OGH 3Ob38/79

OGH3Ob38/7916.1.1980

SZ 53/5

Normen

EO §278
EO §278 Abs1
EO §280
EO §280 Abs1
EO §280 Abs2
EO §280 Abs2
EO §278
EO §278 Abs1
EO §280
EO §280 Abs1
EO §280 Abs2
EO §280 Abs2

 

Spruch:

Mit der Genehmigung des Freihandverkaufes erwirbt der namhaft gemachte Käufer nicht mehr Rechte als ein Mitbieter. Es ist grundsätzlich unzulässig, dem Meistbieter eine Frist zum Erlag des Kaufpreises zu geben

OGH 16. Jänner 1980, 3 Ob 38/79 (LGZ Wien 46 R 609/78; EG Wien 3 E 3646/78)

Text

Auf Antrag der erstverpflichteten Partei ordnete das Erstgericht gemäß § 280 Abs. 1 EO die Verwertung der im Pfändungsprotokoll unter PZ 1 bis 70 verzeichneten Gegenstände durch Verkauf aus freier Hand um 25% über dem zu erhebenden Schätzwert an Josef L oder an einen anderen Käufer, der einen höheren Kaufpreis bietet, an. Josef L erlegte die vom Erstgericht mit 97 775 S festgesetzte Sicherheit.

Die am 25. September 1978 mit 155 100 S geschätzten Pfandgegenstände PZ 1 bis 67, 69 und 70 wurden am 29. September 1978 dem Wilhelm R um 195 000 S freihändig verkauft und ins Eigentum übergeben, da der namhaft gemachte Käufer den Restkaufpreis von 96 000 S nicht in barem Geld bei sich hatte.

Gegen diesen Vorgang des Exekutionsvollzuges erhoben die erstverpflichtete Partei und der namhaft gemachte Käufer Josef L Beschwerde nach § 68 EO, ersterer mit dem Antrag auf Unwirksamerklärung des Freihandverkaufes, letzterer mit dem Begehren, den "Zuschlag" vom 29. September 1978 zu beheben bzw. Wilhelm R nicht den Zuschlag zu erteilen und einen neuen Termin für den Freihandverkauf anzuberaumen. Die Beschwerdeführer brachten im wesentlichen vor, daß bei dem für den 29. September 1978, 9 Uhr, anberaumten Verkaufstermin zunächst Josef L erschienen und bereit gewesen sei, die Pfandgegenstände um 195 000 S zu kaufen. Der namhaft gemachte Freihandkäufer habe den Restkaufpreis nicht in bar bei sich gehabt und erklärt, mit einem Scheck zahlen zu wollen. Etwa um 9.10 Uhr sei Wilhelm R in Begleitung seines Anwaltes erschienen und habe sich erboten, die gepfändeten Fahrnisse um 197 000 S zu kaufen. Die Erklärung des Josef L, dieses Anbot zu überbieten, habe der Vollstrecker nicht angenommen, da Josef L kein Bargeld bei sich gehabt habe. Das Vollstreckungsorgan habe auch die Gewährung einer kurzen Frist zur Beschaffung des nötigen Bargeldes aus der im selben Haus gelegenen Sparkasse abgelehnt und die Pfandgegenstände an Wilhelm R verkauft, ohne die Rückkehr der Ehegattin des Josef L, die inzwischen in die Sparkasse gegangen war, um das Geld zu holen, abzuwarten.

Nach dem ergänzenden Bericht des Vollstreckungsorgans vom 12. Oktober 1978 hat der zum Erlag des Restkaufpreises aufgeforderte Freihandverkäufer Josef L erklärt, nur mit Scheck zahlen, aber das Geld holen lassen zu können. Zu diesem Zeitpunkt sei Wilhelm R erschienen und habe mit 195 000 S überboten, worauf diesem der Zuschlag erteilt worden sei. Der Käufer habe den Kaufpreis sofort erlegt.

Das Erstgericht gab den Beschwerden statt, hob den an Wilhelm R um 195 000 S erfolgten "Zuschlag" auf und ordnete den neuerlichen Freihandverkauf an. In der Begründung seiner Entscheidung führte das Erstgericht aus, daß beim Freihandverkauf nach § 280 Abs. 1 EO die Vorschriften für die Versteigerung, insbesondere die Bestimmung des § 28 EO nicht angewendet werden müßten. Mangels einer gesetzlichen Regelung der Durchführung des Freihandverkaufes könne dem namhaft gemachten Käufer eine Frist zur Zahlung des Kaufpreises gewährt werden, weil für die Zuhaltung des Anbotes die Sicherheit hafte. Da der Vollstrecker die Amtshandlung nach Übernahme des Kaufpreises von Wilhelm R für beendet erklärt habe, ohne sich überzeugt zu haben, daß Josef L den Kauf nicht zuhalten könne und werde, sei dessen Vorgangsweise unzulässig gewesen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Wilhelm R Folge und wies beide Vollzugsbeschwerden ab. Es schloß sich der von Heller - Berger - Stix, 1816, vertretenen Ansicht an, daß beim Freihandverkauf jedenfalls die Bestimmung des § 278 Abs. 2 EO anzuwenden sei. Da auch gegen die Anwendbarkeit des ersten Satzes des § 278 Abs. 3 EO keine Bedenken bestunden, könne in der angeblichen Nichtzulassung eines Überbotes des Josef L kein ungesetzlicher Vorgang erblickt werden, denn es wäre sinnlos, das Überbot einer Person anzunehmen, von der von vornherein feststehe, daß sie keine Barzahlung leisten könne. Wenn auch dem namhaft gemachten Freihandverkäufer möglicherweise eine Frist zur Barzahlung eingeräumt werden dürfe, so könne dem Gesetz jedenfalls kein Recht auf Gewährung einer solchen Frist entnommen werden.

Der Oberste Gerichtshof gab den Revisionsrekursen der erstverpflichteten Partei und des Freihandkäufers Josef L nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Exekutionsordnung enthält keine Vorschrift über die Durchführung des Freihandverkaufes. In Lehre und Rechtsprechung besteht daher keine einheitliche Auffassung darüber, wie der Verkauf aus freier Hand erfolgen soll. Unbestritten ist jedoch, daß auch anderen Kaufinteressenten das Recht zusteht, Anbote abzugeben. Mit der Genehmigung des Freihandverkaufes entscheidet das Gericht lediglich die Frage, ob dieser von der Norm - Versteigerung - abweichende Verwertungsvorgang durchgeführt werden soll. Der namhaft gemachte Käufer erwirbt durch diese Genehmigung nicht den Anspruch, daß die Pfandgegenstände nur an ihn und nur um den angebotenen Preis verkauft werden. Er tritt nur als Mitbieter auf und erwirbt durch sein Anbot nicht mehr Rechte wie ein Mitbieter (Heller - Berger - Stix, 1814 und 1816; vgl. auch Holzhammer, Zwangsvollstreckung, 215). Der Vollstrecker hat, wie das Gericht zweiter Instanz richtig erkannt hat, das günstigste Anbot zu suchen und zu berücksichtigen. Die Auswahl des Meistbietenden kann daher zu einer Art Lizitation führen (Heller - Berger - Stix, 1816; Holzhammer a. a. O.). Nach herrschender Auffassung (Heller - Berger - Stix, 1816; Holzhammer a. a.O.; vgl. auch conclusum der Richter des Exekutionsgerichtes Wien vom 17. Jänner 1961, Jv 40/61, Punkt 5 in GMA der EO[11], 1146), die auch vom erkennenden Senat geteilt wird, gilt die Vorschrift des § 278 Abs. 2 EO sinngemäß auch beim Freihandverkauf nach § 280 Abs. 1 EO. Es ist daher grundsätzlich unzulässig, dem Käufer eine Frist zum Erlag des Kaufpreises zu geben (vgl. Heller - Berger - Stix, 1797), auch die Gewährung einer kurzen Frist ist in § 278 Abs. 2 EO nicht vorgesehen. Die Bewilligung einer "Überlegungsfrist" im Sinne des § 181 Abs. 1 Satz 2 EO wurde nicht beantragt. Der in GlUNF 5524 veröffentlichten Entscheidung lag, worauf schon das Rekursgericht zutreffend hingewiesen hat, insofern ein anderer Sachverhalt zugrunde, als dort der Vollstrecker dem Kaufinteressenten, dessen Anbot er angenommen hatte, eine Frist zum Erlag des Kaufpreises gewährt hatte, die dann nicht eingehalten wurde (vgl. hiezu Heller - Berger - Stix, 1797). Diese Entscheidung wurde ferner in erster Linie damit begrundet, daß das Vollstreckungsorgan von einem wirksam zustande gekommenen Verkauf nicht eigenmächtig hätte abgehen dürfen, sondern verpflichtet gewesen wäre, Weisungen des Exekutionskommissärs einzuholen, die dort hilfsweise vertretene Ansicht, daß § 278 EO auf den Freihandverkauf nicht anzuwenden sei, kann in dieser Allgemeinheit nicht aufrechterhalten werden. Ob die Bestimmung des § 278 Abs. 2 EO im Freihandverkauf auch dann sinngemäß anzuwenden ist, wenn lediglich der namhaft gemachte Käufer, der eine Sicherheit erlegt hat, als Bieter auftritt, kann dahingestellt bleiben, weil im vorliegenden Fall auch noch ein anderer Kaufinteressent ein Anbot abgegeben hat, das vom Vollstrecker angenommen wurde.

Eine Anfechtung des Zuschlages nach § 278 EO mittels Beschwerde nach § 68 EO kommt, wie der OGH in seiner Entscheidung SZ 41/88 ausgesprochen hat, nur in Betracht, wenn es sich um krasse Verstöße gegen einschlägige Verfahrensvorschriften handelt. Bei gegenteiliger Ansicht käme man nämlich zu dem untragbaren Ergebnis, daß das Rechtsinstitut der Fahrnisversteigerung als Eigentumserwerbsgrund in seiner Bedeutung weitgehend entwertet würde, falls die Gültigkeit der Zuschlagserteilung unbestimmt lange in Schwebe bliebe. Es bestunde dann die Möglichkeit, daß die Versteigerung auch aus anderen Gründen als wegen eines gröblichen und daher nicht eben häufigen Verfahrensverstoßes irgendwann einmal mit Erfolg angefochten wird. Diese Erwägungen gelten grundsätzlich auch für den Verkauf beweglicher Sachen aus freier Hand. Ein derart krasser Verstoß gegen einschlägige Verfahrensvorschriften liegt hier aber keinesfalls vor. Wohl hat der Vollstrecker beim Freihandverkauf den Käufer auszuwählen, der den höchsten Preis bietet (und ihn auch bezahlen kann), er hat an sich auch nicht danach zu forschen, ob der Bieter über die notwendige Barschaft verfügt, um den Kaufpreis nach Zustandekommen des Kaufes sofort zu bezahlen; wenn ihm aber, wie hier festgestellt, bereits bekannt ist, daß ein Bieter kein Bargeld bei sich hat und daher den Kaufpreis nach Kaufabschluß nicht sofort erlegen kann, dann liegt in der Nichtzulassung eines (weiteren) Anbotes dieses Kaufinteressenten keine die Aufhebung des Freihandverkaufes rechtfertigende grobe Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Abschließend ist nur noch zu bemerken, daß von einer Verschleuderung der Pfandgegenstände keine Rede sein kann, da der erzielte Kaufpreis den Schätzwert der Sachen um ein Viertel übersteigt.

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