Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Eine österr. Gemeinde errichtete 1997 eine offene Kunsteishalle. Mit der Planung beauftragte sie einen Architekten, der seinerseits DI Gerhard W***** (im Folgenden nur 1. Statiker) den Auftrag zur Berechnung der Statik gab. Mit der statischen Berechnung, Lieferung und Montage einer PVC-Membrane als Dachhaut beauftragte die Gemeinde als Bauherrin und Werkbestellerin das beklagte Schweizer Unternehmen, das sich ihrerseits des Statikers DI Gustav M***** bediente (im Folgenden nur 2. Statiker). Für die statisch-konstruktive Bearbeitung des gesamten Dachtragwerks waren somit zwei Statiker zuständig, und zwar der 2. Statiker für die Dachhaut und der 1. Statiker für das restliche Dachtragwerk. Die Konstruktion des Daches wurde mit einer gleitenden Membrane ausgeführt, die auf der Binderoberkante aufliegt. Schnittpunkt für die statischen Berechnungen der beklagten Partei und des 1. Statikers waren die Verankerungspunkte der Membrane. Am 18. Februar 1999 kippten nach Schneefällen der rechte und linke Holzleimbinder an der Dachkonstruktion, wodurch ein Stahlrohr knickte und die Dachkonstruktion beschädigt wurde.
Die klagende Partei begehrte als Sachversicherer der Werkbestellerin den Ersatz der Sanierungskosten; sie zahlte an diverse Professionisten insgesamt 1,700.549 S (= 123.583,72 EUR). Die beklagte Partei hafte der Werkbestellerin als ihrer Auftraggeberin aus dem Titel der Gewährleistung bzw des Schadenersatzes; diese Ansprüche seien gemäß § 67 VersVG auf die klagende Partei übergegangen. Ursache für den Schadensfall sei, dass der 2. Statiker trotz der klaren und eindeutigen vertraglichen Fixierung der Schnittpunkte unvollständige ("nicht zu Ende geführte") und nicht der vertraglichen Regelung entsprechende Angaben an den 1. Statiker weitergeleitet habe. Letzterer habe darauf vertrauen dürfen, dass die von einer Fachfirma (beklagte Partei), die über hervorragende Referenzen auf dem Gebiet der Membrankonstruktion verfüge, zur Verfügung gestellten statischen Berechnungen richtig und der vertraglich normierten Schnittstelle entsprechend seien. Es habe daher für ihn kein Grund bestanden, an der Richtigkeit der zur Verfügung gestellten Unterlagen zu zweifeln und eine Nachrechnung zu veranlassen. Die beklagte Partei hafte als Auftragnehmerin der Werkbestellerin für Fehler des von ihr beauftragten Statikers. Die beklagte Partei wendete ein, dem 2. Statiker sei bei der Berechnung der Statik kein Fehler unterlaufen. Hingegen sei dem 1. Statiker ein Fehler unterlaufen, weil er die Ergebnisse der beiden Kräfteberechnungen durch den 2. Statiker nicht zusammengezählt habe. Für einen Techniker sei es völlig klar, dass diese beiden Ergebnisse addiert werden müssten. Da er für die Statik des gesamten Gebäudes verantwortlich gewesen sei, sei er verpflichtet gewesen, sich mit der Statik des Membrandaches auseinanderzusetzen. Ihm hätte auffallen müssen, dass die angegebenen Auflagekräfte an den Giebelpfetten um ein Vielfaches zu gering gewesen seien. Daher hätte er entweder selbst Berechnungen vornehmen oder sich mit dem 2. Statiker in Verbindung setzen müssen. Im Übrigen seien die von der klagenden Partei bezahlten Rechnungen überhöht; die Sanierung hätte mit bedeutend geringeren Mitteln durchgeführt werden können. Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, das Klagebegehren bestehe dem Grunde nach zur Hälfte zu Recht; nach detaillierter Feststellung der von den beiden Statikern vorgenommenen Arbeiten bzw Berechnungen führte es aus, der 1. Statiker hätte grundsätzlich darauf vertrauen können, dass nach dem mit der beklagten Partei abgeschlossenen Vertrag die Angaben der beklagten Partei endgültig seien. Die tatsächliche Größenordnung des Fehlers hätte dem 1. Statiker allerdings bei entsprechender Aufmerksamkeit auffallen müssen, weil er hätte erkennen müssen, dass der 2. Statiker bei seinen Berechnungen von unvollständigen Angaben ausgehe. Grund für das Kippen der rechten und linken Holzleimbinder an der Dachkonstruktion sei einzig und allein gewesen, dass die Abspannkräfte an den Giebelpfetten 5-6mal höher sind, als dies der 1. Statiker in seiner statischen Berechnung berücksichtigt habe. In rechtlicher Hinsicht führte die Erstrichterin aus, die beklagte Partei hafte gemäß § 1299 ABGB für das Vorliegen der besonderen Fachkenntnis, wobei sich ihre Haftung auch auf den 2. Statiker als ihren Erfüllungsgehilfen gemäß § 1313a ABGB erstrecke. Der ihr gemäß § 1298 ABGB obliegende Beweis, dass sie am Eintritt des Schadens kein Verschulden treffe, sei ihr nicht gelungen. Der 2. Statiker habe nämlich eine nicht dem Vertrag entsprechende Statik mit unvollständigen Angaben verfasst und wäre verpflichtet gewesen, darauf hinzuweisen, dass erst durch eine Weiterbearbeitung seiner Berechnung der vertraglich vereinbarte Schnittpunkt erreicht werde. Die Werkbestellerin müsse sich hingegen ein Mitverschulden ihres Architekten und des von ihm beigezogenen (1.) Statikers anrechnen lassen. Dieser hätte bei entsprechender Aufmerksamkeit erkennen müssen, dass er bei seinen Berechnungen von unvollständigen Angaben (des 2. Statikers) ausgehe. In Abwägung der Verschuldensanteile sei eine Schadensteilung von 1 : 1 angemessen.
Das Berufungsgericht änderte das Zwischenurteil dahin ab, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zur Gänze zu Recht besteht; es sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig angesichts der Rechtsfrage, ob dem von einem Bauherrn beauftragten Architekten, der gemeinsam mit einem anderen Werkunternehmer in einer dessen Werk nachfolgenden Teilleistung ein Werk zu erbringen habe, im Vertragsverhältnis zwischen Bauherrn und drittem Werkunternehmer die Rechtsstellung eines Erfüllungsgehilfen zukomme.
Die zweite Instanz übernahm die erstrichterlichen Feststellungen; bei der "Feststellung" des Erstgerichts, der 1. Statiker habe grundsätzlich darauf vertrauen können, dass nach dem mit der beklagten Partei abgeschlossenen Vertrag die Angaben der beklagten Partei endgültig seien, handle es sich um die rechtliche Beurteilung der Frage der Prüfpflicht des 1. Statikers; an diese Rechtsbeurteilung des Erstgerichts sei das Berufungsgericht nicht gebunden.
In rechtlicher Hinsicht führte die zweite Instanz aus, die geschädigte Werkbestellerin müsse sich nicht nur ihr eigenes Verhalten, sondern auch jenes ihrer Gehilfen zurechnen lassen, wenn diese Pflichten oder Obliegenheiten verletzten, die auf Grund ausdrücklicher oder stillschweigender Vereinbarung oder nach der Verkehrsübung den Werkbesteller selbst treffen. Ein Mitverschulden des Werkbestellers iSd § 1304 ABGB sei anzunehmen, wenn bei der Schädigung im Rahmen der Erfüllung von Schuldverhältnissen ein "Erfüllungsgehilfe" des Geschädigten den Schaden schuldhaft mitverursacht habe. So habe die Rsp ein Mitverschulden des Bauherrn wegen Planungs- oder Anordnungsfehlern des von diesem beigezogenen Architekten angenommen, weil der Architekt in der Vertragsbeziehung zwischen dem Werkbesteller und dem Werkunternehmer insoweit die Stellung eines Erfüllungsgehilfen des Ersteren einnehme, also der Werkbestellerin auf Grund seiner eigenen vertraglichen Pflichten dabei behilflich sei, die diesem obliegenden Mitwirkungspflichten zu erfüllen. Die vorliegende Fallkonstellation sei jedoch genau umgekehrt: Nicht die klagende Werkbestellerin bzw. deren Architekt und dessen Erfüllungsgehilfe (1. Statiker) habe dem von der beklagten Partei zugezogenen (2.) Statiker als Vorleistung für dessen Werk Berechnungen - als "Stoff" iSd § 1168a ABGB - zur Verfügung stellen müssen; vielmehr sei es vertraglich vereinbarte Verpflichtung der beklagten Partei gewesen, dem Architekten der Werkbestellerin bzw. dem von dieser beauftragten Statiker die Berechnungsgrundlagen für dessen statisch konstruktive Bearbeitung zu liefern. Die Werkbestellerin habe der beklagten Partei nur die für ihre Werkleistung erforderlichen Planungsunterlagen übergeben müssen, sei aber nicht verpflichtet gewesen, die Richtigkeit der Berechnungen der beklagten Partei bzw. von deren Erfüllungsgehilfen zu überprüfen. Mangels spezieller Vereinbarung sei der Bauherr nämlich nicht verpflichtet, den Werkunternehmer bei seiner Tätigkeit zu überwachen und ihn auf seine Fehler hinzuweisen; diese hätten vielmehr das Werk von sich aus den Anordnungen und Plänen entsprechend mängelfrei auszuführen. Der von der Werkunternehmerin beigezogene Architekt habe daher im Verhältnis zwischen dieser und der beklagten Partei nicht die Stellung eines Erfüllungsgehilfen der Werkunternehmerin; er habe vielmehr für diese neben der beklagten Partei die selbständige, auf der Vorleistung der beklagten Partei aufbauende Teilleistung der statischen konstruktiven Bearbeitung des Dachtragwerks (mit Ausnahme der Dachhaut) zu erbringen. In dieser Rechtsposition sei er nicht als Repräsentant (Gehilfe) der Werkbestellerin, sondern als einer von mehreren Werkunternehmern, die in aufeinanderfolgenden Teilleistungen ein Werk zu erbringen haben, anzusehen. Die Werkbestellerin habe daher für eine allenfalls mangelhafte Werkleistung des von ihrem Architekten als Erfüllungsgehilfen zugezogenen Statikers nicht einzustehen. Ob der vom Architekten der Werkbestellerin beauftragte Statiker schuldhaft eine mangelhafte Werkleistung erbracht habe bzw. ob dem Architekten der den von ihm beauftragten (1.) Statiker ein Mitverschulden am eingetretenen Schaden treffe, könne daher dahingestellt bleiben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der beklagten Partei ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist, nicht zulässig, weil die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt. Dass auf den vorliegenden Rechtsfall zufolge schlüssiger Rechtswahl österr. Recht anzuwenden ist, hat schon die Erstrichterin zutreffend erkannt und wird auch in den Rechtsmittelschriften nicht in Zweifel gezogen. Zutreffend bejahten auch beide Vorinstanzen die Haftung der beklagten Partei wegen einer mangelhaften Werkleistung ihres Erfüllungsgehilfen (2. Statikers) nach §§ 1167, 932 ABGB.
Wenn auch die Rsp über die Zurechnung vom Gehilfenverhalten nicht
völlig einhellig ist (RIS-Justiz RS0021766), hat der Oberste
Gerichtshof doch in der Entscheidung 4 Ob 283/98s (= RdW 1999, 200 =
ecolex 1999, 393 [krit. Spunda] = bbl 1999, 123) - ihr folgend 3 Ob
293/00k mwN = bbl 2002, 75 - unter Darstellung der unterschiedlichen
Lehrmeinungen ausgesprochen, dass sich der Werkbesteller nicht jedes mitwirkende Verschulden des von ihm beigezogenen sachverständigen Gehilfen anrechnen lassen müsse, sondern ein Mitverschulden nur dann in Betracht komme, wenn dieser Pflichten oder Obliegenheiten verletze, die auf Grund ausdrücklicher oder stillschweigender Vereinbarung oder nach der Verkehrsübung den Werkbesteller selbst treffen oder die er nachträglich übernommen hat. Die Einschaltung eines Gehilfen soll den Besteller nämlich weder besser noch schlechter stellen, als wenn er selbst handelte. Es wäre aber eine Schlechterstellung des Bestellers, müsste er sich uneingeschränkt Fehler weiterer von ihm beigezogener Personen zurechnen lassen, obwohl deren Verschulden einen Bereich betrifft, für den ihn dem - hier beklagten - Werkunternehmer gegenüber keine Verantwortung trifft.
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Werkbestellerin - deren Rechte die klagende Partei zufolge § 67 VersVG hier geltend macht - nur dann der beklagten Partei gegenüber für Verhalten der von ihr beigezogenen Personen einzustehen hat, wenn diese Pflichten oder Obliegenheiten verletzt haben, welche auf Grund ausdrücklicher oder stillschweigender Vereinbarung oder nach der Verkehrsübung sie als Werkbestellerin selbst treffen oder die sie nachträglich übernommen hätte. Eine derartige Verpflichtung der klagenden Partei als Werkbestellerin zur Überprüfung der Richtigkeit der Berechnung der beklagten Werkunternehmerin bzw. deren Erfüllungsgehilfens wurde hier jedoch nicht festgestellt. Dem Umstand, dass die Leistung des von der Werkbestellerin beauftragten Architekten einer Teilleistung der beklagten Partei (Berechnungen des 2. Statikers als deren Erfüllungsgehilfen) zeitlich nachfolgt, kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu. Daraus allein kann sich keine Bejahung einer Verpflichtung der Werkbestellerin gegenüber der beklagten Werkunternehmerin im bereits dargelegten Sinn ergeben. Was die in der Revision weiters als erheblich relevierte Frage der Anwendung des § 1302 ABGB anlangt, ist auf die Richtigkeit der Rechtsausführungen des Berufungsgerichts nicht einzugehen, die es für den - hier nicht vorliegenden - Fall einer Haftung der beklagten Partei für ein Mitverschulden des von ihr beauftragten Architekten bzw. des von diesem beauftragten Statikers gemacht hat. Darauf, dass der Erfüllungsgehilfe der Werkbestellerin dem Erfüllungsgehilfen der beklagten Partei die notwendigen Pläne der Unterkonstruktion nicht zur Verfügung gestellt hätte, hat die beklagte Partei ihre Einwendungen im Verfahren erster Instanz nicht gestützt. Der nunmehr relevierte sekundäre Verfahrensmangel liegt somit nicht vor; die in diesem Zusammenhang in der Revision erstatteten Ausführungen stellen unzulässige Neuerungen dar.
Das Berufungsgericht folgte somit bei seiner rechtlichen Beurteilung im Einzelfall den Grundsätzen der stRsp des Obersten Gerichtshofs. Dass der Architekt Repräsentant der Werkbestellerin gewesen wäre, im Besonderen, dass er eine Überwachungstätigkeit vorzunehmen gehabt hätte, wurde weder behauptet noch festgestellt. Das Rechtsmittel geht selbst davon aus, dass die Grundlage der Zusammenarbeit zwischen den beiden Auftragnehmern (Architekt und beklagte Partei) nicht eine vertragliche Regelung gewesen sei, sondern die Tatsache der beiden von der Gemeinde erteilten Aufträge. Fragen einer Warnpflichtverletzung (§ 1168a ABGB) stellen sich hier nicht, weil nicht die Werkbestellerin eine fehlerhafte Sache (Stoff oder Anweisung) zum Werk beisteuerte.
Für eine neuerliche Befassung des Obersten Gerichtshofs mit den von der zweiten Instanz als erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO beurteilten Rechtsfragen besteht kein Anlass, sodass die Revision der beklagten Partei zurückzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO, weil die klagende Partei auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision nicht hingewiesen hat.
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