Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Am 24. März 1989 erließ das Erstgericht ein in Rechtskraft erwachsenes Versäumungsurteil, mit welchem die Verpflichteten schuldig erkannt wurden, ab sofort beim Vertrieb der periodischen Druckschrift "Kurier" das Ankündigen und/oder Durchführen (einschließlich dem Veröffentlichen der Gewinner und/oder dem Verteilen der Gewinne) von Gewinnspielen und/oder anderen Werbemaßnahmen zu unterlassen, bei denen Preise nicht unbedeutenden Wertes verlost werden oder der Erhalt von Preisen sonst von einem Zufall abhängig ist, wenn dabei - etwa durch die Teilnahmebedingungen oder die Art der Ankündigung - der Eindruck erweckt wird, daß zur Teilnahme der Erwerb der Druckschrift notwendig oder zumindest förderlich ist, insbesondere ab sofort das Ankündigen und/oder Durchführen (einschließlich dem Veröffentlichen der Gewinner und/oder dem Verteilen der Gewinne) von Gewinnspielen zu unterlassen, bei denen Preise nicht unbedeutenden Wertes verlost werden, wenn es zur Teilnahme erforderlich ist, aus dem "Kurier" einen Teilnahmeschein auszuschneiden und an den "Kurier" zu senden und/oder wenn die Namen der Gewinner im "Kurier" veröffentlicht werden.
Die betreibende Partei beantragte, ihr zur Erwirkung dieser Verpflichtung die Exekution zu bewilligen (ON 5). Die Verpflichteten führten nach wie vor laufend Gewinnspiele durch, die gegen die §§ 1, 28 UWG und damit gegen das Unterlassungsgebot des Versäumungsurteiles vom 24. März 1989 verstoßen. Es geschehe dies durch die - im Exekutionsantrag detailliert beschriebenen - Aktionen "Mensch und Tier in der Großstadt", "Die schönsten Augen Österreichs" und "Wanderbare Heimat".
Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution. Das Rekursgericht wies den Antrag ab.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist nicht berechtigt.
1. Aktion "Mensch und Tier in der Großstadt"
In der Beilage zum "Kurier" "Schöner leben" vom 16. Juni 1989 werden die Leser aufgefordert, ihre Gedanken zu dieser Aktion einzusenden; die besten Geschichten und Bilder würden veröffentlicht, die allerbesten am Ende des Jahres prämiert. Die zweite Instanz sieht darin keinen Verstoß gegen das Unterlassungsgebot, weil der Ankündigung nicht zu entnehmen sei, daß Preise nicht unbedeutenden Werts gewährt würden.
Dieser Ansicht pflichtet der Oberste Gerichtshof allerdings nicht bei. Die Ankündigung, es würden die "allerbesten" Einsendungen am Ende des Jahres "prämiert", enthält das Inaussichtstellen eines Preises. Es versteht sich auch von selbst, daß ein bei einem derartigen Wettbewerb in Aussicht gestellter Preis, auch wenn er zunächst nicht näher beschrieben wird, nicht einen unbedeutenden Wert haben kann, weil sonst der Anreiz zur Teilnahme daran zu gering wäre.
Der zugesicherte Preis sollte aber nach der Ankündigung im "Kurier" weder verlost werden, noch sollte sein Erhalt sonst von einem Zufall abhängig sein. Ein Zufall im Sinne des § 28 UWG liegt vor, wenn der Eintritt des Erfolges weder allein vom zielbewußten Handeln und der Geschicklichkeit des Leistungsansprechers, noch allein vom Willen des Leistungspflichtigen abhängt, sondern wenn noch weitere Bedingungen hinzutreten müssen, die außerhalb des Willens dieser Personen liegen (ÖBl. 1978, 45). Der Erfolg muß nicht ausschließlich vom Zufall abhängen; es genügt, wenn die den Zufall bestimmenden Tatsachen überwiegen (ÖBl. 1981, 53). Sollten aber die "allerbsten" Geschichten und Bilder prämiert, die Preise also Einsendungen zuerkannt werden, die von einer Person oder Personengruppe als die allerbesten angesehen werden, mag zwar Zufall mitbestimmend sein, wenn gerade eine bestimmte Geschichte von den Juroren (vom Juror) als die "allerbeste" beurteilt wird. Doch kann deswegen noch nicht gesagt werden, daß die den Zufall bestimmenden Tatsachen überwiegen, zumal die Lage hier nicht anders ist als bei jedem Wettbewerb, bei dem die Kriterien bei Beurteilung einer Leistung oder eines Werkes, wer also der Beste (was das Beste) ist, nicht ausschließlich von objektiv meßbaren Umständen abhängen. Die Ankündigung der Aktion "Mensch und Tier in der Großstadt" stellt deshalb keinen Verstoß gegen das Unterlassungsgebot dar.
2. Aktion "Die schönsten Augen Österreichs"
Zur Teilnahme dieser im "Kurier" vom 17. Juni 1989 vorgestellten Aktion war es notwendig, eine (in verschiedenen Geschäften erhältliche) Teilnehmerkarte an den "Kurier" zu senden. Der "Kurier" sollte eine "Vorauswahl" vornehmen und die "vorausgewählten" Einsender würden zur Schlußveranstaltung eingeladen, bei der es wertvolle Preise zu gewinnen gibt; überdies sollten die ersten 500 Einsender jedenfalls "ein Kosmetikprodukt" erhalten. Die verpflichtete Partei räumte (in ihrem Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung des Erstgerichtes) ein, daß diese Aktion als ein Gewinnspiel anzusehen ist, bei dem Preise nicht unerheblichen Werts zu gewinnen sind, wobei der Gewinn der Preise zumindest teilweise vom Zufall abhängig ist. Sie meinte jedoch, es bestehe beim Leser nicht der Eindruck, daß zur Teilnahme der Erwerb der Druckschrift notwendig oder doch förderlich sei. Das Rekursgericht teilte diese Auffassung.
Der Oberste Gerichtshof schließt sich dieser Meinung an. Eine Werbemaßnahme ist dann unbedenklich, wenn sie sich darauf beschränkt, die Aufmerksamkeit des Publikums auf die umworbene Ware zu lenken, ohne gleichzeitig - und sei es auch nur
versteckt - Kaufzwang auszuüben; für die Annahme einer unzulässigen Verknüpfung der Werbung mit dem Warenabsatz genügt es, daß ein nicht unbeträchtlicher Teil des angesprochenen Publikums bei flüchtiger Betrachtung den Eindruck gewinnen kann, ein Kauf der Ware (hier: Der Tageszeitung "Kurier") sei günstiger, weil dann etwa die Lösung besser gefunden werden könne, die Gewinnchancen höher seien oder sich sonst ein Vorteil bei der Veranstaltung biete (ÖBl. 1980, 81). Für die Annahme eines psychologischen Kaufzwanges genügt es, daß der Teilnehmer vom Veranstalter in eine derartige psychologische Zwangslage versetzt wird, daß er sich einem Geschäftsabschluß nach der Lebenserfahrung nur schwer entziehen kann (ÖBl. 1978, 69). Der Ankündigung, die ersten 500 Einsender erhielten ein Kosmetikprodukt, ist nicht zu entnehmen, daß derjenige, der zu diesen Einsendern gehört, von diesem Umstand aus dem "Kurier" erfährt, sodaß sich die Teilnehmer an der Aktion etwa veranlaßt sehen konnten, den "Kurier" an den folgenden Tagen aus diesem Grund zu erwerben, um sich zu informieren. Sie durften vielmehr der Überzeugung sein, das Produkt entweder zugesendet zu erhalten oder durch ein an sie gerichtetes Schreiben davon verständigt zu werden, wo sie ihren Gewinn abholen können; dies umso mehr als "vorausgewählte" Einsender zur Schlußveranstaltung ausdrücklich "eingeladen" werden sollten. Zur Teilnahme an dieser Schlußveranstaltung bedurfte es daher keineswegs des Erwerbs der Tageszeitung "Kurier": Der Erwerb einer Teilnehmerkarte war nicht an den Kauf der Zeitung gebunden, und die Verständigung von der Teilnahme an der Schlußveranstaltung erfolgte mittels "Einladung", worunter wohl nur ein an den Teilnehmer direkt gerichtetes Schreiben verstanden werden kann, nicht aber eine Veröffentlichung in der Zeitung, mag diese auch allenfalls (überdies) erfolgt sein. Auch die ersten 500 Einsender durften daher darauf vertrauen, von ihrem Gewinn persönlich benachrichtigt zu werden.
Entstand jedoch beim Leser nicht der Eindruck, zur Teilnahme an der Aktion sei der Erwerb der Druckschrift notwendig oder doch förderlich, haben die Beklagten damit nicht gegen das Unterlassungsgebot verstoßen.
3. Aktion "Wunderbare Heimat"
Der Tageszeitung "Kurier" lagen in der Zeit vom 18. bis 29. Juni 1989 im Rahmen dieser Aktion täglich Wanderkarten bei; auf diesen Umstand wurde in Werbeplakaten hingewiesen, in denen angekündigt wurde, der Kurier suche das "Wanderpaar des Jahres", Näheres erfahre man nur im Kurier.
Ist diese Aktion auch als Werbemaßnahme anzusehen, fehlt doch jeder Hinweis darauf, daß dabei Preise zu gewinnen seien (deren Erhalt überdies von einer Verlosung oder einem Zufall abhängig sein müßte). Allein der Umstand, daß es bei anderen Gewinnspielen des "Kuriers" etwas zu gewinnen gibt, läß noch keine Erwartung zu, das "Wanderpaar des Jahres" werde einen vom Zufall abhängigen Preis nicht unerheblich Werts erhalten.
Mit Recht hat deshalb die zweite Instanz auch in dieser Aktion einen Verstoß gegen das vorliegende Unterlassungsgebot nicht gesehen. Die Kostenentscheidung erfolgte nach § 78 EO, §§ 40, 50 ZPO.
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