OGH 3Ob266/54

OGH3Ob266/5421.4.1954

SZ 27/108

Normen

ABGB §863
ABGB §1431
EO §252
ABGB §863
ABGB §1431
EO §252

 

Spruch:

Der Hypothekargläubiger verwirkt dadurch, daß er selbst Fahrnisexekution auf Zubehörgegenstände geführt hat, nicht das Recht zur Geltendmachung eines Bereicherungsanspruches gegen einen irrtümlich bevorzugten Gläubiger, der durch Zuweisung des Erlöses von Zubehörsgegenständen der in Zwangsversteigerung gezogenen Liegenschaft zum Nachteil des Hypothekargläubigers bereichert wurde.

Entscheidung vom 21. April 1954, 3 Ob 266/54.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Die klagende Partei begehrt die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Bezahlung eines Betrages von 6613.43 S samt Anhang mit folgender Begründung:

Die Klägerin habe den Ehegatten Franz und Justine K., den Eigentümern der Liegenschaft EZ. 159 KG. X, auf der diese eine Sauerkrautfabrikation betrieben, Darlehen gewährt, zu deren Sicherstellung die Eheleute K. der Klägerin Kredithypotheken über Beträge von zusammen 204.000 S einräumten, die auf der Liegenschaft grundbücherlich eingetragen wurden. Die Beklagten hätten zur Hereinbringung einer Forderung gegen die Eheleute K. gegen diese Fahrnisexekution geführt und folgende Gegenstände, u. zw. unter PZ. 3 eine Bandsäge, unter PZ. 33 eine Hobelabrichtmaschine, unter PZ. 38 eine Fräse, unter PZ. 41 einen Ambos, unter PZ. 42 eine Fontaine, unter PZ. 43 einen Dauerbrandofen, unter PZ. 56 und 57 je eine Erdäpfelwaschmaschine und unter PZ. 60 eine Sauerkrautschneidemaschine gepfändet, obwohl diese Gegenstände Zubehör der Liegenschaft waren und daher gemäß § 252 EO. abgesondert nicht in Exekution gezogen werden durften, hätten diese Gegenstände öffentlich versteigern und sich vom Erlös von insgesamt 13.250 S einen Betrag von 6613.43 S zuweisen lassen. Die Klägerin habe die Zwangsversteigerung der Liegenschaft beantragt, im Zuge des Versteigerungsverfahrens seien die oben angeführten Gegenstände als Zubehör der Liegenschaft beschrieben worden. Da die Beklagten die Ausfolgung des ihnen zu Unrecht zugekommenen Erlöses von 6613.43 S an die Klägerin, der dieser Betrag zugestanden wäre und die hinsichtlich dieses Betrages nicht befriedigt worden sei, verweigern, seien sie zur Bezahlung des Betrages an die Klägerin verpflichtet.

Das Prozeßgericht erkannte nach dem Klagebegehren. Es stellte fest, daß die Liegenschaft der Eheleute K. ausschließlich zum Betrieb einer Sauerkrauterzeugungsstätte eingerichtet gewesen sei und daß die streitgegenständlichen Maschinen und Werkzeuge von den Eheleuten K. zur fabriksmäßigen Erzeugung von Sauerkraut eingebracht worden seien. Die PZ. 3, 33, 38 und 41 seien in der Binderei verwendet worden, die als Nebenbetrieb für die Reparatur und Herstellung der für die Belieferung der Kunden mit Sauerkraut benötigten Fässer erforderlich ist und noch im Winter 1951/52 im Betrieb war. Die PZ. 42, eine Waschbeckenanlage mit 10 Hähnen, sei im Zeitpunkte der Pfändung fix montiert und angeschlossen, ebenso auch die PZ. 43 noch fix montiert gewesen. Die Sauerkrauterzeugungsanlage sei jedenfalls noch im Winter 1951 im Betrieb gewesen und es sei daher auch die Sauerkrautschneidemaschine und die eine Erdäpfelwaschmaschine noch in diesem Zeitpunkte für den Betrieb verwendet worden. Sämtliche Gegenstände seien Zubehör der Liegenschaft gewesen und hätten daher gemäß § 252 EO. nicht abgesondert in Exekution gezogen werden dürfen. Lediglich hinsichtlich der einen Erdäpfelwaschmaschine (PZ. 56) sei nicht anzunehmen, daß sie als Zubehör zu gelten habe, doch habe der Erlös der im Mobiliarversteigerungsverfahren verkauften Gegenstände abzüglich des Erlöses der als Zubehör der Liegenschaft geltenden Gegenstände nur 4020 S betragen, sodaß die Beklagten im Hinblick auf ein Vorpfandrecht des Bundesschatzes nur aus dem Erlös der Zubehörgegenstände befriedigt worden seien, der der Klägerin hätte zur Gänze zukommen sollen. Die Einstellung des Betriebes sei nicht vom Willen der Eheleute K. abhängig gewesen und könne daher den Gegenständen nicht die Eigenschaft eines Zubehörs der Liegenschaft nehmen. Da der Betrag von 6613.43 S den Beklagten zu Unrecht zugekommen sei, seien sie zur Herausgabe des Betrages an die Klägerin verpflichtet, der in analoger Anwendung des § 231 letzter Absatz EO. das Recht zustehe, die Herausgabe des Erlöses für diese Pfandgegenstände von den Beklagten zu begehren.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab.

Es stellte aus dem Pfändungsprotokoll 12 E 7003/49 fest, daß die Gegenstände bereits im Jahre 1950 im Zuge eines Mobiliarexekutionsverfahren gepfändet wurden und daß die Eheleute K. als Verpflichtete gegen diese Pfändung nichts unternommen haben. Daraus zog das Berufungsgericht die Schlußfolgerung, daß die Eheleute K. durch die Unterlassung eines Antrages nach § 39 Abs. 2 und § 252 EO. zu erkennen gegeben haben, daß sie diese Gegenstände nicht mehr als Zubehör benötigen. Diese Schlußfolgerung ergebe sich nach Ansicht des Berufungsgerichtes auch aus dem Ausgleichsakt Sa 13/51 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz, nach welchem feststehe, daß die Produktion an Sauerkraut im Betriebe der Eheleute K. seit dem Jahre 1946 in einem für das Unternehmen katastrophalen Verhältnis zurückgegangen sei. Nach Meinung des Berufungsgerichtes sei daher die Annahme gerechtfertigt, daß die Eheleute K. hinsichtlich der streitgegenständlichen Fahrnisse die Zubehörseigenschaft nicht mehr als gegeben ansehen wollten. Überdies habe aber auch die Klägerin dadurch, daß sie auf die Gegenstände Fahrnisexekution geführt und ein Pfandrecht begrundet habe, zu erkennen gegeben, daß sie die Gegenstände nicht mehr als Zubehör des Unternehmens K. ansehe, wenngleich damals ein Zwangsversteigerungsverfahren noch nicht anhängig gewesen sei. Es müsse in analoger Anwendung des Judikates 246 angenommen werden, daß die Klägerin durch schlüssige Handlungen zu erkennen gegeben habe, daß sie die Gegenstände nicht mehr als Zubehör ansehe.

Der Oberste Gerichtshof hob über Revision der klagenden Partei das Urteil des Berufungsgerichtes auf und trug dem letzteren die neuerliche Entscheidung über die Berufung der Beklagten auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zunächst ist der Revision beizupflichten, daß die Feststellung des Berufungsgerichtes, die Eheleute K. hätten zu erkennen gegeben, daß sie die Gegenstände nicht mehr als Zubehör der Liegenschaft ansehen, auf einem Verfahrensmangel beruht. Das Pfändungsprotokoll und der Ausgleichsakt könnten als öffentliche Urkunden gemäß § 292 ZPO. lediglich einen vollen Beweis in der Richtung machen, daß die Eheleute K. im Mobiliarexekutionsverfahren keinen Antrag auf Ausscheidung der Zubehörsgegenstände und Einstellung der Mobiliarexekution hinsichtlich dieser Gegenstände gestellt haben und daß die Produktion im Sauerkrauterzeugungsunternehmen der Eheleute K. seit dem Jahre 1946 erheblich zurückgegangen ist. Diese Beweisergebnisse reichen aber zur rechtlichen Schlußfolgerung, daß die Eheleute K. durch die Unterlassung eines Ausscheidungs- und Einstellungsantrages zum Ausdruck gebracht hätten, sie benötigen diese Gegenstände nicht mehr als Zubehör der Liegenschaft, nicht aus. Denn die Unterlassung des Einstellungsantrages kann auch auf andere Gründe, wie mangelnde Rechtskenntnis oder die Meinung, nicht über die notwendigen Geldmittel zu verfügen, um die Einstellung der Exekution durchsetzen zu können, oder dergleichen, zurückzuführen sein. Da die Gegenstände vom Eigentümer zum dauernden Gebrauch für den auf der Liegenschaft errichteten Sauerkrauterzeugungsbetrieb gewidmet waren, kommt es gar nicht darauf an, ob sie für den Betrieb notwendig oder gar unentbehrlich gewesen sind (JBl. 1953 S. 326, ZBl. 1935 Nr. 379, SZ. XXIV/320). Die Zubehöreigenschaft hört nur dann auf, wenn die wirtschaftliche Dienstbestimmung in einer für Dritte erkennbaren Weise aufhört, also die Hauptsache ihren wirtschaftlichen Zweck ändert und ihr die Nebensache nicht mehr dient (JBl. 1937 S. 184). Es ist daher der Umstand allein, daß der Betrieb unrentabel geworden ist, noch nicht ausreichend, um annehmen zu können, daß die Zweckbestimmung des Zubehörs geändert wurde, zumal dann, wenn der Betrieb, sei es auch nur im eingeschränktesten Umfang, weitergeführt wird. Um annehmen zu können, daß die Aufgabe der Zubehörseigenschaft erfolgte, ist es erforderlich, daß der Eigentümer auf eine Art, die mit Überlegung aller Umstände keinen Zweifel übrig läßt, zum Ausdruck bringt, daß er die bisherige Widmung der Gegenstände als Zubehör aufgibt. Nun hat aber der Zeuge K., dem das Prozeßgericht vollen Glauben geschenkt hat, bekundet, er habe niemals an eine dauernde Einschränkung des Betriebes gedacht und er habe auch die im Betrieb vorhandenen Maschinen und Einrichtungsgegenstände nicht auflassen können, weil die Fabrikationskosten bei nicht fabriksmäßiger Einrichtung zu hoch gewesen wären. Über diese Angaben des Zeugen K. hat sich das Berufungsgericht hinweggesetzt. Falls es damit zum Ausdruck bringen wollte, daß es den Angaben des Zeugen K. keinen Glauben schenkt, so hat es den Grundsatz der Unmittelbarkeit des Verfahrens verletzt, weil es zu einer anderen Beweiswürdigung und Tatsachenfeststellung gelangte, als das Prozeßgericht, ohne den vom Prozeßgericht vernommenen Zeugen K., dessen Angaben dieses zur Grundlage seiner Feststellungen gemacht hat, neuerlich zu vernehmen. Schon dieser Mangel des Berufungsverfahrens muß zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteiles führen, wobei die Frage, ob nicht zumindestens die Voraussetzungen des § 297 ABGB. hinsichtlich der Fontäne und des Dauerbrandofens nach den tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichtes gegeben sind, in diesem Stadium des Verfahrens auf sich beruhen kann.

Es kann aber auch der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht beigepflichtet werden, daß die Klägerin dadurch, daß sie auf die Zubehörsgegenstände Mobiliarexekution führte, zu erkennen gegeben habe, sie sehe die Gegenstände nicht mehr als Zubehör an, und daß aus diesem Gründe ihr Begehren unbegrundet sei. Zunächst ist die analoge Anwendung der in der Entscheidung Jud. 246 aufgestellten Rechtssätze auf den vorliegenden Fall verfehlt. Denn die angeführte Entscheidung bezieht sich lediglich auf den Fall, als jemand, dem auf Grund eines Eigentumsvorbehaltes noch das Eigentumsrecht an der einem anderen verkauften Sache zusteht, auf diese Sache zur Hereinbringung des Kaufpreises oder anderer Forderungen Exekution führt. In einem solchen Fall ist nach der bezogenen Entscheidung anzunehmen, daß der Vorbehaltseigentümer auf sein Eigentumsrecht verzichtet, wenn er auf die Sache zur Hereinbringung einer anderen Forderung Exekution führt. Die Klägerin hat niemals ein Eigentumsrecht an den Zubehörsgegenständen besessen, sie war auch rechtlich gar nicht in der Lage, durch Fahrnisexekution auf die Zubehörsgegenstände zum Ausdruck zu bringen, daß sie die Gegenstände nicht als Zubehör der Liegenschaft betrachte, weil die Zubehörseigenschaft von Amts wegen zu berücksichtigen ist, auf ihre Geltendmachung nicht verzichtet werden kann und sie gegen jedermann, somit auch gegen die Klägerin wirkt (GlU. 12.378, 13.565, GlUNF. 571 u. a. m.). Eine einseitige stillschweigende Erklärung der Klägerin, sie betrachte die Gegenstände nicht als Zubehör, vermag keinerlei rechtliche Wirkung auf die Zubehörseigenschaft der Gegenstände auszuüben, wozu noch kommt, daß die Mobiliarexekution zu einem Zeitpunkt geführt wurde, zu welchem die Klägerin noch gar nicht die Zwangsversteigerung der Liegenschaft beantragt hatte und die Gegenstände noch nicht als Liegenschaftszubehör mitbeschrieben worden waren. Die Führung der Mobiliarexekution auf Zubehörsgegenstände verwirkt nicht das Recht des benachteiligten Hypothekargläubigers zur Geltendmachung eines Bereicherungsanspruches (condictio indebiti) gegen einen irrtümlich bevorzugten Gläubiger, die zu einer dann in Zwangsversteigerung gezogenen Liegenschaft gehörten, zum Nachteil des Hypothekargläubigers bereichert wurde (s. auch GlUNF. 3997, 7404 - Jud. 220 - und SZ. XII/149).

Da, abgesehen von dem aufgezeigten Verfahrensmangel, das Berufungsgericht, von seiner unrichtigen Rechtsansicht ausgehend, die übrigen in der Berufung der Beklagten geltend gemachten Umstände nicht erörtert hat, ist dem Revisionsgericht eine Entscheidung in der Sache selbst nicht möglich.

Es war daher der Revision Folge zu geben, das Urteil des Berufungsgerichtes aufzuheben und diesem die neuerliche Verhandlung und Entscheidung über die Berufung der Beklagten aufzutragen.

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