Spruch:
Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind wie weitere
Verfahrenskosten zu behandeln.
Text
Begründung
Am 24. Oktober 1986 schlossen die Streitteile in einer vor dem Außerstreitgericht durchgeführten Verhandlung über eine Ehescheidung nach § 55 a EheG eine Vereinbarung, wonach die Obsorge über die ehelichen Kinder der Beklagten zustehen solle (Punkt 1) und der Kläger sich verpflichtete, der Beklagten ab 1. November 1986 einen monatlichen Unterhalt von 5.000 S zu zahlen, welcher Unterhaltsanspruch in jenen Zeiträumen ruhen sollte, in welchen die Beklagte über ein eigenes Einkommen von mindestens 4.000 S verfügt (Punkt 4), und die Ehewohnung der Beklagten verbleibt (Punkt 5). Die Beklagte führt gegen den Kläger Lohnpfändungsexekution zur Hereinbringung des rückständigen Unterhaltes für die Zeit vom 1. September 1987 bis 31. Oktober 1987 (zusammen 10.000 S) und des laufenden Unterhaltes von 5.000 S monatlich ab 1. November 1987. Gegen den mit dieser Exekution betriebenen Unterhaltsanspruch erhob der Kläger Einwendungen gemäß § 35 EO und stellt das Hauptbegehren, der Unterhaltsanspruch sei ab 1. November 1986 erloschen, sowie das Eventualbegehren, der Unherhaltsanspruch ruhe seit 1. November 1986, oder der Unterhaltsanspruch bestehe ab 1. November 1987 nur mit monatlich 2.500 S zu Recht. Er machte geltend, daß die Unterhaltsverpflichtung nur für den Fall vereinbart worden sei, daß die Beklagte in der ehelichen Wohnung bleibe und die ehelichen Kinder betreue. Tatsächlich habe aber die Beklagte die Wohnung verlassen, eine Lebensgemeinschaft begründet und die Betreuung der Kinder unterlassen. Überdies verdiene sie mehr als 4.000 S monatlich. Zumindest aber könne sie diesen Betrag leicht verdienen, wenn sie die Kinder nicht mehr betreue.
Das Erstgericht gab dem Hauptklagebegehren statt.
Es nahm als erwiesen an, daß der Kläger bei Abschluß der Vereinbarung davon ausgegangen sei, die Beklagte werde in der ehelichen Wohnung die ehelichen Kinder betreuen, daß aber die Beklagte die Ehewohnung bald nach der Scheidung verlassen habe. Eine Lebensgemeinschaft der Beklagten mit einem anderen Mann sei nicht erwiesen. Die Beklagte habe aber seit dem Verlassen der Ehewohnung immer mehr als 4.000 S verdient oder hätte den Betrag verdienen können, wenn sie eine Stelle als Serviererin oder Raumpflegerin angenommen hätte.
Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichtes für den Zeitraum vom 1. November 1986 bis 31. August 1987 dahin ab, daß das Klagebegehren abgewiesen wurde, dies mit der Begründung, für diesen Zeitraum sei nicht Exekution geführt worden. Es bestätigte das Urteil des Erstgerichtes für den Zeitraum vom 15. September 1987 bis 31. Dezember 1987 mit der Begründung, hier stehe ein Einkommen der Beklagten von mindestens 4.000 S monatlich fest. Für den Zeitraum vom 1. bis 14. September 1987 und seit 1. Jänner 1988 hob es das Urteil des Erstgerichtes mit Rechtskraftvorbehalt auf und vertrat dazu folgende Rechtsansicht:
Für diese Zeiträume stehe nicht fest, daß die Beklagte über ein eigenes Einkommen von mindestens 4.000 S verfüge. Da es sich beim streitigen Unterhalt um einen vertraglichen handle, müsse nicht geprüft werden, ob die Beklagte ein höheres Einkommen erzielen könnte, da die Vereinbarung hiezu keine Verfplichtungen enthalte. Unerheblich sei auch die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe ihn über ihre künftigen Absichten über den Wohnungswechsel vor Vergleichsabschluß irregeführt, weil dies nicht Gegenstand einer Oppositionsklage sein könne. Es müsse jedoch geklärt werden, ob sich der Kläger nur unter der Bedingung zur Leistung des Unterhaltes verpflichtet habe, daß die Beklagte in der Ehewohnung bleibe und die ehelichen Kinder betreue, und es liege hier eine Änderung in den Verhältnissen vor, weil jetzt nach dem Auszug der Beklagten der Kläger die Kinder versorgen müsse. Der Kläger mache damit eine auflösende Bedingung geltend, die Gegenstand einer Klage nach § 35 EO sein könne. Aus dem reinen Wortlaut des Exekutionstitels ergebe sich eine solche Bedingung nicht, aber hier sei auch der Parteiwille zu erforschen, was bisher nicht eindeutig erfolgt sei, weil das Erstgericht nur feststellte, wovon der Kläger ausgegangen sei. Die in der Beweiswürdigung vorkommende weitere Feststellung, es sei von einer bestimmten Erwartung ausgegangen worden, lasse offen, für wen dies klar gewesen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Rekurse beider Streitteile gegen den Aufhebungsbeschluß sind nicht berechtigt.
Für den Standpunkt des Klägers, der Vergleich sei dahin auszulegen, daß damit "offensichtlich" eine den Lebensverhältnissen der Streitteile angemessene Regelung in der Weise getroffen werden sollte, daß die Beklagte nur für den Fall der Betreuung der Kinder Anspruch auf den vereinbarten Unterhaltsbetrag haben sollte, gibt es zwar bei Berücksichtigung des Gesamtinhaltes des Vergleiches gewisse Anhaltspunkte, zwingend ist dies aber nicht.
Ebensowenig ist die Ansicht der Beklagten zutreffend, der Vergleichstext sei einer weiteren Auslegung und Erforschung des Parteiwillens nicht zugänglich, weil der Kläger nach dem klaren Wortlauf des Vergleiches den betriebenen Unterhalt unabhängig von allen anderen Entwicklungen auf jeden Fall leisten müsse, solange sie nicht über ein eigenes Einkommen von mindestens 4.000 S verfüge. Wenn man alle Vergleichspunkte berücksichtigt und den Vergleich als Einheit sieht, kann zB die Frage der Betreuung der Kinder eine Rolle spielen.
Soweit die Parteien im Zusammenhang mit dem Vergleichsabschluß ihre Absicht iSd § 914 ABGB über den Wortlaut des Vergleiches hinausgehend durch entsprechende Erklärungen bekundet hätten und sich hieraus die vom Berufungsgericht näher beschriebene auflösende Bedingung für die Unterhaltspflicht ergeben kann, genügt es nicht, nur festzustellen, von welcher Vorstellung der Kläger ausging (Feststellung des Erstgerichtes) oder "ausgegangen wurde" (in der Beweiswürdigung des Erstgerichtes vorkommende Formulierung). Es kommt vielmehr auf die dem jeweiligen Erklärungsgegner erkennbare Absicht des Erklärenden an (SZ 49/59 ua).
Es muß also festgestellt werden, welche Gespräche geführt wurden, welche Forderungen jeweils erhoben wurde, welche Gegenstandpunkte dazu eingenommen wurden, welche Rechtsbelehrungen allenfalls der Richter geäußert hat, aus welchen Gründen schließlich eine Einigung erzielt wurde, insbesondere, welche Bewandtnis dabei der Klausel zukam, der Unterhaltsanspruch solle ruhen, wenn die Beklagte über ein Eigeneinkommen von mindestens 4.000 S verfüge, ob dies nur als ein schlichtes Recht der Beklagten gedacht war, sich etwas dazuzuverdienen können, oder aber etwa eine Vorsorge für den erst für die Zukunft erwarteten Fall sein sollte, daß die Beklagte nach dem Wegfall der Kinderbetreuung wieder berufstätig sein könne. Soweit die Parteien den eingetretenen Fall des Wegfalls der Kinderbetreuung nicht bedacht haben, kann aber auch eine Vertragsanpassung in Betracht kommen (vgl. dazu ausführlich Rummel in Rummel, ABGB, Rz 8a zu § 901). Hier kann es eine Rolle spielen, ob die Beklagte ohne Grund aus der Ehewohnung auszog und die Betreuung der Kinder beendete, oder ob dazu der Kläger durch ein unrechtmäßiges Verhalten Anlaß gab, aber auch, wie sich in der Folge die Betreuung der Kinder tatsächlich gestaltete.
Die Sache ist daher noch nicht spruchreif.
Da die Erhebung der Rekurse zu einer weiteren Klärung der Rechtslage beitrug, sind die Kosten des Rekursverfahrens gemäß § 52 Abs 1 ZPO wie weitere Verfahrenskosten zu behandeln.
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