OGH 3Ob28/84

OGH3Ob28/8430.5.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hermine G*****, vertreten durch Dr. Kurt Strizik, Rechtsanwalt in Krems an der Donau, wider die siebtbeklagte Partei Johann P*****, vertreten durch Dr. Herbert Schaller, Rechtsanwalt in Wien, und 15 weitere beklagte Parteien, wegen Unzulässigkeit einer Exekution, infolge Rekurses der siebtbeklagten Partei gegen den Beschluss des Kreisgerichts Krems an der Donau als Berufungsgericht vom 21. Juli 1983, GZ 1 a R 21/83-37, womit der Rekurs der siebtbeklagten Partei gegen den Beschluss des Kreisgerichts Krems an der Donau vom 17. Februar 1983, GZ 1 a R 21/83-31, womit das Urteil des Bezirksgerichts Persenbeug vom 13. Oktober 1982, GZ 4 C 4/82-25, aufgehoben wurde, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die siebtbeklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mehrere betreibende Gläubiger, darunter die siebtbeklagte Partei, führen Fahrnisexekution gegen Johann G***** jun, den Sohn der Klägerin, welche gegen die einzelnen Exekutionen hinsichtlich bestimmter Pfandgegenstände Widerspruch mittels Klage nach § 37 EO mit der Begründung erhob, sie hätte diese Gegenstände mit ihrem Verdienst als Angestellte in der Firma ihres Mannes aus eigenen Mitteln angeschafft und sie stünden daher in ihrem Eigentum. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 6. 10. 1982 brachte die Klägerin ergänzend vor, die gepfändeten Gegenstände seien von ihr mittels Kaufverträgen erworben und ihr vom Verkäufer übergeben worden.

Die beklagte Partei, welche die Abweisung der Klage beantragt hatte, sprach sich gegen diese „Erläuterung“ der Klagserzählung mit der Begründung aus, es handle sich um eine unzulässige Klagsänderung.

Das Erstgericht fasste in der Tagsatzung den später zugleich mit dem Urteil ausgefertigten Beschluss, das ergänzende Vorbringen der klagenden Partei werde nicht zugelassen, weil dadurch nur die mangelnde Schlüssigkeit der Klage behoben werden sollte, und erkannte zu Recht, dass die Exszindierungsklage hinsichtlich der siebtbeklagten Partei wegen Unschlüssigkeit der Klage abgewiesen werde.

Gegen diese Entscheidung erhob die klagende Partei ein Rechtsmittel, das als Berufung bezeichnet war, sich nach der Anfechtungserklärung aber auch gegen den mit Urteil ausgefertigten Beschluss richtete. In den Rechtsmittelausführungen wird im Wesentlichen der Standpunkt vertreten, es stelle eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens und eine unrichtige rechtliche Beurteilung dar, dass das Gericht die Verbesserung bzw Ergänzung der Klage nicht gestattet habe. Der Rechtsmittelantrag lautete dahin, es möge das angefochtene Urteil aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückgewiesen werden.

Das Gericht zweiter Instanz fasste als Rekurs- und Berufungsgericht den Beschluss vom 17. 2. 1983 (ON 31), es werde das Rechtsmittel, soweit es auch als Rekurs gegen den Zurückweisungsbeschluss des Erstgerichts aufzufassen sei, zurückgewiesen und es werde dem Rechtsmittel, soweit es sich als Berufung gegen das Urteil des Erstgerichts darstelle, dahin Folge gegeben, dass das Urteil des Erstgerichts aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zurückverwiesen werde. Einen Rechtskraftvorbehalt verfügte das Gericht zweiter Instanz nicht.

Die Zurückweisung des Rekurses begründete das Gericht zweiter Instanz damit, dass der Rekurs nicht gesetzmäßig ausgeführt sei. Dem Aufhebungsbeschluss begründete das Gericht zweiter Instanz damit, dass das ergänzende Vorbringen der klagenden Partei zulässig gewesen und daher vom Erstgericht zu Unrecht zurückgewiesen worden sei und damit die Klage nicht unschlüssig sei.

Gegen den Beschluss der zweiten Instanz, „mit welchem der Berufung der klagenden Partei ... Folge gegeben ... und das Urteil ... aufgehoben ...“ wurde erhob die siebtbeklagte Partei ein als Revisionsrekurs bezeichnetes Rechtsmittel (ON 33) mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ON 31 aufzuheben und die Entscheidung des Erstgerichts, mit der Klage wegen Unschlüssigkeit abgewiesen wurde, wiederherzustellen.

Der siebtbeklagten Partei ist bewusst, dass gemäß § 519 Z 3 ZPO idF vor der Zivilverfahrens-Novelle 1983 (der Aufhebungsbeschluss erging noch vor Inkrafttreten der Novelle) wegen Fehlens eines Rechtskraftvorbehalts gegen den Aufhebungsbeschluss grundsätzlich kein Rekurs zulässig wäre. Sie meint aber, die gesamte Entscheidung der zweiten Instanz stelle sich in Wahrheit als ein Beschluss dar, mit dem der Beschluss des Erstgerichts auf Zurückweisung eines Vorbringens dahin abgeändert worden sei, dass dieses Vorbringen zugelassen wurde. Nur infolge dieser abändernden Entscheidung sei dann dieses Vorbringen überhaupt relevant und könne allenfalls den Aufhebungsbeschluss begründen. Der Aufhebungsbeschluss sei aber auch deshalb verfehlt, weil die Klage auch unter Einbeziehung des ergänzenden Vorbringens immer noch unschlüssig sei.

Das Gericht zweiter Instanz wies das vom Erstgericht vorgelegte Rechtsmittel ON 33 der siebtbeklagten Partei mit Beschluss vom 21. 7. 1983 (ON 37) als unzulässig zurück. Über Auftrag des Obersten Gerichtshofs sprach das Gericht zweiter Instanz in einem Berichtigungsbeschluss (ON 43) aus, dass der Wert des Beschwerdegegenstands 15.000 S übersteige.

Gegen diesen Beschluss der zweiten Instanz vom 21. 7. 1983 (ON 37) erhebt die siebtbeklagte Partei einen Rekurs mit dem Antrag, den Zurückweisungsbeschluss des Gerichts zweiter Instanz dahin abzuändern, dass der „Revisionsrekurs“ der siebtbeklagten Partei ON 33 dem Obersten Gerichtshof vorgelegt werde. Die siebtbeklagte Partei wiederholt im Wesentlichen ihre Argumente, warum der Aufhebungsbeschluss der zweiten Instanz ungeachtet eines fehlenden Rechtskraftvorbehalts in diesem ganz besonderen Fall doch anfechtbar sei.

Zur Zulässigkeit des Rekurses gegen den angefochtenen Zurückweisungsbeschluss des Gerichts zweiter Instanz hat der Oberste Gerichtshof schon in seinem Beschluss vom 11. 1. 1984, 3 Ob 156/83, Stellung genommen.

Rechtliche Beurteilung

Der im Sinne dieser Ausführungen zulässige Rekurs ist unberechtigt.

Die siebtbeklagte Partei macht zunächst geltend, dass das Gericht zweiter Instanz den Revisionsrekurs ON 33 schon deshalb nicht zurückweisen hätte dürfen, weil hiefür nur das Erstgericht oder der Oberste Gerichtshof zuständig seien. Diese Auffassung wurde zwar einmal in der vereinzelt gebliebenen Entscheidung GlUNF 2116 vertreten. Soweit überblickbar, wurde aber sonst in einheitlicher Rechtsprechung immer der Standpunkt vertreten, dass über den Wortlaut des § 528 Abs 1 Satz 2 ZPO idF vor der Zivilverfahrens-Novelle 1983 hinaus unzulässige Revisionsrekurse nicht nur von der ersten Instanz sondern auch von der zweiten Instanz zurückgewiesen werden dürfen (SpR 265 Ende; RZ 1935, 18, RZ 1963, 111 ua zuletzt 6 Ob 553/83). Diese Auffassung wird von der Lehre gebilligt (Pollak System2 II 749, der von einer wohl erprobten Gerichtsentlastungsmaßregel spricht, Fasching Komm IV 436, Heller-Berger-Stix Komm I 655). Sie entspricht der Prozessökonomie und den allgemeinen Grundsätzen des österreichischen Rechtsmittelrechts. Insbesondere ist auch auf § 180 Abs 1 GeO hinzuweisen, wonach Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof vom Gericht zweiter Instanz (das ist im Sinne des § 37 Abs 1 Z 7 GOG das Gericht, das die Akten an die Rechtsmittelinstanz zu befördern hat) vom Vorsitzenden nur dann vorzulegen sind, wenn nicht wegen Verspätung, Unzulässigkeit oder Formmängeln des Rechtsmittels oder aus anderen Gründen ein Beschluss des Gerichts zu ergehen hat.

Durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 wurde das Zurückweisungsrecht des Berufungsgerichts in seiner Eigenschaft als Durchlauf- und Vorlageinstanz hinsichtlich einer Revision, wo dies früher auch nicht ausdrücklich im Gesetz stand, von der Rechtsprechung aber immer bejaht wurde, ausdrücklich normiert (§ 508 Abs 3 ZPO idF der Zivilverfahrens-Novelle 1983), um - wie es im Bericht des Justizausschusses (1337 der Blg XV GP S 21) heißt - etwas ausdrücklich zu regeln, was überwiegend schon als geltendes Recht angenommen, gelegentlich aber doch bestritten wurde. Aus dem Umstand, dass eine solche ausdrückliche Regelung bezüglich des Zurückweisungsrechts des Berufungs- oder Rekursgerichts in seiner Eigenschaft als Durchlauf- und Vorlageinstanz hinsichtlich eines Rekurses oder Revisionsrekurses im Gesetz nicht enthalten ist, kann aber nicht geschlossen werden, dass im minder wichtigen Rekursverfahren der zweiten Instanz hier weniger Rechte zustehen sollen als im Revisionsverfahren.

Das Gericht zweiter Instanz durfte daher das strittige Rechtsmittel ON 33, wenn es wirklich unzulässig war, zurückweisen.

Die Zurückweisung durch das Gericht zweiter Instanz ist aber auch meritorisch nicht zu beanständen.

Es soll nicht verkannt werden, dass die von der siebtbeklagten Partei bekämpfte Entscheidung ON 31 widersprüchlich ist. Einerseits wird gesagt, dass die ursprüngliche Klage unschlüssig gewesen sei und andererseits wird der Standpunkt vertreten, dass das ergänzende Vorbringen der klagenden Partei vom Erstgericht zwar zu Unrecht zurückgewiesen worden sei, dass aber der von der klagenden Partei gegen den nach der Ansicht des Gerichts zweiter Instanz inhaltlich falschen Zurückweisungsbeschluss erhobenen Rekurs zurückzuweisen sei. Der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts ON 31 ist also in Wahrheit ergangen, weil nach der Auffassung des Berufungsgerichts die Sache wegen eines zwar an sich notwendigen, aber in Wirklichkeit gar nicht erstatteten Vorbringens der klagenden Partei, zu dem keine Feststellungen getroffen wurden, noch nicht spruchreif sei.

Damit ist nicht der in der Rechtsprechung uneinheitlich gelöste Fall eines Aufhebungsbeschlusses ohne Rechtskraftvorbehalt gegeben, der nur infolge einer vom Erstgericht abgelehnten und erst vom Berufungsgericht zugelassenen Klagsänderung erging (vgl SZ 47/49 mit SZ 49/25 oder RZ 1979/87). Und es liegt auch nicht der Fall der von der siebtbeklagten Partei zitierten Entscheidung EvBl 1967/371 vor, dass das Gericht zweiter Instanz im Rahmen der Hauptsachenentscheidung implicite (und insoweit rekursgerichtlich, vgl dazu auch Nowak JBl 1953, 57, besonders 62) über eine Klagsänderung im abändernden Sinn abgesprochen hat. Das Berufungsgericht hob vielmehr das Ersturteil auf, obwohl es gerade nicht von einer Klagsänderung ausging. Gegen einen solchen Aufhebungsbeschluss ist aber gemäß § 519 Abs 1 Z 3 ZPO (bzw § 519 Z 3 ZPO idF vor der Zivilverfahrens-Novelle 1983) ohne ausgesprochenen Rechtskraftvorbehalt ein Rekurs nicht statthaft. Die zweite Instanz hat daher den Rekurs ON 33 mit Recht zurückgewiesen.

Es ist daher nicht auf die Frage einzugehen, ob zwischen der Behauptung, die fraglichen Gegenstände gehörten der Klägerin, weil sie sie aus eigenem Geld „angeschafft“ habe und der Behauptung, sie habe sie „gekauft“ und der Verkäufer habe sie ihr „übergeben“, überhaupt ein Unterschied besteht (zu 3 Ob 128/80 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass beides dasselbe bedeutet). Es ist auch nicht zu untersuchen, ob die Klage je unschlüssig war oder ob es vielleicht immer noch, auch wenn man das zurückgewiesene ergänzende Vorbringen mitberücksichtigen würde, nur um die fehlende Konkretisierung und Spezifizierung geht (vgl MietSlg 33.628). Es ist nicht zu prüfen, ob die betreibende Partei auch in Zukunft immer noch mit den Kostenfolgen des § 45 ZPO submittieren könnte, falls und sobald ihr erstmals überprüfbare Daten über die behaupteten Kaufgeschäfte bekanntgegeben werden. Und es ist auch nicht zu klären, inwiefern eine Aufhebung eines Urteils des Erstgerichts ohnedies auch dann möglich und notwendig ist, wenn eine Klage wirklich unschlüssig ist, weil die klagende Partei zuvor zu einer Ergänzung ihres Vorbringens angeleitet werden muss, bevor ihre Klage als unschlüssig zurückgewiesen werden kann (RZ 1978/120 ua).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 50, 40 ZPO.

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