Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rekurses an die zweite Instanz selbst zu tragen und ist schuldig, der verpflichteten Partei binnen 14 Tagen die mit 18.667,80 S bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin 3.111,30 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Begründung
Mit einer einstweiligen Verfügung wurde der verpflichteten Partei verboten, in der von ihr herausgegebenen Zeitschrift B*** oder auf einer dieser Zeitschrift beigegebenen Karte dem Besteller eines B***-Abonnements eine Flasche besten französischen Cognacs gratis in Aussicht zu stellen oder zu geben oder geben zu lassen oder sonst im Zusammenhang mit der Bestellung eines B***-Abonnements ein Gratisgeschenk nicht nur geringen Wertes anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren.
Wegen eines für den 20. Februar 1989 behaupteten Verstoßes gegen dieses Verbot wurde die Exekution gemäß § 355 EO bewilligt (Beschluß ON 1, bestätigt durch Beschluß der zweiten Instanz ON 10). Wegen eines für den 24. Februar 1989 behaupteten neuerlichen Verstoßes wurde eine weitere Geldstrafe verhängt (Beschluß ON 3, wiederhergestellt durch den Beschluß des Obersten Gerichtshofes 3 Ob 70, 71/89, welche Entscheidung inzwischen in WBl. 1989, 343 veröffentlicht wurde).
Im Exekutionsantrag und im folgenden Strafantrag war der Verstoß der verpflichteten Partei jeweils damit umschrieben, daß die verpflichtete Partei den Vertrieb der den Anlaß der einstweiligen Verfügung bildenden Nr. 2/1989 ihrer Zeitschrift österreichweit, insbesondere aber in einer bestimmt angeführten Tabaktrafik in Wien, fortgesetzt habe.
Mit der Behauptung, die verpflichtete Partei habe dem Unterlassungsgebot neuerlich dadurch zu widergehandelt, daß sie am 14. April 1989 im Zusammenhang mit der Bestellung eines B***-Abonnements eine Flasche französischen Cognacs als Gratisgeschenk gewährt habe, beantragte die betreibende Partei die Verhängung einer weiteren Geldstrafe (Antrag ON 9). Das Erstgericht wies diesen Strafantrag mit der Begründung ab, es könne nur wegen der Herausgabe einer Auflage, nicht aber wegen jedes einzelnen Verkaufs, eine Beugestrafe verhängt werden (Beschluß vom 17. Mai 1989, ON 12).
Das Gericht zweiter Instanz änderte diesen Beschluß dahin ab, daß die beantragte Strafe verhängt wurde, und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes 15.000 S nicht aber 300.000 S übersteige und ein Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es vertrat in Anlehnung an die schon genannte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes WBl. 1989, 343 die Auffassung, daß pro Tag der Fortsetzung des Vertriebs der Zeitschrift mit dem unzulässigen Inhalt eine Geldstrafe verhängt werden könne, was daher auch für den geltend gemachten Verstoß vom 14. April 1989 gelte (Beschluß der zweiten Instanz vom 4. September 1989, 46 R 603/89, ON 24 des Aktes). Da der zu erledigende außerordentliche Revisionsrekurs der verpflichteten Partei zu Zweifeln Anlaß geben könnte, gegen welchen Beschluß er erhoben wurde, ist noch anzuführen, daß die betreibende Partei in einem weiteren Strafantrag einen neuerlichen Verstoß der verpflichteten Partei durch österreichweiten Vertrieb der Nr. 6/1989 ihrer Zeitschrift am 24. Mai 1989, vorgenommen insbesondere in einer bestimmt angeführten Tabaktrafik in Wien, behauptet hat, in welcher Nr. zwar nicht eine Flasche Cognac, wohl aber ein Paar Sportschuhe als Gratisgeschenk für die Bestellung eines Abonnements angekündigt werde (Antrag ON 16). Das Erstgericht hat auch diesen Antrag abgewiesen (Beschluß vom 6. Juni 1989, ON 18). Infolge Rekurses der betreibenden Partei änderte das Gericht zweiter Instanz diesen Beschluß ebenfalls dahin ab, daß die beantragte Geldstrafe verhängt wurde. Dieser Beschluß enthält keinen Ausspruch über den Wert des Beschwerdegegenstandes und die Zulässigkeit eines Revisionsrekurses (Beschluß der zweiten Instanz vom 11. September 1989, GZ 46 R 794/89, ON 22 des Aktes).
Den zu erledigenden außerordentlichen Revisionsrekurs gab die verpflichtete Partei am 5. Oktober 1989 zur Post, führte an, das Rechtsmittel werde "gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 4. September 1989, ON 22" erhoben, welcher der verpflichteten Partei mit der GZ 46 R 603/89 am 28. September 1989 zugestellt und womit der Beschluß des Erstgerichtes vom 17. Mai 1989, ON 12, abgeändert worden sei.
Aus diesen Daten und auch aus den inhaltlichen Ausführungen des Rechtsmittels (über den angeblichen Verstoß vom 14. April 1989 durch ein Cognac-Geschenk) ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, daß sich der Revisionsrekurs nicht gegen den im Akt unter ON 22 einjournalisierten Beschluß der zweiten Instanz, sondern gegen deren Beschluß vom 4. September 1989, 46 R 603/89, einjournalisiert unter Nr. 24, richtet. Zwar sind dem Beschluß ON 24 Rückscheine über eine Zustellung am 10. Oktober 1989 und dem Beschluß ON 22 Rückscheine über eine Zustellung am 28. September 1989 angeheftet; hier liegt aber offenbar eine Vertauschung vor oder aber die Zustellung vom 28. September 1989 erfaßte beide ON und wurde dann nur versehentlich zum Beschluß ON 24 (dem jetzt angefochtenen) am 10. Oktober 1989 wiederholt; denn es gibt keine Erklärung dafür, weshalb die verpflichtete Partei ihr Rechtsmittel schon vor dieser Zustellung eingebracht haben sollte.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem Ausspruch der zweiten Instanz zulässig, weil die Entscheidung der zweiten Instanz von der neuesten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (3 Ob 64/89 = MuR 1989, 182 mit Ergänzung durch WBl. 1989, 343) abweicht. Es liegt nicht der Fall vor, daß nur strittig ist, ob eine in einem Strafantrag enthaltene konkrete Behauptung des Zuwiderhandelns ausreichend ist oder nicht, was idR wegen des Einzelfallcharakters noch keinen Zulassungsfall begründet (3 Ob 1032/89 ua), sondern eine Konkretisierung des Verstoßes fehlte hier überhaupt. Der Revisionsrekurs ist aus diesem Grund auch berechtigt. Wie der Oberste Gerichtshof in MuR 1989, 182 mwN ausgeführt hat, muß der Verstoß gegen den Exekutionstitel konkret und schlüssig behauptet werden. Das bloße Vorbringen, die verpflichtete Partei habe an einem bestimmten Tag gegen das Verbot verstoßen, ist unzureichend.
Im vorliegenden Antrag hat die betreibende Partei nur behauptet, an einem bestimmten Tag sei im Zusammenhang mit der Bestellung eines Abonnements eine Flasche Cognac als Gratisgeschenk gewährt worden. Wenn die betreibende Partei diese Behauptung nicht nur auf Grund einer Vermutung aufgestellt hat, muß ihr bekannt sein, an wen das Geschenk übergeben wurde, oder wenigstens an welchem Ort und unter welchen Umständen es an eine der betreibenden Partei namentlich nicht bekannte Person gewährt wurde. Ohne irgendeinen Hinweis in dieser Richtung fehlt es aber an jeglicher Konkretisierung, und der verpflichteten Partei stünde auch nicht die Möglichkeit offen, den behaupteten Verstoß sinnvollerweise mittels einer Impugnationsklage zu bestreiten, was der Grund für das Konkretisierungsgebot ist (MuR 1989, 182 mwN).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 78 EO iVm den §§ 40, 41 und 50 ZPO.
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