Spruch:
In der Überweisung der Forderung, zu deren Hereinbringung Zwangsverwaltung geführt wird, liegt keine Entscheidung über die Unzulässigkeit der Exekution durch Zwangsverpachtung, sondern nur eine Tatsache, welche die Durchsetzung des Anspruches seitens des Überweisungsschuldners solange ausschließt, als die Pfändung aufrecht besteht. Diese Tatsache berechtigt nicht zu einem Antrag nach § 40 EO. oder zur amtswegigen Einstellung der Exekution nach § 39 Z. 5 EO. § 234 ZPO. im Exekutionsverfahren nicht anwendbar.
Entscheidung vom 19. Mai 1954, 3 Ob 285/54.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Die Verpflichtete beantragte die Einstellung der bewilligten Zwangsverwaltung ihres gepfändeten Apothekergewerbes nach § 39 Z. 5 EO., weil die Forderung der betreibenden Partei gepfändet und zur Einziehung überwiesen worden sei.
Das Erstgericht wies diesen Antrag ab, weil nach § 39 Z. 5 EO. die Exekution unter Aufhebung aller bisher vollzogenen Exekutionsakte nur dann einzustellen sei, wenn durch rechtskräftige Entscheidung die Exekution für unzulässig erklärt wurde.
Das Rekursgericht gab dem Antrag statt.
Der Oberste Gerichtshof stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Oberste Gerichtshof hat wohl in seiner Entscheidung vom 9. Juni 1937, SZ. XIX/191, JBl. 1937 S. 503, ÖRZ. 1937 S. 426, zum Ausdruck gebracht, daß auch Pfändung und Überweisung der Forderung der betreibenden Partei durch dritte Personen diese Forderung von der betreibenden Partei nicht mehr weiter eingetrieben werden kann und die Exekution durch Zwangsverpachtung gemäß § 39 Z. 5 EO. einzustellen sei. Diese Entscheidung mag für den speziellen Fall Gültigkeit haben, der aufgestellte Rechtssatz kann aber in dieser Allgemeinheit nicht aufrechterhalten werden.
Die Exekution ist nach § 39 Z. 5 EO. einzustellen, wenn keiner der übrigen im § 39 EO. taxativ aufgezählten Fälle zutrifft und eine Entscheidung erwirkt wurde, daß die Exekution unzulässig sei. Daß diese Entscheidung nicht nur in Urteilsform ergehen kann, ist richtig. Allein eine solche Entscheidung liegt hier nicht vor. Nach den Feststellungen des Rekursgerichtes - der bezügliche Akt wurde nicht vorgelegt - wurde die betriebene Forderung von Anna L. gepfändet und dieser am 18. Dezember 1953 zur Einziehung überwiesen. Damit ist allerdings nur mehr die Überweisungsgläubigerin und nicht der Überweisungsschuldner berechtigt, die Forderung einzutreiben, mag auch der Überweisungsschuldner Inhaber der Forderung bleiben. Mit Rücksicht auf die spezielle Regelung des § 308 EO, ist § 234 ZPO. im Exekutionsverfahren nicht anzuwenden. Daraus folgt, daß bei Pfändung und Überweisung einer Forderung, für welche bereits ein Exekutionsverfahren eingeleitet worden ist, dieses Verfahren nicht im Sinne der Regelung des § 234 ZPO. zwischen den bisherigen Parteien weitergeführt werden kann, sondern daß eben zufolge § 308 EO. nur mehr der Überweisungsgläubiger berechtigt ist, die zwangsweise Eintreibung dieser Forderung durchzuführen, denn gemäß §§ 294, 308 EO. ist dem Überweisungsschuldner jede Verfügung über die gepfändete und überwiesene Forderung untersagt, daher auch die weitere Betreibung einer bereits bewilligten Exekution, da auch hierin eine Verfügung über die gepfändete Forderung liegt.
Allein die Pfändung und Überweisung der betriebenen Forderung bewirkt nicht die Unzulässigkeit der eingeleiteten Exekution. Im Gegenteil, der Überweisungsgläubiger ist nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, die Exekution weiterzuführen. Dafür ist aber Voraussetzung, daß er von der eingeleiteten Exekution Kenntnis erlangt und daher auch die Möglichkeit hat, sie zu betreiben, ob diese Voraussetzung hier zutrifft, kann dem Akte nicht entnommen werden. - Bewirkte aber die Überweisung der gepfändeten Forderung die Unzulässigkeit der geführten Exekution, müßte das Exekutionsgericht auf Grund des Beschlusses von Amts wegen das Exekutionsverfahren, ohne daß es einer Einvernehmung der Beteiligten bedürfte, einstellen, und zwar unter Aufhebung aller bis dahin vollzogenen Exekutionsakte, womit dem Überweisungsgläubiger vielfach die Möglichkeit zur Fortsetzung der Exekution genommen wäre. Überdies ist der Überweisungsschuldner berechtigt, mit Zustimmung des Überweisungsgläubigers die Exekution selbst fortzusetzen, worauf das Rekursgericht bereits hinweist. Schon aus diesem Gründe kann der Überweisungsbeschluß oder das Verfügungsverbot einer Entscheidung über die Unzulässigkeit der Exekution nicht gleichgehalten werden und zur amtswegigen Einstellung der Exekution führen. Dazu kommt, daß die Hinderung des betreibenden Gläubigers zur Fortführung der Exekution im Falle der Einstellung der gegen ihn geführten Exekution wegfällt und er dann berechtigt ist, das Verfahren selbst wieder zu betreiben. Auch diese Möglichkeit wäre ihm durch eine amtswegige Einstellung der Exekution genommen.
In der Überweisung der gepfändeten Forderung liegt daher keine Entscheidung über die Unzulässigkeit der Exekution, sondern nur eine Tatsache, welche die Durchsetzung des Anspruches seitens des Überweisungsschuldners solange ausschließt, als die Pfändung aufrecht besteht (GlUNF. 2723). Ob diese Tatsache zur Einbringung einer Klage nach § 35 EO. berechtigt, ist hier nicht zu entscheiden. Keinesfalls berechtigt diese Tatsache aber etwa zu einem Antrag nach § 40 EO. oder zur amtswegigen Einstellung der Exekution nach § 39 Z. 5 EO.
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