Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Gegenstand des Verfahrens ist die Zwangsversteigerung einer Liegenschaft.
Das Erstgericht gab mit Beschluss vom 24. Jänner 2002 gemäß § 144 EO idF EO-Nov 2000 den Schätzwert der zu versteigernden Liegenschaft ohne Zubehör mit 437.490 EUR und den Wert des Zubehörs mit 13.081 EUR bekannt.
Dagegen erhob der Verpflichtete Einwendungen (ON 32).
Das Erstgericht erklärte mit Punkt 3. seines Beschlusses die vom Verpflichteten gegen den vom Gericht "festgestellten" Schätzwert erhobenen Einwendungen für unberechtigt, weil der Sachverständige für die Wertermittlung mit Recht das Sachwertverfahren angewendet habe. Die vom Sachverständigen erhobenen Werte erschienen angemessen. Der Sachverständige habe auch den relativ hohen Abschlag von 25 % für Marktanpassung begründen können.
Das Rekursgericht wies den Rekurs des Verpflichteten gegen diesen Beschlusspunkt zurück und sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil es noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage gebe, ob das Exekutionsgericht nach der durch die EO-Nov 2000 geschaffenen neuen Rechtslage Einwendungen gegen den Schätzwert beschlussmäßig zu erledigen habe bzw ob im Fall einer durch das Gesetz nicht angeordneten (gedeckten) beschlussmäßigen Erledigung eine anfechtbare Entscheidung vorliege.
In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, auf dieses Verfahren seien die Bestimmungen der EO idF EO-Nov 2000 anzuwenden, nach denen die nach der alten Rechtslage vorgesehene Festsetzung des Schätzwertes durch Beschluss entfalle. An deren Stelle trete die in Form eines Beschlusses ergehende Bekanntgabe des Schätzwertes der Liegenschaft. Über Einwendungen sei auch dann nicht beschlussmäßig zu entscheiden, wenn sie der Richter als unzulässig oder unberechtigt ansehe. Der Beschluss des Erstgerichts entbehre somit einer gesetzlichen Grundlage und sei als gegenstandslos zu betrachten. Mangels einer anfechtbaren Entscheidung sei deshalb der Rekurs des Verpflichteten zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Verpflichteten ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Der Antrag auf Zwangsversteigerung der Liegenschaft des Verpflichteten wurde am 21. März 2001 eingebracht. Auf dieses Exekutionsverfahren sind daher gemäß Art III Abs 1 der EO-Nov 2000 die Vorschriften der EO idF EO-Nov 2000 anzuwenden.
Gemäß § 144 EO ist dem Verpflichteten, dem betreibenden Gläubiger sowie allen Personen, für die nach dem Inhalt der dem Gericht darüber vorliegenden Urkunden auf der Liegenschaft dingliche Rechte und Lasten begründet sind, der Schätzwert bekanntzugeben. Sie sind gleichzeitig aufzufordern, ihre Einwendungen binnen einer festzusetzenden Frist geltend zu machen.
Nach den Gesetzesmaterialien zu § 144 EO idF EO-Nov 2000 (RV, 93 BlgNR 21. GP) wird zur Beschleunigung des Verfahrens vorgesehen, dass - wie im Fahrnisexekutionsverfahren - der Schätzwert nicht mehr beschlussmäßig festgesetzt wird; er ist nach allfälliger Ergänzung, Richtigstellung und Verbesserung (vgl. § 145) dem Zwangsversteigerungsverfahren zugrunde zu legen. Nach wie vor ist aber dem Verpflichteten, dem betreibenden Gläubiger sowie den dinglich Berechtigten der Schätzwert bekannt zu geben. Diese können binnen der zu setzenden Frist Einwendungen gegen das Gutachten erheben, auf Grund derer allenfalls nach § 145 vozugehen ist.
Diese Bekanntgabe des Schätzwertes erfolgt zwar gemäß § 62 letzter Halbsatz EO in Form eines Beschlusses (so zutreffend Angst in Angst, EO, § 144 Rz 1), die Parteien des Exekutionsverfahrens und die in § 144 EO genannten Buchberechtigten haben jedoch kein Rekursrecht gegen diesen Beschluss, sondern nur die Möglichkeit, gegen den ihnen bekannt gegebenen Schätzwert Einwendungen zu erheben (Angst aaO § 144 Rz 2; Neumayr in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 144 Rz 2 f).
Gemäß § 145 EO hat das Exekutionsgericht spätestens nach Ablauf der Frist zur Erstattung von Einwendungen gegen den Schätzwert alle nötigen Ergänzungen, Richtigstellungen und Verbesserungen des Schätzungsgutachtens von Amts wegen zu erlassen. Selbst wenn also Einwendungen gemäß § 144 EO erhoben werden, ist die beschlussmäßige Festsetzung des Schätzwertes nicht vorgesehen; es ist über die Einwendungen auch dann nicht beschlussmäßig zu entscheiden, wenn sie der Richter als unzulässig oder unberechtigt ansieht. Dies ergibt sich daraus, dass das Gesetz solche Beschlüsse nicht erwähnt und dass dies offensichtlich dem Willen des Gesetzgebers entspricht, weil sonst die von ihm angestrebte Beschleunigung des Verfahrens gefährdet wäre. Hält der Richter Einwendungen für unzulässig oder unberechtigt, hat er daher hierüber nicht zu entscheiden. Aber auch wenn der Richter Einwendungen als berechtigt ansieht, führt dies nicht zur Erlassung eines Beschlusses, sondern erforderlichenfalls zur Einvernahme des Sachverständigen; dem Verfahren ist dann ohne weiteres der letzte vom Sachverständigen allenfalls nach Ergänzung, Richtigstellung oder Verbesserung seines Gutachtens ermittelte Schätzwert zugrunde zu legen (Angst aaO § 145 Rz 1). Die Betroffenen haben daher mangels einer anfechtbaren Entscheidung keine Möglichkeit, sich mit einem Rechtsmittel gegen die entsprechende Annahme des Exekutionsgerichts zur Wehr zu setzen; es ist Sache der Bietinteressenten, die wahre Sach- und Rechtslage abzuschätzen. Diese Verminderung des Rechtsschutzes gegenüber der Rechtslage vor der EO-Nov 2000 hat der Gesetzgeber im Interesse der Beschleunigung des Verfahrens und der darauf gegründeten Beseitigung des Beschlusses über die Festsetzung des Schätzwerts ganz offensichtlich in Kauf genommen (Angst aaO § 145 Rz 2). Die Sachverständigenhaftung nach § 1299 ABGB soll für den Entfall der Rekursmöglichkeit Ersatz bieten (vgl Rechberger/Oberhammer, Exekutionsrecht3 Rz 275 f).
Mini (Die neue Zwangsversteigerung von Liegenschaften 80 ff [2000]), übt an dieser Regelung Kritik und meint, dass eine Richtigstellung des Schätzwerts dem Inhalt nach ein Beschluss sei. Dieser Ansicht kann, was die in § 145 EO geregelte Ergänzung der Schätzung betrifft, nicht gefolgt werden. In diesem Fall ist gerade keine Beschlussfassung im Gesetz vorgesehen; der vom Gericht als richtig angesehen Schätzwert ist vielmehr dem Verfahren zugrunde zu legen.
Das Rekursgericht hat diese nun geltende Rechtslage in zutreffender rechtlicher Beurteilung erkannt. Da das Vergreifen in der Entscheidungsform weder die Zulässigkeit noch die Behandlung des Rechtsmittels beeinflusst (RIS-Justiz RS0036324), ist das Rekursgericht zutreffend davon ausgegangen, dass tatsächlich keine anfechtbare Entscheidung erster Instanz vorliegt, weshalb es den Rekurs der betreibenden Partei zutreffend zurückgewiesen hat.
Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der verpflichteten Partei musste somit erfolglos bleiben.
Der Verpflichtete begründet seine Ansicht, diese Neuregelung, den Verpflichteten auf Schadenersatz- bzw Amtshaftungsansprüche zu verweisen, um eine "fragwürdige" Verfahrensbeschleunigung zu erreichen, sei völlig unsachlich und überdies ein Eingriff in das verfassungsmäßig garantierte Eigentumsrecht, weshalb die Einleitung eines Normprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof angeregt werde, nicht weiter. Der Oberste Gerichtshof sieht in der Neuregelung der §§ 144, 145 EO durch die EO-Nov 2000, die im Übrigen der bisherigen Rechtslage bei der Fahrnisexekution entspricht, keinen Verstoß gegen Art 5 StGG, insbesondere keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Eigentumsrecht, weshalb für die Einleitung eines Normprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof kein Anlass besteht.
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