Spruch:
Übernimmt der Komplementär einer KG. nach Austritt des bisherigen Kommanditisten ein Unternehmen mit der Eintragung im Handelsregister "als Alleininhaber", so liegt eine Geschäftsübernahme nach § 142 HGB. vor; die Exekution gegen den nunmehrigen Alleininhaber des Geschäfts auf Grund des gegen die aufgelöste Kommanditgesellschaft ergangenen Schiedsspruches ist zulässig.
Entscheidung vom 25. November 1964, 3 Ob 132/64. I. Instanz;
Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:
Oberlandesgericht Graz.
Text
Die betreibende Gläubigerin Firma K., Export - Import, Z., beantragte unter Berufung auf das Abkommen vom 18. März 1960 zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen und Schiedsvergleichen in Handelssachen, BGBl. Nr. 115/1961, auf Grund des Schiedsspruches der Außenhandelsarbitrage bei der Bundeswirtschaftskammer in Belgrad vom 20. Mai 1962 zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 3.467.940 Dinar s. A. gegen den Verpflichteten R. H., Kaufmann in G., die Bewilligung der Fahrnisexekution. Sie legte die beglaubigte Übersetzung einer Ausfertigung des Schiedsspruches und einen Handelsregisterauszug des Landes- als Handelsgerichtes Graz, ferner auf einen Verbesserungsauftrag des Erstgerichtes auch eine beglaubigte Photokopie des Kaufvertrages zwischen der betreibenden Gläubigerin und der Fa. R. H. & Co. KG., Importeur - Exporteur, G., vom 9. Juli 1959 vor. Letzterer enthält im Punkt IV die Schiedsklausel, nach der sich beide Vertragspartner für alle Streitfälle, die aus diesem Vertrag hervorgehen könnten, dem Rechtsspruch und dem Beschluß der Außenhandelsarbitrage bei der "Bundeshandelskammer für Außenhandel" in Belgrad unterwarfen. Der Schiedsspruch der Außenhandelsarbitrage bei der Bundeswirtschaftskammer in Belgrad vom 20. Mai 1962 erging nach seinem Inhalt in einem zwischen den Vertragsparteien im Jahre 1960 anhängig gewordenen Verfahren. Laut dem Handelsregisterauszug HRA. 1364 war der nunmehr als Verpflichteter auf Grund des Schiedsspruches in Anspruch genommene R. H. stets alleiniger persönlich haftender Gesellschafter der seit dem Jahre 1949 eingetragenen R. H. & Co. KG in G.; die Kommanditgesellschaft wurde laut Eintragung im Handelsregister vom 22. Juni 1961 nach dem Austritt der Kommanditistin J. H. aufgelöst, und es ist der bisherige Komplementär (der Verpflichtete R. H.) nunmehr Alleininhaber des Geschäfts; die eingetragene Firma wurde in "R. H."
geändert.
Das Erstgericht wies den Exekutionsantrag ab. Der Exekutionstitel richte sich gegen die Firma H. & Co. KG.; der Verpflichtete sei im Zeitpunkt der Streitanhängigkeit im Jahre 1960 auch nicht Alleininhaber der im Schuldtitel bezeichneten Gesellschaftsfirma gewesen; der Schiedsspruch könne, da aus einem gegen die Gesellschaft gerichteten vollstreckbaren Schuldtitel eine Zwangsvollstreckung in das Vermögen der einzelnen Gesellschafter nicht durchgeführt werden könne (§ 129 (4) HGB.) und die entgegenstehende Vorschrift des § 11 EO. aufgehoben worden sei, gegen den Verpflichteten nicht vollstreckt werden.
Das Rekursgericht bewilligte die Exekution. Es liege laut dem Handelsregister im Verhältnis zwischen der Kommanditgesellschaft und dem Verpflichteten eine Übernahme des Geschäftes mit Aktiven und Passiven - ähnlich dem im § 142 (1) HGB. ausdrücklich geregelten Fall - vor. Diese Situation sei einer Rechtsnachfolge zumindest gleichzuhalten, sodaß auch die Bestimmung des § 9 EO. anwendbar sei. Im Endergebnis müsse sogar Wesensgleichheit zwischen der bisherigen Kommanditgesellschaft und deren früherem alleinigem Komplementär, der das Geschäft als Einzelunternehmen fortführe, angenommen werden. Der Firmenänderung sei keine Bedeutung beizumessen (SZ. XXIII 249). Die Exekution könne allerdings nicht auf Grund des von der betreibenden Gläubigerin angeführten Abkommens vom 18. März 1960, BGBl. Nr. 115/1961, bewilligt werden, weil der vorgelegte Schiedsspruch wohl die Bestätigung der Rechtskraft, entgegen der ausdrücklichen Vorschrift des Art. 5 lit. a des Abkommens, aber nicht auch die Bestätigung der Vollstreckbarkeit aufweise. Dem Exekutionsantrag sei dennoch stattzugeben gewesen, weil nach der Aktenlage das Vorliegen der im Genfer Abkommen vom 26. September 1927, betreffend die Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, BGBl. Nr. 343/1930 - welches Abkommen gemäß Art. 8 des Abkommens vom 18. März 1960, BGBl. Nr. 115/1961, in Verbindung mit der Kundmachung BGBl. Nr. 119/1959 im Verhältnis zu Jugoslawien weiter anwendbar sei - hiefür normierten Bedingungen nachgewiesen erscheine.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Verpflichteten Folge, hob die Beschlüsse der Untergerichte auf und verwies die Sache an das Erstgericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Bei der Beurteilung der Parteistellung des Verpflichteten ist zunächst davon auszugehen, daß im schiedsgerichtlichen Verfahren zwischen der betreibenden Gläubigerin und der geklagten Kommanditgesellschaft in einem Zeitpunkt (im Jahre 1960) die Streitanhängigkeit eintrat, als die Kommanditgesellschaft noch im Handelsregister eingetragen und noch nicht aufgelöst war. Das Verfahren konnte daher gegen die Kommanditgesellschaft weitergeführt und mit Schiedsspruch gegen dieselbe abgeschlossen werden (Stanzl, JBl. 1951 S. 532; Fasching, Anm. 4 und 5 zu § 234 ZPO.).
Der Schiedsspruch ist an sich gegen den Verpflichteten vollstreckbar, weil, wie schon das Rekursgericht zutreffend erkannte, die darin festgestellte Verpflichtung der R. H. & Co. KG. auf den Verpflichteten übergegangen ist und dieser Übergang durch den vorgelegten Handelsregisterauszug, eine öffentliche Urkunde, bewiesen ist. Die in dem Handelsregisterauszug bestätigten Eintragungen im Handelsregister (Austritt der Kommanditistin J. H., Auflösung der Kommanditgesellschaft, Aufrechterhaltung der Eintragung des Verpflichteten als bisherigen Komplementärs der aufgelösten Kommanditgesellschaft mit der Neueintragung "als Alleininhaber") zeigen eindeutig einen Geschäftsübergang auf den Verpflichteten im Sinne der §§ 142, 161 (2 HGB) . auf (Weipert, Komm.
z. HGB., § 142 Anm. 21, § 143 Anm. 3 (2)). Dieser haftet daher nicht nur nach § 128 HGB. für die Erfüllung der Schuld durch die Kommanditgesellschaft, sondern ist der eigentliche Schuldner, der selbst zu erfüllen hat, geworden (Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft[3] S. 346; Weipert, Komm. z. HGB., § 142 Anm. 15). Die Änderung der Firmenbezeichnung ist für den Eintritt dieser Rechtsfolge bedeutungslos. Es liegt auch kein Fall des § 1409 ABGB. oder des § 25 HGB., sondern eben ein nach § 142 HGB. zu beurteilender Sonderfall mit den angeführten Rechtswirkungen vor, der im Hinblick auf die Beurkundung im Handelsregisterauszug die Exekution gegen den nunmehrigen Alleininhaber des Geschäfts auf Grund des gegen die aufgelöste Kommanditgesellschaft ergangenen Schiedsspruchs zuläßt (§ 9 EO.). Die Bestimmung des § 129 (4) HGB., nach der aus einem gegen die Gesellschaft gerichteten vollstreckbaren Schuldtitel die Zwangsvollstreckung gegen die Gesellschafter nicht stattfindet, ist auf den Geschäftsübernehmer im Sinne des § 142 HGB. nicht anwendbar.
Die im Revisionsrekurs angeführten Entscheidungen hatten keinen derartigen Fall zum Gegenstand und können daher zur Beurteilung der Parteistellung des Verpflichteten nicht herangezogen werden. Der von den Unterinstanzen zitierten Rechtsansicht Stanzls (JBl. 1951 S. 533), daß auf den Geschäftsübergang nach § 142 HGB. § 9 EO. nicht anwendbar sei, "weil keine Verbindlichkeit übergegangen sei", vermag sich auch der Oberste Gerichtshof gleich dem Rekursgericht nicht anzuschließen. Die Verbindlichkeit der Gesellschaft, für deren Erfüllung allerdings schon von Beginn an die persönliche Haftung des Verpflichteten als des szt. Komplementärs bestanden hat, ist eine Verbindlichkeit desselben als Alleininhabers des Geschäftes geworden. So liegt auch ein Übergang der Verbindlichkeit im Sinne des § 9 EO. auf den Verpflichteten jedenfalls vor.
Das Rekursgericht hat ferner zutreffend erkannt, daß die im Abkommen BGBl. Nr. 115/1961 aufgestellten Voraussetzungen insofern nicht erfüllt sind, als die betreibende Gläubigerin, entgegen der Bestimmung des Art. 5 lit. a des Abkommens, dem Exekutionsantrag lediglich die Übersetzung einer Ausfertigung des Schiedsspruches anschloß, die nicht mit der Bestätigung der Vollstreckbarkeit versehen war. Dem ist noch hinzuzufügen, daß auch die Ausfertigung des Originals des Schiedsspruches in der serbokroatischen Fremdsprache, die gemäß der zit. Bestimmung vorzulegen gewesen wäre, fehlt. Das Rekursgericht konnte daher aus den von ihm zutreffend angeführten Bestimmungen auch eine Anwendung des Genfer Abkommens vom 26. September 1927, betreffend die Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, BGBl. Nr. 343/1930, auf den vorliegenden Rechtsfall in Betracht ziehen. Dieses ist im Verhältnis zwischen Österreich und Jugoslawien weiterhin rechtswirksam, weil eine allfällige Ratifikation des Übereinkommens vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, BGBl. Nr. 200/1961, gemäß dessen Art. VII (2) das Genfer Abkommen vom Jahre 1927 zwischen den Vertragsstaaten in dem Zeitpunkt und in dem Ausmaß außer Kraft tritt, in dem dieses Übereinkommen für sie verbindlich wird, durch Jugoslawien im österreichischen Bundesgesetzblatt bisher nicht kundgemacht worden ist. Das Rekursgericht hat die Voraussetzungen für die Bewilligung der Exekution nach dem Genfer Abkommen jedoch ohne jede weitere Erörterung für gegeben erklärt und ohne zu beachten, daß danach, insbesondere nach Art. 4 (1), die Vorlage zahlreicher Urkunden und Unterlagen gefordert wird und die betreibende Gläubigerin dieser Verpflichtung nur teilweise entsprochen hat. So bestehen aufklärungsbedürftige Widersprüche in der Bezeichnung des Schiedsgerichtes in der Schiedsklausel und im Schiedsspruch, und es hat die betreibende Partei beispielsweise auch keine Urkunden und Unterlagen vorgelegt, aus denen sich ergibt, daß das Schiedsgericht nach den auf das Schiedsverfahren anwendbaren Rechtsvorschriften gebildet worden ist (Art. 1 (2) lit. c, Art. 4 (1) Z. 3), von welchem Erfordernis es nicht absehen durfte (ebenso die Entscheidung EvBl. 1961 Nr. 125 S. 187); die "Urschrift des Schiedsspruches" oder eine beweiskräftige "Abschrift" desselben hätte gleichfalls vorgelegt werden müssen (Art. 4 (1) Z. 1).
Tatsächlich hat die betreibende Gläubigerin ihren Antrag nicht auf das erwähnte Genfer Abkommen, sondern auf das Vollstreckungsabkommen, BGBl. Nr. 115/1961, gestützt. Die Voraussetzungen für eine Bewilligung der Exekution wären gegeben, sobald die Antragstellerin, den Bestimmungen des Art. 5 lit. a und b entsprechend, nicht nur eine Übersetzung einer mit der Bestätigung der Rechtskraft versehenen Ausfertigung des Schiedsspruches, sondern auch eine Ausfertigung des Originals des Schiedsspruches, diese im Urtext sowie in der deutschen Übersetzung neben der Bestätigung der Rechtskraft auch mit der Bestätigung der Vollstreckbarkeit versehen, vorliegt. Die bisherige Nichtvorlage des erwähnten Schriftstückes und der noch fehlenden Bestätigung rechtfertigt jedoch noch nicht die Abweisung des Gesuches; es liegt ein Formgebrechen vor, das durch einen Auftrag zur Verbesserung gemäß §§ 84, 85 ZPO., § 78 EO. behoben werden kann (SZ. XXXV 119, JBl. 1958 S. 629).
Aus diesem Grund war dem Revisionsrekurs im Sinne einer Aufhebung der untergerichtlichen Entscheidungen stattzugeben und die Rechtssache an das Erstgericht, das der betreibenden Gläubigerin den angeführten Verbesserungsauftrag zu erteilen haben wird, zurückzuverweisen.
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