Normen
ABGB §1091
Kündigungsschutz-Ausführungsverordnung §7
ZPO §560
ZPO §562
ZPO §565
ABGB §1091
Kündigungsschutz-Ausführungsverordnung §7
ZPO §560
ZPO §562
ZPO §565
Spruch:
Bestandverträge über ein gewerbliches Unternehmen unterliegen nicht den Bestimmungen über das Bestandverfahren nach den §§ 560 ff. ZPO. Es ist daher auch über Einwendungen gegen die außergerichtliche Aufkündigung eines solchen Pachtvertrages über ein gewerbliches Unternehmen ein Verfahren nach den §§ 560 ff. ZPO. nicht einzuleiten.
Entscheidung vom 3. März 1954, 3 Ob 137/54.
I. Instanz: Bezirksgericht Fünfhaus; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Maria S. erhob als Verpächterin gegen eine von Hans M. als Pächter gegen sie erhobene außergerichtliche Aufkündigung eines Pachtvertrages über einen photographischen Betrieb Einwendungen.
Das Prozeßgericht hob die Kündigung auf.
Das Berufungsgericht hob das Urteil des Prozeßgerichtes auf und wies die Einwendungen zurück. Es stellte fest, daß es sich nach der im Berufungsverfahren vorgenommenen Außerstreitstellung um die Pachtung eines Unternehmens der Beklagten Maria S. handle, daß der Kläger Hans M. als Bestandnehmer an die Beklagte ein Schreiben richtete, in welchem er den Pachtvertrag aufkundigte und die Bestandgeberin aufforderte, sich wegen Übernahme des Pachtinventars am 30. Juni 1953 bereitzuhalten, daß die Beklagten in diesem Schreiben des Klägers nichts anderes als eine außergerichtliche Aufkündigung erblicken konnte, da das Schreiben alle Erfordernisse einer außergerichtlichen Aufkündigung mit Ausnahme der Belehrung, daß gegen die Kündigung Einwendungen erhoben werden können, enthalte und daß es die Beklagte nicht darauf ankommen lassen konnte, sich durch Unterlassung von Einwendungen der Gefahr auszusetzen, daß die Aufkündigung wirksam werde. Nach Ansicht des Berufungsgerichtes komme aber das über eine Aufkündigung einzuleitende Bestandverfahren nur bei den im § 560 ZPO. bezeichneten Objekten zur Anwendung; da es sich um einen Pachtvertrag über ein gewerbliches Unternehmen handle, welches nach österreichischem Recht zu den beweglichen Sachen gehöre, könne die Aufkündigung des Pachtvertrages nicht Gegenstand eines Bestandverfahrens sein, weshalb die gegen die Aufkündigung erhobenen Einwendungen zurückzuweisen seien.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Rekurs macht zunächst geltend, daß eine außergerichtliche Aufkündigung nicht vorliege, weil die Rechtsmittelbelehrung in der Kündigung fehle; dennoch müsse es sich der Verfasser eines solchen Aufkündigungsschreibens gefallen lassen, daß die Gegenseite gegen eine solche Aufkündigung Einwendungen erhebe. Es könne dem Prozeßgericht die Lösung einer so schwierigen Frage, ob Miete oder Unternehmenspacht vorliege, ohne Anberaumung einer Tagsatzung und Klärung der Verhältnisse nicht zugemutet werden, wenn aber einmal das Verfahren eingeleitet worden sei, so könnten Einwendungen nicht durch Beschluß zurückgewiesen werden, vielmehr müsse die Kündigung aufgehoben werden.
Seit dem Spruchrepertorium 35 neu vertritt der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt, daß Pachtverträge über gewerbliche Unternehmungen nicht dem Kündigungsschutz des Mietengesetzes unterliegen. Daraus ergibt sich, daß auch die Bestimmungen des § 21 Abs. 1 MietG. über die gerichtliche Aufkündigung von Bestandverträgen auf Unternehmenspachtungen nicht anzuwenden sind. Eine außergerichtliche Aufkündigung muß, um einen Exekutionstitel bilden zu können, gemäß den §§ 562 Abs. 1 und 562 Abs. 2 ZPO. die Belehrung enthalten, daß gegen die Aufkündigungen Einwendungen bei Gericht einzubringen sind. Der Umstand allein, daß diese Belehrung in der außergerichtlichen Aufkündigung fehlt, reicht an sich noch nicht hin, um die gegen eine solche außergerichtliche Aufkündigung erhobenen Einwendungen zurückzuweisen (ZBl. 1934 Nr. 287, SZ. XXIV/243 u. a.). Allein das Berufungsgericht hat die Einwendungen der beklagten Partei nicht deshalb zurückgewiesen, weil die außergerichtliche Kündigung nicht die erwähnte Belehrung enthält sondern weil Unternehmungen zu den beweglichen Sachen gehören und das durch Erhebung von Einwendungen gegen eine Aufkündigung einzuleitende Verfahren nach §§ 560 ff. ZPO. nur bei den dort bezeichneten Objekten, nämlich Grundstücken, Gebäuden und anderen unbeweglichen oder durch Gesetz für unbeweglich erklärten Sachen, bei Schiffmühlen und auf Schiffen errichteten Bauwerken zur Anwendung kommt. Diese Ansicht des Berufungsgerichtes ist richtig. Betrifft ein Bestandvertrag ein gewerbliches Unternehmen, das jedenfalls im prozeßrechtlichen Sinn (§ 560 ZPO.) nicht als unbewegliche Sache anzusehen ist, so unterliegt dieser Bestandvertrag überhaupt nicht den Bestimmungen über das Bestandverfahren nach §§ 560 ff. ZPO. (1 Ob 568/52. MietSlg. Nr. 2713). Es ist daher auch über Einwendungen gegen die außergerichtliche Aufkündigung eines Pachtvertrages über ein gewerbliches Unternehmen ein Verfahren nach den §§ 560 ff. ZPO. überhaupt nicht einzuleiten, weshalb in der Zurückweisung der Einwendungen ein Rechtsirrtum nicht erblickt werden kann. Diese Ansicht steht mit dem oben angeführten Spruch Nr. 35 keineswegs im Widerspruch, da in diesem nur zum Ausdruck gebracht wird, daß Pachtverträge über gewerbliche Unternehmungen nicht den Kündigungsbeschränkungen unterliegen, die Frage, ob über eine Kündigung eines derartigen Pachtvertrages ein Bestandverfahren gemäß den §§ 560 ff. ZPO. eingeleitet werden könnte, offengelassen wurde, weil Einwendungen in dieser Richtung weder in erster Instanz noch im Rechtsmittelverfahren erhoben wurden und die unrichtige Einleitung eines bestimmten Verfahrens keine von Amts wegen zu berücksichtigende Nichtigkeit bildet (SZ. VI/281). Da sich aus den Einwendungen bereits ergibt, daß es sich um einen Pachtvertrag über ein gewerbliches Unternehmen handelt - in den Einwendungen wird eingangs ausgeführt "gegen die vorgelegte außergerichtliche Aufkündigung vom 28. April 1953, mit welcher mir die kundigende Partei den Pachtvertrag bezüglich des von mir gepachteten photographischen Betriebes ... aufkundigte, erhebe ich ... nachstehende Einwendungen" -, war die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung ebensowenig notwendig wie die Erhebung von Einwendungen, um die Aufkündigung rechtsunwirksam zu machen, weshalb die bezüglichen Ausführungen des Revisionsrekurses ins Leere gehen. Im übrigen ist, wie bereits oben ausgeführt, im vorliegenden Falle ein Verfahren nach den §§ 560 ff. ZPO. überhaupt nicht einzuleiten gewesen, vielmehr hätte das Erstgericht die Einwendungen ohne Anberaumung einer Tagsatzung zurückweisen müssen.
Wenn der Rekurs schließlich ausführt, es sei entscheidend, ob bei einer Unternehmenspacht die Räumlichkeiten, also unbewegliche Sachen, überwiegen, so genügt es, zur Widerlegung dieser Ausführungen auf die Außerstreitstellung zu verweisen, nach welcher es sich um eine Unternehmenspacht handelt; daß bei der vorliegenden Unternehmenspachtung die Räumlichkeiten überwiegen, ist eine erst im Rekursverfahren vorgebrachte und daher unzulässige Neuerung, die keine Beachtung finden kann, weshalb sich auch eine Stellungnahme zur Frage, ob dadurch, daß die Räumlichkeiten überwiegen, der Pachtvertrag zu einem solchen über unbewegliche Sachen wird, erübrigt.
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