European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0030NC00005.18T.0221.000
Spruch:
Für die Bewilligung und den Vollzug der beantragten Exekution wird das Bezirksgericht Innere Stadt Wien als örtlich zuständiges Gericht bestimmt.
Begründung:
Die Antragstellerin erwirkte im Zusammenhang mit Ansprüchen nach dem UrhG gegen eine Gesellschaft mit Sitz in Luxemburg ein Urteil des Obersten Gerichtshofs (4 Ob 62/16w), wonach diese Gesellschaft zur Rechnungslegung über in Verkehr gebrachtes Trägermaterial verpflichtet ist.
Die Antragstellerin beantragt gemäß § 28 JN die Bestimmung eines österreichischen Gerichts, möglichst des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien, zur Bewilligung und Vollzug der Exekution nach § 354 EO. Sie brachte vor, dass die Schuldnerin den Titel nur zum Teil erfüllt habe und eine Exekutionsführung in Luxemburg nicht möglich sei, weil das Urteil keine Beugestrafe festlege. Zur Bescheinigung lege sie ein Schreiben luxemburgischer Rechtsanwälte vor.
Der Ordinationsantrag ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1.1 Die Bestimmung der Zuständigkeit durch den Obersten Gerichtshof nach § 28 JN, die auch in Exekutionssachen möglich ist (RIS‑Justiz RS0053178; RS0046326 [T2]; jüngst 3 Nc 3/18y), setzt das Fehlen der örtlichen Zuständigkeit voraus.
1.2 Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich bei der Exekution gemäß § 354 EO nach § 18 Z 4 zweiter Fall EO, wonach als Exekutionsgericht das Bezirksgericht einzuschreiten hat, in dessen Sprengel die erste Exekutionshandlung tatsächlich vorzunehmen ist. Diese die Zuständigkeit begründende erste Exekutionshandlung ist bei Exekutionen zur Erwirkung (vertretbarer oder unvertretbarer) Handlungen die Zustellung der Exekutionsbewilligung (3 Nc 8/10x).
1.3 Eine Ordination kommt hier in Betracht, weil die verpflichtete Partei keinen Sitz im Inland hat und es deshalb an einem Anknüpfungsgrund für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichts fehlt.
2.1 Als Rechtsgrundlage für die Bestimmung eines zuständigen Gerichts kommt im vorliegenden Fall nur § 28 Abs 1 Z 2 JN in Betracht.
2.2 Dieser Fall der Ordination besteht nur zu Gunsten einer Partei mit österreichischer Staatsbürgerschaft oder mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt oder Sitz in Österreich, was hier aufgrund des inländischen Sitzes der Antragstellerin erfüllt ist.
2.3 Zum anderen muss im Einzelfall die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder unzumutbar sein. Auch diese Voraussetzung liegt vor:
In der Entscheidung 3 Nc 104/02b hat der erkennende Senat ausführlich dargelegt, warum auf der Grundlage eines österreichischen Titels ein Unterlassungsexekutionsantrag in Frankreich und den Benelux‑Staaten, die das (französische bzw niederländische) Rechtsinstitut der astreinte bzw dwangsom kennen, unzumutbar ist (vgl auch 3 Nc 5/12h, 3 Nc 10/11t und 3 Nc 13/11h). Diesen Entscheidungen liegt zugrunde, dass in den Ländern des romanischen Rechtskreises der Schuldner schon im Urteil zur Vornahme einer Handlung und gleichzeitig zur Zahlung eines Zwangsgeldes (astreinte/dwangsom) an den Kläger für den Fall verurteilt wird, dass die Handlung nicht rechtzeitig vorgenommen wird (Jakusch in Angst/Oberhammer 3 § 3 EO Rz 18/3; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht7 Rz 1080; vgl 3 Nc 5/12h auch für Deutschland). Entsprechendes gilt für die hier angestrebte Exekution nach § 354 EO.
2.4 Die Antragstellerin hat die Unmöglichkeit einer Exekutionsführung in Luxemburg ausreichend dahin bescheinigt, dass eine Zwangsvollstreckung in Luxemburg die (in Österreich nicht bekannte) Auferlegung eines Zwangsgeldes durch das Titelgericht voraussetzt. Die Antragstellerin müsste daher wohl damit rechnen, dass ein Exekutionsantrag bzw ein Antrag auf Titelergänzung vom luxemburgischen Gericht abgewiesen wird (vgl auch Art 55 EuGVVO).
3. Die Voraussetzungen des § 28 Abs 1 Z 2 JN sind damit erfüllt, weshalb dem Antrag auf Ordination stattzugeben ist, auch wenn im betreffenden Staat die EuGVVO gilt.
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