Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die angefochtenen Urteile der Vorinstanzen, die hinsichtlich der Abweisung des Klagebegehrens für Dezember 1994 und ab Feber 1996 in Rechtskraft erwachsen sind, werden im übrigen dahin abgeändert, daß der Unterhaltsanspruch der Beklagten gegen den Kläger, zu dessen Hereinbringung zu 9 E 215/95a des Bezirksgerichtes Klagenfurt Exekution geführt wird, als für Jänner 1995 bis Juni 1995 erloschen erklärt wird.
Das Begehren, diesen Unterhaltsanspruch auch für Juli 1995 bis Jänner 1996 für erloschen zu erklären, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 15.495,08 (darin enthalten S 2.582,51 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Die beklagte Partei ist hingegen schuldig, der klagenden Partei S 100,30 an Barauslagen erster Instanz binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Die klagende Partei ist zum Ersatz der Pauschalgebühren in zweiter Instanz zu 17 % und in dritter Instanz zu 50 % verpflichtet.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger wurde mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes im Verfahren 1 C 20/93g des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 8.7.1994, 19 R 216/94, schuldig erkannt, der Beklagten anstelle des bisherigen Unterhalts von S 3.400 monatlich ab 21.6.1992 einen Unterhaltsbetrag von S 5.000 monatlich abzüglich der seit 21.6.1992 geleisteten S 3.400 monatlich zu bezahlen, und zwar die bisher fällig gewordenen Mehrbeträge binnen 14 Tagen, die in Hinkunft fällig werdenden Unterhaltsbeträge am 1. eines jeden Monats im vorhinein.
Am 4.1.1995 gab die Beklagte als betreibende Gläubigerin beim Bezirksgericht für ZRS Graz den Antrag zu Protokoll, ihr zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstandes für Dezember 1994 und Jänner 1995 von insgesamt S 7.400 und zur Hereinbringung der ab Februar 1995 monatlich fällig werdenden Unterhaltsbeträge von je S 5.000 gegen den Kläger als Verpflichteten die Exekution durch Pfändung und Überweisung seines Arbeitseinkommens zu bewilligen. Dieser Antrag wurde dem Bezirksgericht Klagenfurt mit Beschluß vom 5.11.1995 gemäß § 44 JN überwiesen, das mit Beschluß vom 13.1.1995, 9 E 215/95a, die Exekution antragsgemäß bewilligte.
Die Exekutionsbewilligung wurde dem Drittschuldner am 17.1.1995 zugestellt.
Der Kläger brachte in der am 24.2.1995 eingebrachten Oppositionsklage vor, er habe zur Exekutionsführung keine Veranlassung gegeben, weil er sowohl den rückständigen als auch den laufenden Unterhalt immer fristgerecht gezahlt habe; er zahle auch derzeit freiwillig und ohne daß es einer Exekution bedürfte, jeweils bei vereinbarter bzw gerichtlich festgestellter Fälligkeit die der Beklagten geschuldeten Beträge. Der Oppositionskläger stellte das Urteilsbegehren, die mit Beschluß des Erstgerichtes vom 13.1.1995, 9 E 215/95a, bewilligte Exekution sei unzulässig.
Die Beklagte wendete ein, der Kläger sei seiner vollstreckbaren Judikatschuld weder zur Gänze noch fristgerecht nachgekommen.
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 19.1.1996 brachte der Kläger vor, der Unterhaltsanspruch der Beklagten sei erloschen.
Sie habe ihr Studium bereits im Jahr 1995 beendet und sei daher selbsterhaltungsfähig.
Die Beklagte sprach sich gegen diese unzulässige Neuerung aus und bestritt dieses Vorbringen; sie studiere nach wie vor Rechtswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität in Graz.
Das Erstgericht erklärte die Exekution für unzulässig; es stellte fest, daß der Gesamtrückstand an Unterhalt (bei Eintritt der Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels am 6.9.1994) S 42.133 betrug. Darauf rechnete die Beklagte Überzahlungen im Juni und Juli 1994 von jeweils S 400 an; der Kläger zahlte am 8.9.1994 S 38.400 auf den Unterhaltsrückstand, auf laufenden Unterhalt am 7.9.1994, 6.10.1994, 9.11.1994, 15.12.1994 und 4.1.1995 jeweils S 5.000.
Bei Einbringung des Exekutionsantrags habe der im Exekutionsantrag angegebene Unterhaltsrückstand von S 2.400 bestanden; er sei jedoch nicht, wie angegeben, im Dezember 1994, sondern in einem früheren Monat entstanden.
Der Kläger verursachte vor dem Juli 1995 ansonsten keinen Unterhaltsrückstand; der Unterhalt wurde vom Kläger immer gezahlt, aber immer mit einem Rückstand; er war nie fristgerecht für die Beklagte verfügbar.
Das Erstgericht gab der Oppositionsklage aus der rechtlichen Erwägung statt, daß es im Dezember 1994 einen teilweisen Unterhaltsrückstand nicht gegeben habe und der Unterhalt für Jänner 1995 zwar verspätet, aber mit 4.1.1995 in voller Höhe überwiesen worden sei. Durch die Zahlungen des Kläger sei "der Titel zum Erlöschen gekommen"; es sei "Erfüllung der Schuld des Klägers eingetreten".
Das Vorbringen des Klägers, der Unterhaltsanspruch der Beklagten sei wegen ihrer Selbsterhaltungsfähigkeit nach Beendigung des Studiums erloschen, verstoße hingegen gegen die Eventualmaxime.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, daß die Exekution "im Umfang der Hereinbringung eines rückständigen Unterhaltsbetrages von S 5.000 für Jänner 1995 und der Unterhaltsbeträge von S 5.000 monatlich für den Zeitraum 1.2.1995 bis 31.1.1996 unzulässig" sei; das Mehrbegehren, die Exekution auch in Ansehung des Unterhaltsrückstandes von S 2.400 für Dezember 1994 und der ab 1.2.1996 laufenden Unterhaltsbeträge von S 5.000 monatlich für unzulässig zu erklären, wies das Berufungsgericht rechtskräftig ab. Die ordentliche Revision wurde nicht für zulässig erklärt, weil erhebliche Rechtsfragen von der grundlegenden, über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu lösen gewesen seien. In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, die Einzahlung des geschuldeten Betrages bei einem Postamt am Fälligkeitstag sei unter der Voraussetzung rechtzeitig, daß der Geldbetrag beim Gläubiger einlange; der Empfang des Geldes durch den Gläubiger hebe die bereits eingetretenen Verzugsfolgen auf. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen habe der Kläger am Tag des Exekutionsantrags, dem 4.1.1995, weder den (exekutiv geltend gemachten) Unterhaltsrückstand von S 2.400 noch den bereits fälligen Unterhalt für Jänner 1995 in Höhe von S 5.000 bezahlt gehabt, dessen Zahlung am selben Tag mit Postanweisung der Beklagten noch nicht zugegangen sein konnte. In welchem Monat der Unterhaltsrückstand entstanden sei, sei rechtlich nicht relevant. Der Kläger habe weder den Unterhaltsrückstand noch die laufenden Unterhaltszahlungen an die Beklagte fristgerecht überwiesen, sodaß sämtliche Zahlungen an die Beklagte verspätet erfolgt seien und aufgrund der in Ansehung des Unterhaltsrückstandes nicht erfolgten Vollzahlung immer ein Unterhaltsrückstand bis zur Einbringung des Exekutionsantrags von zumindest S 2.400 gegeben gewesen sei. Die bei (hier vorliegender) nicht widmungsgemäßer Zahlung in § 1416 ABGB festgelegte Reihenfolge, wonach innerhalb der fälligen Kapitalien die frühere Fälligkeit entscheide, komme bei Unterhaltsschulden in der Regel nicht zum Tragen. Das vom Unterhaltspflichtigen Geleistete müsse stets dem nächstliegenden dringendsten Zweck zugeführt werden, nämlich der Deckung des laufenden Unterhalts; daher gelten die später fälligen Unterhaltsforderungen vor den früher fälligen als getilgt. Dies gelte aber nur dann, wenn neben einem bestehenden Unterhaltsrückstand der laufende Unterhalt fristgerecht geleistet werde. Gerade dies sei hier jedoch nicht der Fall, weil der Unterhalt zwar immer, aber mit Verspätung, gezahlt worden sei. Aufgrund des Monat für Monat sich ergebenden Unterhaltsrückstandes habe es auch bei der Regel des § 1416 ABGB zu bleiben. Die vom Kläger nicht gewidmeten laufenden Unterhaltszahlungen seien daher zur Deckung des Rückstandes zu verwenden, sodaß sich für Dezember 1994 ein Rückstand von S 2.400 ergebe.
Weiters habe bei Stellung des Exekutionsantrags der Rückstand für Jänner 1995 von S 5.000 bestanden, sodaß die Einbringung des Exekutionsantrags zur Hereinbringung von insgesamt S 7.400 rückständigen Unterhalts zulässig gewesen sei.
Nach Überweisung des Unterhaltsrückstands für Jänner 1995 habe sich der Unterhaltsrückstand auf S 2.400 für Dezember 1994 reduziert. Unstrittig sei der Kläger auch im Jahr 1995 bis Urteilsfällung im Jänner 1996 seiner laufenden Unterhaltsverpflichtung nachgekommen. Der Unterhaltsanspruch der Beklagten für diesen Zeitraum bis einschließlich Jänner 1996 sei somit durch Erfüllung der Unterhaltsschuld erloschen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten ist zulässig und teilweise berechtigt.
Im Revisionsverfahren ist nach rechtskräftiger Abweisung der Oppositionsklage in Ansehung der Hereinbringung des Unterhaltsrückstandes von S 2.400 für Dezember 1994 und der ab 1.2.1996 laufenden Unterhaltsbeträge von S 5.000 monatlich nur mehr das Begehren betreffend den Unterhaltsanspruch von S 5.000 für Jänner 1995 und die monatlichen Unterhaltsansprüche von jeweils S 5.000 für den Zeitraum 1.2.1995 bis 31.1.1996 Verfahrensgegenstand.
Die Beklagte zeigt zutreffend auf, daß sich die Feststellungen des Erstgerichtes (S 5 f des Urteils = AS 83, 85), der Unterhalt sei vom Kläger immer gezahlt worden, aber immer mit einem Rückstand, er sei nie fristgerecht für die Beklagte verfügbar gewesen, entgegen der Annahme des Berufungsgerichtes ausschließlich auf die Zeit bis einschließlich Juni 1995, keineswegs darüber hinaus bis zur Urteilsfällung im Jänner 1996 beziehen. Dies geht daraus klar hervor, daß das Erstgericht unmittelbar davor (S 5 des Urteils = AS 83) ausführt, der Kläger habe vor dem Juli 1995 nie einen Unterhaltsrückstand verursacht, ausgenommen der Rückstand für die Nachzahlung, und zwar infolge des anhängigen Unterhaltsverfahrens.
Da somit für die Zeit ab Juli 1995 Feststellungen fehlen, kann richtigerweise nicht davon ausgegangen werden, daß der Kläger - wie das Berufungsgericht meint - bis zur Urteilsfällung im Jänner 1996 seiner laufenden Unterhaltsverpflichtung nachgekommen ist. Vielmehr hat der Kläger Vorbringen erstattet, seine Unterhaltspflicht habe mit Juni 1995 geendet, weil die Beklagte ihr Studium beendet habe und daher selbsterhaltungsfähig geworden sei. Eine ausdrückliche Behauptung, er habe dennoch - auch nach Einbringung der vorliegenden Oppositionsklage - Unterhalt geleistet, hat der Kläger nie aufgestellt.
Bei dieser Sachlage konnte das Berufungsgericht auf Grundlage der ihm vorliegenden Verfahrensergebnisse nicht davon ausgehen, der Unterhalt ab Juli 1995 sei bezahlt worden.
Was den Zeitraum Feber 1995 bis Juni 1995 anlangt, bestreitet die Beklagte in der außerordentlichen Revision ausdrücklich nicht, daß der Kläger den Unterhalt, wenn auch verspätet, geleistet hat. Dies gilt auch für den Monat Jänner 1995; auch für diesen Monat bekämpft die Beklagte nicht die Annahmen des Berufungsgerichtes. Insoweit kann auch der Oberste Gerichtshof davon ausgehen, daß der Oppositionskläger seiner Unterhaltsverpflichtung nachgekommen ist, obwohl eine derartige Feststellung vom Erstgericht nicht getroffen wurde.
Demzufolge war der Revision der Beklagten, die beantragt hat, das im klagsstattgebenden Teil angefochtene Urteil des Berufungsgerichtes (zur Gänze) im klagsabweisenden Sinn abzuändern, nur teilweise stattzugeben, weil für den Zeitraum Jänner 1995 bis Juni 1995 der in Exekution gezogene Unterhalt tatsächlich bezahlt ist.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 43 Abs 1 ZPO.
Im Verfahren erster und zweiter Instanz ist der Kläger - unter Zugrundelegung einer Bemessungsgrundlage von S 180.000, weil die bereits fälligen Unterhaltsansprüche, die das Dreifache der Jahresleistung des laufenden Unterhalts nicht übersteigen, zu keiner Erhöhung der Bewertung führen (SZ 69/33) - mit 17 % (S 30.000 Unterhalt für Jänner bis Juli 1995 [6 x S 5.000]) als obsiegend anzusehen, die Beklagte hingegen mit 83 %. Der Kläger hat der Beklagten somit 66 % ihrer Kosten zu ersetzen, die Beklagte dem Kläger hingegen 17 % der Pauschalgebühren.
Im Revisionsverfahren beträgt die Bemessungsgrundlage S 65.000 (Unterhalt für Jänner 1995 bis Juli 1996 [13 x S 5.000]); bei annähernd gleichem Obsiegen beider Parteien sind die Kosten gegeneinander aufzuheben.
Der Ausspruch über die Verpflichtung des Klägers zum Ersatz von Pauschalgebühren zweiter und dritter Instanz, die auf die Verfahrenshilfe genießende Beklagte entfallen, gründet sich auf § 70 Satz 2 ZPO.
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