen Anteil von 9,4 % ermittelte.

Dagegen, dass ihr nicht weitere 145.459,03 S aus dem Miestbotskapital und entsprechende weitere Meistbotszinsen zugewiesen wurden, erhob die S***** Rekurs, dem das Gericht zweiter Instanz mit dem angefochtenen Beschluss im Wesentlichen stattgab und der damaligen Rechtsmittelwerberin aus dem Meistbotskapital zur teilweisen Berichtigung der unter COZ 4 einverleibten, mit 625.000 S aushaftenden und nach Meinung des Gerichts zweiter Instanz in dieser Höhe zur unverhältnismäßigen Befriedigung angemeldeten Forderung und der mit 5.067,46 S bestimmten Rekurskosten 320.780,75 S zuwies, wodurch bei Berücksichtigung der unbekämpft gebliebenen Vorzugspost von 719,25 S das Meistbot erschöpft wurde, sodass alle weiteren Gläubiger leer ausgingen.

Aufgrund des hg Beschlusses vom 11. 1. 1984, 3 Ob 159/83, berichtigte das Gericht zweiter Instanz seine Entscheidung durch den gemäß § 78 EO und den §§ 526 Abs 3 und 500 Abs 3 ZPO vorgesehenen Ausspruch, dass der Rekurs nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei und begründete diesen Ausspruch damit, dass den entscheidungswesentlichen Rechtsfragen, ob in der Forderungsanmeldung der S***** ein Antrag auf verhältnismäßige oder unverhältnismäßige Befriedigung zu erblicken sei und wie die Forderungsanmeldung zur Verteilungstagsatzung beschaffen sein müsse, erhebliche Bedeutung im Sinn der letztzitierten Gesetzesstelle zukomme.

Gegen den Beschlusss der zweiten Instanz richtet sich der auf Wiederherstellung der vom Erstgericht vorgenommenen Zuweisung von 50.529 S samt Fruktifikatszinsen, hilfsweise auf Aufhebung zielende Revisionsrekurs der Beitrittsgläubigerin I***** Gesellschaft mbH.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig, aber unbegründet.

Nach Ansicht der Rechtsmittelwerberin ergebe sich aus dem Wortlaut der Forderungsanmeldung der S***** nicht eindeutig der Antrag auf unverhältnismäßige Befriedigung, weshalb entsprechend der Auslegung des Erstgerichts und aller anderen Gläubiger eine verhältnismäßige Befriedigung vorzunehmen sei. Die Rechtsansicht des Gerichts zweiter Instanz, die der S***** nachstehenden Berechtigten hätten sich durch Nichtteilnahme an der Verteilungstagsatzung der Möglichkeit, Anträge auf Deckung des Ausfalls aus den übrigen Verteilungsmassen zu stellen, begeben, sei unrichtig.

Diesen Meinungen der Revisionsrekurswerberin kann nicht gefolgt werden.

Sind für die Forderung eines Gläubigers Simultanhypotheken eingetragen, kann er es entweder bei der im § 222 Abs 2 und 4 EO geregelten verhältnismäßigen Befriedigung aus allen simultan haftenden Liegenschaften bewenden lassen oder nach § 222 Abs 3 EO die Bezahlung in einem anderen Verhältnis fordern, also zum Beispiel die ganze Forderung nur aus einer Liegenschaft oder einen bestimmten Teil aus einer, einen anderen Teil aus einer anderen Liegenschaft (sogenannte unverhältnismäßige Befriedigung).

Während für die verhältnismäßige Befriedigung kein Antrag des Gläubigers notwendig ist, setzt die unverhältnismäßige Befriedigung einen solchen voraus (§ 222 Abs 3 EO: „Fordert der Gläubiger die Bezahlung in einem anderen Verhältnis ...“; § 15 Abs 2 GBG 1955: „Der Gläubiger ist in solchen Fällen berechtigt, die Bezahlung der ganzen Forderung aus jeder einzelnen Pfandsache zu verlangen“).

Ob die Simultanpfandgläubiger verhältnismäßige Aufteilung seiner Forderung oder volle Befriedigung aus einer oder aus einzelnen von mehreren Verteilungsmassen verlangt, muss aus seiner Anmeldung entnommen werden. Bestehen Zweifel, so ist der Simultanpfandgläubiger, falls er bei der Verteilungstagsatzung anwesend ist, zur genauen Äußerung aufzufordern. Sind alle Liegenschaften versteigert und meldet er seine ganze Forderung bei allen Verteilungsmassen an, oder ist das Verhältnis, in dem er Befriedigung bei den einzelnen Massen verlangt, nicht zu entnehmen, so ist die Forderung verhältnismäßig aufzuteilen (Heller-Berger-Stix II 1524).

Im vorliegenden Fall meldete die S***** aufgrund der in der Ladung zur Verhandlung über die Verteilung des Meistbots der versteigerten Liegenschaft EZ ***** II KG ***** erteilten Aufforderung eine Forderung von 784.232,28 S an und stellte den Antrag, „ihr das gesamte Meistbot zur teilweisen Berichtigung ihrer Forderung unter gleichzeitiger Berücksichtigung der in EZ ***** II KG ***** einverleibten Simultanhypothek zuzuweisen“.

In dem Antrag, ihr das gesamte Meistbot zur teilweisen Berichtigung ihrer Forderung zuzuweisen, liegt ein eindeutiges Begehren auf unverhältnismäßige Befriedigung nach § 222 Abs 3 EO in dem Sinn, dass die Simultanpfandgläubigerin einen bestimmten Teil ihrer Forderung, nämlich einen Betrag in der Höhe des Meistbots der Liegenschaft EZ ***** II KG ***** von 321.500 S nur aus dieser Liegenschaft zugewiesen haben wollte.

Dieser eindeutige Antrag auf Zuweisung des gesamten Meistbots wird durch die Wortfolge „unter gleichzeitiger Berücksichtigung der in EZ ***** II KG ***** einverleibten Simultanhypothek“ nicht im Sinn einer verhältnismäßigen Befriedigung modifiziert oder undeutlich gemacht. Mit dieser Wortfolge wies die Simultanhypothekarin vielmehr lediglich darauf hin, dass sie den nach der Zuweisung des gesamten Meistbots der EZ ***** II KG ***** noch unberichtigten Forderungsrest aus der EZ ***** II derselben Katastralgemeinde begehre.

Da der Antrag eindeutig war, bedurfte er keiner Präzisierung.

Dass Ersatzansprüche der durch die unverhältnismäßige Befriedigung verkürzten nachstehenden Berechtigten nach § 222 Abs 3 und 4 EO nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, sondern spätestens in der Verteilungstagsatzung erhoben werden müssen, ist übereinstimmende Lehre (zB Pollak, System III 916; Walker, Österreichisches Exekutionsrecht4 248; Petschek-Hämmerle-Ludwig, Das österreichische Zwangsvollstreckungsrecht 142; Hoyer, Die Simultanhypothek 66, Heller-Berger-Stix II 1521, 1524 und 1528; Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht2 180) und ständige Rechtsprechung (GlUNF 615; SZ 11/87; Rsp 1034/398; EvBl 1962/98; SZ 49/32; SZ 52/181 = EvBl 1980/103 ua). § 210 letzter Halbsatz EO, wonach die Ansprüche der auf das Meistbot gewiesenen Personen bei der Verteilung auch ohne Anmeldung „insoweit berücksichtigt werden, als sie aus dem öffentlichen Buche sowie den Pfändungs- und sonstigen Exekutionsakten als rechtsbeständig und zur Befriedigung geeignet erhellen“, gilt für die nur auf Antrag festzustellenden Ersatzansprüche nach § 222 EO nicht.

Die Revisionsrekurswerberin war zur Verteilungstagsatzung geladen und hätte dabei ihre Anträge stellen können. Deshalb kann von einer Verletzung des rechtlichen Gehörs keine Rede sein.

Dem unbegründeten Revisionsrekurs war somit nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 74 und 78 EO sowie den §§ 40, 41 und 50 ZPO.

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