OGH 3Ob18/82

OGH3Ob18/8228.4.1982

SZ 55/58

Normen

EO §210
GBG §130
EO §210
GBG §130

 

Spruch:

Anwartschaften auf künftig entstehende Rechte können nicht durch bücherliche Eintragung verdinglicht werden. Ein dennoch eingetragenes künftiges Recht ist bei der Meistbotsverteilung nicht zu berücksichtigen

OGH 28. April 1982, 3 Ob 18/82 (KG Wiener Neustadt R 355/81; BG Gloggnitz E 22/81)

Text

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 27. 5. 1981, ON 2, wurde der betreibenden Partei zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung die Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ 54 KG G bewilligt. Im Lastenblatt dieser Liegenschaft ist auf Grund des notariellen Übergabsvertrages vom 9. 7. 1963 für Ferdinand S unter COZ 151 (und zwar nur "auf die Hälfte des Verpflichteten BOZ 8") die Reallast der Wartung und Pflege und unter COZ 152 (auf der ganzen Liegenschaft) die Dienstbarkeit des Wohnungsrechtes, und zwar jeweils gemäß Punkt Drittens des Vertrages, einverleibt; aus Punkt Drittens des zur TZ 2212/63 des Erstgerichtes erliegenden Übergabsvertrages ergibt sich, daß die angeführten Rechte nur für den Fall der Witwerschaft des Berechtigten eingeräumt wurden.

In seinem Schätzungsgutachten vom 15. 7. 1981 führte der Sachverständige aus, er sehe keine Möglichkeit einer Bewertung dieser Eintragungen, da Ferdinand S (im Zeitpunkt der Gutachtenserstattung) nicht verwitwet sei.

Die von der betreibenden Partei am 5. 8. 1981 vorgelegten Versteigerungsbedingungen sehen vor, daß die Grundbuchseintragungen COZ 151 und COZ 152 als gegenstandslos anzusehen seien.

In der Tagsatzung zur Feststellung der Versteigerungsbedingungen vom 18. 9. 1981 stellte der Vertreter des Buchberechtigten Ferdinand S den Antrag, die Grundbuchseintragungen COZ 151 und 152 in der Form in die Versteigerungsbedingungen aufzunehmen, daß die genannten Rechte ohne Anrechnung auf das Meistbot vom Ersteher zu übernehmen seien; die Schätzung sei daher in der Weise zu ergänzen, daß diese Rechte zu bewerten seien. Die betreibende Partei sprach sich gegen diesen Antrag aus.

Mit Beschluß vom 21. 9. 1981 genehmigte das Erstgericht die von der betreibenden Partei vorgelegten Versteigerungsbedingungen in der Form, daß Punkt 3 ua. zu lauten habe: "Die Grundbuchseintragungen COZ 151 und 152 (nämlich die Reallast der Wartung und Pflege und die Dienstbarkeit des Wohnungsrechtes, je für Ferdinand S, je für den Fall seiner Witwerschaft) sind als gegenstandslos anzusehen und sohin vom Ersteher nicht zu übernehmen und auch nicht zu bewerten"; hinsichtlich dieser Eintragungen werde nach Rechtskraft dieses Beschlusses gemäß § 130 GBG vorzugehen sein. Das Erstgericht vertrat die Ansicht, daß suspensiv bedingte Rechte vorlägen, die nicht verbücherungsfähig seien; der Ersteher habe daher diese Rechte auch nicht zu übernehmen.

Über Rekurs des Buchberechtigten Ferdinand S änderte das Rekursgericht diesen Beschluß dahin ab, daß die je für Ferdinand S in COZ 151 einverleibte Reallast der Wartung und Pflege und die in COZ 152 einverleibte Dienstbarkeit des Wohnungsrechtes vom Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen seien. In seiner Begründung führte das Rekursgericht aus, daß zwar ein aufschiebend bedingtes Recht erst mit dem Eintritt der Bedingung entstehe und bis dahin nur ein Anwartschaftsrecht vorliege, das durch Einverleibung oder Vormerkung nicht verdinglicht werden könne. Die Dienstbarkeit der Wohnung und das Ausgedinge eigneten sich aber nicht als Beispiel für die Einverleibung künftig entstehender dinglicher Rechte, da diese Rechte ungeachtet der einzelnen, zum Teil an Termine und Bedingungen geknüpften Berechtigungen mit Rücksicht auf ihren Zweck als einheitliches dingliches Recht zu behandeln und nach den §§ 8, 9 und 12 GBG zu verbüchern seien. Eine grundbuchswidrige Eintragung iS des § 130 GBG liege daher nicht vor.

Der Oberste Gerichtshof stellte über Revisionsrekurs der betreibenden Partei den Beschluß des Erstgerichtes mit der Maßgabe wieder her, daß die Ankündigung entfalle, nach Rechtskraft werde mit der Löschung der als gegenstandslos anzusehenden Eintragungen vorzugehen sein.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Reallast und Dienstbarkeit wurde Ferdinand S (nur) für den Fall der Witwerschaft eingeräumt; das zugedachte Recht sollte daher erst mit der Erfüllung der genannten Bedingung entstehen. Solange die Bedingung schwebt und der bestimmte Anfangstermin nicht begonnen hat, ist das aufschiebend bedingte Recht noch nicht entstanden; es besteht nur eine Anwartschaft auf die künftige Erwerbung des Rechtes (die allerdings selbst als ein Recht anzusehen ist; Ehrenzweig[2] I/1, 245; vgl. auch Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 324; SZ 34/192). Anwartschaften auf künftige Rechte können mangels einer gesetzlichen Grundlage nicht durch Einverleibung (Vormerkung) verdinglicht werden (SZ 34/192; vgl. auch Stanzl in Klang[2] IV/1, 631); ihre Eintragung ist unzulässig (Feil, Österreichisches Grundbuchsrecht 198); ehe eine grundbücherliche Eintragung erfolgen kann, muß vielmehr der Eintritt des unter einer aufschiebenden Bedingung eingeräumten Rechtes urkundlich nachgewiesen werden (Bartsch, GBG[7], 141; EvBl. 1976/114).

Dem Rekursgericht ist darin beizupflichten, daß das Ausgedinge mit Rücksicht auf seinen Zweck als einheitliches Recht zu behandeln ist (SZ 34/192; Klang in Klang[2], II 625). Dies hat jedoch auf die Entscheidung im vorliegenden Fall keinen Einfluß; denn die dem Ferdinand S zugedachten Rechte wurden ihm einheitlich nur für den Fall seiner Witwerschaft eingeräumt.

Ein Recht, das unzulässigerweise eingetragen wurde, ist von Amts wegen zu löschen (§ 130 GBG). Es ist bei der Meistbotsverteilung nicht zu berücksichtigen (JBl. 1981, 93).

Die Unzulässigkeit der Eintragung könnte auch durch Zeitablauf nicht verändert werden (JBl. 1972, 208); der Anwartschaftsberechtigte hätte anderenfalls die Möglichkeit, den ihm bei Eintritt der Bedingung gebührenden Leistungen einen diesen nicht zukommenden Rang zu sichern.

Mit Recht hat daher das Erstgericht ausgesprochen, daß die Grundbuchseintragungen COZ 151 und 152 der EZ 54 KG G, als gegenstandslos anzusehen und vom Ersteher nicht zu übernehmen sind. Es war deshalb dem Revisionsrekurs Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichtes wieder herzustellen. Zu eliminieren war dabei jedoch der Schlußsatz dieser Entscheidung, es werde nach Rechtskraft des Beschlusses gemäß § 130 GBG vorzugehen sein, weil eine Ankündigung dieser Art in Versteigerungsbedingungen nicht aufzunehmen ist. Die Frage der Löschung der gegenständlichen Eintragung nach § 130 GBG oder später nach § 237 EO wird hiedurch nicht berührt.

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