OGH 3Ob120/92

OGH3Ob120/9216.12.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Graf als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Hermine P*****, vertreten durch Dr.Harry Fretska, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichteten Parteien 1. Astrid B***** und 2. Hans B*****, beide ***** vertreten durch Dr.Katharina Rueprecht, Rechtsanwältin in Wien, wegen zwangsweiser Räumung, infolge Revisionsrekurses des Aufschiebungswerbers Walter Z*****, vertreten durch Dr.Eduard Pranz ua, Rechtsanwälte in St.Pölten, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 5.August 1992, GZ 48 R 591/92-12, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 30.Juni 1992, GZ 55 C 21/92 g-8, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt, die Aufschiebung der Exekution jedoch vom Erlag einer Sicherheit von S 100.000,-- abhängig gemacht wird.

Die Kostenentscheidung im Beschluß des Rekursgerichtes bleibt aufrecht.

Die betreibende Partei und die verpflichteten Parteien sind schuldig, dem Aufschiebungswerber die mit S 3.264,-- (darin S 544,-- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Die Revisionsrekursbeantwortung der verpflichteten Parteien wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Verpflichteten kündigten der betreibenden Vermieterin das Mietverhältnis an den Geschäftsräumlichkeiten 3 - 5 im Haus ***** in ***** Wien für den 30.April 1992 gerichtlich auf. Gegen die ihr am 6. April 1992 zugestellte Aufkündigung hat die Vermieterin keine Einwendungen erhoben. Auf ihren Antrag bewilligte das Erstgericht am 21. Mai 1992 die Exekution durch zwangsweise Räumung des Geschäftslokals mit Lagerräumen. Als Termin der Räumung wurde der 17. Juli 1992 angesetzt.

Am 17.Juni 1992 langte beim Erstgericht die Klageschrift des Aufschiebungswerbers ein, mit der er gegen die Exekution Widerspruch nach § 37 EO erhob, weil er Hauptmieter der von der Räumungsexekution betroffenen Geschäftsräumlichkeit sei. Er habe schon im Jänner 1990 von der Erstverpflichteten deren im Mietgegenstand betriebenes Unternehmen erworben und Betrieb, Warenbestand, Inventar, Kundenstock und Verbindlichkeiten sowie das Geschäftslokal übernommen. Die Mietrechte seien auf ihn nach § 12 Abs. 3 MRG übergegangen. Der damalige Hauseigentümer habe davon Kenntnis gehabt. Mit dieser auf Unzulässigerklärung der Räumungsexekution gerichteten Klage verband der Exszindierungskläger den Antrag auf Aufschiebung der Räumungsexekution.

Das Erstgericht schob die Räumungsexekution bis zur Beendigung des Widerspruchsprozesses auf. Die Behauptung des Aufschiebungswerbers, es habe eine Unternehmensveräußerung stattgefunden, sei glaubhaft, sein gegen die Exekution gerichteter Schritt nicht offenbar aussichtslos. Eine Sicherheitsleistung sei nicht erforderlich, weil der Aufschiebungswerber seit April 1992 laufend den Mietzins gerichtlich hinterlege.

Das Rekursgericht wies über die Rekurse der betreibenden Partei und beider Verpflichteter den Aufschiebungsantrag ab. Der Exszindierungskläger begründe die Unzulässigkeit der Exekution damit, daß ihm die Erstverpflichtete das in dem Geschäftsraum betriebene Unternehmen im Jahr 1990 verkauft und übergeben habe. Da aber beide Verpflichteten Mitmieter des Geschäftsraumes gewesen seien, komme ein Übergang der Mietrechte auf den Erwerber nach § 12 Abs 3 MRG nicht in Betracht. Die Unternehmensveräußerung bloß durch einen der Mithauptmieter könne nicht zum Eintritt des Erwerbers führen, weil sonst der Unternehmenskäufer Mithauptmieter würde und das Recht des Vermieters, die Anhebung des Hauptmietzinses bis zur Angemessenheitsgrenze zu begehren, vereitelt würde. Ein bloßer Mithauptmieter könne die Rechtsfolgen des § 12 Abs 3 MRG durch Veräußerung seines im Bestandobjekt betriebenen Unternehmens nicht auslösen. Da schon nach den eigenen Ausführungen des Aufschiebungswerbers in seiner Klage seine Prozeßführung wenig erfolgversprechend sei, müsse die Aufschiebung verweigert werden.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Aufschiebungswerbers ist zulässig und teilweise berechtigt.

Die Aufschiebung einer Exekution ist auch bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen nicht zu bewilligen, wenn der als Aufschiebungsgrund herangezogene Schritt des Aufschiebungswerbers mit hoher Wahrscheinlichkeit aussichtslos ist; es darf aber dem Ergebnis des darüber eingeleiteten Verfahrens nicht vorgegriffen werden (Heller-Berger-Stix 550 f; Holzhammer FS Fasching 227; Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht3 92 f; JBl 1956, 206; SZ 46/120 RdW 1986, 114; MietSlg 40.837 uva). Diese Prüfung erfolgt auf Grund des Vorbringens in der exekutionsrechtlichen Klage in Verbindung mit den Ergebnissen eines allenfalls der Entscheidung über den Aufschiebungsantrag vorangegangenen Verfahrens nach § 55 Abs 3 EO. Danach stützt sich hier der Aufschiebungswerber auf den Übergang der Mietrechte nach § 12 Abs 3 MRG infolge der Veräußerung des im Mietgegenstand betriebenen Unternehmens an ihn und auf die Weiterführung dieses Unternehmens im Mietgegenstand. In der Klage hat er nur behauptet, die Erstverpflichtete habe ihm ihr im Mietgegenstand betriebenes Unternehmen "R*****" verkauft. Bei seiner Einvernahme vor dem Erstgericht am 29.Juni 1992 gab der Aufschiebungswerber aber an, der Zweitverpflichtete habe ihm am 9. Jänner 1990 erklärt, er müsse das Geschäft übernehmen, und beide Verpflichtete hätten ihm versprochen, den Übergang der Mietrechte mit dem Hauseigentümer zu besprechen, doch sei dieser verstorben. Er habe dann die neue Eigentümerin vom Kauf des Unternehmens unterrichtet.

Aus der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 10.Jänner 1991 zu 7 Ob 684/90 läßt sich für den Standpunkt des Rekursgerichtes nichts ableiten. Der Oberste Gerichtshof wies dort die Revision der Räumungsklägerin zurück, weil es auf die vom Berufungsgericht als erheblich angesehene Rechtsfrage der Weitergabe des von einem Hauptmieter im Mietgegenstand betriebenen Unternehmens bei einer Mehrheit von Hauptmietern gar nicht ankomme, wenn keine endgültige Übertragung der Rechte am Unternehmen erfolgte.

Die Bedenken des Rekursgerichtes, im Wege der Unternehmensveräußerung nach § 12 Abs 3 MRG den Austausch eines Mithauptmieters zuzulassen, sind gewichtig. Der Aufschiebungswerber meint aber gar nicht, neben dem Zweitverpflichteten bloß anstelle der Erstverpflichteten Mithauptmieter zu sein, sondern beruft sich, wie sich bei seiner Vernehmung durch die Erstrichterin ergab, darauf, daß durch die mit Zustimmung beider Mithauptmieter erfolgte Veräußerung des Unternehmens die Hauptmietrechte auf ihn allein übergegangen seien. Stellt aber der Mithauptmieter, der selbst nicht Unternehmer ist, das Bestandobjekt dem anderen Mitmieter zur Gänze zum Betrieb dessen Unternehmens zur Verfügung, so entspricht es der Zielsetzung des § 12 Abs 3 MRG, die Vertragsübernahme durch den Unternehmenswerber zu erleichtern (vgl. Fenyves in Korinek-Krejci, HBzMRG 312 ff), weil die Verfügungsmacht des Unternehmers über sein Unternehmen arg beschnitten wäre, wenn es einem Unternehmenserwerber nicht möglich wäre, das zum Unternehmen gehörige Hauptmietrecht mit zu erwerben (Schuppich, Die Neuordnung des Mietrechts, 118), und den Übergang der Mietrechte auch dann anzunehmen, wenn alle Mitmieter der Veräußerung des Unternehmens durch dessen Inhaber und dem Übergang ihrer Hauptmietrechte auf den Erwerber zustimmen. Vermieden werden muß nur, daß im Wege des § 12 Abs 3 MRG bloß die Auswechslung eines Mithauptmieters erfolgt. Haben also beide Verpflichteten dem Übergang ihrer Mietrechte auf den Erwerber des Unternehmens, das die Erstverpflichtete im Mietgegenstand betrieben hatte, zugestimmt, so kann ein Fall des § 12 Abs 3 MRG vorliegen. Es trifft daher nicht zu, daß diese Prozeßführung von Anfang an mit hoher Wahrscheinlichkeit aussichtslos ist. Ob tatsächlich mit Zustimmung der beiden Verpflichteten die Veräußerung des von der Erstverpflichteten im Mietgegenstand betriebenen Unternehmens stattfand und ob der Erwerber dieses Unternehmen dort fortführte, wird im Rechtsstreit zu klären sein. Ohne Vorwegnahme dieses Ergebnisses kann aber nicht vorweg die Aufschiebung wegen Aussichtslosigkeit dieser gegen die Räumungsexekution eingeleiteten Aktion des Aufschiebungswerbers verweigert werden.

Die weitere Verzögerung des sich aus dem Titel für beide Teile ergebenden Anspruches kann - gleich ob die Zahlung des Mietzinses gewährleistet ist oder nicht - zu Schäden der betreibenden Partei führen, weil etwa eine günstigere Verwertung der Geschäftsräume naheliegt. Die Aufschiebung ist daher vom Erlag einer angemessenen Sicherheit abhängig zu machen (§ 44 Abs 2 Z 3 EO).

Mit dieser Abänderung ist der erstgerichtliche Beschluß wieder herzustellen.

Da kein Fall der Zweiseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens vorliegt, ist die Revisionsrekursbeantwortung der verpflichteten Parteien unstatthaft.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 74, 78 EO und auf den §§ 41 und 50 ZPO, weil die betreibende und die verpflichteten Parteien durch ihre Rekurserhebung einen Zwischenstreit um die Exekutionsaufschiebung auslösten, ihrerseits aber mit den Rekursen gegen die erstgerichtliche Entscheidung insoweit erfolgreich waren, als die Aufschiebung nur gegen eine Sicherheit zu gewähren ist.

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