Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Erstverpflichtete hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die betreibende Partei und die beiden verpflichteten Parteien sind Miteigentümer einer Liegenschaft. Zur Durchsetzung der mit rechtskräftigem Urteil angeordneten Zivilteilung beantragte die betreibende Partei die Versteigerung der gemeinschaftlichen Liegenschaft gemäß § 352 EO.
Die Liegenschaft wurde mit 841.000 S geschätzt und das geringste Gebot einverständlich mit diesem Betrag festgesetzt. Ein erster Versteigerungstermin am 14.5.1990 blieb mangels eines Anbots erfolglos, ebenso eine wiederum mit dem Schätzwert als Ausrufspreis durchgeführte zweite Versteigerung am 2.10.1990. In der zweiten Versteigerungstagsatzung kündigte der Erstrichter an, daß er die Einstellung des Exekutionsverfahrens in sinngemäßer Anwendung der Bestimmung des § 39 Abs.1 Z 8 EO beabsichtige. Der Erstverpflichtete erklärte sich mit einer Einstellung des Exekutionsverfahrens einverstanden. Die betreibende Partei und der Zweitverpflichtete ersuchten um eine vierzehntägige Frist zur Äußerung, welche ihnen gewährt wurde. Fristgerecht sprach sich die betreibende Partei gegen eine Einstellung aus und wies vor allem darauf hin, daß mittlerweile eine Mietpartei verstorben sei. Der Zweitverpflichtete ersuchte um Fristverlängerung.
Das Erstgericht wies den Fristverlängerungsantrag zurück und stellte das Vesteigerungsverfahren gemäß § 39 Abs.1 Z 8 EO ein. Es stellte fest, beim zweiten Versteigerungstermin seien zwar zwei Interessenten erschienen; sie hätten aber dann vor allem deshalb kein Vadium erlegt, weil der Erstverpflichtete angekündigt habe, er werde die Liegenschaft auf keinen Fall freiwillig räumen, zumal ihn auch ein Mietvertrag dazu berechtige, die Liegenschaft zu bewohnen.
Auf Grund dieser Sachlage ging das Erstgericht davon aus, daß die Liegenschaft infolge des Verhaltens des Erstverpflichteten unverkäuflich sei. Der Tod eines Mieters werde daran nichts ändern. Es sei realitätsfremd, wenn die betreibende Partei davon ausgehe, daß der Erstverpflichtete Versteigerungsbedingungen zustimmen werde, die ihn zur Räumung der Liegenschaft zwingen würden.
Das Gericht zweiter Instanz hob den Beschluß des Erstgerichtes ersatzlos auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Feilbietungsverfahrens auf. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung von § 39 Abs.1 Z 8 EO lägen noch nicht vor. Es müsse vielmehr allenfalls der Versuch einer Änderung der Versteigerungsbedingungen unternommen werden. Falls der Erstverpflichtete durch abträgliche Erklärungen Interessenten vom Bieten abhalten sollte, könnten gegen ihn die entsprechenden Maßnahmen nach § 26 Abs.2, § 32 und § 177 Abs.3 EO gesetzt werden. Auch der Umstand, daß durch den Tod eines Mieters ein Teil der Liegenschaft frei geworden sei, spreche gegen die Unverkäuflichkeit.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Erstverpflichteten ist nicht berechtigt. Die Einstellung des Exekutionsverfahrens auf Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft in analoger Anwendung der Bestimmung des § 39 Abs 1 Z 8 EO kommt erst in Betracht, wenn trotz Ausschöpfung aller sonstigen Möglichkeiten davon auszugehen ist, daß die Liegenschaft schlechthin unverkäuflich ist (SZ 40/52).
Diese Voraussetzungen sind derzeit noch nicht gegeben. Der zeitliche Abstand zwischen dem ersten und zweiten Versteigerungstermin beträgt weniger als ein halbes Jahr und ist damit zu kurz gewesen, um eine endgültige Prognose zu erlauben. Dazu kommt der neue Umstand, daß eine Mietpartei verstorben ist, sodaß jetzt eher Interesse für Käufer bestehen kann, wenn wenigstens einige Räume für einen Ersteher verfügbar sind.
Aber selbst wenn ein neuerlicher Versteigerungstermin wiederum erfolglos bleiben sollte, sind noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Beim Scheitern eines neuen Versteigerungstermines besteht vielmehr die Möglichkeit, die Versteigerungsbedingungen zu ändern (SZ 40/52) und vor allem über einen neuen Ausrufspreis zu befinden (vgl RZ 1990/14). Zwar ist der Ausrufspreis bei der Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft mangels einer anderen, im vorliegenden Fall kaum zu erwartenden Einigung der Parteien in der Höhe des Schätzwertes festzusetzen (RZ 1990/14). Der Umstand mehrerer erfolgloser Versteigerungstermine kann aber den Anlaß für eine neue Schätzung bilden, bei der die neue Erkenntnis berücksichtigt wird, daß offenbar der fehlende Ertragswert zu einer wesentlich stärkeren Herabsetzung des Schätzungswertes führen muß, als dies bisher vom Sachverständigen angenommen wurde. Unter diesen Gesichtspunkten könnte daher der Schätzungswert auch bei Berücksichtigung des vermutlich werterhöhenden Faktors des Freiwerdens einer Wohnung insgesamt so sinken, daß die Liegenschaft doch verkäuflich wird.
Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, daß in der im Revisionsrekurs zitierten Entscheidung 2 Ob 554/84 (nicht wie irrtümlich angegeben 1 Ob 554/84) das Mietrecht des Erstverpflichteten nicht festgestellt wurde, weil eine unter anderem allerdings auch von der jetzigen betreibenden Partei eingebrachte Kündigung nur aus formellen Gründen aufgehoben wurde. Schon gar nicht ist durch dieses Verfahren entschieden worden, ob ein künftiger Ersteher trotz des bestehenden Mietrechtes des Erstverpflichteten nicht eine Erhöhung des bisherigen Mietzinses von nur 30 S monatlich nach den §§ 18, 19 MRG durchsetzen könnte. Darauf könnte im Versteigerungstermin hingewiesen werden, was die vielleicht auf sein bestehendes Mietrecht entschärfen und allfällige Interessenten weniger abhalten würde, ein Anbot zu erstatten.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 78 EO iVm den §§ 40 und 50 ZPO.
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