Spruch:
Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Die Kläger haben die Kosten ihrer erfolglosen Rekurse selbst zu tragen.
Text
Begründung
Dem Erstkläger wurde mit Beschluss des Erstgerichts vom 29. September 2006 (Bd I ON 9) die Verfahrenshilfe bewilligt und - nach einer Umbestellung durch die Salzburger Rechtsanwaltskammer - am 20. Oktober 2006 Dr. Christian Obrist als Verfahrenshelfer (Bd I ON 11) beigegeben.
Der Zweitklägerin wurde mit Beschluss des Erstgerichts vom 2. Juli 2010 Verfahrenshilfe bewilligt und Mag. Raimund Unger als Verfahrenshelfer beigegeben (Bd II ON 77 und 80).
Der Verfahrensverlauf ist dadurch gekennzeichnet, dass mehrere Anträge der Kläger auf Umbestellung der Verfahrenshelfer erfolglos blieben.
Das klageabweisende Endurteil des Erstgerichts vom 1. März 2011 wurde den Verfahrenshelfern der Kläger am 4. März 2011 zugestellt.
Am 1. April 2011, also innerhalb der Berufungsfrist, erhob der Erstkläger vertreten durch seinen Verfahrenshelfer, Berufung; am selben Tag langte eine von den Klägern selbst verfasste Berufung per Fax (Einlangen im Postweg am 4. April 2011) beim Erstgericht ein (Bd II ON 99). In dieser Berufung beantragten die Kläger erneut die „Umbestellung/Neubestellung der Verfahrenshelfer“, und zwar „zur Verbesserung und Ergänzung der Berufung“.
Dieser Antrag wurde mit rechtskräftigem Beschluss des Erstgerichts vom 4. April 2011 (Bd II ON 103) zurückgewiesen.
Ebenfalls mit Schriftsatz vom 1. April 2011 (Bd II ON 102) erklärte der Verfahrenshelfer des Erstklägers, seine Berufungsschrift zurückzunehmen, weil der Erstkläger bereits zeitlich unmittelbar davor eine eigene Berufungsschrift beim Erstgericht eingebracht und dem Verfahrenshelfer die Einbrinung einer Berufung untersagt habe.
Die Zweitklägerin richtete an ihren Verfahrenshelfer per Fax am 1. April 2011 ebenfalls das Verbot, eine Berufungsschrift für sie einzubringen (Bd II ON 100).
Mit dem nun angefochtenen Beschluss wies das Berufungsgericht ua die Berufung der Kläger zurück. Die Kläger seien im Verfahren mehrfach und umfassend darüber belehrt worden, dass die von ihnen angestrebte Umbestellung der Verfahrenshelfer mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht stattfinden könne. Dementsprechend sei die von den Klägern ohne Anwaltsunterschrift versehene Berufung zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung ungeeignet. Die Zurückweisung habe ohne weiteren Verbesserungsversuch zu erfolgen: Verletze ein Rechtsmittelwerber trotz wiederholter Rechtsbelehrung die Formvorschriften bewusst, wie sich dies im Anlassfall aus der Verfahrenschronologie ergebe, liege ein Missbrauch der Verbesserungsvorschriften vor. In einem solchen Fall sei das fehlerhafte Rechtsmittel ohne Gewährung einer Frist zurückzuweisen. Die Fehlerhaftigkeit ihrer Berufung hätten die Kläger bewusst herbeigeführt und in Kauf genommen.
Gegen diesen Beschluss des Rekursgerichts wenden sich die Rekurse der Kläger, jeweils eingebracht durch die im Verfahren bestellten Verfahrenshelfer.
Rechtliche Beurteilung
Ein Beschluss des Berufungsgerichts, mit welchem es die Berufung ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen hat, ist immer mit Rekurs (Vollrekurs) anfechtbar (RIS-Justiz RS0098745). Der Rekurs ist daher zulässig. Er ist jedoch nicht berechtigt.
Die Bestimmungen der ZPO über die Möglichkeit der Verbesserung von Formgebrechen haben den Zweck, eine Partei vor Nachteilen zu schützen, die versehentlich oder in Unkenntnis der Formvorschriften einen Formfehler begeht. Sie finden dort ihre Grenze, wo sie ausschließlich zur Verschleppung oder Verzögerung des Verfahrens benützt werden (RIS-Justiz RS0036385 [T2]). Auch wenn einer Partei regelmäßig gemäß §§ 84 f ZPO die Möglichkeit einzuräumen ist, Formmängel einer Prozesshandlung - zu denen auch die fehlende anwaltliche Vertretung gehört - innerhalb einer vom Gericht zu setzenden Frist zu beheben, gilt dies in jenen Fällen nicht, wo die Partei ihre Eingabe im Bewusstsein ihrer Fehlerhaftigkeit eingebracht hat (RIS-Justiz RS0036385 [T11]).
Dieser Fall liegt hier vor: Die Kläger haben in Kenntnis des Umstands, dass sie bereits durch Verfahrenshelfer vertreten sind und in Kenntnis, dass die von ihnen angestrebte „Umbestellung“ nicht möglich ist, den Verfahrenshilfeanwälten die aktenkundigen Weisungen erteilt, keine Berufung in ihrem Namen einzubringen. Darauf hat der Verfahrenshelfer des Erstklägers seine Berufung zurückgenommen.
Durch die Aktenlage ist dokumentiert, dass zahlreiche Rechtsmittel(zwischen-)verfahren stattfanden und beiden Klägern daher der Umstand bewusst war, dass sie für die Erhebung von Rechtsmitteln der Unterfertigung der Rechtsmittelschriftsätze durch einen Anwalt bedürfen. Das zeigen auch ihre Berufungsausführungen, die auf eine „Ergänzung bzw Verbesserung“ der Berufung durch neue Verfahrenshelfer abzielen. Bei dieser Sachlage ist dem Berufungsgericht darin beizupflichten, dass die von den Klägern selbst verfasste Berufung geradezu in Kenntnis ihres Formmangels erhoben wurde und daher ein Verbesserungsverfahren nicht stattzufinden hat.
Die Entscheidung über die Kosten der von den Klägern erhobenen erfolglosen Rekurse gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.
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