OGH 3Ob2338/96m

OGH3Ob2338/96m30.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Max R*****, und 2. Gertrude R*****, vertreten durch Rechtsanwälte Ranner & Krainer in Graz, wider die beklagte Partei Siegfried R*****, vertreten durch Dr.Gisela Eigner-Fuchs und Dr.Peter Wasserbauer, Rechtsanwälte in Weiz, wegen Duldung einer Servitut, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichtes vom 11. Juli 1996, GZ 5 R 99/96g-32, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach § 484 ABGB dürfen Servituten nicht erweitert werden, sie müssen vielmehr, insoweit es ihre Natur und der Zweck der Bestellung gestattet, eingeschränkt werden. Daraus folgt, daß bei Modifikationen in der Ausübung der Dienstbarkeit mangels anderer Anhaltspunkte Natur und Zweck der Dienstbarkeit den Ausschlag geben (Welser JBl 1993, 8). Den Revisionswerbern ist zuzugeben, daß in mehreren Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes ausgesprochen wurde, die Errichtung eines Zuglattenzaunes, eines unversperrten Schrankens, eines Gatters bzw eines unversperrten Tores sei dem Berechtigten zuzumuten, wobei aus der Begründung nicht ersichtlich war, daß ein Interessenabwägung zwischen den Interessen des Eigentümers des belasteten Grundstückes und denen des Dienstbarkeitsberechtigten vorgenommen wurde (8 Ob 238/66; 7 Ob 720/80 = Miet 32.032; 7 Ob 681/88 = ZVR 1990/5). Wie sich aber schon aus der Auslegungsregel des § 484 ABGB ergibt, ist im Einzelfall bei der Beurteilung, ob dem Dienstbarkeitsberechtigten Erschwernisse zuzumuten sind, immer Natur und Zweck der Dienstbarkeit zu berücksichtigen. Eine derartige Abwägung der Interessen wurde nicht nur dort vorgenommen, wo der Eigentümer den Dienstbarkeitsweg versperrte (GlU 8072; JBl 1958, 505; SZ 56/46; 5 Ob 284/64; 1 Ob 721/77; 7 Ob 25/81), sondern auch in den Fällen der Errichtung eines unversperrten Tores (GlU 4375, 12.870; 3 Ob 180, 181/60, 1 Ob 126/62, 5 Ob 244/75). Wenn daher mehrere Autoren die Errichtung eines nicht versperrten Tores schlechthin (d.h. ohne vorgenommene Interessenabwägung) für zulässig erklären (Klang in Klang2 II 565; Pimmer in Schwimann Rz 25 zu § 484 ABGB; Feil Liegenschaftsrecht II 974; Petrasch in Rummel2 Rz 5 zu § 484 ["in der Regel erlaubt"]), übersehen sie, daß jede durch den Eigentümer des belasteten Grundstückes vorgenommene Änderung in der Ausübung der dem Berechtigten zustehenden Dienstbarkeit an den Grundwertungen des § 484 ABGB zu prüfen ist. Daraus folgt, daß auch die Errichtung eines selbst unversperrten Tores an Natur und Zweck der eingeräumten Dienstbarkeit zu messen, mit anderen Worten auch hier jedenfalls eine Interessenabwägung zwischen den Interessen des belastenden Eigentümers und denen des Dienstbarkeitsberechtigten vorzunehmen ist. Eine solche Abwägung nahm aber das Berufungsgericht unter Bedachtnahme auf den Zweck der Dienstbarkeit vor. Wenn es unter Berücksichtigung aller Umstände zum Schluß kam, daß im konkreten Fall die Errichtung zweier wenn auch unverschlossener Tore auf dem Weg eine unzumutbare Belastung des Dienstbarkeitsberechtigten bedeutet, hängt diese Beurteilung von den Umständen des Einzelfalles ab und es kommt ihr daher keine erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu (vgl Rz 1994/45 mwN). Ähnliches gilt für die Lösung der Frage, ob die Dienstbarkeit durch die Aufstellung einer Verbotstafel beeinträchtigt wird, weil auch hiebei die Umstände des zu entscheidenden Falles ausschlaggebend sind (vgl Miet 30.062). Auf diese Umstände wird in der angefochtenen Entscheidung auch abgestellt. Die Revision wäre demnach im Interesse der Rechtssicherheit nur zulässig, wenn dem Berufungsgericht eine auffallende Fehlbeurteilung (Rz 1994/45 ua) unterlaufen wäre. Dies hat der Beklagte aber nicht dargetan.

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