OGH 3Ob276/01m

OGH3Ob276/01m27.2.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt, Wien 3, Ölzeltgasse 4, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Karl S***** KG, wider die beklagte Partei Johannes S*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Broesigke und Dr. Bertram Broesigke, Rechtsanwälte in Wien, wegen 100.000 S (= 7.267,28 EUR) sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 12. Juli 2001, GZ 5 R 95/01d-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Handelsgericht vom 20. März 2000, GZ 6 Cg 82/00i-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 499,38 EUR (darin 83,23 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 20. Mai 1998 wurde über das Vermögen einer näher genannten Kommanditgesellschaft (im Folgenden nur KG) - nach Ausgleichseröffnung am 6. April 1998 - der Anschlusskonkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt.

Der Beklagte war mit einer tatsächlich geleisteten Hafteinlage von 100.000 S Kommanditist der KG gewesen und mit 1. März 1989 einvernehmlich aus derselben ausgeschieden; sein Ausscheiden wurde am 21. Juli 1993 im Firmenbuch eingetragen. Über das Ausscheiden des Beklagten wurde in der Gesellschafterversammlung vom 16. Okotber 1989 ein Aktenvermerk angelegt. Zwischen den "Parteien" wurde ein Abfindungsbetrag für den als Kommanditisten ausscheidenden Beklagten von 1,382.496,80 S (bisher geleistete Zahlungen des Beklagten von 1,5 Mio S, Schenkung des Vaters des Beklagten von 1 Mio S sowie ein Abfindungsbetrag von 816.000 S, insgesamt somit 3,316.000 S abzüglich einer Gegenrechnung der KG von 1,933.503,20 S) zuzüglich Zinsen vereinbart. Die Zahlung sollte vereinbarungsgemäß in zehn Jahresraten, beginnend mit 1. März 1990, erfolgen. Unter Berücksichtigung der Verzinsung betrug die - hier Gegenstand der Klage bildende - 8. Rate 169.835,25 S. Diese am 1. März 1997 fällige und von der KG zunächst nicht bezahlte Rate zahlte sie an den Beklagten aufgrund rechtskräftigen Versäumungsurteils vom 25. Mai 1997 am 2. Juni 1997.

Zum Zeitpunkt der Eintragung des Ausscheidens des Beklagten im Firmenbuch am 21. Juli 1993 hatte die KG offene Verbindlichkeiten, die bei Konkurseröffnung über ihr Vermögen nach wie vor unberichtigt aushafteten und zum 22. Mai 1995 (somit nicht mehr als fünf Jahre vor Klageeinbringung) zumindest mit 500.000 S noch nicht fällig waren. Der klagende Masseverwalter begehrte vom Beklagten die Zahlung von 169.835,25 S sA - in Rückforderung der dem Beklagten am 2. Juni 1997 zugekommenen 8. Rate gemäß § 172 Abs 4 erster Fall HGB - und brachte, soweit noch wesentlich, dazu vor:

Spätestens zum 28. Februar 1997 sei die KG zahlungsunfähig und überschuldet gewesen. Spätestens zum 28. Februar 1995 habe sie sich nach den Regeln des Eigenkapitalersatzes in der "Krise" befunden. Die KG sei spätestens zum maßgeblichen Zeitpunkt der Zahlung in einer solchen wirtschaftlichen Situation gewesen, dass durch Verluste der rechnerische Kapitalanteil des Beklagten unter den Betrag der geleisteten Kommanditeinlage gemindert worden sei. Sei die Gesellschaft sogar insolvenzrechtlich überschuldet, könnten die Kommanditisten als Eigenkapitalgeber keinesfalls mehr mit Ansprüchen an die Gesellschaft zum Zug kommen. Auch die Abfindung eines ausscheidenden Kommanditisten sei eine Rückzahlung der Einlage iS dieser Bestimmung. Die 8. Rate hätte daher nicht mehr an den Beklagten gezahlt werden dürfen, sondern zur Wiederauffüllung dessen (nach seinem Ausscheiden fiktiven) Kapitalkontos verwendet werden müssen. Im Zeitpunkt der Eintragung des Ausscheidens des Beklagten aus der KG hätten offene Verbindlichkeiten insbesondere gegenüber Kreditinstituten bestanden, die bis zur Konkurseröffnung nicht mehr rückgeführt worden seien, jedoch gegenüber der KG erst nach Eintragung des Aussscheidens des Beklagten 1997 fällig geworden seien. Subsidiär werde der Klageanspruch auch auf die Regeln des Eigenkapitalersatzrechts gestützt. In der Situation der KG zur Zeit der Zahlung habe bereits eine "Rückzahlungssperre" gegenüber Kommanditisten gegolten. Dennoch geleistete Zahlungen könne die KG und in deren Konkurs der Masseverwalter zurückfordern. Der Klagsanspruch werde daneben auf "jeden erdenklichen Rechtsgrund" gestützt.

Der Beklagte wandte im Wesentlichen ein: Der nach der Vereinbarung über sein Ausscheiden errechnete Auszahlungsbetrag beziehe sich nur zum geringsten Teil auf die Abfindung seiner Kommanditanteile von 100.000 S. Der Abfindungsbetrag von 816.000 S mache nur 25 % des vereinbarten Gesamtauszahlungsbetrags von 3,316.000 S aus. Darüber hinaus habe er als weitere Gegenleistung auf ein Wohnungsrecht an der Betriebsliegenschaft der KG verzichtet, dessen Wert den Abfindungsbetrag bei weitem übersteige. Auch im Zeitpunkte der Eintragung des Ausscheidens (1993) sei die KG nicht überschuldet gewesen. Sämtliche Forderungen gegen ihn seien verjährt. Daher könne der Kläger auch nicht anstelle solcher Gläubiger deren vermeintliche Ansprüche gegen ihn geltend machen. Ein Fall des § 172 Abs 4 HGB liege deshalb nicht vor, weil er die Einlage über 100.000 S gar nicht zurückerhalten habe. Er habe nur 8/10 der vereinbarten Auszahlung erhalten. Durch die erhaltenen Zahlungen sei der Kapitalanteil nicht unter die Hafteinlage herabgemindert worden. Für die dem Kläger geschenkte 1 Mio S sei zumindest § 172 Abs 5 HGB anwendbar, weil die Vereinbarung darüber gutgläubig erfolgt sei und weder er noch sein Vater Einfluss auf die Bilanz zum 28. Februar 1989 gehabt hätten. Im Übrigen liege entschiedene Rechtssache vor. Ein allfälliger Anfechtungsanspruch sei gemäß § 43 KO verjährt.

Das Erstgericht gab mit Klagebegehren mit 100.000 S sA statt und wies das Mehrbegehren von 69.835,25 S unangefochten ab. Es verneinte in Ansehung der Verurteilung zur Rückzahlung der Hafteinlage von 100.000 S den Einwand der entschiedenen Sache, weil in diesem Umfang der Masseverwalter Forderungen der Gläubiger geltend mache, denen die Rechtskraft des Versäumungsurteils nicht entgegenstehe. Das Gegenteil gelte dagegen für den geltend gemachten Rückzahlungsanspruch aus dem Titel der "Rückzahlungssperre gegen Eigenkapitalgeber". Ein Anfechtungsanspruch sei, ohne dass geprüft werden müsse, ob sich der Kläger überhaupt auf die Anfechtungsbestimmungen der KO stütze, jedenfalls gemäß § 43 Abs 2 KO verfristet. Der Beklagte hafte den Gläubigern der KG gegenüber nur im Umfang seiner eingetragenen Hafteinlage von 100.000 S. Die Außenhaftung des Kommanditisten lebe insoweit auf, als die ausgezahlten Gewinnanteile den entstandenen oder erst durch die Entnahme entstehenden Fehlbetrag zwischen geminderter Einlage und Haftungsbetrag abdecken hätten können. Das ergebe sich auch aus § 169 HGB. Wenn auch durch eine unzulässige Kapital- oder Gewinnentnahme die Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gläubigern wieder auflebe, so ändere dies nichts an der Haftungsbegrenzung in der Höhe der Hafteinlage. Der Verjährungseinwand des Beklagten sei nicht berechtigt. Das Berufungsgericht wies aus folgenden Erwägungen das Klagebegehren zur Gänze ab: Während des Konkurses der Kommanditgesellschaft übe der Masseverwalter das den Gesellschaftsgläubigern nach § 171 Abs 1 HGB zustehende Recht aus (§ 171 Abs 2 HGB). Während dieser Zeit könne der Gesellschaftsgläubiger die unmittelbare Haftung der Kommanditisten nicht in Anspruch nehmen, sondern nur aus der Konkursmasse bzw aus der aus den Einlagen der Kommanditisten gebildeten Sondermasse Befriedigung erlangen. Der Masseverwalter sei insoweit Vertreter der gemeinsamen Gläubigerrechte und nicht Vertreter des Gemeinschuldners, also der Gesellschaft. Vielmehr übe er ein selbstständiges Recht aus.

§ 171 Abs 2 HGB begründe keinen gesetzlichen Forderungsübergang; dem Masseverwalter werde vielmehr die Alleinbefugnis übertragen, im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung die Interessen jener Gläubiger zu wahren, denen außerhalb eines Konkurses ein direkter Anspruch gegen die Kommanditisten nach § 171 Abs 1 HGB zustünde. Demnach habe das Erstgericht zu Recht die Aktivlegitimation des Klägers bejaht und den Einwand der rechtskräftig entschiedenen Sache verworfen. Als Vertreter der Gläubiger binde den Masseverwalter die Rechtskraft eines zwischen der Gemeinschuldnerin (KG) und dem Beklagten ergangenen Versäumungsurteils mangels Parteistellung der Gläubiger in diesem Verfahren nicht.

Unter einer haftungsbegründenden Einlagenrückgewähr sei auch die Abfindung des ausgeschiedenen Kommanditisten zu verstehen. Der Kommanditist habe keinen Anspruch auf ein Abschichtungsguthaben in Höhe der geleisteten Einlage, soweit deren Wert nicht mehr vorhanden sei, weil es dadurch zu einer unzulässigen Rückzahlung der Einlage gemäß § 172 HGB käme, die ihrerseits innerhalb der Fünfjahresfrist des § 129 HGB die Haftung des Kommanditisten für die bei Eintragung seines Ausscheidens bestehenden Gesellschaftsschulden auslösen würde. Es entspreche der überwiegenden Lehre, dass erst die wirkliche Ausschüttung und nicht schon die entstandene Abfindungsforderung die Außenhaftung wieder aufleben lasse. Insbesondere Harrer (WBl 1992, 10 ff) habe unter Ablehnung der dort wiedergegebenen Gegenmeinung (K. Schmidt, Einlage und Haftung [1977], 73 f, 119 ff) mit überzeugenden Argumenten nachgewiesen, dass der ausgeschiedene Kommanditist erst ab dem Zeitpunkt der tatsächlichen Auszahlung hafte, wobei die Haftung nur in der Höhe der Haftsumme wieder auflebe. Das Abfindungsguthaben stehe dem Kommanditisten daher insoweit zu, als es die Höhe der Haftungssumme übersteige. Diese Differenz - wirtschaftlich betrachtet der Anteil am höheren Unternehmenswert - gebühre dem Kommanditisten. Die Zahlung dieses höheren, die Haftsumme übersteigenden Teils des Abfindungsguthabens sei daher unbedenklich.

Der Kläger selbst nenne nur als vereinbartes Abfindungsguthaben einen Betrag von 1,382.496,80 S. Dieses Vorbringen entspreche der überwiegenden Lehre und Rsp, wonach bei Ermittlung des Abfindungsanspruchs eines ausgeschiedenen Gesellschafters alle wechselseitigen gesellschaftsvertraglichen Ansprüche einzubeziehen seien. Da hier unstrittig die 9. und 10. Jahresraten an den Beklagten nicht bezahlt worden seien, folge daraus rechnerisch, dass dem Beklagten jedenfalls ein über der Haftungssumme liegender Teil des vereinbarten Abfindungsguthabens nicht ausbezahlt worden sei. Damit sei aber nach den dargestellten Grundsätzen (insbesondere der von Harrer vertretenen Meinung) klargestellt, dass eine Rückzahlung der Hafteinlage an den Beklagten iSd § 172 Abs 4 HGB nicht erfolgt sei. Diese Beurteilung ergäbe sich im Übrigen auch dann, wenn man (wenngleich entgegen den erstgerichtlichen Feststellungen) nur ein vereinbartes Abfindungsguthaben von 816.000 S zu Grunde lege. In diesem Falle wäre mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass von den acht an den Beklagten geleisteten Jahresraten der aliquote Teil auf das Abfindungsguthaben anzurechnen sei, somit rund 24,5 % der bisher geleisteten Zahlungen. Auch bei dieser Berechnung käme man zum Ergebnis, dass der Beklagte zumindest 100.000 S des vereinbarten Abfindungsguthabens noch nicht erhalten habe. Der Kläger habe auch kein ausreichendes Vorbringen erstattet, aus dem sich die Unzulässigkeit der Abfindungsvereinbarung zwischen der KG und dem Beklagten ergeben würde. Im Übrigen wäre die Abfindungsvereinbarung als zulässig zu beurteilen, hätte der Beklagte bereits bei seinem Ausscheiden aus der KG den vereinbarten Abfindungsbetrag zur Gänze erhalten. Mit Ausnahme der hier nicht anzuwendenden Beschränkungen durch die Anfechtungsbestimmungen der KO könne der hier vorliegende Sachverhalt nicht deshalb anders beurteilt werden, weil die vereinbarten Auszahlungsmodalitäten zehn Jahresraten zur Begleichung vorgesehen hätten. Der Beklagte habe ohnedies nicht mehr erhalten als das der Höhe nach unbedenkliche Abfindungsguthaben abzüglich der Haftsumme von 100.000 S. Eines Eingehens auf den Verjährungseinwand des Beklagten bedürfe es daher nicht.

Rechtliche Beurteilung

Die von der zweiten Instanz mit der Begründung, dass seit der Veröffentlichung der Meinung Harrers der Oberste Gerichtshof keine ausdrückliche Stellungnahme zur Rechtsfrage abgegeben habe, unter welchen Voraussetzungen bereits die Gutschrift der Abfindungsforderung die Rechtsfolge des § 172 Abs 4 HGB begründen könne, zugelassene Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht berechtigt.

a) Dass § 171 Abs 2 HGB keinen gesetzlichen Forderungsübergang begründet, sondern dem Masseverwalter die Alleinbefugnis überträgt, im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung die Interessen jener Gläubiger zu wahren, denen außerhalb eines Konkurses ein direkter Anspruch gegen die Kommanditisten nach § 171 Abs 1 HGB zustünde, und er insoweit nicht in Vertretung des Gemeinschuldners, also der Kommanditgesellschaft, sondern vielmehr ein selbstständiges Recht ausübt, hat schon die zweite Instanz zutreffend erkannt. Dies entspricht der herrschenden Auffassung (SZ 55/97; JBl 1988, 729 = GesRZ 1989, 38 [zustimmend Ostheim]; Jabornegg in Jabornegg, HGB, § 171 Rz 34 mwN).

Der ausscheidende Gesellschafter und damit auch der ausscheidende Kommanditist (§ 161 Abs 2 HGB) hat einen schuldrechtlichen Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft; ihm ist in Geld auszuzahlen, was er bei der Auseinandersetzung erhalten würde, falls die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens aufgelöst worden wäre. Der Anspruch entsteht mit dem Ausscheiden aus der Gesellschaft (Jabornegg aaO § 138 Rz 31 mwN). Die Auszahlung der Abfindungssumme kann die Liquiditätslage der Gesellschaft stark beeinträchtigen. Daher wird sehr häufig - wie auch hier - Ratenzahlung vereinbart (Koppensteiner in Straube, HGB2 Art 7 Nr 15, 16 Rz 24 mwN). Der Kommanditist, der der Gesellschaft Vermögenswerte im Ausmaß der Hafteinlage zugewendet hat, wird von der persönlichen Haftung frei. Allerdings bestimmt § 172 Abs 4 erster Satz HGB, dass die Haftung in dem Umfang wieder auflebt, in dem die Einlage zurückbezahlt wird, gilt sie doch in einem solchen Fall als den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet. Auch die Abfindung des ausgeschiedenen Kommanditisten kann eine haftungsbegründende Einlagenrückgewähr darstellen (Koppensteiner aaO § 172 Rz 9; Jabornegg aaO § 172 Rz 20, je mwN). Sie löst innerhalb der Fünf-Jahres-Frist des § 159 HGB die Haftung für die bei Eintragung des Ausscheidens bestehenden Gesellschaftsschulden aus (SZ 68/29 mwN; Koppensteiner aaO § 172 Rz 9).

Kernfrage des vorliegenden Rechtsstreits ist nun, ob beim Ausscheiden eines Kommanditisten aus der Gesellshaft bereits das Ausscheiden und das Entstehen eines Auseinandersetzungsanspruchs eine Einlagenrückgewähr iSd § 172 Abs 1 HGB darstellt (so K. Schmidt, Einlage und Haftung des Kommanditisten [1977]) oder erst das tatsächliche Zahlung, wovon die zweite Instanz ausging. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist zunächst davon auszugehen, dass, wie auch K. Schmidt (aaO 72 f) einräumt, § 172 Abs 4 HGB ausdrücklich von der Zurückzahlung der Kommanditeinlage spricht. Nach herrschender Meinung (Koppensteiner aaO § 172 Rz 9; Jabornegg aaO § 172 Rz 19) geht es aber nicht nur um Geldleistungen, es kommen auch Sachleistungen aller Art in Betracht. Demnach liegt eine Rückzahlung iSd § 172 Abs 4 HGB immer dann vor, wenn die KG oder ein anderer für deren Rechnung dem Kommanditisten oder einem Dritten für Rechnung des Kommanditisten etwas geleistet und sich dadurch das Vermögen der KG vermindert hat, ohne dass dieser gleichzeitig ein sofort fälliger Gegenanspruch erwachsen ist (SZ 54/42; Koppensteiner aaO § 172 Rz 9 mwN aus der deutschen Lehre und Rsp; Hämmerle/Wünsch, HGB4 II 326 f). Zutreffend ergänzt Jabornegg (aaO § 172 Rz 16) diese Definition dahin, dass der Anspruch der KG auf Rückzahlung der Pflichteinlage keinen Gegenanspruch iS dieser Definition darstellen kann und überdies eine Einlagenrückzahlung auch dann angenommen werden muss, wenn die Gesellschaft die freie Verfügbarkeit und Nutzbarkeit von Vermögensteilen, die nicht wirklich erzielte Gewinne sind, zu Gunsten von Kommanditisten aufgibt (aaO Rz 17).

Nach herrschender Lehre lässt erst die wirkliche Ausschüttung an den Ausgeschiedenen und nicht schon die entstandene Abfindungsforderung die Außenhaftung wieder aufleben (Harrer, Aktuelle Haftungsprobleme des Kommanditistenin WBl 1992, 10 [17 f]; Jabornegg aaO § 172 Rz 20; in diesem Sinn wohl auch Hämmerle/Wünsch aaO ["Leistung aus dem Gesellschaftsvermögen"]; Schilling in Großkomm HGB4 § 172 Rz 14). Der erkennende Senat schließt sich dieser Meinung (entgegen K. Schmidt aaO 74 ff, 121 f und derselbe in Schlegelberger, HGB5 §§ 171 f Rz 73) an. Wie Jabornegg zutreffend ausführt, muss es nach dem Normzweck gerade auf die weitere Nutzbarkeit und Verfügbarkeit der Pflichteinlage ankommen. Solange der ausgeschiedene Kommanditist sein Abfindungsguthaben im Vermögen der Gesellschaft belässt, haftet es den Gläubiger derselben unmittelbar; erst nach der Ausschüttung an den ausgeschieden Kommanditisten ist ihnen der Zugriff darauf verwehrt. Dagegen vermag das Argument von K. Schmidt, es sei betriebswirtschaftlich und juristisch unmöglich, dass dieselbe Summe als Auszahlungsforderung eines Nichtgesellschafters die Gesellschaft belaste und als Haftkapital der Gesellschaft zur Verfügung stehe, nicht zu überzeugen. Dass beide "Summen" nicht ident sind, ergibt sich ja schon daraus, dass auch K. Schmidt die Aufrechenbarkeit bejaht. § 172 Abs 4 HGB ist eine Kapitalerhaltungsvorschrift, ihr Sinn und Zweck die Erhaltung der Haftsumme in der Gesellschaft; solange diese Haftsumme nicht ausbezahlt wurde, steht sie der Gesellschaft zur Verfügung. Welche etwaigen Manipulationen zu Lasten der Gesellschaftsgläubiger zu erwarten sind, wenn der ausscheidene Kommanditist seinen fälligen Abfindungsanspruch durch die vereinbarten Ratenzahlungen (zu Gunsten der Gesellschaft und ihrer Gläubiger) vollständig erst nach zehn Jahren erhält, wird im Rechtsmittel nicht deutlich gemacht. Erst die wirkliche Ausschüttung der Pflichteinlage an den ausgeschiedenen Kommandisten und nicht schon die zu seinen Gunsten entstandene Abfindungsforderung lässt daher die Außenhaftung nach § 172 Abs 4 HGB wieder aufleben. Demnach hat das Berufungsgericht zu Recht geprüft, ob die im Vermögen der KG verbliebene Einlage des Beklagten ausreicht, um die Pflichteinlage (100.000 S) zu decken. Es ändert nämlich eine teilweise Einlagenrückgewähr solange nichts am Haftungsausschluss, als der Haftungsbetrag wertmäßig durch den der Gesellschaft verbliebenen Teil der Pflichteinlage gedeckt ist (Jabornegg aaO § 172 Rz 15 mN). Geht man also mit dem Berufungsgericht von einem einheitlichen Abfindungsanspruch des Beklagten aus, dann decken ohne weiteres die beiden noch ausständigen, dem Beklagten zustehenden Abfindungsraten von insgesamt über 260.000 S seine Pflichteinlage von 100.000 S.

An sich zutreffend wendet nun der Kläger ein, dass bei Betrachtung der ursprünglichen Abfindungsforderung des Beklagten von 816.000 S und bei Annahme einer verhältnismäßigen Tilgung der Teilforderungen durch die geleisteten Raten der KG nicht gesagt werden könne, es verbleibe noch eine Hafteinlage von mehr als 100.000 S im Gesellschaftsvermögen. Das Berufungsgericht vernachlässigt nämlich, dass bei einer solchen teilweisen Tilgung auch die gegenverrechnete Forderung von 1,933.503,20 S zu einer Teiltilgung der Forderung von 816.000 S geführt hätte, weshalb rechnerisch auch die Hafteinlage, die in diesem Abfindungsbetrag enthalten wäre, durch die 8. Rate - mangels Widmung - zum Teil zurückgezahlt worden wäre. Selbst wenn man allerdings mangels irgendeiner Vereinbarung zwischen dem Beklagten und der KG eine derartige verhältnismäßige Tilgung durch die bezahlten Raten annehmen müsste, könnte sich der klagende Masseverwalter nicht mit Recht auf eine derartige Aufteilung berufen. Es würde nämlich dem Zweck der Vorschrift des § 171 Abs 1 iVm § 172 Abs 4 HGB widersprechen, ein Wiederaufleben der Haftung eines Kommanditisten anzunehmen, der verschiedene Ansprüche gegen die Gesellschaft, darunter einen auf Abfindung hat, wenn ihm diese Forderungen insgesamt in einem die Hafteinlage übersteigenden Teil nicht geleistet wurden. In einem solchen Fall kann eben eine Einlagenrückzahlung erst dann angenommen werden, wenn sich die Gesellschaft insgesamt der freien Verfügbarkeit und Nutzbarkeit von Vermögensteilen zu Gunsten von Kommanditisten begibt, wodurch kein die Pflichteinlage erreichender Betrag mehr im Vermögen verbleibt (vgl dazu Jabornegg aaO § 172 Rz 17). Zwischen dem Abfindungsanspruch und anderen Forderungen aus dem Gesellschaftsverhältnis, die unabhängig vom Ausscheiden bestehen, ist eine Gesamtabrechnung vorzunehmen (GesRZ 1995, 54 = ecolex 1995, 811; Jabornegg aaO § 138 Rz 30 mwN). Entgegen der Auffassung des Klägers geht es also nicht darum, dass ein in Anspruch genommener ausgeschiedener Kommanditist behaupten könnte, mit den Teilzahlungen seien eben andere Forderungsteile und nicht die auf Rückzahlung der Pflichteinlage getilgt worden. Vielmehr ist der Schutz der Gläubiger so lange gewährleistet, so lange ein der Pflichteinlage entsprechender Betrag noch offen und eben nicht zurückgezahlt ist.

Welchen Einfluss es auf die rechtliche Beurteilung der vorliegenden Rechtssache haben soll, dass sich das in der Übernahme langjähriger Ratenzahlungen liegende Insolvenzrisiko beim Beklagten tatsächlich verwirklichte, wird im Rechtsmittel nicht deutlich gemacht. Der Revisionswerber bringt keine Argumente vor, weshalb sich die Übernahme eines solchen Risikos zu Gunsten der durch § 171 Abs 2 HGB im Konkurs noch geschützten Gesellschaftsgläubiger auswirken müsste. Demnach hat das Berufungsgericht das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen.

Eines Eingehens auf die weiteren in der Revisionsbeantwortung aufgeworfenen Rechtsfragen einschließlich der Verjährung bedarf es demnach nicht mehr.

b) Festzuhalten bleibt zuletzt, dass im vorliegenden Fall auch bei Übernahme der Rechtsansicht von K. Schmidt (u.a. in Einlage und Haftung des Kommanditisten 73 f, 119 ff) der Beklagte die bessere Rechtsposition hat, könnte doch auch nach dieser Rechtsansicht ("wenn es im Konkurs hart auf hart kommt") der in Anspruch genommene ausgeschiedene Kommanditist als Konkursgläubiger seinen Abfindungsanspruch zur Aufrechnung gegenüber der Inanspruchnahme durch den Konkursverwalter (in Österreich: Masseverwalter) verwenden (aaO 74). Die Zulässigkeit einer Aufrechnung (dort durch den Masseverwalter) hat der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung SZ 68/28 bejaht.

Der Revision ist daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO.

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