OGH 3Ob151/94

OGH3Ob151/947.9.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Gerstenecker und Dr.Pimmer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei B*****, vertreten durch Dr.Peter Raits und andere Rechtsanwälte in Salzburg, wider die verpflichtete Partei Josef H*****, wegen S 1,311.684,06 s.A., infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der R*****, vertreten durch Dr.Andreas Widschwenter, Rechtsanwalt in Wörgl, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 3.Mai 1994, GZ 1 R 242/94-115, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Kufstein vom 16. März 1994, GZ E 1/93-111, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Text

Begründung

Auf der versteigerten und um das Meistbot von S 2,660.000 zugeschlagenen Liegenschaft ist in C-LNR 5 aufgrund der Pfandurkunde vom 22.2.1988 das Pfandrecht für den Höchstbetrag von S 1,630.000 zugunsten der Raiffeisenkasse A***** eingetragen, wobei eine weitere Liegenschaft simultan haftet.

Mit Beschluß vom 6.10.1993 verteilte das Erstgericht das Meistbot und die in die Verteilungsmasse fallenden Meistbots- und Fruktifikatszinsen. Es wies der betreibenden Partei S 1,818.167,30, einer anderen Pfandgläubigerin S 247.970,36 und der Revisionsrekurswerberin als Rechtsnachfolgerin der Gläubigerin des auf der versteigerten Liegenschaft in C-LNR 5 eingetragenen Pfandrechts den verbleibenden Betrag von S 593.862,34 jeweils samt den anteiligen Zinsen zur (im Fall der Revisionsrekurswerberin teilweisen) Berichtigung der pfandrechtlich sichergestellten Forderung durch Barzahlung zu.

Das Rekursgericht hob infolge Rekurses des Verpflichteten diesen Beschluß des Erstgerichtes bezüglich der Zuweisung an die Revisionsrekurswerberin auf und trug dem Erstgericht in diesem Umfang die neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung auf. Es war der Meinung, daß die Forderung der Revisionsrekurswerberin gemäß § 222 Abs 2 oder 4 EO nur verhältnismäßig befriedigt werden könne, wozu aber noch festgestellt werden müsse, ob die andere simultan haftende Liegenschaft bereits versteigert worden sei. In diesem Fall sei das Meistbot, sonst aber seien die Einheitswerte der Pfandliegenschaften zu erheben. Überdies habe die Revisionsrekurswerberin ihre Forderung nicht gemäß § 210 EO durch in Ur- oder beglaubigter Abschrift vorzulegende Urkunden nachgewiesen, weshalb der Höchstbetrag im Sinne des § 224 Abs 2 EO nur zur zinsbringenden Anlegung zugewiesen werden könnte.

Zu der hierauf vom Erstgericht neuerlich anberaumten Verteilungstagsatzung meldete die Revisionsrekurswerberin eine Forderung von S 3,493.324 samt 9 % Zinsen seit 1.1.1984 an und begehrte unter Berufung auf § 222 Abs 3 EO die Bezahlung der gesamten Forderung aus dem Meistbot für die vom Erstgericht versteigerte Liegenschaft. Sie legte zum Nachweis ihrer Forderung unter anderem den "Abstattungskreditvertrag" vom 14.9.1984 und die vom Verpflichteten am 22.2.1988 unterschriebene "Pfandurkunde", auf der die TZ 1149/88 aufgedruckt ist, in Urschrift vor. Außerdem wurde eine Aufstellung vorgelegt, in der auf den Abstattungskreditvertrag vom 14.9.1984 Bezug genommen wird, der, beginnend mit 17.9.1984, der dem Kreditnehmer ausgezahlte Betrag, die eingelangten Zahlungen und die aufgelaufenen Zinsen zu entnehmen sind und die mit einem Saldo von S 3,493.324 endet. Die Urkunde ist mit der Stampiglie der Revisionsrekurswerberin und zwei Unterschriften versehen.

Der Verpflichtete erhob bei der Verteilungstagsatzung gegen die von der Revisionsrekurswerberin angemeldete Forderung Widerspruch mit der Begründung, daß sie gegen ihn keine Forderung habe.

Das Erstgericht wies mit dem neuen Verteilungsbeschluß der Revisionsrekurswerberin wieder den Betrag von S 593.862,34 samt den anteiligen Zinsen zur teilweisen Berichtigung der auf der versteigerten Liegenschaft in C-LNR 5 pfandrechtlich sichergestellten Forderung durch Barzahlung zu und verwies die Erledigung des vom Verpflichteten erhobenen Widerspruchs auf den Rechtsweg.

Das Rekursgericht änderte infolge Rekurses des Verpflichteten diesen Beschluß des Erstgericht dahin ab, daß es der Revisionsrekurswerberin den Betrag von S 593.862,34 zur zinstragenden Anlegung gemäß § 224 Abs 2 EO zuwies. Die in die Verteilungsmasse fallenden Zinsen teilte es nur zwischen den der Revisionsrekurswerberin im Rang vorgehenden Gläubigern auf. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die zum Nachweis der pfandrechtlich sichergestellten Forderung vorgelegte Kopie der Kontoentwicklung reiche nicht aus. Sie werde durch Anbringung eines Stampiglienabdrucks und der Originalunterschriften nicht zu einer Originalurkunde. Darüberhinaus handle es sich dabei offenbar nur um eine nachträglich verfaßte Zusammenstellung der Kontoentwicklung, ohne daß daraus entnommen werden könne, aufgrund welcher Urkunden die Kontoentwicklung in dieser Form dargestellt wurde. Die Urkunde bedeute daher nur eine Forderungsanmeldung, ohne daß hiedurch die Entstehung der Forderung urkundlich nachgewiesen sei. Es müßten diejenigen Urkunden in Urschrift oder beglaubigter Abschrift vorgelegt werden, die es ermöglichen, die Kontoentwicklung nachvollziehbar zu prüfen. Da die pfandrechtlich sichergestellte Forderung somit nicht nachgewiesen worden sei, sei der auf sie entfallende Betrag im Sinn des § 224 Abs 2 EO zinsbringend anzulegen. In diesem Fall bestehe auch kein Anspruch auf Zuweisung eines Anteils an den Meistbots- und Fuktifikatszinsen.

Rechtliche Beurteilung

Der von der R***** gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil zu der in ihrer Bedeutung über den Anlaßfall hinausgehenden Frage, ob durch eine die Darstellung der Kontoentwicklung enthaltende Urkunde die angemeldete Forderung ausreichend im Sinne des § 210 EO nachgewiesen wird, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehlt; er ist auch berechtigt.

Dem Rekursgericht kann nicht beigepflichtet werden, daß es sich bei der vorgelegten Aufstellung über die Kontobewegungen um eine nicht in Urschrift vorgelegte Urkunde handelt. Es ist unerheblich, ob sie durch einen Computer hergestellt wurde. Dadurch, daß sie zwei Unterschriften trägt, ist sie jedenfalls als Urschrift anzusehen. Der Fall liegt nicht anders, als wenn es sich um eine mit Schreibmaschine hergestellte, jedoch mit einer Unterschrift versehene Urkunde handelt.

Die Revisionsrekurswerberin hat somit dem im § 210 EO aufgestellten Erfordernis, die zum Nachweis der angemeldeten Forderung dienenden Urkunden in Urschrift oder beglaubigter Abschrift vorzulegen, entsprochen. Sie hat durch diese Urkunden entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes auch die pfandrechtlich sichergestellte Forderung in der Höhe des vom Erstgericht zugewiesenen Betrages nachgewiesen:

Aus dem Abstattungskreditvertrag ergibt sich, daß ein mit 9 % zu verzinsender Kredit in der Höhe von S 2,400.000 gewährt wurde. Aus diesem Vertrag geht im Zusammenhang mit der "Pfandurkunde" hervor, daß zur Sicherstellung des Kredites auf der versteigerten Liegenschaft in C-LNR 5 das Pfandrecht bis zum Höchstbetrag von S 1,630.000 eingetragen wurde. Daß Kreditnehmer nicht der Verpflichtete, sondern eine andere Person war, ist hier unerheblich, weil es nur auf die Sachhaftung des Verpflichteten als Eigentümer der zum Pfand bestellten Liegenschaft ankommt. Aus der Aufstellung über die Kontobewegungen geht schließlich hervor, in welcher Höhe der Kredit in Anspruch genommen wurde, welche Beträge zur Tilgung gezahlt wurden und in welcher Höhe Zinsen aufgelaufen sind. Diese Angaben reichen entgegen der Meinung des Rekursgerichtes zum Nachweis der angemeldeten Forderung aus. Zweck dieses Nachweises ist es nämlich in erster Linie, dem Verpflichteten und nachrangigen Pfandgläubigern die Möglichkeit zur Prüfung der Frage zu geben, ob in der Forderungsanmeldung der vom Schuldner als Darlehen oder Kredit in Anspruch genommene Betrag in richtiger Höhe enthalten ist, ob die Zinsen richtig berechnet wurden und ob alle Tilgungszahlungen berücksichtigt sind. Hiezu genügt aber eine Aufstellung über die Kontobewegungen. Der Verpflichtete kann aufgrund der darin enthaltenen Angaben und der ihm zur Verfügung stehenden oder zumindest gestellten Unterlagen verläßlich beurteilen, ob die angemeldete Forderung besteht, und andernfalls Widerspruch erheben. Dasselbe gilt aber auch für Pfandgläubiger, denen der Verpflichtete die nötigen Aufklärungen geben muß. Es hieße die Pflicht zum Nachweis der Forderung überspannen, würde vom Gläubiger gefordert werden, die Belege über die dem Schuldner bezahlten Beträge und die zur Tilgung der Schuld geleisteten Zahlungen vorzulegen, zumal dem Gläubiger solche Belege anders als in Form von Kontoauszügen meist gar nicht zu Verfügung stehen werden und der Nachweis der Tilgungszahlungen jedenfalls Sache des Schuldners ist. Daß die Aufstellung über die Kontobewegungen offensichtlich nachträglich erstellt wurde, vermag nichts daran zu ändern, daß ihr Inhalt zum Nachweis der Forderung ausreicht; der angeführte Umstand ist daher entgegen der Meinung des Rekursgerichtes ohne Bedeutung.

Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung SZ 10/263 allerdings ausgesprochen, daß ein Kontoauszug keine Nachweis über Posten liefern könne, die sich aus dem Kreditverhältnis selbst nicht ohne weiteres ergeben, wie Einschaltungsgebühren oder Kosten für die Beteiligung an der Schätzung. Diese Entscheidung steht mit der hier vertretenen Auffassung aber nicht in Widerspruch, weil darin zumindest offengelassen wird, daß für andere Forderungsteile als die in der Entscheidung erwähnten etwas anderes gilt.

Zu prüfen bleibt aber noch, welche Bedeutung es hat, daß das Pfandrecht, in dessen Rang die Forderung angemeldet wurde, nicht zugunsten der Revisionsrekurswerberin, sondern zugunsten einer anderen Raiffeisenkasse eingetragen ist und daß die Revisionsrekurswerberin den Übergang des Rechtes auf sie weder behauptet noch nachgewiesen hat. Wie der Oberste Gerichtshof erhob, ist jedoch zumindest im Sprengel des Erstgerichtes gerichtsbekannt, daß die als Pfandgläubigerin eingetragene Raiffeisenkasse mit der Revisionsrekurswerberin verschmolzen wurde. Damit ist aber die Rechtsnachfolge eine offenkundige Tatsache (vgl Fasching, ZPR2 Rz 854) im Sinn des gemäß § 78 EO auch im Exekutionsverfahren anzuwendenden § 269 ZPO und muß deshalb nach dieser Gesetzesstelle nicht nachgewiesen, aber auch nicht behauptet werden (Fasching aaO Rz 852). Unter diesen Umständen ist nicht zu entscheiden, welche Bedeutung es hat, daß das Rekursgericht die Verschmelzung bereits im erstem Rechtsgang von Amts wegen aus dem Firmenbuch feststellte.

Hat die Revisionsrekurswerberin die von ihr angemeldete Forderung in der zugewiesenen Höhe ordnungsgemäß nachgewiesen, so besteht kein Anlaß zur zinstragenden Anlegung gemäß § 224 Abs 2 EO, sondern die Forderung ist durch Barzahlung zu berichtigen. Der dies anordnende Beschluß des Erstgerichtes war daher wiederherzustellen.

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