OGH 3Ob2152/96h

OGH3Ob2152/96h26.3.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei I***** GmbH, ***** als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen des Martin H*****, diese vertreten durch Dr.Erich Druckenthaner, Rechtsanwalt in Wels, wider die verpflichtete Partei Martin H*****, wegen kridamäßiger Versteigerung von Liegenschaftsanteilen gemäß § 119 KO, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 5.März 1996, GZ 1 R 657/95-88, womit der Meistbotsverteilungsbeschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 15. Juli 1995, GZ 20 E 51/94b-74, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden insoweit aufgehoben, als über die Nichtzuweisung der von der betreibenden Masseverwalterin als Vorzugspost geltend gemachten Kosten von S 52.129,64 sowie über die sich daraus ergebende Differenz bei der Zuweisung aus dem Meistbotszinsenzuwachs entschieden wurde; in diesem Umfang wird dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Das Landesgericht Wels bewilligte im Konkurs über das Vermögen des Verpflichteten mit Beschluß vom 4.3.1993, GZ S 61/93-32, auf Antrag der Masseverwalterin gemäß § 119 KO die kridamäßige Versteigerung von Liegenschaftsanteilen des Gemeinschuldners (= Verpflichteten) an der EZ ***** KG H***** und ordnete an, das Bezirksgericht Innsbruck als Grundbuchsgericht habe die Einleitung des Versteigerungsverfahrens anzumerken, als Exekutionsgericht einzuschreiten und gemäß § 125 Abs 4 KO die Kosten des Masseverwalters, die er anläßlich der gerichtlichen Veräußerung der Liegenschaft und der Verteilung des Erlöses zu beanspruchen hat, festzusetzen. Die Liegenschaftsanteile des Verpflichteten wurden um das Meistbot von insgesamt S 900.000,-- versteigert.

Die Masseverwalterin meldete zur Verteilungstagsatzung vom 13.7.1995 als Vorzugspost die - im Revisionsrekursverfahren allein interessierenden - Kosten für die Teilnahme am Zwangsversteigerungsverfahren in Höhe von S 52.129,64 an. Gegen diese Anmeldung erhob die Pfandgläubigerin T***** reg.Gen.mbH Widerspruch.

Das Erstgericht bestimmte im Meistbotsverteilungsbeschluß die Kosten der betreibenden Partei (Masseverwalterin) antragsgemäß mit S 52.129,64, wies sie allerdings der Masseverwalterin nicht als Vorzugspost zu, sondern sprach lediglich aus, die Berichtigung dieser Kosten bleibe dem Konkursgericht vorbehalten.

Zur Begründung führte das Erstgericht aus, grundsätzlich stellten zwar die Kosten des Masseverwalters für die Verwertung einer Sondermasse eine Vorzugspost dar, diese Kosten seien dann anläßlich der Verteilung des Erlöses beim Exekutionsgericht zu beanspruchen und von diesem festzusetzen (§ 125 Abs 4 KO). Allerdings zählten Kosten des Masseverwalters, die für die Veräußerung einer überlasteten Liegenschaft entstünden, aus deren Erlös für die Konkursmasse nichts zu erwarten sei, nicht zu den Sondermassekosten. Werde auf Antrag des Masseverwalters aber dennoch die gerichtliche Veräußerung einer überlasteten Liegenschaft beschlossen, dann habe der Masseverwalter, wolle er die Kosten der Verwertung bevorzugt berücksichtigt haben, im einzelnen und genau darzulegen, warum die kridamäßige Versteigerung der Liegenschaft im Interesse der Absonderungsgläubiger erforderlich erschienen sei. Im Anlaßfall seien die Liegenschaftsanteile des Verpflichteten offenkundig weit über ihren Wert belastet gewesen, sodaß für die Konkursmasse keine Zuweisung zu erwarten gewesen sei. Eine Berücksichtigung der - vom Exekutionsgericht zu bestimmenden - Kosten des Masseverwalters als Vorzugspost komme daher nicht in Betracht, deren Berichtigung sei vielmehr dem Konkursgericht vorzubehalten.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Masseverwalterin, welche die vorrangige Zuweisung der bestimmten Kosten aus der Verteilungsmasse, in eventu die Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung durch Einholung der Entscheidung des Konkursgerichtes gemäß § 47 Abs 3 KO begehrte, nicht Folge und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Rekursgericht vertrat die Auffassung, zwar sei ihm die vom Obersten Gerichtshof (zu 3 Ob 102/92 = EvBl 1993/102) über die Lösung der sich aus den Bestimmungen des § 125 Abs 4 KO einerseits und des § 47 Abs 3 KO andererseits ergebenden Schwierigkeiten vertretene Auffassung bekannt; mit Rücksicht darauf, daß § 47 Abs 3 KO eine Entscheidung des Konkursgerichtes ("darüber, ob sich Masseforderungen auf die gemeinschaftliche oder auf eine besondere Masse beziehen") nur im Zweifel normiere, das Konkursgericht aber hier bereits mit seinem die kridamäßige Versteigerung anordnenden Beschluß vom 4.3.1993 erkennbar entschieden habe, die Kosten der Masseverwalterin seien vom Exekutionsgericht festzusetzen, erübrige sich eine Vorentscheidung des Konkursgerichtes im Sinne des § 47 Abs 3 KO. In der Sache billigte das Rekursgericht die Rechtsauffassung des Erstgerichtes, die den bestimmten Kosten zugrundeliegenden Tätigkeiten des Masseverwalters im vorliegenden Exekutionsverfahren rechtfertigten nicht deren Behandlung als Vorzugsposten.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die zweitinstanzliche Entscheidung erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Masseverwalterin, der sich allein gegen die Verweigerung des bevorzugten Befriedigungsranges ihrer Verfahrenskosten richtet, ist entgegen der Auffassung der Vorinstanzen zulässig und mit seinem Aufhebungsantrag auch berechtigt:

Das Rekursgericht verkannte nämlich bei seiner Entscheidung die bindende Zuständigkeitsregelung des § 47 Abs 3 KO, wonach das Konkursgericht unter Ausschluß des Rechtsweges darüber entscheidet, ob sich eine Masseforderung auf die gemeinschaftliche oder auf eine besondere Masse bezieht. Liegt eine Masseforderung vor - und dies ist angesichts der vom Konkursgericht der Masseverwalterin aufgetragenen gerichtlichen Versteigerung der Liegenschaftsanteile des Gemeinschuldners bezüglich der damit verbundenen Kosten wohl nicht zu bezweifeln - und ist wie hier strittig (in der Verteilungstagsatzung wurde dagegen Widerspruch erhoben) und zweifelhaft (siehe die Ausführungen beider Vorinstanzen zur Sache), ob sie aus der Sondermasse oder aus der allgemeinen Konkursmasse zu befriedigen ist, dann darf somit diese Frage vom Exekutionsgericht nicht entschieden werden. Erst die Entscheidung des dafür ausschließlich zuständigen Konkursgerichtes bindet dann das Exekutionsgericht (SZ 66/15 = EvBl 1993/102 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; zuletzt auch 3 Ob 2141/96s vom 29.1.1997). Eine eindeutige gesetzliche Regelung, wie vorzugehen ist, wenn im Zeitpunkt der Verteilungstagsatzung eine solche Entscheidung des Konkursgerichtes noch nicht bindend ergangen ist, liegt nicht vor. Wie der erkennende Senat bereits in der Entscheidung SZ 66/15 nach Auseinandersetzung mit Petschek/Reimer/Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht 556, und Heller/Berger/Stix 456 ausgesprochen hat, ist es untunlich, mit der Beschlußfassung über die gesamte Verteilung bis zur Entscheidung des zuständigen Konkursgerichtes zuzuwarten. Als einzige die Interessen beider Teile wahrnehmende befriedigende Lösung verbleibt, den strittigen Betrag zuzüglich der daraus sich ergebenden Verschiebung der Fruktifikationszinsen von der Verteilung vorläufig auszunehmen, mit der Entscheidung bis zur Klärung der Vorfrage durch das Konkursgericht zuzuwarten und erst danach über den von der Verteilung ausgenommenen Betrag zu entscheiden.

Demgemäß ist dem Revisionsrekurs der betreibenden Masseverwalterin wie im Spruch Folge zu geben.

Da durch den Widerspruch der Pfandgläubigerin im Rahmen des Meistbotsverteilungsverfahrens ein Zwischenstreit entstand, sind für die Kostenentscheidung nicht die Grundsätze des JB 201, sondern die Vorschriften der ZPO (§ 52 iVm § 78 EO) maßgeblich (JBl 1996, 646; SZ 68/92; 58/160; ua; zuletzt auch 3 Ob 2141/96s).

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