European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0020OB00008.22Y.0222.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Die Vorinstanzen haben aus den Feststellungen über die polizeilichen Meldungen, die Schulausbildung, die geringfügige Beschäftigung und die medizinische Behandlung des Antragstellers den rechtlichen Schluss gezogen, dass sein gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitraum, für den er Unterhalt begehrt, in Österreich lag.
[2] 2. Der gewöhnliche Aufenthalt ist jener Ort, an dem jemand während einer längeren Zeit, wenn auch nicht ununterbrochen, aber doch hauptsächlich sich aufzuhalten pflegt. Es kommt darauf an, ob jemand tatsächlich einen Ort zum Mittelpunkt seines Lebens, seiner wirtschaftlichen Existenz und seiner sozialen Beziehungen macht (RS0046577 [T1]). Der Aufenthalt einer Person bestimmt sich ausschließlich nach tatsächlichen Umständen. Die Dauer des Aufenthalts ist für sich allein kein ausschlaggebendes Moment, wesentlich ist stets, ob Umstände vorliegen, die dauerhafte Beziehungen zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt anzeigen (RS0046577 [T6 und T9]). Das Bestehen eines gewöhnlichen Aufenthalts darf nicht mehr verneint werden, wenn der Aufenthalt über einen längeren Zeitraum gewährt hat und soziale Integration erfolgt ist (RS0046577 [T18]). Der gewöhnliche Aufenthalt wird bei einer Aufenthaltsdauer von ungefähr sechs Monaten als begründet angenommen, doch bedarf es auch dann einer genauen Prüfung der jeweiligen Umstände (RS0074198).
[3] 3. Soweit der Antragsgegner die Beurteilung der Vorinstanzen mit dem Hinweis auf eine Ausbildung des Antragstellers an einem Colégio in Brasilien von 2009 bis 2011 bekämpft, geht er nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, wonach diese Schulausbildung „über einen Computer“, also als Fernstudium (vgl auch Bd I ON 83), erfolgte. Auch dass sich der Antragsteller wiederholt im Ausland aufhielt– unter anderem zur medizinischen Behandlung in Kanada sowie in Brasilien – lässt per se rechtlich nicht auf einen ins Ausland verlegten gewöhnlichen Aufenthalt schließen und zeigt daher keine aufzugreifende Fehlentscheidung auf.
[4] 4. Soweit der Rechtsmittelwerber sekundäre Feststellungsmängel sieht, bekämpft er im Ergebnis unzulässig die vom Rekursgericht als ausreichend erachtete Tatsachengrundlage (RS0007236).
[5] Die behaupteten Verfahrensmängel betreffen das erstinstanzliche Verfahren, wurden vom Rekursgericht verneint und bilden daher im vorliegenden außerstreitigen Verfahren keinen Revisionsrekursgrund (RS0050037).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)