OGH 3Ob233/05v

OGH3Ob233/05v24.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1.) B***** AG, *****, vertreten durch Raits Ebner Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, und 2.) B***** AG, *****, vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, und andere betreibende Parteien, wider die verpflichtete Partei Mario W*****, wegen 1.) 88.926,36 EUR sA, 2.) 41.609,73 EUR sA und andere betriebener Forderungen (Revisionsrekursinteresse 9.150,60 EUR), infolge Revisionsrekurses der zweitbetreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20. April 2005, GZ 47 R 170/05f-54, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 27. Juli 2005, AZ 47 R 170/05f, womit der Rekurs der zweitbetreibenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 18. Februar 2005, GZ 50 E 50/03k-50, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht die Entscheidung über den Rekurs der zweitbetreibenden Partei unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekurses sind weitere Kosten des Rekursverfahrens.

Text

Begründung

Die Revisionsrekurswerberin ist zweitbetreibende Partei und Pfandgläubigerin im Zwangsversteigerungsverfahren. Ihr wurde vor Rechtskraft des in der Folge vom Rekursgericht abgeänderten Meistbotverteilungsbeschlusses der ihr vom Erstgericht zugewiesene Betrag auf Anordnung des Erstgerichts ausbezahlt.

Das Erstgericht wies die Revisionsrekurswerberin an, den ihr überwiesenen Differenzbetrag von 9.150,60 EUR, der ihr nach dem Meistbotverteilungsbeschluss der zweiten Instanz nicht zusteht, der erstbetreibenden Partei zu überweisen, der die zweite Instanz diesen Betrag zugewiesen hatte.

Das Rekursgericht wies den Rekurs der zweitbetreibenden Partei als unzulässig zurück, weil das Exekutionsverfahren durch die (offenbar irrtümliche) Auszahlung im Sinn des tatsächlich noch nicht in Rechtskraft erwachsenen Meitstbotsverteilungsbeschlusses aus heutiger Sicht jedenfalls beendet sei. Eine Rücküberweisung irrtümlich ausbezahlter Beträge des Meistbots von einem Gläubiger an den anderen finde nicht statt. Die betreibenden Parteien würden ihre Ansprüche im Rechtsweg zu klären haben. Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels sei ein Eingriff in die Rechtssphäre des Rechtsmittelwerbers. Die von der Rekurswerberin bekämpfte Auszahlungsanordnung sei nur eine bloße Aufforderung, ähnlich jener des § 217 Geo, die weder vollstreckbar noch einer Rechtskraft teilhaftig sei. Durch diese Aufforderung, die für die Begünstigte nicht exekutiv durchsetzbar sei, werde somit nicht in die Rechtssphäre der Rekurswerberin eingegriffen. Es handle sich nur um einen Versuch des Erstgerichts, einvernehmlich eine Lösung zwischen den widerstreitenden betreibenden Gläubigern herzustellen, was durch Nichtbefolgung des Auftrags gescheitert sei.

Das Rekursgericht ließ mit Beschluss vom 27. Juli 2005 den Revisionsrekurs der zweitbetreibenden Partei gemäß § 78 EO, § 528 Abs 2a, § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nachträglich zu, weil im Hinblick auf die E 1 Ob 172/99x, in der ein Eingriff in die Rechtssphäre der Parteien durch eine unrichtige Zahlungsanordnung bejaht wurde, tatsächlich eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vorliege, die über den Einzelfall hinausgehe.

Der Revisionsrekurs der zweitbetreibenden Partei ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das Rekursgericht ist an sich zutreffend davon ausgegangen, dass Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ein Eingriff in die Rechtssphäre des Rechtsmittelwerbers ist. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, weil gegen die Rekurswerberin ein Auftrag des Erstgerichts ergangen ist. Bei diesem von der Erstrichterin erlassenen Beschluss handelt es sich nicht um eine bloße Aufforderung. Ob bzw welche Zwangsmaßnahmen der zweitbetreibenden Partei dabei drohen, ist - ebenso wie die Frage der Zulässigkeit der Entscheidung des Erstgerichts - für die Beurteilung der Beschwer nicht von Bedeutung.

Das Rekursgericht wird daher unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund der fehlenden Beschwer den Rekurs der zweitbetreibenden Partei in der Sache zu behandeln haben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO, § 52 ZPO.

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