Normen
ABGB §7
Berner Übereinkommen zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst, kundgemacht unter BGBl. 1936. Nr. 197 Art11
UrhG §15
UrhG §17
UrhG §24
UrhG §42
UrhG §76
UrhG §86
ABGB §7
Berner Übereinkommen zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst, kundgemacht unter BGBl. 1936. Nr. 197 Art11
UrhG §15
UrhG §17
UrhG §24
UrhG §42
UrhG §76
UrhG §86
Spruch:
Die Herstellung von zu einer wiederholbaren Wiedergabe geeigneten Schallträgern im Rundfunkbetrieb bedarf gemäß § 15 UrhG. der Gestattung des Urhebers.
Entscheidung vom 21. Juni 1950, 3 Ob 34/50.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Die klagende Partei begehrt unter Hinweis auf die §§ 15, 86 UrhG. Zuspruch eines angemessenen Entgeltes von 362.871 S, da die beklagte Partei unter Verletzung von Urheberrechten (§§ 15, 17 UrhG.) ohne Bewilligung der klagenden Partei Aufnahmen auf Schallträgern mache und diese sowie Industrieschallplatten zu Rundfunksendungen verwende.
Das Erstgericht hat dahin erkannt, daß der Klagsanspruch dem Gründe nach zu Recht bestehe. Es führt insbesondere aus, daß das Vervielfältigungsrecht vom Senderecht zu trennen sei; daher bedeute die von der beklagten Partei zugegebene Aufnahme von Darbietungen auf Schallplatten oder Magnetophonbändern, da sie ohne Zustimmung der klagenden Partei erfolgte, einen Eingriff in das Urheberrecht, gleichviel ob diese Aufnahmen für den Rundfunkbetrieb entbehrlich sind oder nicht.
Das Berufungsgericht hat in Abänderung dieses Urteiles ausgesprochen, daß der Klagsanspruch dem Gründe nach nicht zu Recht bestehe. Es führte in Ansehung der von der beklagten Partei hergestellten Schallträger aus, daß diese lediglich zur Bewerkstelligung und Verbesserung der Rundfunksendung dienen und daher nicht neben der in der Rundfunksendung gelegenen Verwertung des Urheberrechtes als eine Vervielfältigung im Sinne des § 15 UrhG. anzusehen seien, solange die Aufnahme Bestandteil der Rundfunksendung sei und bleibe.
Es liege daher nicht die Benützung eines rechtswidrig vervielfältigten Schallträgers im Sinne von § 76 Abs. 2 UrhG. vor.
Soweit aus der Sendung von Industrieschallplatten ein Anspruch abgeleitet wird, hält die zweite Instanz die Klagslegitimation nicht für gegeben.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei teilweise Folge und sprach aus, daß der Klagsanspruch auf Zahlung eines angemessenen Entgeltes für die Verletzung des Vervielfältigungsrechtes nach § 15 UrhG. durch Aufnahme von Werken auf Schallträgern dem Gründe nach zu Recht bestehe, hingegen der Klagsanspruch auf Zahlung eines angemessenen Entgeltes für die Benützung dieser Schallträger und von Industrieschallplatten zu Rundfunksendungen dem Gründe nach nicht zu Recht bestehe.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Revision ist zum Teil begrundet.
Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die beklagte Partei schon auf Grund des ihr von der staatlich genehmigten Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger Gesellschaft m. b. H (A. K. M.) erteilten Aufführungs- und Senderechtes grundsätzlich zur Herstellung von Schallträgern zum Zwecke der Sendung berechtigt sei, kann nicht beigetreten werden. Der Versuch, dem technischen Fortschritte dadurch Rechnung zu tragen, daß die Aufnahmen auf Schallplatten zu Sendezwecken überhaupt nicht als eine Vervielfältigung, sondern als ein Bestandteil der Sendung erklärt werden, befriedigt deshalb nicht, weil die Erweiterung der Bedürfnisse der beklagten Partei über die ihr durch Gesetz und Vertrag zustehenden Befugnisse hinaus nicht zu einer Einschränkung der Urheberrechte führen darf. Damit würde die Weiterentwicklung des Rundfunkes auf Kosten der Urheber gefördert.
Art. 11 bis Abs. 3 des Berner Übereinkommens in der Brüsseler Fassung sucht die aus der Fortentwicklung des Rundfunkes sich ergebenden Fragen durch eine Abgrenzung des Vervielfältigungsrechtes vom Senderechte zu regeln, indem er bestimmt, daß mangels einer gegenteiligen Vereinbarung das Senderecht nicht auch die Berechtigung in sich schließt, das im Rundfunk gesendete Werk auf Schallträgern festzuhalten.
Es wird der Gesetzgebung der Verbandsländer vorbehalten, die "sehr vergänglichen Schallaufnahmen" zu regeln, die von einer Rundfunkstelle mit eigenen Mitteln und für die eigenen Sendungen vorgenommen werden.
Wenn auch die Gesetzgebung in Österreich von diesem Vorbehalte noch keinen Gebrauch gemacht hat, ist das erwähnte, unter dem Beitritte Österreichs getroffene Übereinkommen doch gemäß § 7 ABGB. bei der Auslegung des Urheberrechtsgesetzes zu berücksichtigen.
Es ist davon auszugehen, daß gemäß § 15 UrhG. das Recht zur Vervielfältigung des Werkes dem Urheber zusteht. Eine Vervielfältigung liegt im Festhalten der Aufführung eines Werkes auf Mitteln zur wiederholbaren Wiedergabe, wie z. B. auf Schallplatten.
Daß die Schallplatte wiederholt gespielt werde, ist nicht erforderlich, es genügt, daß sie mehr als einmal gespielt werden kann oder daß gleichzeitig mehrere Schallplatten aufgenommen werden, deren jede einmal gespielt werden kann.
In allen solchen Fällen liegt eine Vervielfältigung nach § 15 UrhG. vor und es bedarf schon die Herstellung der Schallträger gemäß § 24 UrhG. der Gestattung des Urhebers. § 42 Abs. 1 UrhG. kommt der beklagten Partei nicht zugute, da die in Rede stehenden Aufnahmen zu dem Zwecke vorgenommen werden, das Werk mit Hilfe des Vervielfältigungsstückes der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, u. zw. im Wege der Sendung (§ 42 Abs. 2 UrhG.). Da in dieser Richtung zwischen den Parteien keine Vereinbarung getroffen wurde, steht der beklagten Partei nicht das Recht zu, das im Rundfunk gesendete Werk auf Schallplatten oder Magnetophonbändern festzuhalten, vorausgesetzt, daß diese Schallträger eine wiederholte Wiedergabe gestatten.
Es macht auch keinen Unterschied aus, ob die Aufnahme vor der Sendung oder auf Grund der Sendung erfolgt.
Die Untergerichte haben festgestellt, daß die beklagte Partei zum Zwecke der Sendung solche Schallträger herstellt, die zur wiederholbaren Wiedergabe geeignet sind. Diese Vorgangsweise stellt eine Verletzung des Vervielfältigungsrechtes nach § 15 UrhG. dar; daher ist das Begehren der klagenden Partei auf Leistung eines Entgeltes nach § 86 UrhG. gerechtfertigt.
Für die dargelegte Auslegung des Urheberrechtsgesetzes spricht auch die im Entwurfe, betreffend die Abänderung des Urheberrechtsgesetzes vorgesehene Neuerung, daß die Aufnahme einer Aufführung auf einen Schallträger zwecks Ermöglichung einer späteren einmaligen Sendung gestattet sein soll. Selbst wenn eine solche Bestimmung bereits Gesetz wäre, könnte dies nicht zur Klagsabweisung führen, da die beklagte Partei zugibt, daß die von ihr hergestellten Schallträger zu wiederholten Sendungen benützt werden. Soweit den Darlegungen der beklagten Partei über die Unentbehrlichkeit der strittigen Aufnahmen Billigkeitsgrunde zu entnehmen sind, wird ihnen bei Bemessung des Entgeltes Rechnung zu tragen sein.
Es war daher in diesem Punkte aus rechtlichen Erwägungen der Revision Folge zu geben, ihre Ausführungen über Aktenwidrigkeiten können demnach auf sich beruhen.
Der Oberste Gerichtshof stimmt jedoch dem Berufungsgerichte bei, daß die klagende Partei nicht legitimiert ist, für die Sendung von Industrieschallplatten sowie der im Rundfunkbetriebe hergestellten Schallträger ein Entgelt zu begehren. Einer Einwendung der mangelnden Klagslegitimation bedurfte es nicht, da die Gerichte die Schlüssigkeit des Klagsvorbringens von Amts wegen zu prüfen haben.
Die Revision sucht darzutun, daß die Sendung von Industrieschallplatten eine Verletzung des Vervielfältigungsrechtes darstelle, die von der klagenden Partei wahrzunehmen sei. Der Inhalt des Vervielfältigungsrechtes ist im § 15 UrhG. umschrieben. Wenn daher eine Schallplatte, die mit oder ohne Verletzung eines Autorenrechtes hergestellt wurde, zu einer Rundfunksendung verwendet wird, kann in der Sendung selbst keine Verletzung des Vervielfältigungsrechtes, sondern nur eine solche des Senderechtes liegen. Dieses hat aber die klagende Partei nicht zu verwalten.
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