Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Mit einstweiliger Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom 23. Februar 1989 wurde der verpflichteten Partei mit dem Sitz im Fürstentum Liechtenstein verboten, durch Übersendung von ausgefüllten Erlagscheinen an Teilnehmer des österreichischen Fernschreibnetzes für Inserate zu werben, wenn nicht auf den Erlagscheinen in der Rubrik Zahlungszweck oder mit einem deutlichen, unmißverständlichen und unübersehbaren Hinweis in dieser Rubrik auf eine andere Stelle der Werbeaussendung in eindeutiger und unmißverständlicher Weise darauf hingewiesen wird, daß für die Einschaltung eines Inserates in ein Druckwerk der verpflichteten Partei geworben wird, mit der der so Beworbene bisher keine Geschäftsverbindung hatte.
Anlaß für die Erlassung der einstweiligen Verfügung waren von der verpflichteten Partei verwendete PSK-Empfang- und Erlagscheine mit Allonge.
Mit der Behauptung, die verpflichtete Partei habe Ende März/Anfang April durch Versendung von Empfang- und Erlagscheinen einer Bank nebst Allonge mit einem ähnlichen Inhalt gegen die einstweilige Verfügung verstoßen, beantragte die betreibende Partei beim Titelgericht die Bewilligung der Exekution gemäß § 355 EO und die Verhängung einer Geldstrafe von mindestens 30.000 S durch das Exekutionsgericht, als welches das Exekutionsgericht Wien bezeichnet wurde, sowie die Bewilligung einer Forderungsexekution zur Hereinbringung der Kosten des Exekutionsantrages.
Das Erstgericht bewilligte die Exekution nach § 355 EO, wobei die Verhängung der Beugestrafe dem Exekutionsgericht vorbehalten wurde, und die Forderungsexekution zur Hereinbringung der Exekutionskosten, und übermittelte die Akten dem Exekutionsgericht Wien.
Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der Exekutionsantrag zur Gänze abgewiesen wurde, und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes 300.000 S übersteigt.
Das Gericht zweiter Instanz wies darauf hin, daß die verpflichtete Partei ihren Sitz im Fürstentum Liechtenstein habe und nach Art. 1 Abs 3 Z 5 des österreichisch-liechtensteinischen Vollstreckungsvertrages die von einem österreichischen Gericht erlassene einstweilige Verfügung in Liechtenstein nicht vollstreckt werden könne. Es fehle an der Zuständigkeit eines inländischen Exekutionsgerichtes, das einen Strafvollzugsbeschluß fassen könne. Die einstweilige Verfügung könne daher auch in Österreich nicht vollstreckt werden. Für die gemäß § 4 Abs 1 Z 1 EO allein mögliche Bewilligung einer Exekution, die nach der Aktenlage nicht vollzogen werden könne, fehle aber ein Rechtsschutzbedürfnis.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist im Ergebnis nicht berechtigt.
Bei der Vollstreckung eines Unterlassungstitels gegen eine verpflichtete Partei, die ihren Wohnort oder Sitz nicht in Österreich hat, ist zu beachten, daß die Zwangsmittel eines Staates grundsätzlich nur für sein Staatsgebiet wirksam sind (EvBl 1972/288 = ZfRV 1972, 301 mit Besprechung von Hoyer 303). Für Liechtenstein ist weiters darauf hinzuweisen, daß gemäß Art. 1 Abs 3 Z 5 des österreichisch-liechtensteinischen Vollstreckungsvertrages vom 5. Juli 1973, 1975/114, einstweilige Verfügungen auf Grund dieses Abkommens weder anerkannt noch vollstreckt werden. Daraus ergibt sich aber, daß die betreibende Partei ein Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung einer Exekution im Inland hätte.
Richtig ist, daß bei der Unterlassungsexekution im Sinne des § 18 Z 4 EO dasjenige Bezirksgericht als Exekutionsgericht einzuschreiten hat, in dessen Sprengel die erste Exekutionshandlung tatsächlich vorzunehmen ist, das ist bei einer Unterlassungsexekution nach § 355 EO die Zustellung der Exekutionsbewilligung nebst Strafbeschluß, also der Wohnort/Sitz der verpflichteten Partei (Heller-Berger-Stix 2584; EvBl 1979/26). Bei fehlendem inländischem Wohnort/Sitz besteht daher gemäß § 4 Abs 1 Z 1 EO wohl für die Exekutionsbewilligung ein Gerichtsstand, wenn wie hier der Exekutionstitel von einem inländischen Gericht stammt, es fehlt aber an der örtlichen Zuständigkeit eines Exekutionsgerichtes. Dieser Mangel kann jedoch durch eine Ordination nach § 28 JN behoben werden. Eine solche Ordination wurde kürzlich zu 3 Nd 4/89 bewilligt.
Die Zustellung einer solchen Exekutionsbewilligung oder auch von Strafbeschlüssen ist nach dem österreichisch-liechtensteinischen Rechtshilfevertrag vom 1. April 1955, BGBl. Nr. 1956/213, idF BGBl. 1968/99, nicht ausgeschlossen. Tatsächlich war in der vorliegenden Exekutionssache die Zustellung sowohl des Exekutionsbewilligungsbeschlusses des Titelgerichtes als auch des Strafbeschlusses des Exekutionsgerichtes im Rechtshilfeweg erfolgreich (ON 3 und 7 des Aktes 14 E 6599/89 des Exekutionsgerichtes Wien).
Die Wirksamkeit einer solchen Exekution erstreckt sich nur auf das Inland. Anders als etwa im Fall der Entscheidung SZ 55/98 geht es hier nicht um eine von der verpflichteten Partei zu erzwingende Verfügung im Ausland, sondern um im Inland zu unterlassende Handlungen. In die Gebietshoheit des ausländischen Staates wird daher nicht eingegriffen. Dies unterscheidet den vorliegenden Fall auch von der Pfändung einer wegen ausländischen Wohnsitzes des Drittschuldners im Ausland gelegenen Forderung (EvBl 1959/302, EvBl 1972/288).
Es liegt auch nicht der Fall einer von vorneherein aussichtslosen Exekution vor; denn nach den Behauptungen der betreibenden Partei verfügt die verpflichtete Partei über ein inländisches Bankkonto, auf dem die Zahlungen von Kunden eingehen, die das inkriminierte Angebot der verpflichteten Partei annehmen, sodaß die Eintreibung verhängter Geldstrafen im Inland nicht unmöglich ist.
Wegen des Sitzes der verpflichteten Partei im Ausland durfte daher der Exekutionsantrag nicht abgewiesen werden. Die Abweisung ist aber im Ergebnis aus einem anderen Grund, nämlich deshalb berechtigt, weil der von der betreibenden Partei behauptete Verstoß nicht unter das Verbot des herangezogenen Exekutionstitels fällt.
Die als Exekutionstitel dienende einstweilige Verfügung untersagt nur die wettbewerbswidrige Werbung durch die Übersendung von ausgefüllten Erlagscheinen. Unter einem Erlagschein wird nach österreichischem Sprachgebrauch die Zahlkarte oder der Einzahlungsschein der Post verstanden (Duden, Das Große Wörterbuch der deutschen Sprache Band II S 734, Stichwort "Erlagschein"). Die bei Sparkassen oder Banken üblichen Empfang- und Zahlscheine fallen nicht unter den Wortlaut des Verbotes. Zwar ist nach der wettbewerbsrechtlichen Judikatur des Obersten Gerichtshofes ein Verstoß gegen die sogenannte "kleine Generalklausel des Wettbewerbsrechtes" nach § 2 UWG nicht etwa auf eine Werbung mittels Erlagscheinen der Post beschränkt (ÖBl. 1975, 83; RdW 1989, 64; ÖBl. 1989, 74; MuR 1988, 208). Im vorliegenden Fall war aber im Titelverfahren ein mitentscheidender Punkt bei der Beurteilung der Wettbewerbswidrigkeit die Möglichkeit einer Verwechslung mit einem von der Post und nicht von einem privaten Anbieter versendeten Erlagschein, weshalb ein besonders deutlicher Hinweis darauf nötig gewesen wäre, daß an den Empfänger nur ein Angebot auf Abschluß eines Werkvertrages gerichtet werde (Hinweis auf das Posthorn-Emblem und ein Telefonsymbol sowie auf die Ähnlichkeit der für das amtliche Telefonbuch gebräuchlichen Abkürzung ATB mit der Firmenbezeichnung der verpflichteten Partei T***. Der jetzt behauptete neue Verstoß ist daher dem der einstweiligen Verfügung zugrunde liegenden Verstoß nicht gleichwertig. Die einstweilige Verfügung untersagt nur eine konkret angeführte Werbung mit Erlagscheinen, nicht jedoch ähnliche Verstöße anderer Art. Im Zweifel gehen alle Unklarheiten eines Exekutionstitels zu Lasten der betreibenden Partei (JBl 1958, 98; EFSlg 44.152 ua). Für die jetzt bescheinigte Werbeaktion der verpflichteten Partei steht damit zumindest im Zweifel der betreibenden Partei noch kein Exekutionstitel zur Verfügung. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 78 EO und die §§ 40 und 50 ZPO.
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