Spruch:
Eine Mehrheit von Personen ist nur dann als Bieter und Ersteher zuzulassen, falls sie sich dem Gericht gegenüber solidarisch zur Erfüllung der Versteigerungsbedingungen verpflichten. Es bedarf zur Bewirkung dieser aus den Bestimmungen der Exekutionsordnung zwingend abzuleitenden Solidarverpflichtung keiner ausdrücklichen Erklärung
OGH 4. März 1970, 3 Ob 12/70 (KG Ried/I R 141/69; BG Engelhartszell E 1103/67)
Text
Bei der im Zwangsversteigerungsverfahren E 1103/67 des Erstgerichtes für 10. Jänner 1968 angeordneten Versteigerungstagsatzung erklärte der Realitätenvermittler Alois M als ausgewiesener Vertreter von Josef F und Friedrich H, die in Zwangsversteigerung gezogene Liegenschaft je zur Hälfte für beide von ihm vertretenen Personen erwerben zu wollen. In der Folge wurde die Liegenschaft rechtskräftig dem Josef F und Friedrich H zugeschlagen. Die Versteigerungsbedingungen, das Protokoll über den Versteigerungstermin und der Beschluß über die Zuschlagserteilung enthalten keine ausdrückliche Bestimmung darüber, ob bei einer Mehrheit von Erstehern die Ersteher solidarisch zur Erfüllung der Versteigerungsbedingungen verpflichtet sind.
Da die Ersteher die Versteigerungsbedingungen nicht erfüllten - neben dem Vadium von 50.000 S war nur eine Meistbotsrate in Höhe von 150.000 S durch Josef F erlegt worden - kam es zur Wiederversteigerung.
Mit rechtskräftigem Beschluß vom 25. März 1969 stellte das Erstgericht den Meistbotsausfall mit 1.102.838.15 S zuzüglich Zinsen fest und sprach aus, daß jede auf das Meistbot gewiesene Person zur Hereinbringung dieses Betrages, soweit er nicht durch das Vadium und die erlegte Meistbotsrate gedeckt ist, zugunsten der Verteilungsmasse auf das übrige Vermögen der Ersteher Exekution führen könne. Auch in diesem Beschluß, welcher keinen Leistungsbefehl enthält, wurde nicht ausdrücklich ausgesprochen, ob die beiden Ersteher den Meistbotsausfall zur ungeteilten Hand oder nach Kopfteilen zu ersetzen verpflichtet sind.
Die von der betreibenden Partei auf Grund dieses Beschlusses zur Hereinbringung von 902.838.50 S s A zugunsten der Verteilungsmasse gegen beide Ersteher zur ungeteilten Hand beantragte Fahrnisexekution und Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung wurde vom Erstgericht zur Gänze bewilligt.
Infolge eines bloß vom Erstverpflichteten erhobenen Rekurses änderte das Rekursgericht die Exekutionsbewilligung mit dem angefochtenen Beschluß dahin ab, daß es die Exekution gegen den Erstverpflichteten nur in Ansehung eines Teilbetrages von 376.419.07 S s A und gegen den Zweitverpflichteten in Ansehung des weiteren Teilbetrages von 526.409.08 S s A bewilligte und das Mehrbegehren abwies. Das Rekursgericht vertrat die Auffassung, daß mehrere Ersteher für den Meistbotsausfall nur nach Kopfteilen haften, die Abänderung in Ansehung des Zweitverpflichteten begrundete es trotz des von ihm erkannten Verstoßes gegen die Rechtskraft mit der Vermeidung "weiterer Verwicklungen".
Diesen Beschluß bekämpft die betreibende Partei lediglich in Ansehung der Fahrnisexekution, weil hinsichtlich der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung die Exekution gegen den Erstverpflichteten eingestellt und deren Vollzug gegen den Zweitverpflichteten abgelehnt wurde.
Im Hinblick auf die Mitteilung des Bezirksgerichtes Hopfgarten als Exekutionsgerichtes hinsichtlich des Erstverpflichteten, daß das Exekutionsverfahren am 14. August 1969 eingestellt worden sei, war zunächst der Umfang dieser Exekutionseinstellung zu klären, weil der betreibenden Partei bei gänzlicher Exekutionseinstellung in Ansehung des Erstverpflichteten das erforderliche Rechtsmittelinteresse gefehlt hätte (vgl Heller - Berger - Stix, 648 u.a), Aus dem beigeschafften Akt E .../69 des BG Hopfgarten ergibt sich jedoch, daß lediglich die Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung eingestellt wurde. Im Umfang der Anfechtung ist daher das Rechtsmittelinteresse der betreibenden Partei gegeben.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei Folge. Der angefochtene Beschluß der hinsichtlich der Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung als nicht in Beschwerde gezogen unberührt blieb, wurde im übrigen (Fahrnisexekution und Kostenentscheidung) 1. in Ansehung des Zweitverpflichteten als nichtig aufgehoben und 2. in Ansehung des Erstverpflichteten dahin abgeändert, daß die Fahrnisexekutionsbewilligung des Erstgerichtes zur Gänze mit der Abweichung wiederhergestellt wurde daß der vollstreckbare Anspruch richtig 902.838.15 S - statt 902.838.50 S - s A beträgt.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Nichtbeachtung der Rechtskraft bildet einen Nichtigkeitsgrund (Fasching IV, 106, RZ 1958, 27, JBl 1962, 640 u v a). Da solidarisch verpflichtete Personen keine einheitliche Streitpartei bilden (Fasching II 196, RZ 1968, 108 ua), also abweichende Entscheidungen nicht zu unlösbaren Verwicklungen führen, ferner der Zweitverpflichtete gegen den Beschluß des Erstgerichtes kein Rechtsmittel ergriffen hat, war die Entscheidung des Rekursgerichtes in Ansehung des Zweitverpflichteten wegen Verstoßes gegen die Rechtskraft als nichtig aufzuheben (Fasching IV 434, JBl 1956, 262 ua).
Hinsichtlich des Erstverpflichteten ist entscheidend, ob er für den Meistbotsausfall solidarisch mit dem Zweitverpflichteten oder nur nach Kopfteilen haftet.
Bei Beurteilung dieser Frage ist davon auszugehen, daß sämtliche Bestimmungen der Exekutionsordnung über die Zwangsversteigerung darauf abgestellt sind, daß nur eine Person als Ersteher auftritt. Daraus ist zwar nicht zu folgern, daß der anteilsmäßige Erwerb einer in Zwangsversteigerung gezogenen Liegenschaft durch mehrere Personen unzulässig wäre, doch sind in einem derartigen Fall mehrere Personen nur dann als Bieter und Ersteher zuzulassen, falls sie sich dem Gericht gegenüber solidarisch zur Erfüllung der Versteigerungsbedingungen verpflichten (Heller - Trenkwalder, Die EO in ihrer praktischen Anwendung[3], 501 Anm 45, GlU 8944). Die Richtigkeit dieser Auffassung ergibt sich am besten aus der Erwägung, daß es durch die Bestimmungen der Exekutionsordnung nicht gedeckt und in jeder Hinsicht unvertretbar wäre, die Wiederversteigerung bloß in Ansehung eines Liegenschaftsanteiles vorzunehmen, falls von mehreren Erstehern einer zunächst als Ganzes versteigerten Liegenschaft einzelne Ersteher das auf sie entfallende Meistbot berichtigen, andere hingegen nicht.
Daraus folgt jedoch abweichend von der in der Entscheidung GlU 8944 vertretenen Meinung, daß es zur Bewirkung dieser aus den Bestimmungen der Exekutionsordnung zwingend abzuleitenden Solidarverpflichtung keiner ausdrücklichen Erklärung bedarf, weil eine Haftung zur ungeteilten Hand auch ohne besondere Vereinbarung oder Erklärung immer dann anzunehmen ist, wenn sie sich aus der Natur des Geschäftes von selbst ergibt (ebenso SZ 27/289, EvBl 1967/86, JBl 1969, 556 u a).
Demnach haben sich beide Ersteher mit dem hier durch ihren Vertreter gestellten Anbot inhaltlich bereit erklärt, alle sich aus dem Zuschlag ergebenden Verbindlichkeiten zur ungeteilten Hand zu erfüllen (bei einer ausdrücklichen anderweitigen Erklärung hätten sie als Bieter gar nicht zugelassen werden dürfen). Unter dieser Voraussetzung erfolgte somit sowohl die Erteilung des Zuschlages als auch die Feststellung des Meistbotsausfalles nach § 155 Abs 2 EO. Anders wäre die Rechtslage lediglich dann, falls - entgegen dem aufgezeigten Rechtscharakter des anteilsmäßigen Zuschlages an mehrere Ersteher und daher materiell unrichtig - ausdrücklich und rechtskräftig bloß eine Verpflichtung nach Kopfteilen übernommen worden wäre.
Demzufolge haften die beiden Ersteher hier entgegen der Meinung des Rekursgerichtes zur ungeteilten Hand für den Meistbotsausfall. Der Beschluß des Erstgerichtes war daher in Ansehung des Erstverpflichteten im Umfang der Anfechtung wiederherzustellen.
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