OGH 3Ob105/13g

OGH3Ob105/13g17.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** OEG, *****, vertreten durch Dr. Heinz-Wilhelm Stenzl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Johann Gelbmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen (restlich) 12.536,14 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 6.909 EUR sA) gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 19. Dezember 2012, GZ 38 R 173/12s-139, womit über die Berufungen beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 10. April 2012, GZ 12 C 1045/05m-131, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 559,15 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 93,19 EUR USt binnen 14 Tagen zu ersetzen).

Text

Begründung

Die Klägerin betrieb in von der Beklagten gemieteten Räumen ein Cateringunternehmen, dessen Betrieb durch von der Beklagten veranlasste Umbauarbeiten erheblich beeinträchtigt wurde. Im April 2005 begannen gelegentliche Störungen des Geschäftsbetriebs, welche sich im Mai 2005 steigerten, weshalb die Klägerin Anfang Juni 2005 ihre Tätigkeit im Bestandobjekt einstellen musste. Die Aufträge, die die Klägerin aufgrund fehlender Produktionsmöglichkeiten absagen musste, entsprachen nach Art und Umfang etwa jenen Aufträgen, die sie im Frühsommer 2004 annehmen und erfüllen konnte.

Im dritten Rechtsgang des von der Klägerin gegen die Beklagte geführten Schadenersatzprozesses wegen Nichterfüllung des Bestandvertrags ist nur mehr der von den Vorinstanzen mit 6.909 EUR sA ausgemessene, von der Klägerin abstrakt berechnete Verdienstentgang für den Zeitraum April bis September 2005 strittig. Die Vorinstanzen sprachen diesen abstrakt aufgrund des Vergleichs der Betriebsergebnisse des (unbehinderten) Vorjahrs 2004 mit dem beeinträchtigten Jahr 2005 zu. Das Berufungsgericht verwies darauf, dass die Klägerin Verdienstentgang für den Zeitraum April bis September 2005 geltend gemacht habe. Im April sei es zu keinen relevanten Störungen des Geschäftsbetriebs der Klägerin gekommen, weshalb ein allfälliger niedrigerer Betriebserfolg (im Vergleich zum Vorjahr) nicht auf die Nichterfüllung des Vertrags durch die Mieterin zurückgeführt werden könne. Im Mai habe die Klägerin trotz massiver Beeinträchtigungen einen höheren Umsatz erzielen können als im Vorjahr. Erst Anfang Juni habe sie den Betrieb einstellen müssen. Die pauschale Geltendmachung eines bestimmten Betrags an Verdienstentgang für April bis September decke auch den Zuspruch dieses Betrags für den tatsächlich nur im Zeitraum Juni bis September eingetretenen Verdienstentgang. Da bereits bei Gegenüberstellung von jenem Verdienst, den die Klägerin bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Vertragspflichten durch die Beklagte erwirtschaftet hätte, mit den tatsächlichen Einnahmen zuzüglich der ersparten Fixkosten ein den geltend gemachten Verdienstentgang bei weitem übersteigender Betrag als Verdienstentgang feststehe, komme es nicht darauf an, welche Kosten die Klägerin in diesem Zeitraum (gemeint: zusätzlich) tatsächlich aufgewendet habe. Daran könne auch die Berücksichtigung des bereits zugesprochenen Ersatzbetrags für im Mai 2005 verdorbene Ware nichts ändern. Dies betreffe den Ersatz eines Aufwands, den die Klägerin im Mai 2005 getätigt habe, der auf den erst ab Juni 2005 eingetretenen Verdienstentgang keine Auswirkung gehabt habe. Überdies würde dieser Aufwand ebenfalls noch in dem wie vorher dargestellt ermittelten Verdienstentgang Deckung finden und könne den Zuspruch nicht schmälern.

Die Revision ließ das Berufungsgericht (nachträglich) mit der Begründung zu, die Geltendmachung eines konkret berechneten Schadenersatzanspruchs für verdorbene Waren neben gleichzeitiger Geltendmachung eines abstrakt berechneten Verdienstentgangs, der auch jenen Zeitraum umfasse, in welchem der konkret geltend gemachte Schaden entstanden sei, widerspreche der Rechtsprechung, dass ein einheitlicher Schaden nicht durch Kombination konkreter und abstrakter Berechnungsmethoden ermittelt werden dürfe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten, mit der sie die Reduktion des von ihr zu ersetzenden Verdienstentgangs um 6.909 EUR sA anstrebt, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Der Oberste Gerichtshof hat mehrfach ausgesprochen, dass der vertragstreue Teil ein Wahlrecht hat, ob er seinen Schaden konkret oder abstrakt berechnet, ein einheitlicher Schaden aber nicht durch Kombination beider Berechnungsmethoden ermittelt werden kann (RIS-Justiz RS0018398). Teilbare Schäden können aber teilweise abstrakt und teilweise konkret berechnet werden (3 Ob 376/97h).

Aus den festgestellten monatlichen Umsatzerlösen der Klägerin ergibt sich, dass diese im April und Mai 2005 ungeachtet der sich verstärkenden Betriebsbeeinträchtigungen mehr Einnahmen erzielen konnte als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Daraus leitet das Berufungsgericht - unwiderlegbar - ab, dass der pauschal für den Zeitraum April bis September 2005 geltend gemachte Verdienstentgang in Wahrheit im Zeitraum Juni bis September 2005 entstand. Die Revisionswerberin verweist selbst auf die schlüssigen und widerspruchsfreien Ausführungen des Sachverständigen im erstinstanzlichen Verfahren, welche den getroffenen Feststellungen zugrunde liegen. Diese führen zu einem höheren Betriebsunterbrechungsschaden, als von den Vorinstanzen (wegen Berücksichtigung einer teilweise verjährten Klageausdehnung) zugesprochen wurde. Es bildet keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn das Berufungsgericht keine Kürzung des für den Zeitraum April bis September abstrakt berechneten Verdienstentgangs vornimmt, wenn dieser tatsächlich nur im Zeitraum Juni bis September stattgefunden hat, weil die in den Monaten April und Mai 2005 tatsächlich erzielten höheren Erlöse als im Vorjahr ohnehin in die Berechnung des Schadens für den Gesamtzeitraum eingeflossen sind.

Ebenso wenig zu beanstanden ist die Ablehnung der Vorinstanzen, den für den Warenverderb im Mai 2005 schon im vorherigen Rechtsgang zugesprochenen Ersatzbetrag zu berücksichtigen. Der Verdienstentgangsschaden ist im Hinblick auf die monatliche Berechnungsmöglichkeit als teilbar anzusehen. Die infolge von der Beklagten zu verantwortenden Ausfalls der Kühlanlage im Mai 2005 verdorbene Ware führte zu einem konkret berechneten und bereits erledigten Schadenersatzanspruch, der mit dem nach den getroffenen Feststellungen aus dem Zeitraum Juni bis September 2005 resultierenden Verdienstentgang nicht zu vermengen ist. Auch hier liegt kein Widerspruch der Berufungsentscheidung zu den Grundsätzen der Rechtsprechung vor.

Da die Klägerin auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hinwies, hat ihr die Beklagte gemäß §§ 41 und 50 ZPO die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

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