Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.789,60 (darin enthalten S 1.131,60 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Ehe der Streitteile wurde 1979 geschieden. Am 9.1.1987 schlossen die Parteien vor dem Amtsgericht München zu 86 F 6533/86 einen Vergleich, in dem sich der dort Beklagte und nunmehrige Kläger verpflichtete, der dort klagenden und nun beklagten Partei ab 1.2.1987 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von DM 465,- zu bezahlen, wobei der Unterhalt monatlich im voraus fällig ist (Punkt 1.). Punkt 2. dieses Vergleichs lautet:
"Die Parteien sind sich darüber einig, daß der Unterhaltsbetrag gemäß Ziffer 1. abgeändert wird, wenn der Beklagte in Rente geht (möglicherweise noch dieses Jahr). Die Parteien sind sich einig, daß der Unterhaltsbetrag sich dann auf 17 % des Nettoeinkommens des Beklagten aus seinem gesamten Rentenanspruch beläuft, wobei sich das Nettoeinkommen aus den Bruttoeinkommen abzüglich der in der Bundesrepublik Deutschland geltenden öffentlichen Lasten sowie der Krankenversicherung ergibt. Der Beklagte verpflichtet sich, den Eintritt des Rentenfalles unverzüglich der Klägerin mitzuteilen und zugleich ihr seine Rentenbescheide einschließlich der Zusatzversicherung zu übersenden. Der Beklagte verpflichtet sich ferner, Änderungen der Rente der Klägerin ebenfalls unverzüglich mitzuteilen und die neuen Bescheide zu übersenden. Die Parteien sind sich darüber einig, daß der gemäß Ziffer 2. festgesetzte Unterhaltsbetrag von 17 % dann abgeändert werden kann, wenn eine Erhöhung oder Ermäßigung um 5 % oder mehr gegenüber dem erstmals ausgerechnetem Betrag eintritt."
Der unterhaltsverpflichtete Kläger trat mit 1.6.1988 in Pension und bezieht seither drei Pensionen, und zwar von seinem bisherigen Dienstgeber in Deutschland, von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Deutschland und von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten in Wien.
Mit Exekutionsbewilligungsbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 11.6.1991, 12 Nc 107/91-1, wurde der nun Beklagten als betreibenden Gläubigerin gegen den nunmehrigen Kläger als Verpflichteten antragsgemäß auf Grund der vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleiches des Amtsgerichtes München vom 9.1.1987, GZ 86 F 6533/86, zur Hereinbringung der vollstreckbaren Unterhaltsforderung von DM 465,-, das ist der rückständige Unterhalt "für die Zeit vom 1.Juni 1991" sowie des laufenden Unterhaltsanspruches der ab 1.7.1991 am Ersten eines jeden Monates fällig werdenden Unterhaltsbeträge von je DM 465,- die Exekution durch Pfändung der dem Verpflichteten als Pensionist zustehenden Forderung gegen den Drittschuldner Pensionsversicherungsanstalt für Angestellte bewilligt.
Dem Exekutionsantrag waren neben einer vollstreckbaren Ausfertigung des Exekutionstitels der Rentenbescheid vom 14.4.1988 und der Nachweis über die Firmenrente vom 20.7.1987 angeschlossen.
Das Bezirksgericht Donaustadt bewilligte als Vollzugsgericht mit Beschluß vom 22.7.1991, 15 E 7950/91-1, die Überweisung dieser Forderung zur Einziehung; dem Drittschuldner wurde verboten, das gepfändete Einkommen an den Verpflichteten auszuzahlen.
Der Verpflichtete begehrt mit der am 3.10.1991 eingebrachten Klage gemäß § 35 EO das Urteil, diese Unterhaltsansprüche der betreibenden Gläubigerin für den Zeitraum Juni, Juli, August und September 1991 seien infolge Zahlung erloschen; die Pfändung der beginnend mit Oktober 1991 zukünftig fällig werdenden Unterhaltsbeiträge zugunsten der Beklagten werde aufgehoben. Der Kläger sei am 1.6.1988 in Ruhestand getreten und beziehe seither Rente bzw Pension; dies habe er der Beklagten mitgeteilt und ihr die Rentenbescheide übermittelt. Ab 1.6.1988 trete somit Punkt 2 des Vergleiches in Kraft, wonach der Kläger verpflichtet sei, der Beklagten 17 % seines Nettoeinkommens an Unterhalt zu leisten. Der Kläger sei seinen Unterhaltsverpflichtungen insbesondere im relevanten Zeitraum pünktlich nachgekommen, sodaß kein Unterhaltsrückstand bestehe. Weiters stünden der Beklagten seit 1.6.1988 nur mehr 17 % des Nettoeinkommens des Klägers zu, daher nicht mehr der Betrag von DM 465,-. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 13.3.1992 brachte der Kläger vor, er sei zum Zeitpunkt der Exekutionsbewilligung im Juni 1991 bereits in Pension gewesen, sodaß die Exekution nicht bewilligt hätte werden dürfen. Er "modifizierte" das Klagebegehren insofern, daß die "Exekutionsbewilligung nicht nur infolge Zahlung erloschen sei, sondern auf Grund des zum Bewilligungszeitpunkt bereits erloschenen Exekutionstitels laut Pt.1 des Vergleiches nicht bewilligt hätte werden dürfen."
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung und wendete ein, der Kläger sei der im Vergleich eingegangenen Verpflichtung zur Information der Beklagten über seine Rentenbezüge nicht nachgekommen. Bei dem Vorbringen in der Tagsatzung am 13.3.1992 handle es sich um eine unzulässige Klagsänderung, gegen die sich die Beklagte ausspreche. Von der Drittschuldnerin werde im exekutiven Weg nicht ein Fixbetrag, sondern 17 % der Pension an die Beklagte überwiesen.
Das Erstgericht behielt sich die Beschlußfassung über die allfällige Zulassung des geänderten Klagsgrundes vor.
Ohne darüber im Spruch oder in den Gründen seines Urteiles darüber entschieden zu haben sprach das Erstgericht mit Urteil aus, die Unterhaltsansprüche der Beklagten von monatlich DM 465,- aus dem Vergleich vor dem Amtsgericht München GZ 86 F 6533/86 für den Zeitraum ab 1.6.1991, zu deren Hereinbringung das Landesgericht für ZRS Wien zu 12 Nc 107/91 die Exekution bewilligt hat und die Exekution zu 15 E 7950/91 des Bezirksgerichtes Donaustadt geführt wird, seien erloschen.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, für die Frage, in welcher Höhe der Beklagten ein Unterhaltsanspruch gegen den Kläger zustehe, sei seit 1.6.1988 der Punkt 2. des Vergleichs vom 9.1.1987 maßgeblich, wonach der Beklagte zur Bezahlung von 17 % seines Nettoeinkommens verpflichtet sei. Die Beklagte habe jedoch keine Bruchteilsexekution beantragt, sondern die Exekution auf einen fixen Unterhaltsbetrag von DM 465,- laut Punkt 1. des Vergleichs vom 9.1.1987, der jedoch zum Zeitpunkt der Pensionierung mit 1.6.1988 außer Kraft gesetzt worden sei. Die auf Grund der Exekutionsbewilligung durchgeführte Exekution sei daher durch den Exekutionstitel nicht gedeckt; diesen Einwand könne der Verpflichtete auch im Oppositionsprozeß nach § 35 EO erheben.
In ihrer Berufung machte die Klägerin unter dem Berufungsgericht der Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend, das Erstgericht habe dem Kläger mehr zugesprochen als dieser beantragt habe, wobei sie allerdings vom ursprünglichen Klagebegehren ausging. Das Erstgericht habe auch eine Verletzung der Eventualmaxime toleriert.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Eine Verletzung der im Oppositionsstreit geltenden Eventualmaxime liege nicht vor, weil der Kläger bereits in der Klage vorgebracht habe, daß er mit 1.6.1988 in Ruhestand getreten sei und damit der monatliche Unterhaltsanspruch von DM 465,- beendet sei. Der Exekutionsantrag stütze sich auf Punkt 1. des Vergleichs; dementsprechend sei die Exekution auf Grund des auf monatlich DM 465,- lautenden Punkt 1. des Vergleichs bewilligt worden. Daran ändere der Umstand nichts, daß das Bewilligungsgericht in seinem Amtsvermerk nach § 549 Geo die betriebene Forderung mit "17 % des Nettoeinkommens" anführe. Dieser Hinweis sei ohne entsprechenden Beisatz im Bewilligungsbeschluß selbst nicht Gegenstand der Exekutionsbewilligung. Auch durch die im Oppositionsstreit nachgeschobene Begründung, DM 465,- sei weniger als 17 % des gesamten Nettoeinkommens, könne die Exekutionsbewilligung nicht nachträglich auf einen Bruchteilstitel gestützt werden. Der Unterhaltstitel laut Punkt 1 des Vergleichs sei aber mit der Pensionierung des Klägers erloschen.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage einer allfälligen Umdeutung einer nicht nach § 10a EO beantragten Exekutionsbewilligung keine dem vorliegenden Fall vergleichbare Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Die nur aus dem Revisionsgrund nach § 503 Z 4 ZPO erhobene Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.
Exekutionstitel ist hier ein vor einem deutschen Amtsgericht geschlossener Unterhaltsvergleich. Gemäß Art 11 Abs 1 Vollstreckungsabkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland, BGBl 1960/105, werden gerichtliche Vergleiche den rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidungen gleichgestellt.
Der Prozeßvergleich muß wie jeder Vollstreckungstitel inhaltlich bestimmt oder eindeutig bestimmbar, namentlich das Ziel der Vollstreckung aus dem Vergleich selbst heraus erkennbar sein (Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht10 126).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Nach dem klaren und eindeutigen Vergleichswortlaut gilt die Verpflichtung zur Zahlung eines ziffernmäßig bestimmten Betrages laut Punkt 1. des Vergleichs solange, bis der Unterhaltsverpflichtete in Rente geht. Ab diesem Zeitpunkt richtet sich die Unterhaltsverpflichtung nach Punkt 2. des Vergleiches und berechnet sich nach einem bestimmten Prozentsatz des Nettoeinkommens des Unterhaltspflichtigen. Für die Ansicht der Beklagten, es handle sich bei Punkt 2. des Vergleiches um eine reine Absichtserklärung, bietet der klare Vergleichswortlaut keine Grundlage.
Der Eintritt der - auch bei einem Vergleich zulässigen (Schuschke, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz I § 794 Rz 3) - Bedingung ergibt sich hier schon daraus, daß dem Exekutionsantrag der Rentenbescheid vom 14.4.1988 und der Nachweis über die Frührente vom 20.7.1987 angeschlossen waren. An diesem Umstand gehen die Revisionsausführungen der Beklagten vorbei, der Kläger habe der Beklagte nicht die Information entsprechend seinen im Vergleich eingegangenen Verpflichtungen erteilt. Ab diesem Zeitpunkt bestand für die Unterhaltsberechtigte nicht eine Wahlmöglichkeit zwischen Punkt 1. und 2. des Vergleichs; eine auf Punkt 1. des Vergleiches gestützte Exekutionsführung wurde vielmehr nach dem Wortlaut des Exekutionstitels unzulässig; nunmehr konnte nur mehr gestützt auf Punkt 2. des Vergleichs Bruchteilsexekution geführt werden.
Diesen Erfordernissen entspricht die Exekutionsführung jedoch nicht; die betreibende Gläubigerin führt vielmehr Exekution zur Hereinbringung eines bestimmten Betrages. Für eine Umdeutung in eine - nicht beantragte - Bruchteilsexekution besteht keine gesetzliche Grundlage. Der Einwand, die beantragte Exekution sei durch den Exekutionstitel nicht gedeckt, ist mit Klage nach § 35 EO geltend zu machen (EvBl 1958/351) und wird hier vom Verpflichteten zutreffend erhoben. Auf die Frage, in welcher Höhe ein Unterhaltsanspruch der Beklagten überhaupt besteht, ist in diesem Verfahren nicht einzugehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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