Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die betreibende Partei ist schuldig, jedem der beiden Drittschuldner je 50 % der mit S 27.076,50 (darin S 4.512,75 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu Handen deren Vertreter zu bezahlen.
Text
Begründung
Mit Beschluß vom 4.März 1996 erklärte das Erstgericht ein Urteil des Landesgerichtes Kemer (Türkei) vom 27.Oktober 1994 für Österreich für vollstreckbar und bewilligte der betreibenden Partei wider die verpflichtete Partei aufgrund dieses Titels mit Beschluß vom 12.März 1996 die Fahrnis- und die Forderungsexekution gemäß § 294 EO zur Hereinbringung einer Forderung von DM 235.852 sA.
Am 28.März 1996 erhoben die verpflichtete Partei und die Drittschuldner Rekurs; erstere bekämpfte die Vollstreckbarerklärung des türkischen Titels für Österreich und die Exekutionsbewilligung, letztere wendeten sich gegen die im Rahmen der Drittschuldnerexekution erlassenen Zahlungsverbote.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der verpflichteten Partei Folge und wies die Anträge der betreibenden Partei auf Vollerstreckbarerklärung des türkischen Titels und Bewilligung der Fahrnis- und der Forderungsexekution ab. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft. Sie wurde damit begründet, daß der beglaubigten Übersetzung des türkischen Exekutionstitels in die deutsche Sprache, soweit diese überhaupt verständlich sei, "kein Befehl auf Leistung eines bestimmten Betrages samt Zinsen hieraus zu entnehmen" sei. Das Urteil könne daher - ungeachtet der Bestimmungen des Abkommens vom 23. Mai 1989 zwischen der Republik Österreich und der Republik Türkei über die Anerkennung und die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Vergleichen in Zivil- und Handelssachen (BGBl 1992/571) - nicht für vollstreckbar erklärt werden. Ebensowenig könne aufgrund dieses Urteils die Exekution bewilligt werden.
Den Rekurs der Drittschuldnern gegen die erlassenen Zahlungsverbote wies das Gericht zweiter Instanz dagegen zurück und erwog rechtlich, daß durch die zu Unrecht erteilte Vollstreckbarkeitserklärung des türkischen Exekutionstitels nicht gesetzwidrig in die Sphäre der Drittschuldner eingegriffen worden sei. Ein Drittschuldner habe aber nur dann ein Rekursrecht, wenn ihn die Exekutionsbewilligung etwa durch ungerechtfertigte Aufträge gesetzwidrig belaste oder das Zahlungsverbot aus anderen Gründen rechtswidrig sei. Solche Umstände seien nicht aktenkundig. Auch die Drittschuldner hätten keinen derartigen Sachverhalt behauptet.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen wendet sich der - unzulässige - außerordentliche Revisionsrekurs der Drittschuldner.
Es entspricht herrschender Ansicht, daß die meritorische Erledigung eines Rechtsmittels ein Anfechtungsinteresse des Rechtsmittelwerbers voraussetzt. Entfällt dessen Beschwer noch vor der Rechtsmittelentscheidung, ist das ursprünglich zulässige Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen (Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 9 vor § 461 mwN). Dieser Grundsatz erfordert die Zurückweisung des Rechtsmittels der Drittschuldner. Diese sind nämlich durch die angefochtene Entscheidung - selbst unter Heranziehung ihres eigenen Rechtsstandpunktes - nicht mehr beschwert, seit dem die Abweisung der Anträge der betreibenden Partei auf Vollstreckbarerklärung und Exekutionsbewilligung durch das Gericht zweiter Instanz in Rechtskraft erwuchs. Die Zustellung einer Ausfertigung der Rekursentscheidung an die betreibende Partei, die verpflichtete Partei und die Drittschuldner erfolgte am 11.September 1996. Da die betreibende Partei die Abweisung ihrer Anträge durch das Gericht zweiter Instanz nicht bekämpfte, trat deren Rechtskraft am 25. September 1996, 24.00 Uhr ein. Die Drittschuldner hatten ihren außerordentlichen Revisionsrekurs am selben Tag zur Post gegeben. Sie waren in diesem Zeitpunkt durch die angefochtene Zurückweisungsentscheidung also noch beschwert. Deren Anfechtungsinteresse entfiel somit nach dem Ablauf des 25.September 1996 erst nachträglich. Gemäß § 78 EO und § 50 Abs 2 ZPO ist daher hypothetisch zu prüfen, ob der außerordentliche Revisionsrekurs der Drittschuldner erfolgreich gewesen wäre.
Weist das Gericht zweiter Instanz - wie hier - einen Rekurs gegen eine Entscheidung des Erstgerichtes zurück, ist der Revisionsrekurs dagegen nur bei Verwirklichung einer der in § 528 Abs 1 ZPO geregelten Voraussetzungen zulässig (JBl 1994, 264; Kodek in Rechberger aaO Rz 1 zu § 528). Das erfordert die Klärung, ob der vom Rekursgericht herangezogene Zurückweisungsgrund tragfähig war. Die Drittschuldner führten in ihrem Rekurs gegen die erlassenen Zahlungsverbote (ON 5) - kurz zusammengefaßt - folgende Anfechtungsgründe aus:
Die Zahlungsverbote seien nichtig, weil sie ein unzuständiges Gericht erlassen habe. Das von der betreibenden Partei als Exekutionstitel vorgelegte türkische Urteil entspreche nicht jenen Anforderungen, die für dessen Vollstreckbarkeit in Österreich nach dem Abkommen vom 23. Mai 1989 zwischen der Republik Österreich und der Republik Türkei erfüllt sein müßten. Der Exekutionstitel erlaubekeine Beurteilung des Streitgegenstandes und des Umfanges der Rechtskraft. Dessen Vollstreckbarerklärung sei unzulässig gewesen. Diese habe daher keine ausreichende Stütze für eine Exekutionsbewilligung geboten. Die Erlassung der Zahlungsverbote "zur Hereinbringung von 10 % Zinsen pro Jahr seit 12.10.1993" sei verfehlt gewesen, weil sich ein solcher Anspruch aus dem als Exekutionstitel vorgelegten türkischen Urteil nicht ergebe. Eine Bescheinigung des Vollstreckungsamtes Antalya, die einen Zinsenanspruch erwähne, sei kein Exekutionstitel. Diese Bescheinigung, auf die sich die Vollstreckbarerklärung gar nicht beziehe, sei auch im Exekutionsantrag nicht angeführt worden.
Gemäß § 294 Abs 4 EO kann der Drittschuldner das Zahlungsverbot mit Rekurs anfechten oder dem Exekutionsgericht anzeigen, daß die Exekutionsführung nach den darüber bestehenden Vorschriften unzulässig sei. Das Rekursrecht besteht unabhängig davon, ob der Verpflichtete selbst die Exekutionsbewilligung anficht (ecolex 1996, 364; WBl 1988, 340; SZ 51/157; Heller/Berger/Stix, Kommentar 2135) und ist nur dadurch beschränkt, daß die Frage des Bestandes der gepfändeten Forderung im Rechtsmittelverfahren nicht geprüft wird (WBl 1988, 340; RpflSlgE 1985/25). Der Drittschuldner kann in einem Rechtsmittel demnach geltend machen, daß ihn das Zahlungsverbot gesetzwidrig belaste, ihm ungerechtfertigte Aufträge erteilt worden seien oder die "Pfändungsbewilligung" nicht dem Gesetz entspreche (3 Ob 134/95 = ecolex 1996, 364; WBl 1988, 340; SZ 51/157; Heller/Berger/Stix aaO). Wird der Anfechtung des Zahlungsverbotes stattgegeben, ist der Exekutionsantrag nur dann abzuweisen, wenn der vom Drittschuldner aufgezeigte Mangel das Entstehen eines Pfandrechtes überhaupt verhindert (Heller7Berger/Stix aaO; zu allgemein: RpflSlgE 1983/123; Petschek/Hämmerle/Ludwig, Zwangsvollstreckungsrecht 178; Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht4 304).
Gegen den Beschluß auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exekutionstitels kann gemäß § 84 Abs 1 EO nur der Antragsgegner neben einem Widerspruch auch. Rekurs erheben. Der Drittschuldner einer späteren Forderungsexekution ist aber nicht Antragsgegner im Sinne des Gesetzes. Wird aber die Entscheidung eines ausländischen Gerichtes für vollstreckbar erklärt, obwohl ihr kein Leistungsbefehl zu entnehmen ist, kann der Drittschuldner im Rekurs gegen das Zahlungsverbot aufgrund eines solchen Titels nach den dargestellten Grundsätzen seiner Rechtsmittellegitimation die Gesetzwidrigkeit der Forderungspfändung geltend machen. Selbst nach Rechtskraft der Vollstreckbarerklärung ist nämlich der ausländische Titel gemäß § 84 b EO nur wie ein inländischer zu behandeln. Ist aber der Verpflichtete der betreibenden Partei nach dem Inhalt der zunächst für vollstreckbar erklärten ausländischen Gerichtsentscheidung zu keiner Leistung verpflichtet, scheidet auch die Zwangsvollstreckung in eine Geldforderung des Verpflichteten aus. Gerade davon ist aber im Revisionsrekursverfahren für die gemäß § 78 EO und § 50 Abs 2 ZPO zu fällende Kostenentscheidung aufgrund der in Rechtskraft erwachsenen Abweisung der Anträge des betreibenden Gläubigers auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Urteiles und auf Exekutionsbewilligung auszugehen. Der Rekurs der Drittschuldner wäre daher im Verfahren zweiter Instanz meritorisch zu erledigen gewesen, weil ihm vor allem durch den Hinweis auf die - tatsächlich gegebene - Unverständlichkeit der beglaubigten Übersetzung des für vollstreckbar erklärten türkischen Urteiles in die deutsche Sprache wenigstens inhaltlich zu entnehmen ist, daß diese Entscheidung keinen einen Pfändungsbeschluß rechtfertigenden Leistungsbefehl beinhaltet. Schon deshalb hätte aber auch das Rechtsmittel der Drittschuldner im Rekursverfahren Erfolg haben müssen. Wäre daher nicht vor der Entscheidung über den außerordentlichen Revisionsrekurs das Rechtsschutzinteresse der Drittschuldner weggefallen, hätte der erkennende Senat das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO bejaht, die angefochtene Zurückweisungsentscheidung behoben und dem Rekursgericht die meritorische Entscheidung über das Rechtsmittel der Drittschuldner unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen. Die Drittschuldner hätten dann aber für ihr erfolgreiches Rechtsmittel gegenüber dem betreibenden Gläubiger auch Anspruch auf Kostenersatz gehabt (3 Ob 134/95 = ecolex 1996, 364 [soweit nicht veröffentlicht]; Heller/Berger/Stix aaO; Petschek/Hämmerle/Ludwig aaO).
Den Drittschuldnern sind daher die Kosten ihres Revisionsrekurses spruchgemäß zuzuerkennen. Nicht zu entscheiden hat der Oberste Gerichtshof aber über die Kosten von Vorinstanzen, deren Entscheidung ohne Wegfall der Beschwer (inhaltlich) abgeändert worden wäre (ecolex 1992, 771; Fucik in Rechberger aaO Rz 2 zu § 51).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)