Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die betreibende Partei beantragte zunächst, ihr gegen die beiden Verpflichteten zur Hereinbringung von 459.222,50 S sA die Exekution durch Pfändung der den beiden Verpflichteten aus dem Safevertrag mit der B***** Aktiengesellschaft Safe Nr. ***** zustehenden Rechte zu bewilligen. Es möge an die verpflichteten Parteien das Gebot erlassen werden, sich jeder Verfügung über die ihnen zustehenden Rechte, insbesondere der Öffnung bzw Entnahme aus dem Safe Nr. ***** zu enthalten, der B***** möge untersagt werden, bei der Öffnung des Safes durch die verpflichtete Parteien mitzuwirken bzw Schlüssel an die verpflichteten Parteien auszufolgen und überhaupt sonst in irgend einer Form an der Ermöglichung für die verpflichteten Parteien mitzuwirken, die ihr aus dem Safevertrag zustehenden Rechte auszuüben.
Dieser Antrag wurde mit Beschluss des Erstgerichts vom 28. 7. 1983 bewilligt, welcher Beschluss in Rechtskraft erwuchs.
Am 11. 10. 1983 beantragte die betreibende Partei unter Hinweis auf die Rechtskraft des Beschlusses auf Pfändung der „den verpflichteten Parteien aus einem Safevertrag zustehenden Rechte“ die Überweisung des „Herausgabeanspruches“ zur Einziehung.
Das Erstgericht ordnete eine Tagsatzung gemäß § 331 Abs 2 EO an, bei der die verpflichteten Parteien einwendeten, es gebe keinen Herausgabeanspruch, der gepfändet oder überwiesen werden könne, da das Bankfach ein Inhaberanspruch sei, während die betreibende Partei auf die Lehre von Heller-Berger-Stix S 2286 ff verwies und geltend machte, dass ein Herausgabeanspruch bestehe und daher der Überweisungsantrag gesetzlich zulässig und zur exekutionsrechtlichen Verwertung des Safeinhaltes geeignet sei.
Das Erstgericht beschloss daraufhin die Überweisung der mit Beschluss vom 28. 7. 1983 gepfändeten Rechte aus dem Safevertrag mit der B***** (Safe Nr. *****) zur Einziehung zur einmaligen Ausübung (Punkt 1) und ordnete an (Punkt 5), dass den verpflichteten Parteien nach Rechtskraft des Beschlusses der Safeschlüssel vom Gerichtsvollzieher abzunehmen sei, wenn dies nicht möglich sei, werde angenommen, dass der Schlüssel in Verlust geraten sei, für diesen Fall werde die gewaltsame Öffnung des Safes angeordnet. Aus der Begründung ergibt sich, dass sich das Erstgericht der Ansicht von Schinnerer-Avancini Bankverträge3 III S 200 und der Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien ExPRflSlg 1978/86 anschloss.
Das Gericht zweiter Instanz hob den Überweisungsbeschluss zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und verfügte einen Rechtskraftvorbehalt.
Das Gericht zweiter Instanz war der Auffassung, dass zwar für den typischen Schrankfachvertrag die Rechtsansicht des Erstgerichts zutreffe. Es sei aber immerhin denkbar, dass im vorliegenden Fall ein Schrankfachvertrag mit dem überwiegenden Charakter eines Verwahrungsvertrags vorliege, in welchem Fall auch die von der betreibenden Partei an sich beantragte Überweisung des Herausgabeanspruchs der verpflichteten Parteien gegen die Drittschuldnerin (B*****) in Frage komme. Eine Entscheidung über den Verwertungsantrag sei daher erst möglich, wenn die Rechtsnatur des konkreten Safevertrags geklärt sei.
Gegen den Beschluss des Gerichts zweiter Instanz wendet sich der Revisionsrekurs der betreibenden Partei, welcher im Wesentlichen geltend macht, mangels anderer Behauptungen liege ein typischer Schrankfachvertrag vor. Auch bei diesem stünden die Elemente eines Verwahrungsvertrags im Vordergrund, weshalb im Sinne der Lehre von Heller-Berger-Stix 2286 ff vorzugehen sei. Die Pfändung, Verwahrung und den Verkauf der im Safe befindlichen beweglichen Sachen habe die betreibende Partei schon in einem anderen Exekutionsverfahren beantragt. Jetzt gehe es darum, die Drittschuldnerin zur Herausgabe dieser Sachen zu veranlassen. Der Herausgabeanspruch könne daher sehr wohl überwiesen werden. Bei Weigerung der Drittschuldnerin müsse allenfalls eine Klage erhoben werden. Die betreibende Partei beantragte die Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichts.
Rechtliche Beurteilung
Dem Rekurs kommt keine Berechtigung zu.
Die Exekution in den Inhalt eines Banksafes kann, vereinfacht gesagt, auf folgende Arten geschehen: Verhältnismäßig problemlos ist der Fall, dass der Verpflichtete kooperativ ist und sich mit dem Vollstecker zur Bank begibt, dort mit Hilfe seines Safeschlüssels und im Zusammenwirken mit der dazu nach dem Schrankfachvertrag in der Regel auch verpflichteten Bank den Safe öffnet und die Pfändung des Inhalts nach den Bestimmungen des § 253 EO zulässt.
Problematisch ist hingegen der Fall, dass der Verpflichtete nicht freiwillig dazu beiträgt, die Pfändung zu bewirken. Jetzt sind im Wesentlichen zwei Fälle zu unterscheiden: Entweder die Bank ist aufgrund des von ihr mit der verpflichteten Partei abgeschlossenen Schrankfachvertrags in der Position einer zur Herausgabe des Safeinhalts verpflichteten Verwahrerin, dann geschieht die Exekution durch Pfändung des Herausgabeanspruchs des Verpflichteten gegen die Bank gemäß § 325 EO und in der Folge kommt es zur Überweisung dieses gepfändeten Herausgabeanspruchs, wobei der Safeinhalt von der Bank nicht der betreibenden Partei, sondern dem Vollstreckungsorgan zu übergeben ist. Die Verwertung der herausgegeben Sachen erfolgt dann nach den Regeln über den Verkauf gepfändeter beweglicher Sachen (§ 327 EO). Diese Exekutionsart wird bei Heller-Berger-Stix 2286 f behandelt, ohne dass dort besonders darauf hingewiesen würde, dass gerade der typische Schrankfachvertrag auf diese Exekutionsart nicht passt (dazu ausführlich Schinnerer-Avancini Bankverträge3 III 200 ff).
Beim typischen Schrankfachvertrag wird dem Kunden von einem Kreditinstitut ein Schrankfach zur Unterbringung von Wertpapieren, Wertgegenständen oder Urkunden überlassen, wobei das Kreditinstitut nur für die sichere Unterbringung durch entsprechende Überwachung des Safes zu sorgen hat, aber nicht zu einer Obsorge für die im Schrankfach verwahrten Gegenstände verpflichtet ist und also weder für einzelne noch für die Gesamtheit der im Safe befindlichen Gegenstände des Kunden Verwahrungspflichten übernimmt. Dem Kreditinstitut kommt daher bei dieser Gestaltung des Safevertrags keine Gewahrsame an den im Safe befindlichen Sachen zu (Schinnerer-Avanicini aaO, Schubert in Rummel ABGB Rz 4 zu § 957, SZ 50/25). In diesem Fall kommt als Vorbereitung der späteren Fahrnisexekution nur eine Exekutionsführung nach §§ 331 ff EO in Frage (Schinnerer-Avancini aaO, siehe aber auch schon Ratzenhofer in GZ 1903, 363, besonders 374 oder für den deutschen Rechtsbereich Schönle, Bank- und Börsenrecht § 22 III 3 b). Es sind also die Rechte des Verpflichteten gegenüber der Bank aus dem abgeschlossenen Safevertrag zu pfänden. Die Pfändung besteht im Gebot an den Verpflichteten, sich jeder Ausübung seiner Rechte aus dem Safevertrag (Recht des jederzeitigen Zutritts zum Schrankfach, Anspruch auf Anfertigung eines zweiten Schlüssels, Anspruch auf gewaltsame Öffnung des Safes für den Fall des Verlustes des Schlüssels, Anspruch auf Mitwirkung der Bank bei der Öffnung des Schrankfaches) zu enthalten, und aus dem an das Kreditinstitut gerichtete Verbot, aufgrund des Safevertrags nicht mehr an die Verpflichtete zu leisten (was vor allem die Pflicht der Bank betrifft, bei der Öffnung und Schließung des Safes mitzuwirken). Die Verwertung der gepfändeten Rechte geschieht dann dadurch, dass das Exekutionsgericht den betreibenden Gläubiger ermächtigt, das gepfändete Recht des Verpflichteten in dessen Namen zur einmaligen Ausübung (mehr ist nicht nötig, weil es sich ja nur um eine vorbereitende Exekution handelt, die die Verfügbarkeit bestimmter Werte des Verpflichteten zur weiteren Exekutionsführung verschaffen soll), geltend zu machen. Nur ein Streit um Worte ist es dabei, ob man hier den Ausdruck „Überweisung der gepfändeten Rechte aus dem Safevertrag“ (wie § 308 EO) oder „Ermächtigung zur ...“ (wie § 333 EO) verwendet (Heller-Berger-Stix 2379). Nach der Erteilung dieser Ermächtigung ist der betreibende Gläubiger der Bank gegenüber zu all dem berechtigt, zu dem zuvor der Verpflichtete berechtigt war. Gemäß der analog anzuwendenden Bestimmung des § 306 EO (bei der Verwertung nach § 331 Abs 2 EO besteht weitgehende Freiheit; vgl auch den Hinweis auf die Forderungsexekution im § 333 Abs 1 EO) hat der Verpflichtete dem betreibenden Gläubiger alle zur Geltendmachung des überwiesenen Anspruchs nötigen Auskünfte zu erteilen (zB Bekanntgabe des Losungswortes, falls dies erforderlich ist) und ihm die über die Forderung vorhandenen Urkunden zur Verfügung zu stellen (zB Legitimationskarte, falls eine solche vereinbart ist), und er ist auch verpflichtet, seinen Safeschlüssel zur Verfügung zu stellen (vgl dazu Ratzenhofer GZ 1903, 363, besonders 368 und 374). Können der Schlüssel oder die Legitimationsurkunde auf diese Weise nicht zustandegebracht werden, so kann das Vollstreckungsorgan sie auch gemäß § 26 EO beischaffen. Wird die betreibende Partei auch auf diese Weise nicht instandgesetzt, den Safe im Zusammenwirken mit der Bank zu öffnen und den Inhalt durch den Vollstrecker pfänden und in Verwahrung nehmen zu lassen, so kann die betreibende Partei beanspruchen, dass sie von der Bank so behandelt wird, als hätte sie die Urkunde und den Schlüssel verloren oder das Losungswort vergessen. In diesem Fall wird es zu der gewaltsamen Öffnung des Safes, verbunden mit der Änderung des Schlosses und der Anfertigung neuer Schlüssel (vgl dazu Punkt 2 Nr 2 der vom Verband der Österreichischen Banken und Bankiers herausgegebenen und in der Regel zu Grunde gelegten Bedingungen für die Vermietung von Safes, Fassung 1961, abgedruckt bei Schinnerer-Avancini 3 III 306) kommen, wobei alles dies auf Kosen der verpflichteten Partei (bei Bevorschussung durch die betreibende Partei) zu geschehen hätte. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, sei hier ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei dieser gewaltsamen Öffnung nicht etwa um eine durch das Vollstreckungsorgan vorzunehmende Öffnung handelt, sondern die gewaltsame Öffnung hat durch die Bank im Beisein der betreibenden Partei in ihrer Stellung als Überweisungsgläubiger, also an Stelle des Verpflichteten in seiner Eigenschaft als Safemieter, und des Vollstreckungsorgans, dessen Anwesenheit erforderlich ist, um den Safeinhalt pfänden und in Verwahrung nehmen zu können, zu geschehen, so wie dies zu geschehen hätte, wenn es ohne Exekution zur gewaltsamen Öffnung des Safes kommt. Sollte sich die Bank weigern, an der gewaltsamen Öffnung mitzuwirken, müsste sie vom betreibenden Gläubiger (der dazu aufgrund des ihm überwiesenen Anspruchs ermächtigt ist) geklagt werden und ein klagsstattgebendes Urteil müsste mit einer gesonderten Exekution gegen die Bank durchgesetzt werden.
Es kommt daher darauf an, welchen konkreten Inhalt der zwischen den verpflichteten Parteien und der B***** hinsichtlich des Safes Nr. ***** abgeschlossene Schrankfachvertrag hat; denn, was auch die betreibende Partei anerkennt, die Parteien können hier auch vom typischen Safevertrag abweichen (SZ 50/25). Gerade dann, wenn ein „typischer“ Schrankfachvertrag vorliegen sollte, wovon die betreibende Partei an sich in ihrem Pfändungsantrag ausgeht und was sie auch in ihrem Rechtsmittel unterstellt, müsste aber ihr Antrag auf Überweisung des „Herausgabeanspruches“ abgewiesen werden, weil ein solcher Herausgabeanspruch gerade nur besteht, wenn kein typischer Schrankfachvertrag vorliegt (in diesem Fall könnte daher auch zB nicht ein finanzbehördliches Vollstreckungsverfahren stattfinden, vgl dazu NZ 1966, 94 zu § 3 AbgEO, welche Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs nach Auffassung des erkennenden Senats bei Heller-Berger-Stix 2286 daher zu Unrecht kritisiert wird). Und nur wenn zwischen den verpflichteten Parteien und der B***** vereinbart worden wäre, dass die Bank gewisse Gegenstände der verpflichteten Parteien für sie in Verwahrung nimmt, dann könnte es im Rahmen einer Herausgabeexekution zur Erlassung eines Überweisungsbeschlusses nach §§ 325 Abs 2, 326, 327 EO im Sinne des bisher allein vorliegenden Überweisungsantrags der betreibenden Partei kommen.
Auf die von den verpflichteten Parteien immer wieder ins Treffen geführten Rechte bestimmter Minderjähriger kann in diesem Verfahren nicht Bedacht genommen werden, weil die allfälligen Rechte von Dritten von diesen nur mittels Klage gemäß § 37 EO wahrgenommen werden können.
Der Aufhebungsbeschluss der zweiten Instanz ist daher frei von Rechtsirrtum.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 78, 40, 50 ZPO.
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