Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, daß unter Abweisung des in Zukunft erst entstehende Forderungen betreffenden Mehrbegehrens die gepfändete Forderung wie folgt bezeichnet wird:
"Forderung des Verpflichteten an Vergütungen und Förderungen nach den österreichischen Marktordnungsgesetzen und den Vorschriften der Europäischen Union für Land- und Forstwirtschaft"
Die betreibende Partei ist schuldig, dem Drittschuldner Agrarmarkt Austria die mit S 3.382,40 bestimmten Kosten seines Rekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die Kosten des Revisionsrekurses der betreibenden Partei werden mit S 4.871,04 (darin S 811,84 Umsatzsteuer) als weitere Exekutionskosten bestimmt.
Text
Begründung
Die betreibende Sozialversicherungsanstalt stellte den Antrag, ihr auf Grund eines Rückstandsausweises zur Hereinbringung der Forderung von S 52.446,30 sA die Exekution durch Pfändung und Überweisung der dem Verpflichteten gegen den Agrarmarkt Austria zustehenden "Forderung für dieses Jahr und für die folgenden Jahre an Vergütungen und Förderungen nach den österreichischen Marktordnungsgesetzen und den Vorschriften der Europäischen Union für die Land- und Forstwirtschaft" zu bewilligen.
Das Rekursgericht wies infolge Rekurses des Drittschuldners den Exekutionsantrag ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die den Gegenstand der Exekution bildenden Forderungen seien nicht bestimmt genug bezeichnet, weil dem Verpflichteten offenbar Forderungen aus mehreren Rechtsgründen zustünden, weshalb ohne nähere Angaben unklar sei, was den Gegenstand der Exekution bilden solle und ob und inwieweit die als Exekutionsobjekt bezeichneten Forderungen pfändbar seien. Es seien daher die zur Abgrenzung notwendigen Angaben erforderlich.
Rechtliche Beurteilung
Der von der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichtes zulässig, weil die betreibende Partei in ihrem Rechtsmittel dargetan hat, daß die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs für eine größere Anzahl von vergleichbaren Exekutionsanträgen von Bedeutung ist und weil die Entscheidung des Rekursgerichtes überdies von der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs SZ 60/278 = JBl 1988, 529 abweicht; aus beiden Gründen kommt daher der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs erhebliche Bedeutung im Sinn des gemäß § 78 EO maßgebenden § 528 Abs 1 ZPO zu.
Der außerordentliche Revisionsrekurs ist auch teilweise berechtigt.
In der Entscheidung SZ 60/278 = JBl 1988, 529 wurde ausgeführt, daß die zu pfändende Forderung, von - hier nicht in Betracht kommenden - Fällen der verschiedenen Pfändbarkeit oder Verwertbarkeit einzelner Forderungen abgesehen, genügend bezeichnet ist, wenn sowohl der Verpflichtete als auch der Drittschuldner eindeutig erkennen können, welche Forderung oder welche Forderungen von der Exekution erfaßt sind. Dies trifft hier aber zu, weil im Exekutionsantrag ohnedies für die zu pfändenden Forderungen ein Rechtsgrund, nämlich die Marktordnungsgesetze sowie die Vorschriften der Europäischen Union für die Land- und Forstwirtschaft, angegeben wird. Es gibt zwar mehrere Gesetze, die unter den Begriff "Marktordnungsgesetze" fallen (vgl Böhm in Das österreichische Recht VII e 1 Einführung 2 f; Farnleitner/Straberger, Österreichisches Preis- und Marktordnungsrecht 12 und M 1). Die betreibende Partei weist aber zutreffend darauf hin, daß dem § 3 Abs 2 des Bundesgesetzes BGBl 1992/376, mit dem der als Drittschuldner bezeichnete Agrarmarkt Austria (AMA) errichtet wurde, entnommen werden kann, welche Gesetze in Betracht kommen, weil dort festgelegt wird, welche Gesetze der Drittschuldner zu vollziehen hat. Dasselbe gilt gemäß der Z 2 dieser Bestimmung für Verordnungen, in denen die Durchführung der AMA übertragen wurde und zu denen auch Verordnungen zur Durchführung von Rechtsakten der Organe der Europäischen Union gehören. Dem Drittschuldner ist es daher ohne weiteres möglich zu erkennen, welche Forderungen durch die Pfändung erfaßt sind, und es können hierüber keine Zweifel entstehen. Dasselbe gilt aber auch für den Verpflichteten. Unter diesen Umständen ist die zu pfändende Forderung ausreichend bestimmt im Sinn des § 54 Abs 1 Z 3 EO bezeichnet.
Zu Unrecht hat die betreibende Partei allerdings beantragt, alle Forderungen zu pfänden, die dem Verpflichteten in diesem Jahr und in den folgenden Jahren zustehen. Da sie im Exekutionsantrag nichts anderes dargetan hat, kann nicht davon ausgegangen werden, daß es sich bei den zu pfändenden Forderungen um fortlaufende Bezüge im Sinn des § 299 Abs 1 EO handelt. Dies ist auch nicht anzunehmen, weil das Entstehen der Forderungen einen Antrag durch den Verpflichteten voraussetzt. Ehe dieser Antrag nicht gestellt ist, ist die Forderung (auch nicht aufschiebend bedingt) entstanden. Auf Forderungen, die erst in Zukunft entstehen, kann aber nicht Exekution geführt werden (Heller/Berger/Stix II 2112 Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht4 296; aM Rechberger/Simotta, Exekutionsverfahren2 Rz 650). Ein darauf gerichteter Bewilligungsantrag ist abzuweisen. Das hier durch die Zustellung der Exekutionsbewilligung an den Drittschuldner begründete Pfandrecht erfaßt daher nur jene Forderungen, deren Zuerkennung der Verpflichtete im Zeitpunkt dieser Zustellung bereits beantragt hatte. Soweit der Exekutionsantrag auf die Pfändung anderer, noch nicht existenter Forderungen gerichtet ist, war der angefochtene Beschluß somit zu bestätigen.
Der Ausspruch über die Kosten des Rekurses des Drittschuldners beruht auf § 78 EO iVm den §§ 41 und 50 ZPO, jener über die Kosten des Revisionsrekurses auf § 74 EO.
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