OGH 3Ob203/05g

OGH3Ob203/05g29.3.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei E***** AG, *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG in Wien, wider die verpflichtete Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch Plankel, Mayrhofer & Partner, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegen Unterlassung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 10. September 2004, GZ 3 R 203/04f-27, in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom 1. Juli 2005, GZ 3 R 203/04f-32, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Kitzbühel vom 14. Juli 2004, GZ 1 E 3791/04k-16a, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen. Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das Erstgericht hatte auf Grund eines mit einstweiliger Verfügung erlassenen Verbots der betreibenden Partei zu dessen Erwirkung gegen die verpflichtete Partei die Exekution nach § 355 EO bewilligt und über sie eine Geldstrafe verhängt. In der Folge hatte sie acht weitere Strafbeschlüsse erwirkt. Die verhängten Geldstrafen bewegen sich - fortlaufend erhöht - zwischen 100 und 500 EUR. Ihre Summe ergab 3.850 EUR.

Die verpflichtete Partei beantragte, gestützt auf eine gegen alle diese Beschlüsse eingebrachte Impugnationsklage - worin sie geltend macht, niemals gegen den Exekutionstitel verstoßen zu haben - die Aufschiebung der Exekution und den Vollzug aller genannter Strafbeschlüsse bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diese Klage. Zur Gefährdung brachte sie unter anderem vor, sie müsse zur Zahlung der „Geldstrafe" verzinsliches Kapital einsetzen, wodurch ihr Zinsen entgingen, zu deren Ersatz die betreibende Partei nicht verpflichtet werden könne. Bescheinigungsmittel dafür gab sie nicht an.

Das Erstgericht schob „die ... bewilligte Exekution" bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Impugnationsklage auf, falls die verpflichtete Partei eine Sicherheitsleistung von 25.000 EUR erlege, und sprach aus, dass alle schon vollzogenen Exekutionsakte einstweilen bestehen blieben.

Mit dem angefochtenen Beschluss änderte das Gericht zweiter Instanz diese Entscheidung infolge Rekurses der betreibenden Partei dahin ab, dass es den Aufschiebungsantrag abwies. Die verpflichtete Partei verwies es mit ihrem gegen die Höhe der Sicherheitsleistung gerichteten Rekurs auf diese Entscheidung. Es sprach letztlich mittels Ergänzungsbeschlusses aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands sowohl hinsichtlich der Aufschiebung der bewilligten Exekution als auch der acht Strafbewilligungsbeschlüsse jeweils 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Der außerordentliche Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Mit mittlerweile in Rechtskraft erwachsenen Urteil vom 18. März 2005 wies das Erstgericht die Impugnationsklage ab. Damit ist aber die Beschwer der verpflichteten Partei durch die ihren auf diese Klage gestützten Aufschiebungsantrag abweisende Entscheidung zweiter Instanz weggefallen, weil die Aufschiebungsfrist bereits abgelaufen ist (3 Ob 1005/93 = JUS Z 1276; 3 Ob 1142/93; 3 Ob 101/03d; vgl Jakusch in Angst, EO, § 65 Rz 14; Rassi in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, §§ 65-67 Rz 30, je mwN). Deren Rechtsmittel ist daher als unzulässig zurückzuweisen. Gemäß § 78 EO iVm § 50 Abs 2 ZPO ist dieser Umstand bei der Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses nicht zu berücksichtigen. Es muss daher geprüft werden, ob das Rechtsmittel ohne Wegfall des Rechtsschutzinteresses Erfolg gehabt hätte, im Falle eines außerordentlichen Rechtsmittels auch, ob die für die Zulässigkeit festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind. (stRsp, zuletzt 3 Ob 41/05h; RIS-Justiz RS0038907 [T1]). Das ist hier nicht der Fall. Die Revisionsrekurswerberin sieht eine erhebliche Rechtsfrage darin, dass neuere Rsp zur Frage fehle, ob iSd Ausführungen von Jakusch (in Angst aaO § 44 Rz 10) bei der Unterlassungsexekution eine Gefahr darin liege, dass der Verpflichtete zur Bezahlung der Geldstrafe verzinsliches Kapital einsetzen müsse, weil der Rückzahlungsanspruch nicht auch entgangene oder aufgewendete Zinsen umfasse. Tatsächlich setzt die Aufschiebung der Exekution nach § 44 Abs 1 EO die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteils voraus; diese ist grundsätzlich im Antrag konkret zu behaupten und zu bescheinigen (Jakusch aaO § 42 Rz 62 f; Deixler-Hübner in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 44 Rz 1 je mwN). Auch in der im Rechtsmittel zitierten Kommentarstelle verweist Jakusch darauf, dass die von ihm in Erwägung gezogene Gefahr nicht nur zu behaupten, sondern auch zu bescheinigen sei.

Das hat auch im vorliegenden Fall zu gelten, in dem sehr niedrige Geldstrafen zwischen 100 und 500 EUR, insgesamt nicht mehr als 3.850 EUR verhängt wurden. Es kann bei so niedrigen Beträgen die nicht bescheinigte Behauptung, die verpflichtete Partei, eine GmbH, die nach dem Exekutionstitel biologische Lebensmittel vertreibt, müsse zur Zahlung der Geldstrafen „verzinsliches Kapital" einsetzen, nicht als offenkundig angesehen werden. Es liegt nämlich keineswegs auf der Hand, dass solche Geldstrafen nicht aus deren Bargeldbestand entnommen werden könnten und anderenfalls verzinslich angelegt würden. Demnach wäre auch ohne Wegfall der Beschwer die angeschnittene Rechtsfrage wegen ihrer rein theoretischen Bedeutung vom Obersten Gerichtshof nicht zu behandeln und das Rechtsmittel der verpflichteten Partei somit nach § 526 Abs 2 erster Satz ZPO zurückzuweisen gewesen und somit erfolglos geblieben. Demnach hat sie die Kosten ihres Rechtsmittels gemäß § 78 EO iVm §§ 50, 40 ZPO selbst zu tragen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte