OGH 3Ob197/88

OGH3Ob197/8814.12.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Herbert B***, Kaufmann, Hallein, Halleiner Landesstraße 9, vertreten durch Dr. Wolfgang Hochsteger, Rechtsanwalt in Hallein, wider die beklagte Partei Werner T***, Steuerberater, Bad Ischl, Pfaugasse 3, vertreten durch Dr. Josef Raffl, Rechtsanwalt in Bad Ischl, wegen Einwendungen gemäß § 35 EO (restlich 22.720,05 S), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 26.Mai 1988, GZ 21 R 170/88-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Hallein vom 2.Februar 1988, GZ 2 C 1024/87-10, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

1. Die Revisionsbeantwortung der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

2. Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten der Revision selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der beklagten Partei wurde wider die klagende Partei im Jahr 1983 auf Grund eines rechtskräftigen Versäumungsurteiles zur Hereinbringung von 22.872 S sA eine Lohnpfändungsexekution bewilligt. Im Jahr 1984 wurde über das Vermögen der klagenden Partei der Konkurs eröffnet. Am 23.Jänner 1985 kam es zum Abschluß eines Zwangsausgleiches auf Zahlung einer 20 %igen Quote, zahlbar innerhalb von 30 Tagen nach Annahme des Zwangsausgleiches. Die beklagte Partei schien in der Gläubigerliste des Gemeinschuldners auf, brachte jedoch keine Forderungsanmeldung ein und nahm auch an der Zwangsausgleichstagsatzung nicht teil.

Mit der vorliegenden Oppositionsklage machte die klagende Partei geltend, die Forderung der beklagten Partei sei durch Zahlung der Zwangsausgleichsquote von 9.007 S erloschen. Entgegen der Ansicht der beklagten Partei sei es mangels qualifizierter Mahnung nicht zu einem Wiederaufleben der ursprünglichen Forderung gekommen. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß dem Klagebegehren - ausgenommen einen in Rechtskraft erwachsenen Teilbetrag von 151,95 S - stattgegeben wurde und sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei.

Die Vorinstanzen gingen im wesentlichen von folgenden Tatsachenfeststellungen aus:

Der Beklagtenvertreter erhielt im Dezember 1986 Kenntnis vom Abschluß des Zwangsausgleiches.

Mit Schreiben vom 3.Dezember 1986, Beilage 12, gerichtet an den Dienstgeber der klagenden Partei, vertrat die beklagte Partei den Standpunkt, daß ihre Forderung im Konkursverfahren aus dem Verschulden des Gemeinschuldners unberücksichtigt geblieben sei, weshalb der beklagten Partei gemäß § 156 Abs 6 KO die ganze Forderung zustehe, die mit Zinsen und Kosten 49.293,42 S ausmache. Es werde um die Vornahme der entsprechenden Gehaltsabzüge ersucht. Mit Schreiben vom 18.März 1987, Beilage 9, forderte die beklagte Partei die klagende Partei auf, die der beklagten Partei "zustehende Forderung" bis längstens 27.März 1987 zu begleichen. Der Klagsvertreter teilte dem Beklagtenvertreter mit Schreiben vom 24.März 1987, Beilage 8, mit, daß die Nichtberücksichtigung der beklagten Partei nicht aus dem Verschulden der klagenden Partei erfolgt sei. Die beklagte Partei möge ihre Forderung bekanntgeben, wobei auf das Datum der Konkurseröffnung Bedacht zu nehmen sei, damit hievon die 20 %ige Zwangsausgleichsquote bezahlt werden könne. Mit Schreiben vom 27.März 1987, Beilage 7, teilte der Beklagtenvertreter dem Klagevertreter mit, daß die Forderung der beklagten Partei 49.342,05 S betrage. Der klagenden Partei sei zumindest seit Mitte Dezember 1986 bekannt, daß die Forderung der beklagten Partei zur Gänze unberichtigt aushafte. Es wäre der klagenden Partei freigestanden, die Quote zu zahlen. Wegen Nichterlags in angemessener Frist sei Wiederaufleben der Forderung eingetreten. Es werde um Zahlung bis 5.April 1987 ersucht. Mit Schreiben vom 13.April 1987, Beilage 5, teilte der Klagevertreter dem Beklagtenvertreter mit, daß bisher kein Wiederaufleben eingetreten sei. Die Quote betrage 20 % von 45.032,72 S, nämlich 9.007 S. Er habe die klagende Partei angewiesen, diesen Betrag an die beklagte Partei zu überweisen. Mit Schreiben vom 6.Mai 1987, Beilage 4, anerkannte der Beklagtenvertreter erstmals, daß die Voraussetzungen des § 156 Abs 6 KO nicht gegeben seien. Wegen der nicht beachteten Mahnung vom 18.März 1987 sei aber Wiederaufleben eingetreten. Es möge die offene Forderung beglichen werden.

Mit Schreiben vom 26.Mai 1987, Beilage 3, teilte der Klagsvertreter dem Beklagtenvertreter mit, daß die klagende Partei inzwischen den Betrag von 9.007 S überwiesen habe. Es möge daher die immer noch anhängige Lohnexekution eingestellt werden, widrigens Oppositionsklage eingebracht würde.

Tatsächlich hat die klagende Partei den Betrag von 9.007 S am 11. Juni 1987 bezahlt.

Das Erstgericht vertrat auf Grund dieses Sachverhaltes die Ansicht, es sei Wiederaufleben eingetreten. Daß die Nachfrist nicht ausdrücklich erteilt worden sei, schade nicht, weil sie zumindest tatsächlich gewährt worden sei.

Das Berufungsgericht war hingegen der Ansicht, daß bisher in keinem der Mahnschreiben eine 14tägige Nachfrist im Sinne des § 156 Abs 4 KO gesetzt worden sei. Die klagende Partei habe ihre Exekution nie auf die Quote eingeschränkt und dadurch zum Ausdruck gebracht, daß sie den vollen Betrag fordere, also die Nachfrist auch nicht tatsächlich gewährt.

Rechtliche Beurteilung

Da, soweit überblickbar, zur Frage des notwendigen Inhaltes einer Mahnung nach § 156 Abs 4 KO eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt, ist die außerordentliche Revision des Beklagten entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes zulässig. Sie ist aber nicht berechtigt.

Auch eine vor Konkurseröffnung eingeleitete Lohnpfändungsexekution, die nach Abschluß eines Zwangsausgleiches nicht eingestellt wurde, ist im Sinne des § 35 Abs 1 EO noch "im Zuge" und kann mit Oppositionsklage bekämpft werden. Ob nach der Rechtslage vor dem IRÄG eine solche Exekuktion nur mehr für die Quote, nicht aber für die allenfalls wiederauflebende Forderung weiterwirken konnte kann offen bleiben, weil nach der jetzigen Rechtslage die Exekution ohne besondere Nachweise auch für den wiederaufgelebten Teil bewilligt werden könnte und die verpflichtete Partei das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für ein Wiederaufleben mit Oppositionsklage geltend zu machen hat (SZ 57/138, EvBl 1988/54). Ein Wiederaufleben trat im vorliegenden Fall nicht ein, weil keine qualifizierte Mahnung im Sinne des § 156 Abs 4 KO stattfand. Diese Vorschrift hat den Zweck, den Schuldner eindringlich auf die drohenden schweren Folgen seines Verzuges hinzuweisen (Bartsch-Pollak3, Anm 26 zu § 53 AO). Wegen der schwerwiegenden Folgen muß die Mahnung daher auch die Höhe des geforderten Betrages enthalten (vgl zur ähnlichen Rechtslage nach § 66 GesmbHG, Reich-Rohrwig, Das Österreichische GmbH-Recht 594, oder nach § 30 Abs 2 Z 1 MRG, Würth in Rummel, ABGB, Rz 14 zu § 30 MRG). Eine Mahnung, die nicht auf den Ausgleich Bezug nimmt, genügt nicht (vgl SZ 14/196, SZ 19/104 und SZ 39/41, wonach die Einbringung einer Klage, eines Exekutionsantrages oder eines Antrages auf neuerlichen Vollzug die qualifizierte Mahnung nicht ersetzen). Nur bei der Nachfrist genügt unter Umständen die tatsächliche Gewährung (SZ 9/99).

Im vorliegenden Fall wurde mit der ersten an den Gemeinschuldner selbst gerichteten Mahnung (Beilage 9) nicht die "fällige Verbindlichkeit" im Sinne des § 156 Abs 4 KO, das ist die fällige Zwangsausgleichsrate, eingefordert, sondern überhaupt kein Betrag genannt. Die zweite Mahnung (Beilage 7) verlangte die Zahlung des vollen Betrages unter Berufung auf den nicht vorliegenden Sachverhalt nach § 156 Abs 6 KO und es wurde nicht etwa eine Nachfrist zur Zahlung der Quote gesetzt, widrigens Wiederaufleben eintrete. Erst in der dritten Mahnung (Beilage 4) wurde erstmals anerkannt, daß die Voraussetzungen des § 156 Abs 6 KO nicht vorliegen. Die Mahnung nannte aber wiederum keinen Betrag und setzte auch keine Nachfrist, sondern behauptete zu Unrecht ein bereits eigetretenes Wiederaufleben. Keine dieser drei Mahnungen entsprach also den Erfordernissen einer qualifzierten Mahnung nach § 156 Abs 4 KO.

Der vom Berufungsgericht angenommene Grund für die Abweisung des Klagebegehrens bedarf keiner Prüfung mehr.

Die Revisionsbeantwortung der klagenden Partei ist verspätet; denn die Freistellung der Beantwortung der Revision wurde ihr am 10. Oktober 1988 zugestellt, die Revisionsbeantwortung aber erst am 9. Oktober 1988 zur Post gegeben.

Gemäß den §§ 40 und 50 ZPO hat die beklagte Partei die Kosten ihrer erfolglosen Revision selbst zu tragen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte