OGH 3Ob111/86

OGH3Ob111/8610.12.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dr. Manfred D***, Universitätsassistent, 1190 Wien, Krapfenwaldgasse 57, vertreten durch Dr. Erich und Dr. Richard Proksch, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Gertrud F***, Pensionistin, 1140 Wien, Penzinger Straße 65/10, vertreten durch Dr. Rudolf Gürtler und Dr. Friedrich Halzl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft zum Zwecke der Auseinandersetzung, infolge Rekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Rekursgerichtes vom 4. September 1986, GZ 1b R 240/86-48, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Raabs an der Thaya vom 2.Juni 1986, GZ E 1503/86-45, "teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben" wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Im Versteigerungstermin vom 18.3.1986 wurde für die gemeinschaftliche Liegenschaft, die zum ausschließlich nach dem Grund- und Bauwert ermittelten Schätzwert und geringsten Gebot von 3,006.000 S ausgerufen wurde, kein Anbot gestellt (ON 40). Am 9.4.1986 beantragte die betreibende Partei neuerlich die gerichtliche Feilbietung und die Festsetzung geänderter Versteigerungsbedingungen, und zwar insbesondere eines Ausrufspreises und geringsten Gebotes von 1,503.000 S. Weiters beantragte die betreibende Partei, die verpflichtete Partei zur Äußerung aufzufordern, allenfalls eine Tagsatzung zur Feststellung der Versteigerungsbedingungen auszuschreiben (ON 43). Die zur Äußerung aufgeforderte verpflichtete Partei sprach sich gegen jede Änderung der Versteigerungsbedingungen aus (ON 44). Das Erstgericht bewilligte der betreibenden Partei die Anberaumung eines neuen Versteigerungstermines (Beschlußpunkt 1), wies aber den Antrag, diesem geänderte Versteigerungsbedingungen zugrundezulegen (Beschlußpunkt 2a) und eine Tagsatzung zur Feststellung der Versteigerungsbedingungen anzuberaumen (Beschlußpunkt 2b) mit der Begründung ab, daß eine Änderung der den rechtskräftigen Versteigerungsbedingungen zugrundegelegten Sachlage nicht einmal behauptet worden sei. Weil die Versteigerungsbedingungen nicht geändert würden, erübrige sich auch eine Tagsatzung zu ihrer Feststellung (ON 45).

Gegen den abweisenden Beschlußteil (Beschlußpunkte 2a und b) erhob die betreibende Partei Rekurs und beantragte darin die Aufhebung bzw. Abänderung im Sinn ihres erstinstanzlichen Antrages (ON 46).

Das Rekursgericht gab dem Rekurs Folge, "änderte den angefochtenen Beschlußpunkt 2b dahin ab, daß dem Antrag der betreibenden Partei auf Anberaumung einer Tagsatzung zur Feststellung der Versteigerungsbedingungen stattgegeben" werde, hob den angefochtenen Beschlußpunkt 2a auf und trug dem Erstgericht im Umfang der Aufhebung eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Der Ausrufspreis könne auch nach rechtskräftiger Feststellung der Versteigerungsbedingungen bei Einigung der Parteien oder geänderter Sach- oder Rechtslage abgeändert werden. Die betreibende Partei habe zwar keine wesentliche Änderung der Beschaffenheit der Liegenschaft und auch keine Änderung der Marktlage behauptet und glaubhaft gemacht, doch könnte die durch die Novellierung der Realschätzordnung geänderte Rechtslage eine Änderung der formell rechtskräftigen Versteigerungsbedingungen hinsichtlich des Ausrufspreises und damit des Vadiums rechtfertigen, weil der Schätzwert bisher nur nach dem Grund- und Bauwert, nicht aber auch unter Heranziehung des kapitalisierten Zinsertrages ermittelt worden sei. Da über die Versteigerungsbedingungen eine Tagsatzung anzuberaumen und eine Änderung der Versteigerungsbedingungen möglich sei, erweise sich der Antrag der betreibenden Partei auf Anberaumung einer Tagsatzung zur Feststellung der Versteigerungsbedingungen als berechtigt. Hinsichtlich des Antrages, dem neuen Versteigerungstermin geänderte Versteigerungsbedingungen zugrundezulegen, sei die Sache noch nicht spruchreif. Sollte es bei der anzuberaumenden Tagsatzung zu keiner diesbezüglichen Einigung kommen, werde ein neues Sachverständigengutachten einzuholen sein. Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält keinen Bewertungs- oder Zulässigkeitsausspruch und keinen Rechtskraftvorbehalt. Im Entscheidungskopf ist nach der Bezeichnung des Gegenstandes des Verfahrens (Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft) in einem Klammerausdruck der von beiden Parteien angegebene Streitwert von 162.000 S angeführt. In ihrem die gesamte Entscheidung des Rekursgerichtes bekämpfenden, als "außerordentlicher Revisionsrekurs" bezeichneten Rechtsmittel beantragt die verpflichtete Partei die Wiederherstellung der Entscheidung der ersten Instanz. Die Rekurswerberin vermeint, daß die gesamte Entscheidung der zweiten Instanz in Wahrheit eine abändernde sei, weshalb das Rechtsmittel auch ohne Rechtskraftvorbehalt, allenfalls als außerordentlicher Revisionsrekurs zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist nicht zulässig.

Da es sich bei der Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft zum Zwecke der Auseinandersetzung nach § 352 EO um ein Exekutionsverfahren handelt, gelten dafür grundsätzlich die allgemeinen Bestimmungen der §§ 1 bis 78 EO. Die Durchführung der Versteigerung richtet sich hingegen nach den im § 352 EO bezogenen §§ 272 bis 280 AußStrG (Heller-Berger-Stix III insb. 2537; RZ 1973/117).

Nach § 78 EO sind daher auch in diesem Exekutionsverfahren, soweit in der Exekutionsordnung nichts anderes angeordnet ist, die allgemeinen Bestimmungen der Zivilprozeßordnung über das Rechtsmittel des Rekurses anzuwenden, zu denen auch § 527 Abs.2 ZPO gehört (Fasching, Kommentar IV Anm. 13 zu § 527 ZPO, allerdings unter versehentlicher Bezugnahme auf § 65 EO; Heller-Berger-Stix I 663; RZ 1973/117).

Nach dieser Gesetzesstelle kann die Entscheidung des Rekursgerichtes, durch die der erstgerichtliche Beschluß aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen wird, nur dann angefochten werden, wenn in ihr bestimmt ist, daß erst nach Eintritt ihrer Rechtskraft mit dem Vollzug des der ersten Instanz erteilten Auftrages vorzugehen sei. Einen solchen Rechtskraftvorbehalt darf das Rekursgericht nur aussprechen, wenn der Rekurs nicht schon nach § 528 ZPO unstatthaft ist und es die Voraussetzungen des § 502 Abs.4 ZPO für gegeben erachtet.

Diese Rekursbeschränkung gilt nur für "echte" Aufhebungen (Fasching, Kommentar IV Anm.6 bis 9 zu § 527 ZPO; derselbe, Zivilprozeßrecht Rz 2010; Heller-Berger-Stix I 663 f). Eine solche liegt hier jedenfalls hinsichtlich des Teiles des erstgerichtlichen Beschlusses vor, mit dem der Antrag der betreibenden Partei, der neuen Versteigerung geänderte Versteigerungsbedingungen zugrundezulegen, abgewiesen wurde. Dieser angefochtene Beschlußpunkt 2a wurde vom Rekursgericht nicht nur ausdrücklich aufgehoben, diesbezüglich wurde dem Erstgericht auch eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung, also eine neuerliche Entscheidung über den vom Erstgericht abgewiesenen Antrag der betreibenden Partei, der neuen Versteigerung geänderte Versteigerungsbedingungen zugrundezulegen, aufgetragen. Das Rekursgericht teilte nämlich die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß die Versteigerungsbedingungen nicht zu ändern seien, nicht, nahm daher einen (sekundären) Verfahrensmangel an und trug dem Erstgericht deshalb eine Ergänzung des Verfahrens und eine neuerliche Entscheidung über diesen Gegenstand seines angefochtenen Beschlusses auf. Daß das Rekursgericht dabei die Rechtsansicht des Erstgerichtes teilweise ablehnte und das Erstgericht insoweit an seine abweisende Rechtsansicht band, ändert nichts daran, daß das Rekursgericht eine abschließende Entscheidung über den Antrag der betreibenden Partei auf Festsetzung geänderter Versteigerungsbedingungen aufgrund der bisherigen Verfahrensergebnisse noch nicht für möglich hielt und deshalb die verfrühte Entscheidung über diesen Antrag aufhob und dem Erstgericht eine neuerliche diesbezügliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftrug.

Der vorliegende Fall ist daher entgegen der Meinung der Rechtsmittelwerberin den von Fasching, Kommentar IV Anm.6 zu § 527 ZPO als abändernde Entscheidungen bezeichneten Fällen ebensowenig vergleichbar wie dem in der Entscheidung EvBl.1968/219 behandelten Fall.

Im Punkt 2b des erstgerichtlichen Beschlusses wurde der Eventualantrag der betreibenden Partei, eine Tagsatzung zur Feststellung der Versteigerungsbedingungen anzuberaumen, nur deshalb abgewiesen, weil sich eine solche Tagsatzung wegen der unter Punkt 2a derselben Entscheidung ausgesprochenen Abweisung des Antrages der betreibenden Partei, dem neuen Versteigerungstermin geänderte Versteigerungsbedingungen zugrundezulegen, erübrige. Der im Beschlußpunkt 2b erledigte Antrag der betreibenden Partei und auch der diesbezügliche Beschlußteil beziehen sich nur auf das der Feststellung geänderter Versteigerungsbedingungen vorangehende Verfahren und bilden daher nur einen unselbständigen Teil des die Feststellung geänderter Versteigerungsbedingungen betreffenden Antrages bzw. Entscheidungsteiles. Diese Abhängigkeit wird auch aus der Begründung der Rekursentscheidung deutlich, nach der der Antrag der betreibenden Partei auf Anberaumung einer Tagsatzung zur Feststellung der Versteigerungsbedingungen deshalb berechtigt sei, weil über die Versteigerungsbedingungen eine Tagsatzung anzuberaumen und eine Änderung der Versteigerungsbedingungen möglich sei. Der den Antrag der betreibenden Partei auf Anberaumung einer Tagsatzung zur Feststellung der Versteigerungsbedingungen betreffende, den diesen abweisenden Teil des erstgerichtlichen Beschlusses formell abändernde Teil der Rekursentscheidung ist daher kein gesondert bekämpfbarer Ausspruch, sondern stellt einen Teil des dem Erstgericht vom Rekursgericht nach Aufhebung der den Antrag der betreibenden Partei auf Feststellung geänderter Versteigerungsbedingungen abweisenden erstgerichtlichen Beschlußteiles erteilten Auftrages dar, über diesen Antrag nach Ergänzung des Verfahrens (und nach mündlicher Verhandlung mit den Parteien) neuerlich zu entscheiden.

Der insgesamt als Aufhebungsbeschluß im Sinn des § 527 Abs.2 ZPO zu wertende angefochtene Beschluß kann daher mangels eines Rechtskraftvorbehaltes nicht angefochten werden.

Deshalb ist der unzulässige Rekurs zurückzuweisen.

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