Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, daß es in der Hauptsache zu lauten hat:
"Der Anspruch der Beklagten aus dem am 28.7.1976 vor dem Landesgericht Innsbruck zur GZ 14 Cg 393/76-2 geschlossenen Vergleich auf Bezahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von S 2.000,-, zu dessen Hereinbringung der Beklagten mit dem Beschluß des Bezirksgerichtes Schwaz vom 20.10.1992, E 8003/92t, die Gehaltsexekution bewilligt wurde, ist spätestens seit 1.Oktober 1992 erloschen."
Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 4.871,04 (darin S 811,84 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die am 21.3.1966 geschlossene Ehe der Streitteile, der die am 1.8.1966 geborene Gabriele und die am 20.3.1968 geborene Christine entstammen, wurde am 28.7.1976 auf Grund einer von der hier Beklagten eingebrachten Klage aus dem alleinigen Verschulden der hier klagenden Partei geschieden. Die Parteien schlossen am selben Tag aus Anlaß der Scheidung einen Vergleich, der unter anderem folgende Vereinbarung enthielt:
"Der Beklagte (d.i. hier der Kläger) verpflichtet sich, für den Unterhalt der Klägerin (d.i. hier die Beklagte) ab 1.8.1976 jeweils am 1. eines jeden Monats im voraus S 2.000 zu zahlen, wobei die Klägerin aus einer Halbtagsbeschäftigung ein Einkommen erzielen kann, ohne daß sich dieser Unterhaltsbeitrag vermindert. Die Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Klägerin geht bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit der beiden ehelichen Kinder."
Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 20.10.1992 wurde der Beklagten gegen den Kläger auf Grund des angeführten Vergleiches zur Hereinbringung des Unterhaltsrückstandes für Oktober 1992 in der Höhe von S 2.000 sA und der ab November 1992 am Ersten eines Monats fällig werdenden Unterhaltsbeträge von S 2.000 die Gehaltsexekution bewilligt.
Der Kläger erhob gegen den betriebenen Anspruch Einwendungen des Inhalts, daß er zur Bezahlung von Unterhalt an die Beklagte nicht mehr verpflichtet sei. Die Beklagte betreibe einen Frisiersalon, in dem sie mehr als 40 Wochenstunden tätig sei und aus dem sie ein erhebliches Einkommen erziele. Der vereinbarte Unterhaltsbetrag sei dazu bestimmt gewesen, ihr die Haushaltsführung zu erleichtern, solange die beiden Töchter nicht selbsterhaltungsfähig gewesen seien und zu Hause gewohnt hätten. Er sollte erlöschen, wenn die Beklagte während mehr als der Hälfte der Normalarbeitszeit einer Beschäftigung nachgehe. Dies sei nunmehr der Fall. Überdies seien beide Töchter schon seit Jahren aus dem Haus und selbsterhaltungsfähig.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Sie habe gegenüber dem Kläger nach wie vor einen Unterhaltsanspruch, der sich nach den gesetzlichen Bestimmungen richte und zumindest S 2.000 monatlich ausmache. Die Töchter seien noch nicht selbsterhaltungsfähig.
Das Erstgericht erklärte die von der Beklagten geführte Exekution für unzulässig. Es stellte im wesentlichen folgendes fest:
Für den Kläger war bei Abschluß des Vergleiches wesentlich, daß sich die Beklagte mindestens einen halben Tag den gemeinsamen Kindern widmen kann. Aus diesem Grund sollte das Einkommen aus einer Halbtagsbeschäftigung den Unterhaltsanspruch nicht mindern. Auch die Beklagte verstand den Begriff "Halbtagsbeschäftigung" in derselben Art und Weise. An die Möglichkeit, daß die Beklagte den Friseurbetrieb ihrer Mutter übernehmen könnte, dachten die Streitteile bei Abschluß des Vergleiches nicht.
Zur Zeit des Vergleichsabschlusses verdiente der Kläger monatlich zwischen S 16.000 und S 18.000. Die Beklagte war im Haushalt tätig. Sie begann nach der Ehescheidung im Friseurbetrieb ihrer Mutter halbtags als Friseurin zu arbeiten. Seit dem Tod ihrer Mutter im Jahr 1988 führt sie den Betrieb selbständig. Als Arbeitnehmerin ihrer Mutter verdiente sie anfangs zwischen S 4.000 und S 5.000 und zuletzt S 6.447 monatlich. Seit sie den Betrieb selbständig führt, ist sie ganztags dort anwesend. Sie betreut im wesentlichen nur ihre Stammkunden und erhält wesentlich weniger Trinkgeld als die von ihr beschäftigten Angestellten. Im Jahr 1990 betrug der steuerpflichtige Gewinn S 119.416,97. Hievon bezahlte die Beklagte Einkommensteuer in der Höhe von S 7.140. Für das Jahr 1991 liegt die Bilanz noch nicht vor. Die Beklagte entnimmt für sich monatlich zwischen S 8.000 und S 12.000.
Der Kläger verdient als Elektromeister ausschließlich der Sonderzahlungen monatlich S 28.500. Er ist wieder verheiratet und hat für zwei Kinder im Alter von elf und dreizehn Jahren zu sorgen. Seine Ehefrau erzielte aus der Vermietung von Ferienwohnungen im Jahr 1989 einen Überschuß von S 41.316,91, im Jahr 1990 einen Überschuß von S 56.390,94 und im Jahr 1991 einen Verlust von S 45.564,76.
Die am 1.8.1966 geborene Tochter der Streitteile studiert Pädagogik, wobei sie derzeit ihre Diplomarbeit verfaßt. Sie zog 1985 oder 1986 aus dem Haushalt der Beklagten aus und erhält seit Herbst 1992 keine Unterhaltszahlungen mehr. Sie ist in der Lage, ihren Lebensunterhalt durch verschiedene Arbeiten, unter anderem durch Gitarreunterricht, selbst zu bestreiten.
Die am 20.3.1968 geborene Tochter arbeitete nach dem Abschluß der Friseurlehre im Friseurgeschäft der Beklagten weiter und legte nach dem Besuch einer Abendschule die Handelsakademiematura ab. Im Jahr 1989 begann sie mit dem Studium der Betriebswirtschaftslehre, arbeitete aber noch zwei Tage in der Woche im Friseurgeschäft ihrer Mutter. Während dieser Zeit erhielt sie vom Kläger keine Unterhaltszahlungen. Bis zum Jahr 1992 hielt sie sich teilweise im Ausland auf. Im Jahr 1992 teilte sie dem Kläger mit, daß sie beabsichtigte, ab September ein graphisches College in Wien zu besuchen, das entweder zwei oder drei Jahre dauert. Der Kläger war mit diesem Berufswunsch einverstanden und unterstützt seine Tochter mit monatlich S 4.000. Er vereinbarte mit ihr, daß sie ihm einen Teilbetrag von monatlich S 2.000 zurückzahlt, wenn sie berufstätig ist.
Rechtlich war das Erstgericht der Meinung, daß der Unterhaltsanspruch der Beklagten erloschen sei, weil es ihr nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien nach dem Vergleich verwehrt sein sollte, länger als zwanzig Stunden in einer Woche zu arbeiten. Die Beklagte habe überdies im Hinblick auf die wechselseitigen Einkommensverhältnisse keinen Anspruch auf Unterhalt mehr. Unter diesen Umständen müsse nicht darauf eingegangen werden, ob der Unterhaltsvergleich so auszulegen sei, daß die Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber der Beklagten mit der Selbsterhaltungsfähigkeit der Kinder "an sich" ende.
Das Berufungsgericht bestätigte infolge Berufung der Beklagten dieses Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der im Vergleich verwendete Begriff "Halbtagsbeschäftigung" sei nach dem gemeinsamen Vertragswillen der Streitteile als zeitliches und nicht als einkommensmäßiges Limit aufzufassen. Der vom Kläger zu entrichtende Unterhaltsbetrag vermindere sich daher, wenn die Beklagte einer Erwerbstätigkeit nachgehe, die in zeitlicher Hinsicht über eine Halbtagsbeschäftigung hinausgeht. Die selbständige Führung des Friseurbetriebes, die die ganztägige Anwesenheit der Beklagten erfordere und die Erzielung eines Unternehmerlohns in Höhe des Arbeitsentgelts einer Ganztagskraft ermögliche, schließe daher die Verpflichtung zur Zahlung eines Unterhalts aus. Der betriebene Unterhaltsanspruch sei überdies auch deshalb erloschen, weil beide Töchter vor Oktober 1992 bereits selbsterhaltungsfähig gewesen seien. Daß die Unterhaltspflicht des Klägers wegen der von ihm akzeptierten Aufnahme einer schulischen Ausbildung gegenüber der jüngeren Tochter möglicherweise wieder aufgelebt sei, ändere nichts daran, daß die auflösende Bedingung der Selbsterhaltungsfähigkeit bereits eingetreten sei. Ein gemeinsamer Parteiwille in der Richtung, daß der Unterhaltsanspruch der Beklagten mit dem Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs eines der Kinder ebenfalls wieder aufleben sollte, sei von der Beklagten nicht behauptet worden. Die Beklagte habe auch nach § 66 EheG keinen Anspruch auf Unterhalt. In Anlehnung an das Arbeitsentgelt der in ihrem Betrieb beschäftigten Ganztagskraft in der Höhe von S 11.000 und unter Berücksichtigung eines gemäß § 273 ZPO in der Höhe von S 1.000 anzunehmenden Trinkgelds sei ihr Einkommen nämlich mit S 12.000 im Monat anzunehmen. Da das monatliche Nettoeinkommen des Klägers S 33.250 betrage, ergebe sich ein monatliches Einkommen beider Streitteile von S 45.250.Ausgehend von einem Prozentsatz von 40 % des Nettofamilieneinkommens, der jedoch wegen der Sorgepflicht des Klägers für die jüngere Tochter der Streitteile und für die beiden Kinder aus der zweiten Ehe um insgesamt 12 Prozentpunkte und wegen der Sorgepflicht für die zweite Ehefrau um weitere 2 Prozentpunkte zu vermindern sei, sei der Unterhaltsanspruch der Klägerin mit 26 % des gemeinsamen Einkommens der Streitteile abzüglich ihres eigenen Einkommens zu berechnen. 26 % von S 45.250 ergebe S 11.765. Da diesem Betrag das monatliche durchschnittliche Nettoeinkommen der Beklagten von S 12.000 gegenüberstehe, habe sie auch nach dem Gesetz keinen Unterhaltsanspruch gegen den Kläger. Dazu komme, daß § 66 EheG hier wegen des zwischen den Streitteilen geschlossenen Vergleiches gar nicht anzuwenden sei.
Rechtliche Beurteilung
Die von der Beklagten gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache erhobene außerordentliche Revision ist zulässig, weil zu der hier für die Entscheidung wesentlichen, in ihrer Bedeutung über den Anlaßfall hinausgehenden Frage, ob für den Erfolg einer Oppositionsklage, die sich gegen einen auf Grund eines Vergleiches betriebenen Anspruch richtet, ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch von Bedeutung ist, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehlt. Dieser Grund für die Zulässigkeit der Revision läßt sich insgesamt aus den Ausführungen in der Revision ableiten; daß die Beklagte ihn nicht gemäß § 506 Abs 1 Z 5 ZPO gesondert angeführt hat, schadet entgegen der vom Kläger in der Revisionsbeantwortung vertretenen Ansicht nicht (vgl § 84 Abs 2 letzter Satz ZPO).
Die Revision der Beklagten ist aber nicht berechtigt.
Vorauszuschicken ist, daß der Oberste Gerichtshof der Berechnung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs der Beklagten durch das Berufungsgericht nicht beizupflichten vermag, weil sie einerseits mit seiner Rechtsprechung im Widerspruch steht, wonach bei Ermittlung des Gewinns von selbständig Erwerbstätigen für die Unterhaltsbemessung regelmäßig die Ergebnisse der letzten drei abgeschlossenen Wirtschaftsjahre herangezogen werden müssen (RdW 1993, 146; JBl 1992, 703; SZ 63/153). Überdies finden die Annahmen des Berufungsgerichtes über die Höhe des Einkommens der Beklagten auch sonst in den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes keine Deckung. Die zu treffende Entscheidung hängt daher von der Lösung der Frage ab, ob es darauf ankommt, in welcher Höhe die Beklagte gegen den Kläger nach dem Gesetz einen Unterhaltsanspruch hat. Dies ist jedoch zu verneinen:
Gemäß § 35 EO können gegen den Anspruch, zu dessen Gunsten die Exekution bewilligt wurde, Einwendungen erhoben werden. Gegenstand der mit der Oppositionsklage erhobenen Einwendungen ist also nur derjenige Anspruch, welcher der Exekutionsbewilligung zugrunde liegt. Dies ist aber bloß der im Exekutionstitel festgelegte Anspruch. Entscheidend für den Erfolg der Oppositionsklage ist daher allein, ob dieser Anspruch durch die eingewendeten Tatsachen erloschen oder gehemmt ist. Der Beklagten ist es verwehrt, der Oppositionsklage des Verpflichteten, in der vorgebracht wurde, der aus einem gerichtlichen Vergleich abgeleitete vollstreckbare Unterhaltsanspruch sei erloschen, mit der Behauptung entgegenzutreten, ein Unterhaltstitel gleichen Inhaltes könnte auf Grund des Gesetzes erwirkt werden (vgl NJW 1982, 2072, Gaul in Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht10 482; Wieczorek, ZPO2 G V a zu § 767; Schönke in DR(A) 1940, 2119).
Hier genügt es für den Erfolg der Klage somit, daß der im Vergleich festgelegte Unterhaltsanspruch erloschen ist. Geht man von den - den Obersten Gerichtshof bindenden - Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen aus, ist dies aber der Fall, weil der der Beklagten auf Grund des Vergleiches zustehende Unterhaltsanspruch nach dem übereinstimmenden Willen der Vertrags- und Streitteile enden sollte, wenn die Beklagte einer Beschäftigung nachgeht, die ihre Arbeitszeit länger als bei einer Halbstagsbeschäftigung in Anspruch nimmt. Soweit die Beklagte in der Revision das Gegenteil darzutun versucht, geht sie überwiegend nicht von den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes aus. Ihrer Ansicht, der Inhalt des Vergleiches sei dadurch geändert worden, daß der Kläger auch noch dann Unterhalt zahlte, als sie den Friseurbetrieb schon selbständig führte, kann nicht gefolgt werden. Dieses Verhalten des Klägers ist keineswegs so eindeutig, daß daraus in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise (vgl § 863 Abs 1 ABGB) auf eine schlüssige Änderung des Vergleichsinhalts geschlossen werden könnte.
Ist aber der im Vergleich festgelegte Unterhaltsanspruch schon deshalb erloschen, weil die Beklagte den Friseurbetrieb mit einem über eine Halbtagsbeschäftigung hinausgehenden Zeitaufwand führt, so muß nicht darauf eingegangen werden, ob der Anspruch auch wegen des Eintritts der Selbsterhaltungsfähigkeit der beiden Töchter der Streitteile erloschen ist. Ebensowenig ist nach dem Gesagten zu erörtern, ob die Umstände, die nach dem Inhalt des Vergleiches für das Erlöschen des darin festgelegten Unterhaltsanspruches maßgebend sind, auch einem auf das Gesetz gegründeten Unterhaltsbegehren der Beklagten entgegenstehen. Diese Frage und die Frage der Einkommensverhältnisse der Streitteile ist nur in einem Rechtsstreit zu entscheiden, in dem die Klägerin auf Grund des Gesetzes die Bezahlung von Unterhalt verlangt. Auf Grund des Vergleiches hat sie jedenfalls keinen Unterhaltsanspruch mehr, weshalb ihrer Revision der Erfolg versagt bleiben mußte. Aus Anlaß dieser Revision war jedoch dem Urteilsspruch des Erstgerichtes die herrschende Fassung (vgl SZ 32/93; SZ 19/316) zu geben und das angefochtene Urteil daher mit einer entsprechenden Maßgabe zu bestätigen (JBl 1984, 611).
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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