Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Das Erstgericht hatte der betreibenden Partei die Pfändung mehrerer vom Verpflichteten angeblich betriebener Gewerbe bewilligt, sich die Entscheidung über den Antrag auf Zwangsverwaltung aber vorbehalten (ON 1). Unter den gepfändeten "Gewerben" befand sich auch das "Buffet" in F*****.
Mit seinem Beschluß vom 23.6.1997 (ON 6) stellte das Erstgericht die Exekution "auf" Pfändung des von der verpflichteten Partei in F***** betriebenen Gewerbes "Buffet" sowie Zwangsverwaltung des oben bezeichneten Gewerbes gemäß § 341 Abs 1 EO ein. In der Begründung wird ausgeführt, daß nach dem Schreiben der Kammer der gewerblichen Wirtschaft vom 12. und 18.6.1997 für die Ausübung des Gastgewerbes eine besondere Befähigung erforderlich sei und der Verpflichtete nur zwei Dienstnehmer beschäftige.
Dem gegen diesen Beschluß von der Betreibenden erhobenen Rekurs gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß Folge und hob die erstinstanzliche Entscheidung ersatzlos auf.
Die Exekutionsbefreiung nach § 341 Abs 1 Satz 2 EO komme nur bei handwerksmäßigen oder konzessionierten Gewerbe, zu deren Antritt eine besondere Befähigung erforderlich sei, zum Tragen; ein solches Gewerbe müsse vom Gewerbeinhaber allein oder mit höchstens vier Hilfsarbeitern ausgeübt werden. Bei gebundenen Gewerben im Sinn der alten Terminologie der Gewerbeordnung (GewO) 1973 vor der Gewerberechtsnovelle 1992 (BGBl 1993/29) sei die Befreiung ausgeschlossen. Seit der Gewerberechtsnovelle 1992 gebe es "konzessionierte Gewerbe" nicht mehr; neben Handwerken und freien Gewerben gebe es bewilligungspflichtige gebundene und nicht bewilligungspflichtige gebundene Gewerbe. Das "bewilligungspflichtige gebundene Gewerbe" entspreche im wesentlichen dem "konzessionierten Gewerbe" in der Fassung der GewO 1973 vor dieser Novelle. Daher seien nunmehr vom Ausschluß der Exekutionsbefreiung die "nicht bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbe" im Sinne des § 124 GewO 1994 betroffen. Da es hier um das nicht bewilligungspflichtige gebundene Gewerbe "Gastgewerbe gemäß § 124 Z 9 GewO 1994" [seit der Novelle BGBl I 1997/63: § 124 Z 8 GewO 1994] gehe, sei schon die erste Voraussetzung des § 341 Abs 1 letzter Satz EO nicht erfüllt. Daher bedürfe es einer Prüfung der Zahl der Beschäftigten nicht.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei und begründete dies damit, daß oberstgerichtliche Judikatur zu den Auswirkungen der Gewerberechtsnovelle 1992 auf § 341 Abs 1 EO fehle.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs des Verpflichteten, mit dem er die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung anstrebt.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht deshalb unzulässig, weil der Verpflichtete in erster Instanz die Einstellung des Exekutionsverfahrens betreffend das "Buffet" in F***** gar nicht beantragt hat (SZ 62/120; SZ 65/115). Der Revisionsrekurs ist auch nach § 528 Abs 1 ZPO iVm § 78 EO aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig.
Der Rekurs ist aber nicht berechtigt.
Wie schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, hat es der Gesetzgeber unterlassen, anläßlich der Gewerberechtsnovelle 1992, mit welcher konzessionierte Gewerbe abgeschafft wurden, die Bestimmung des § 341 Abs 1 Satz 2 EO anzupassen; dies ungeachtet der Tatsache, daß die Notwendigkeit, die das Exekutionsverfahren betreffende Bestimmung des § 45 GewO 1973 anzupassen, durchaus erkannt wurde.
§ 341 Abs 1 EO gehört noch zum Urbestand der EO. Bei seinem Inkrafttreten unterschied die damals geltende GewO 1859 (RGBl 227) nach § 1 zwischen freien, gebundenen, handwerksmäßigen und konzessionierten Gewerben. Zu den konzessionierten Gewerben gehörte gemäß § 15 Abs 1 Z 15 GewO 1859 auch das Gast- und Schankgewerbe.
Zur bezeichneten Einschränkung der Exekution auf Unternehmen lehrte bereits Neumann (Exekutionsordnung [1900] 180 f), daß ausschließlich die Gewerbeordnung bestimme, welches Gewerbe zu den handwerksmäßigen oder konzessionierten Gewerben gehöre. Grundsätzlich begrüßt er den Gedanken, das Erträgnis eines Unternehmens, dessen Betrieb nicht hauptsächlich auf der Person des Unternehmers beruht, durch Zwangsverwaltung oder Verpachtung zur Befriedigung des Gläubigers heranzuziehen.
In der Folge änderte sich nun, gerade was das Gast- und Schankgewerbe angeht, die Rechtslage wiederholt. So führten Neumann/Lichtblau (EO3 1065) aus, daß bei einem Gastwirts- oder einem Kaffeehausgewerbe die Einstellung nach § 341 Abs 1 EO unzulässig sei, da diese Gewerbe weder handwerksmäßige noch solche seien, deren Antritt eine besondere Befähigung erfordere. Nach Heller/Trenkwalder (EO3 1213) war entsprechend bestimmten Verordnungen des Bundesministers für Handel und Verkehr bezüglich bestimmter Kategorien der Gast- und Schankgewerbe eine besondere Befähigung zum Antritt erforderlich. Die Verordnung des BM für Handel und Wiederaufbau vom 17.4.1964 (BGBl 74) unterschied für die Frage des Befähigungsnachweises einerseits nach Kategorien (Betriebsformen), andererseits etwa für Gasthöfe nach der Lage und der Größe des als Standort in Aussicht genommenen Gemeinde. (Nach dieser Verordnung zählte F***** nicht zu jenen Orten, in denen für ein Gasthaus ein Befähigungsnachweis erforderlich war.) Seit der GewO 1973 war für alle Gastgewerbe ein Befähigungsnachweis erforderlich (Mache/Kinscher GewO5 Anm 4 zu § 193).
Eine grundlegende Änderung erfolgte mit der Gewerberechtsnovelle 1992 (BGBl 1993/29).
Nach dem nunmehrigen § 5 der 1994 wiederverlautbarten GewO ist nun der Befähigungsnachweis grundsätzlich nicht mehr für den Antritt, sondern für die Ausübung des Gewerbes erforderlich. Darüber hinaus beseitigte dieses Gesetz den Typ des konzessionierten Gewerbes. Allerdings räumen die EB zur RV (635 Beil XVIII.GP) ein, daß bei einigen besonders sensiblen Gewerben, bei denen qualifizierte öffentliche Interessen berührt würden, vom Grundsatz, daß es nur mehr Anmeldungsgewerbe gebe, abgegangen werden müsse und der Gewerbeantritt an die Erteilung einer förmlichen Bewilligung nach vorheriger Prüfung der Zuverlässigkeit gebunden werde. Die bisherigen konzessionierten Gewerbe würden zum Teil in die Gruppe der Handwerke eingereiht, zum Teil den gebundenen Gewerben zugeordnet (zB Gastgewerbe...). Nach Kinscher/Sedlak (GewO6 Anm 1 zu § 127) ersetzen sohin die bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbe die bisherigen konzessionierten Gewerbe. Der Unterschied bestehe im wesentlichen nur noch darin, daß die Ausstellung eines Konzessionsdekretes wegfalle und ein Gewerbeschein nicht vorgesehen sei, die Erbringung eines Befähigungsnachweises für alle bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbe vorgesehen sei, grundsätzlich der Landeshauptmann Behörde erster Instanz sei und in einigen Fällen die Bewilligungspflicht für verschiedene Vorgänge wegfiele (Anm 2 aaO). Im Hinblick auf die nur unwesentliche Änderung im Bereich der nunmehr bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbe spricht Rill (Grundfragen des Gewerberechts, in Korinek (Hrsg) Gewerberecht 1 ff [9]) von einer bloßen Umbenennung.
In der neueren exekutionsrechtlichen Literatur hat die Gewerberechtsnovelle 1992 noch wenig Niederschlag gefunden. Während Holzhammer (Zwangsvollstreckungsrecht4 360) wohl wegen des Erscheinungsdatums (1993) auf die Novellierung der GewO nicht eingehen konnte, zitieren Rechberger/Oberhammer ExekutionsR (1997) Rz 419 § 341 Abs 1 zweiter Satz EO ohne Hinweis auf die Veränderungen im Gewerberecht. Feil (EO4) setzt die handwerksmäßigen und konzessionierten Gewerbe mit den Handwerken und bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbe nach der GewO 1994 gleich, vermeint aber (in Rz 11), daß die Exekutionsbeschränkung bei Anmeldungsgewerben und bei solchen Gewerben, zu deren Antritt eine besondere Befähigung erforderlich ist, nicht aber bei bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerben Anwendung finde. Für diese Ansicht beruft er sich auf lange vor der in Rede stehenden Novellierung ergangene Entscheidungen. Dabei beachtet er offenkundig nicht, daß seit der Gewerberechtsnovelle 1992 eine Unterscheidung zwischen Anmeldungsgewerben und solchen Gewerben, zu deren Antritt eine besondere Befähigung erforderlich ist, nicht mehr besteht, weil sowohl die Handwerke als auch die freien und gebundenen Gewerbe grundsätzlich Anmeldungsgewerbe sind.
Was nun die entscheidende Frage angeht, wie die Verweisung auf die gewerberechtlichen Bestimmungen in § 341 Abs 1 Satz 2 EO auszulegen ist, hält der erkennende Senat die Anwendung einer "Versteinerungstheorie", etwa in dem Sinn, daß die Schutzbestimmung unverändert auf jene Gewerbe anzuwenden wäre, die schon zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der EO zu den Begünstigten gehörten, für nicht gerechtfertigt. Diese Auslegung würde der gerade im Gewerberecht bestehenden Dynamik, die sich in der laufenden Schaffung neuer Gewerbearten und dem Wegfall anderer äußert, in keiner Weise gerecht. Heller/Berger/Stix 2430 haben sich gerade im Hinblick auf das Gast- und Schankgewerbe (und unter Hinweis auf die "unzulängliche und wirklichkeitsfremde" Exekutionsbeschränkungen) zutreffend dafür ausgesprochen, daß die jeweiligen gewerberechtlichen Bestimmungen im Zeitpunkt der Entscheidung maßgebend sind. Für diese Auslegung spricht auch § 380 Abs 1 GewO, welcher Bestimmung der Wunsch des Gesetzgebers nach einer dynamischen Verweisung entnommen werden kann.
In diesem Sinn hat auch die E RPflSlg E 1987/91 auf das "gegenwärtig" zu den konzessionierten Gewerben, zu deren Antritt eine besondere Befähigung erforderlich ist, zählende Gewerbe der Immobilienmakler hingewiesen.
Demnach ist, wie schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, § 341 Abs 1 Satz 2 EO dahin auszulegen, daß damit auf die Handwerke und die bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbe verwiesen wird (so auch Angst/Jakusch/Pimmer EO12 [MTA], Anm 3 zu § 341 EO). Unmaßgeblich ist, ob auch für die Ausübung anderer Gewerbe ein Befähigungsnachweis erforderlich ist.
Dies bedeutet aber, daß das Rekursgericht zutreffend diese Exekutionsbeschränkung auf das Gastgewerbe gemäß § 124 Z 8 GewO (in der seit 1.7.1997 gültigen Fassung des BGBl I 1997/63) als nicht bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe ungeachtet seiner Größe nicht anwendete. Demnach kann der nicht weiter begründeten Ansicht von Feil, die Exekutionsbeschränkung gelte nicht für die bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbe, keinesfalls gefolgt werden. Gerade diese sind ja, wie dargelegt, im wesentlichen dasselbe wie jene seinerzeitigen konzessionierten Gewerbe, bei denen eine besondere Befähigung erforderlich war.
Auszugehen ist davon, daß, wie dargelegt, schon die GewO 1859 die gebundenen Gewerbe kannte, also solche, deren Antritt nach dem Gesetz einen Befähigungsnachweis voraussetzte, ohne daß sie begrifflich unter die handwerksmäßigen eingereiht werden könnten. Gerade auf diese Art von Gewerben wollte der Gesetzgeber die Exekutionsbeschränkung des § 341 Abs 1 Satz 2 EO nicht angewendet wissen. Demnach hat (zur alten Rechtslage) der OGH eine ausdehnende Auslegung der Exekutionsbeschränkung auf gebundene Gewerbe für unzulässig erklärt (Angst/Jakusch/Pimmer EO13 § 341 E 92) und in gleicher Weise für freie Gewerbe (aaO E 93).
Entgegen der Auffassung des Revisionsrekurswerbers ist für ihn aus dem PlB SZ 13/270 = JB 40 sowie aus der E SZ 46/108 nichts zu gewinnen. Gerade in dem Judikat aus dem Jahr 1931 hat der OGH klargestellt, daß angesichts des klaren Wortlauts des Gesetzes, ungeachtet der ursprünglichen Absicht des Gesetzgebers, keineswegs alle Kleinbetriebe von der Exekution ausgenommen wurden. Vielmehr lasse § 341 EO die Exekution im Kleinbetriebe freier oder einfach konzessionierter Gewerbe ohne Einschränkung zu. Eine ausdehnende Auslegung der Exekutionsbeschränkung hielt der OGH in diesem Gutachten nur insoweit für berechtigt, als er unter den freien oder konzessionierten Gewerben, bei denen die Ausübung an eine besondere persönliche Befähigung (wie den Führerschein eines Lohnkraftwagenunternehmers) gebunden war, solche Unternehmen, die der Unternehmer allein aufgrund dieser Befähigung betrieb, der Exekutionsbeschränkung unterstellte. Wenn auch das Gastgewerbe nunmehr generell eine besondere Befähigung erfordert, hat es der Gesetzgeber für richtig befunden, dieses Gewerbe aus der Gruppe der früher als "konzessioniert" bezeichneter herauszunehmen, sodaß auch das zitierte Judikat darauf nicht mehr anwendbar ist.
Auch aus SZ 46/108 kann kein Argument zugunsten des Verpflichteten gewonnen werden, verwies doch der OGH dort lediglich zur Begründung seiner Rechtsansicht, daß auch der Pächter eines fremden Unternehmens in den Genuß der Exekutionsbefreiung nach § 341 Abs 1 Satz 2 EO kommen soll, auf den der Befreiung zugrundeliegenden Gedanken, daß jene Gewerbe der Exekution entzogen sein sollen, bei denen die Person des Unternehmers von solcher Wichtigkeit ist, daß ihr Ersatz durch ein Zwangsverwalter das Unternehmen zerstöre. Wie auch schon aus dem in diesem Erkenntnis ebenfalls zitierten Plenarbeschluß hervorgeht, hat eben der Gesetzgeber jene Fälle, in denen seiner Ansicht nach dies der Fall sei, wenn auch "nicht glücklich" auf die handwerksmäßigen und jene konzessionierten Gewerbe beschränkt, in denen eine besondere Befähigung erforderlich war. Wie der OGH bereits in RPflSlg E 1987/91 klargestellt hat, kommt es nicht in Frage, in jedem einzelnen Fall zu überprüfen, ob die Wichtigkeit der Person des Unternehmers für eine Unpfändbarkeit des Unternehmens sprechen würde. Nach der nunmehr geltenden gewerberechtlichen Enstufung des Gast- und Schankgewerbes in die gebundenen Gewerbe komme eine Anwendung der Exekutionsbeschränkung des § 341 Abs 1 zweiter Satz EO auf diese Gewerbe somit nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 40 ZPO iVm § 78 EO.
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