Spruch:
Die Hyperocha kann bereits nach dem Zuschlag rechtswirksam gepfändet werden
Bei mehrfacher Pfändung der Hyperocha kann das (verteilende) Exekutionsgericht ein Verfahren nach § 307 EO einleiten; eine Verpflichtung hiezu besteht jedoch nicht
OGH 17. September 1974, 3 Ob 145/74 (LGZ Wien 46 R 230/74; BG Mödling E 13005/73)
Text
Mit dem Meistbotsverteilungsbeschluß vom 12. März 1974, verteilte das Erstgericht auf Grund des Ergebnisses der am 20. Feber 1974 durchgeführten Verteilungstagsatzung das für die Liegenschaft der Elfriede S, EZ 1969 KG, am 3. Oktober 1973 erzielte Meistbot von 715.000 S samt Meistbots- und Fruktifikatszinsen. Laut Punkt 9 des Abschnitt 1 B dieses Beschlusses entfällt auf die Verpflichtete eine Hyperocha von insgesamt 34.216.65 S. Von diesem Betrag wurde a) dem Wilhelm Sch. auf Grund des Exekutionsbewilligungsbeschlusses des Erstgerichtes vom 23. Oktober 1973, GZ E 6332/1973-1, insgesamt 6370.98 S zur vollständigen Berichtigung "durch Barzahlung" und b) der Republik Österreich, vertreten durch das Finanzamt M, auf Grund des Exekutionsbescheides vom 20. Feber 1974 der Restbetrag von 27.845.67 S zugewiesen.
Das Rekursgericht änderte infolge Rekurses der Republik Österreich (Finanzamt M) den Verteilungsbeschluß in seinem Punkt 9 a dahin ab, daß es die gesamte Hyperocha dem Überweisungsgläubiger Finanzamt M zuwies. Es vertrat hierbei die Ansicht, durch den Vollzug der Forderungsexekution zugunsten des Wilhelm Sch. am 23. Oktober 1973 sei ein wirksames Pfandrecht an der Hyperocha nicht begrundet worden, weil damals - abgesehen vom Vadium von 56.000 S - noch keine Zahlung zur Berichtigung des Meistbots seitens des Erstehers geleistet waren. Das Vadium hätte zu einer Hyperocha nicht hingereicht. Die zu E 6332/73 bewilligte Exekution sei daher ins Leere gegangen.
Der Oberste Gerichtshof stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her mit der Maßgabe, daß die Worte "durch Barzahlung" zu entfallen haben.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Republik Österreich (Finanzamt M) vertritt in ihrem Rekurs gegen den Verteilungsbeschluß die Ansicht, der Anspruch des Verpflichteten auf Auszahlung einer Hyperocha entstehe frühestens in dem Zeitpunkt, als in der Verteilungstagsatzung an Hand der Anmeldungen festgestellt worden sei, daß das Meistbot die Summe der angemeldeten Forderungen übersteige. Vor diesem Zeitpunkt sei die Hyperocha nicht als entstanden anzusehen und daher eine auf die Hyperocha geführte Forderungsexekution unwirksam. Nach Ansicht des Rekursgerichtes entstehe der Ausfolgungsanspruch des Verpflichteten gegen das die Verteilung durchführende Exekutionsgericht bereits mit dem Erlag des Meistbotes. Schon von diesem Zeitpunkt an könne daher der Ausfolgungsanspruch gepfändet werden, auch wenn noch nicht feststehe, welcher Teil des Meistbots nach Berichtigung aller vorangehenden Ansprüche dem Verpflichteten als Hyperocha zufallen werde. Beiden Ansichten ist nicht beizupflichten.
Der Zuschlag begrundet nicht bloß sich aus den Versteigerungsbedingungen ergebende Rechte des Erstehers, sondern auch Verpflichtungen, insbesondere zur Zahlung des Meistbots. Letztere Verpflichtung besteht zugunsten sämtlicher auf das Meistbot gewiesenen Personen, zu denen auch der Verpflichtete gehört. Diesem gebührt das Meistbot insoweit, als es nicht von den Buchberechtigten in Anspruch genommen wird (§ 217 Abs. 2 EO). Wie der Ersteher durch den Zuschlag bedingt Eigentum erwirbt, erwerben auch die auf das Meistbot Gewiesenen einen bedingten Anspruch auf ihren Zuweisungsbetrag, dessen Bestimmung und Auszahlung im Verteilungsverfahren durch das Exekutionsgericht vorgenommen werden. Ein solcher bereits durch den Zuschlag zunächst aufschiebend bedingt entstandener Anspruch kann gegen das Exekutionsgericht als öffentlich-rechtlicher Anspruch geltend gemacht werden und zwar bereits ab dem Tag der Zuschlagserteilung. Der Anspruch des Verpflichteten auf die ihm bei Erfüllung der Versteigerungsbedingungen nach Berichtigung der Ansprüche aller Vorberechtigten zufallende Hyperocha kann daher von diesem Zeitpunkt an gepfändet werden, wobei dem Exekutionsgericht als zur Durchführung des Verteilungsverfahrens und als für die Verwahrung des Meistbots zuständigem Verwahrschaftsgericht nach § 310 Geo die Stellung eines Drittschuldners zukommt (vgl. Ohmeyer, Verfügung über künftige Rechte, 179 FN 35, und Petschek, Zwangsvollstreckung in Forderungen, 86). Dies entspricht dem Grundsatz, daß bedingte Forderungen, bei denen der Rechtsgrund schon vorhanden oder der rechtserzeugende Tatbestand zum Teil gegeben ist, bereits gepfändet werden können (5 Ob 152/71; Heller - Berger - Stix, 2113). Die dem Revisionsrekurswerber am 23. Oktober 1973 bewilligte Forderungsexekution auf den Anspruch der Verpflichteten gegen das Exekutionsgericht auf Zuweisung (und Auszahlung) der ihr aus dem Meistbot gebührenden Hyperocha ist somit nicht ins Leere gegangen. Das Erstgericht hat demnach die betriebene Forderung des Revisionsrekurswerbers und dessen Überweisungsrechte (§ 308 EO) im Vorrang vor dem Pfandrecht der Republik Österreich (Finanzamt M) im Verteilungsverfahren richtig berücksichtigt. Das Erstgericht mußte die beiden Exekutionen auf die Hyperocha nach Maßgabe der Überweisungsrechte der beiden Forderungspfandgläubiger (§ 308 EO und § 73 Abs. 1 AbgEO) schon im Verteilungsverfahren (betreffend das Meistbot der versteigerten Liegenschaft) berücksichtigen. Es hätte zwar auch ein besonderes Verfahren zur Verteilung der gepfändeten Hyperocha nach § 307 EO in die Wege leiten können. Eine Verpflichtung hiezu, wie dies in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ZBl. 1929, 946 Nr. 351 (siehe auch Heller - Berger - Stix, 1941) ausgesprochen wurde, besteht jedoch nicht. In jenen Fällen, in denen einem Gericht als Verwahrschaftsgericht nach § 310 Geo die Stellung eines Drittschuldners zukommt, hat es im Exekutionsverfahren Parteienstellung kraft dieser Bestimmung, obgleich es sonst keine Rechtspersönlichkeit besitzt. In dieser Rechtsstellung stehen ihm alle Rechte und Pflichten eines Drittschuldners zu, wenngleich etwaige Haftungsansprüche bei Pflichtverletzungen nur gegen den Rechtsträger, die Republik Österreich, geltend gemacht werden könnten.
Es stand somit dem Erstgericht das Recht zu, die Wirksamkeit der Pfändungen der Hyperocha zu überprüfen und auf Grund des Ranges der Pfandrechte und nach Maßgabe der Überweisungsbeschlüsse Anweisungen zu treffen. Zur Anfechtung der diesbezüglichen Entscheidungen waren die Überweisungsgläubiger befugt, da nur mehr sie zur Geltendmachung des Anspruches der Verpflichteten auf die gepfändete Hyperocha nach Maßgabe ihrer Pfandrechte bis zur Höhe ihrer vollstreckbaren Forderungen berechtigt waren (Heller - Berger - Stix, 1441). Entgegen der Auffassung des Revisionsrekurswerbers stand dem Rekursgericht demnach auch das Recht zu, auf Grund des zulässigen Rekurses eines Überweisungsgläubigers die Entscheidung der ersten Instanz bezüglich der Verfügung über die gepfändete Hyperocha zu überprüfen.
Es erweist sich somit der Revisionsrekurs des Überweisungsgläubigers Wilhelm Sch. als gerechtfertigt. Demgemäß war die Zuweisung der Hyperocha im Teilbetrag von 6.370.98 S an ihn wiederherzustellen. Der Hinweis, daß die vollständige Berichtigung der vom Überweisungsgläubiger betriebenen Forderung durch Barzahlung erfolgt, konnte jedoch entfallen, da hier eine Zahlung durch Übernahme (§ 223 Abs. 1 EO) überhaupt nicht in Frage kommt.
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