Spruch:
Eine Gerichtsstandvereinbarung für Streitigkeiten aus einem Schenkungsvertrag ist auch auf Klagen wegen Widerrufes der Schenkung anwendbar.
Entscheidung vom 25. Juli 1951, 3 Ob 407/51.
I. Instanz: Bezirksgericht Mistelbach; II. Instanz: Kreisgericht Korneuburg.
Text
Der Kläger begehrt die Aufhebung des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Schenkungsvertrages vom 25. Juni 1948 wegen groben Undankes der Beklagten und grundet die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes auf die im Schenkungsvertrag enthaltene Gerichtsstandvereinbarung, nach welcher sich die Vertragspartner für den Fall einer aus diesem Vertrag entspringenden Rechtsstreitigkeit ausdrücklich und ohne Rücksicht auf den Streitwert der Zuständigkeit des Bezirksgerichtes M. unterwerfen.
Das Prozeßgericht wies die von der Beklagten erhobene Einrede der örtlichen und sachlichen Unzuständigkeit mit der Begründung zurück, daß auch das Begehren auf Aufhebung des Schenkungsvertrages eine Streitigkeit aus dem Schenkungsvertrag sei.
Das Rekursgericht wies die Klage wegen örtlicher und sachlicher Unzuständigkeit des Bezirksgerichtes M. zurück. Es vertrat unter Bezugnahme auf die Entscheidung ZBl. 1930, Nr. 189, die Rechtsansicht, daß die vorliegende Gerichtsstandvereinbarung sich nur auf solche Streitigkeiten beziehe, die auf Vertragserfüllung gerichtet seien oder die sich aus einer Uneinigkeit der Parteien über die Auslegung des Vertrages ergeben.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Klägers Folge und stellte den Beschluß des Prozeßgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Abgesehen davon, daß der Entscheidung ZBl. 1930, Nr. 189, ein anders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag (dort wurde die Ungültigkeit des Vertrages wegen Irreführung behauptet), vermag sich der Oberste Gerichtshof der zu engen Auslegung der Gerichtsstandvereinbarung durch das Rekursgericht, nach der diese Vereinbarung nur auf Streitigkeiten bezogen werden kann, die sich auf die Erfüllung der Vertragsverpflichtungen durch die Beklagte beziehen oder sich daraus ergeben, daß sich die Parteien über die Vertragsauslegung nicht einig sind, nicht anzuschließen. Eine derart einschränkende Auslegung wäre nur dann begrundet, wenn die Vereinbarung dahin lauten würde, daß sich die Vertragspartner hinsichtlich aller Streitigkeiten, die Ansprüche auf Erfüllung der sich aus dem Vertrage ergebenden Verpflichtungen zum Gegenstand haben oder sich aus einer Uneinigkeit über die Vertragsauslegung durch die Parteien ergeben, der Zuständigkeit des Bezirksgerichtes M. unterwerfen. Der Wortlaut der vorliegenden Gerichtsstandvereinbarung kann aber nur dahin aufgefaßt werden, daß die Parteien alle Streitigkeiten im Auge hatten, die sich aus der Tatsache des Vertragsabschlusses ergeben. Zu einer derartigen Streitigkeit gehört aber auch das Begehren auf Aufhebung des Schenkungsvertrages wegen groben Undankes, da auch dieser Anspruch das Vorhandensein des Schenkungsvertrages zur Voraussetzung hat und daher diesem entspringt.
Es war deshalb dem Revisionsrekurs Folge zu geben und in Abänderung der Entscheidung des Rekursgerichtes der Beschluß des Prozeßgerichtes wiederherzustellen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)