OGH 3Ob180/94(3Ob181/94)

OGH3Ob180/94(3Ob181/94)9.11.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Rohrer und Dr.Pimmer als weitere Richter in der Rechtssache der betreibenden Partei "W*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Rechtsanwälte Dr.Giger, Dr.Ruggenthaler & Dr.Simon Partnerschaft in Wien, wider die verpflichteten Parteien 1.) N*****gesellschaft mbH & Co KG, 2.) N*****gesellschaft mbH, beide ***** beide vertreten durch Dr.Georg Zanger und Dr.Alfred J.Noll, Rechtsanwälte in Wien, wegen Exekution zur Erwirkung von Unterlassungen (§ 355 EO), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der verpflichteten Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 22. Februar 1994, GZ 46 R 29, 56 bis 63/94-32, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 24.Juni 1993, GZ 25 E 7604/93-10 und vom 24.September 1993, GZ 25 E 7604/93-19II, teilweise abgeändert wurden, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben; der angefochtene Beschluß, der in seinen Punkten 1.) und 3.) als unangefochten unberührt bleibt, wird in den Punkten 2.) und 4.) dahin abgeändert, daß über jede verpflichtete Partei auf Grund der Strafanträge ON 2 bis 7 eine Geldstrafe von S 120.000,-- und auf Grund des Strafantrages ON 8 eine Geldstrafe von S 20.000,-- verhängt werden. Die Kosten der betreibenden Partei für die Anträge ON 2 bis 7 werden mit S 39.477,24 (darin enthalten S 6.579,54 USt), diejenigen für den Antrag ON 8 mit S 6.579,54 (darin enthalten S 1.096,59 USt) bestimmt. Die betreibende Partei hat die Rekurskosten selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Anerkenntnisurteil des Handelgerichtes Wien vom 24.2.1993, 38 Cg 507/92, wurden die (nunmehr) Verpflichteten schuldig erkannt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs unwahre Behauptungen, die (nunmehr) betreibende Gläubigerin sei in roten Zahlen, mache keinen Gewinn, oder Behauptungen bedeutungsähnlichen Inhalts aufzustellen und/oder zu verbreiten.

Auf Grund des am 9.6.1993 überreichten Exekutionsantrages bewilligte das Handelsgericht Wien mit Beschluß vom 9.6.1993 die Exekution zur Erwirkung der Verpflichtung, diese Behauptungen zu unterlassen. Die betreibende Gläubigerin brachte im Exekutionsantrag vor, die Verpflichteten hätten gegen die Unterlassungsverpflichtung dadurch verstoßen, daß sie in der Ausgabe Nr 23 der Zeitschrift N***** vom 9.6.1993, die am 9.6.1993 österreichweit, insbesondere im Zeitungskiosk I.L***** in Wien 1, vor dem Haus K*****straße Nr. 6, verkauft wurde, auf Seite 28 unter der Überschrift "Kurier":

Magazin-Debakel unter anderem folgendes veröffentlicht hätten:

"....Die Millionenverluste der "Kurier"-Magazintöchter reichen von "profil" (bilanziert ohne "trend"-Gewinne heuer negativ).... Zwar hofft die "trend-profil"-Geschäftsführung nach wie vor auf einen Gewinn im Geschäftsjahr 92/93 - der reicht jedoch sicher nicht aus, die Verluste der anderen ZVB-Gesellschaften zu decken." Die betreibende Gläubigerin sei Verlegerin der Zeitschriften P***** und T*****. Die beanstandeten Behauptungen seien unwahr. Im Geschäftsjahr 1992/93 mache die betreibende Gläubigerin sowohl mit der Zeitschrift P***** als auch mit der Zeitschrift T***** Gewinne in Millionenhöhe; es sei daher nicht notwendig, Verluste beim Verlag der Zeitschrift P***** mit Gewinnen aus der Zeitschrift T***** abzudecken und auf Gewinne im Gesamtverlag hoffen zu müssen. Die beanstandeten Behauptungen würden zu Zwecken des Wettbewerbs im geschäftlichen Verkehr aufgestellt; dies zeige sich besonders deutlich darin, daß die Verpflichteten im vorletzten Absatz des Artikels ihr Produkt N***** mit P***** vergleichen und ausführen, daß Agenturen meist nur beim stärksten Produkt, nämlich ihrem, buchen würden. Die Erstverpflichtete sei Eigentümerin und Verlegerin der periodischen Druckschrift N*****; die Zweitverpflichtete sei persönlich haftende und alleinige geschäftsführende Gesellschafterin der Erstverpflichteten; es wäre daher auch Aufgabe der Zweitverpflichteten, dafür zu sorgen, daß in der Zeitschrift N***** nicht gegen den Exekutionstitel verstoßen werde.

Die Exekutionsbewilligung wurde den Verpflichteten am 6.7.1993 zugestellt.

Das Erstgericht wies mit Beschluß vom 24.6.1993, 25 E 7604/93-9, den Antrag der betreibenden Gläubigerin auf Vollzug der Exekution ab. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der betreibenden Gläubigerin Folge und änderte diesen Beschluß dahin ab, daß es über jede der verpflichteten Parteien wegen dieses Zuwiderhandelns vom 9.6.1993 eine Geldstrafe von S 20.000,-- verhängte. Dieser Beschluß ist unangefochten in Rechtskraft erwachsen.

Die betreibende Gläubigerin brachte beim Bezirksgericht Donaustadt als Vollzugsgericht Strafanträge wegen weiteren derartigen Verhaltens ein, und zwar den mit 10.6.1993 datierten und am 11.6.1993 bei Gericht eingelangten Antrag ON 2 wegen Verstoßes vom 10.6.1993, den mit 11.6.1993 datierten und am 14.6.1993 bei Gericht eingelangten Antrag ON 3 wegen Verstoßes vom 11.6.1993, den mit 12.6.1993 datierten und am 15.6.1993 bei Gericht eingelangten Antrag ON 4 wegen Verstoßes vom 12.6.1993, den mit 13.6.1993 datierten und am 15.6.1993 bei Gericht eingelangten Antrag ON 5 wegen Verstoßes vom 13.6.1993, den mit 14.6.1993 datierten und am 15.6.1993 bei Gericht eingelangten Antrag ON 6 wegen Verstoßes vom 14.6.1993, den mit 15.6.1993 datierten und am 16.6.1993 bei Gericht eingelangten Antrag ON 8 wegen Verstoßes vom 15.6.1993 und den mit 16.6.1993 datierten und am 17.6.1993 bei Gericht eingelangten Antrag ON 7 wegen Verstoßes vom 16.6.1993.

Das Erstgericht verhängte mit Beschluß vom 24.6.1993, 25 E 7604/93-10, berichtigt mit Beschluß vom 24.9.1993, ON 19 I über die Verpflichteten jeweils folgende Geldstrafen: wegen des Zuwiderhandelns am 10.6.1993 S 10.000,--, am 11.6.1993 S 15.000,--, am 12.6.1993 S 20.000,--, am 13.6.1993 S 25.000,--, am 14.6.1993 S 30.000,-- und am 16.6.1993 S 35.000,--, weiters mit Beschluß vom 24.9.1993 wegen des Zuwiderhandelns am 15.6.1993 S 32.500,--.

Das Rekursgericht gab den Rekursen der betreibenden Gläubigerin gegen diese Beschlüsse teilweise statt und verhängte auf Grund der Strafanträge ON 2 bis 7 über die Verpflichteten wegen Zuwiderhandelns gegen die Exekutionsbewilligung am 10.6., 11.6, 12.6., 13.6., 14.6. und 16.6.1993 eine Geldstrafe von insgesamt S 330.000,-- über jede der verpflichteten Parteien, weiters auf Grund des Strafantrags ON 8 wegen Zuwiderhandelns gegen die Exekutionsbewilligung am 15.6.1993 eine Geldstrafe von S 80.000,-- über jede der verpflichteten Parteien. Das Rekursgericht sprach jeweils aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die verpflichteten Parteien wurden mit ihren Rekursen auf diese Entscheidungen verwiesen. Das Rekursgericht vertrat die Rechtsansicht, da in den inkriminierten Veröffentlichungen zumindest Behauptungen "bedeutungsähnlichen Inhalts" im Sinn des Exekutionstitels enthalten seien und auch die einzelnen Verkaufsorte angeführt würden, habe die betreibende Gläubigerin das Zuwiderhandeln jeweils konkret und schlüssig behauptet. Der Verstoß gegen das Unterlassungsgebot bestehe auch in der Fortsetzung des Verkaufs der Wochenzeitung mit der verbotswidrigen Veröffentlichung. Die Geldstrafe sei jedoch zu gering bemessen. Zwar treffe es zu, daß die Exekutionsbewilligung samt den Strafbeschlüssen den verpflichteten Parteien erst am 6.7.1993 zugestellt worden sei, so daß sie erst ab diesen Zeitpunkt Kenntnis von der gegen sie geführten Exekution gehabt hätten. Hier sei jedoch maßgeblich, daß das Zuwiderhandeln gegen den Exekutionstitel eine Beharrlichkeit der Verpflichteten in der Übertretung des Verbotes zum Ausdruck gebracht habe. Es wäre nicht gerechtfertigt, dem wiederholten Zuwiderhandeln vor Zustellung der Exekutionsbewilligung die Eigenschaft eines beharrlichen Verstoßes abzusprechen und aus diesem Grund von einer Steigerung der Geldstrafen abzusehen. Im vorliegenden Fall sei eine Steigerung der Geldstrafe um je S 10.000,-- je verpflichteter Partei und Antrag nach Lage des Falles angemessen. Wegen des Zuwiderhandelns vom 15.6.1993 sei die Geldstrafe von S 80.000,-- angemessen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Verpflichteten ist zulässig und teilweise berechtigt.

Bei der Beurteilung der - hier strittigen - Berechtigung weiterer Strafanträge bei der Unterlassungsexekution nach § 355 EO ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:

Die Exekution gegen den zur Unterlassung oder zur Duldung der Vornahme einer Handlung Verpflichteten geschieht nach § 355 Abs 1 EO dadurch, daß wegen eines jeden Zuwiderhandelns nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels auf Antrag vom Exekutionsgericht anläßlich der Bewilligung der Exekution eine Geldstrafe verhängt wird; wegen eines jeden weiteren Zuwiderhandelns hat das Exekutionsgericht auf Antrag eine weitere Geldstrafe zu verhängen. Nicht das Zuwiderhandeln gegen die Exekutionsbewilligung ist daher nach dem Wortlaut des § 355 EO Voraussetzung für die Verhängung einer Geldstrafe; Voraussetzung ist vielmehr das Handeln oder Unterlassen entgegen einer nach einem vollstreckbaren Exekutionstitel bestehenden Verpflichtung (EvBl 1993/137).

Die Vollzugsstufen werden durch die Einbringung der Strafanträge abgegrenzt, wobei der betreibende Gläubiger alle Zuwiderhandlungen seit dem letzten Strafantrag geltend machen muß, die objektiv geltend gemacht werden können (EvBl 1982/19 = ÖBl 1982, 163; ÖBl 1983, 171; RPflSlgE 1986/54; MR 1989, 104; Jus-extra Z 1993/1416). Als "weiteres Zuwiderhandeln" im Sinn des § 355 Abs 1 EO ist nur ein Zuwiderhandeln seit dem letzten Strafantrag zu verstehen, wobei dem Umstand, ob dieses Zuwiderhandeln vor oder nach der Zustellung der Exekutionsbewilligung geschehen ist, keine Bedeutung zukommt (EvBl 1993/137). Der betreibende Gläubiger muß alle Zuwiderhandlungen geltend machen, zu denen es bis zu dem der Einbringung des Strafantrags vorangehenden Tag gekommen ist. Wird der Antrag mit der Post übersendet, ist er als mit dem Tag der Postaufgabe eingebracht anzusehen, und es beginnt damit eine neue Vollzugsstufe. Im allgemeinen wird der im Antrag als Tag der Verfassung des Antrags angegebene Tag auch als Tag der Postaufgabe anzusehen sein. Bei Zweifeln ist der Tag der Postaufgabe gemäß § 55 EO festzustellen. Wurde der Strafantrag bei Gericht überreicht, gilt am Tag des Einlangens als eingebracht (Jus-extra Z 1993/1416 = RPflSlgE 1994/3). Fällt das behauptete neuerliche Zuwiderhandeln in einen früheren Zeitabschnitt, so ist der neuerliche Strafantrag abzuweisen (SZ 45/79; Jus-extra Z 1993/1416).

Die Verpflichteten bestreiten im Revisionsrekurs die Berechtigung der Strafanträge ON 3, 5, 6 und 8, die ihrer Ansicht nach abzuweisen gewesen wären.

Hier hat die betreibende Gläubigerin ihre Strafanträge jeweils an dem Tag verfaßt, an dem die Verpflichtete den darin behaupteten Verstoß gesetzt hatte. Anhaltspunkte dafür, daß der im Antrag als Tag der Verfassung des Antrags angegebene Tag nicht als Tag der Postaufgabe anzusehen wäre, bestehen hier nicht. Die betreibende Gläubigerin hat daher in keinem Strafantrag Zuwiderhandlungen behauptet, die schon mit einem früheren Antrag hätten geltend gemacht werden müssen.

Im Revisionsrekurs wird weiters vorgebracht, die Haftung der Erstverpflichteten könne sich nur darauf beschränken, daß sie als Herausgeberin die verbotswidrige Veröffentlichung nicht unterlassen habe; eine Haftung auf Grund des Vertriebs der Wochenzeitung treffe sie nicht.

Diese Ausführungen sind schon deshalb unbeachtlich, weil es bei der Unterlassungsexekution darauf ankommt, was der Verpflichtete nach dem Exekutionstitel zu unterlassen hat (SZ 47/2; ÖBl 1983, 149; ÖBl 1985, 49; RPflSlgE 1991/29; MR 1991, 79 = WBl 1991, 204 ua). Danach haben aber beide Verpflichteten auch die Verbreitung der beanstandeten Behauptungen zu unterlassen; die betreibende Gläubigerin hat somit in den Strafanträgen jeweils eine konkrete Behauptung eines Zuwiderhandelns gegen den Exekutionstitel aufgestellt.

Der Revisionsrekurs ist somit insoweit unberechtigt, als die Abweisung von Strafanträgen beantragt wird.

Bei der Bemessung der Geldstrafen hat das Rekursgericht die Meinung vertreten, es wäre nicht gerechtfertigt, dem wiederholten Zuwiderhandeln vor Zustellung der Exekutionsbewilligung die Eigenschaft eines beharrlichen Verstoßes abzusprechen und aus diesem Grund von einer Steigerung der Geldstrafen abzusehen.

Diesen Überlegungen kann jedoch nicht gefolgt werden. Die wegen eines späteren Zuwiderhandelns verhängte Strafe muß - anders als nach der Rechtslage vor der UWG-Novelle 1980 - gegenüber einer früher verhängten Strafe nicht mehr erhöht werden. Es ist vielmehr zulässig, wegen eines späteren Zuwiderhandelns dieselbe oder eine geringere Strafe als für ein früheres Zuwiderhandeln zu verhängen. Für jedes Zuwiderhandeln, das durch das Verbreiten ein und derselben Nummer eines periodischen Druckwerks begangen wurde, ist im allgemeinen eine Geldstrafe in derselben Höhe zu verhängen, außer zwischen den einzelnen Zuwiderhandlungen liegt die Zustellung eines Strafbeschlusses, weil ein nachfolgendes Zuwiderhandeln von einer größeren Hartnäckigkeit des Verpflichteten zeugen würde (Jus-extra Z 1994/1588).

Da hier nicht nur die Exekutionsbewilligung, sondern auch die weiteren Strafbeschlüsse erst nach dem letzten Zuwiderhandeln der Verpflichteten zugestellt wurden, besteht kein Anlaß zu einer Steigerung gegenüber der über jeder der verpflichteten Parteien aufgrund des Exekutionsantrags verhängten Geldstrafe von S 20.000,--. Bei den sechs (weiteren) Strafanträgen ON 2 bis 7, über die gemeinsam in einem Beschluß entschieden wurde, ergibt dies einen Strafbetrag von S 120.000,-- je Verpflichtete; über den Strafantrag ON 8 hatte das Erstgericht gesondert entschieden.

Soweit im Spruch des angefochtenen Beschlusses ein Zuwiderhandeln gegen die Exekutionsbewilligung festgehalten wird, entspricht es nicht der (nunmehrigen) Rechtsprechung, wonach auch bei dem Exekutionsantrag nachfolgenden Strafanträgen ein Verstoß gegen den Exekutionstitel maßgeblich ist (EvBl 1993/137).

Die Entscheidung über die Rekurskosten der betreibenden Partei gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO, §§ 78, 402 EO, die über die Kosten der Strafanträge auf § 74 EO. Zu Recht erkannte das Rekursgericht für jeden einzelnen Antrag Kosten nach TP 2 zu, da Strafanträge nach § 355 EO weder in TP 1 noch in TP 3 genannt sind und es sich dabei auch nicht um Anträge auf neuerliche Anordnung des Exekutionsvollzuges handelt.

Die Verpflichteten haben weder in ihren Rekursen noch im Revisionsrekurs Kosten verzeichnet.

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