Spruch:
Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte hat dem Kläger die mit S 4.099,80 (darin S 214,80 Umsatzsteuer und S 1.200,- Barauslagen) und der Kläger hat dem Beklagten die mit S 1.666,50 (darin S 114,56 Umsatzsteuer und S 120,- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens je binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Im Vorprozess wurde festgestellt, dass der Beklagte dem Kläger für alle aus dem Unfall vom 26. 7. 1967 in Zukunft entstehenden Schäden zu 2/3 haftet (5 Cg 37/75-74 des Kreisgerichtes Krems an der Donau). Im gegenständlichen Rechtsstreit begehrt der Kläger vom Beklagten zuletzt einen Betrag von S 125.750,20 s. A., welcher Betrag sich zusammengesetzt aus S 40.000 Schmerzengeld für die vom Kläger in den Jahre 1976 bis 1980 erlittenen unfallskausalen Schmerzen und S 85.750,20 aus dem Titel des Verdienstentganges für die Jahre 1976 bis einschließlich 1980. Der Kläger brachte hiezu vor, dass er auch in den Jahren 1976 bis 1980 Schmerzen gehabt habe, für die ein Schmerzengeld von S 60.000 angemessen sei. Wegen der unfallsbedingten Dauerfolgen sei er nicht imstande, den erlernten Beruf als Maurergeselle auszuüben. Er arbeite deshalb als Korbflechter. Unter Berücksichtigung des von ihm als Maurergeselle erzielbaren Lohnes und seines tatsächlichen Lohnes als Korbflechter sowie der Mitverschuldensquote und seiner Versehrtenrente stelle sich sein Verdienstentgang für die Jahre 1976 bis 1980 auf S 85.750,20. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, dass der Kläger seit 1976 keine Schmerzen mehr habe. Er könne auch keinen Verdienstentgang geltend machen, weil es ihm möglich gewesen wäre, entweder in seinem früheren Beruf als Maurer oder in einem zumutbaren Verweisungsberuf, in dem er nur einen geringen Verdienstverlust gehabt hätte, tätig zu sein. Bezüglich jener Ansprüche, die sich auf einen Zeitraum von mehr als drei Jahren vor der Klagsanbringung (5. 11. 1979) beziehen, wendete der Beklagte Verjährung ein.
Das Erstgericht sprach dem Kläger S 69.400,52 s. A. (davon S 16.666,67 Schmerzengeld und S 52.733,85 Verdienstentgang) zu und wies das Mehrbegehren auf Zahlung von weiteren S 56.349,68 s. A. ab. Das Berufungsgericht erkannte über die Berufungen beider Teile dahin, dass es dem Kläger S 62.733,85 s. A. (davon S 10.000 Schmerzengeld; Verdienstentgang wie im Ersturteil) zusprach und das Mehrbegehren von S 63.016,35 s. A. abwies.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erheben beide Teile Revision - der Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung insoweit, als das Ersturteil in Ansehung des Schmerzengeldes abgeändert wurde, der Beklagte wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung insoweit, als das Klagebegehren nicht zur Gänze abgewiesen wurde - und stellen die entsprechenden Revisionsanträge.
Beide Parteien haben Revisionsbeantwortungen erstattet, in denen sie beantragen, der Revision der Gegenseite jeweils nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Beide Revisionen sind nicht gerechtfertigt.
Das Erstgericht stellte den Sachverhalt fest, wie er auf den Seiten 4 bis 9 der angefochtenen Entscheidung (= Seite 230 bis 235 des Aktes) wiedergegeben wird.
Rechtlich erachtete das Erstgericht, dass die Verjährungseinrede nicht berechtigt sei, weil ein rechtskräftiges Feststellungsurteil die Einrede der Verjährung für die Dauer von 30 Jahren hinsichtlich Ansprüche auf Schmerzengeld und Verdienstentgang im Sinne des § 1325 ABGB ausschalte. Was das Schmerzengeldbegehren anlange, so habe der Kläger auf Grund des Feststellungsurteils neuerlich Anspruch auf Schmerzengeld, weil das Erstgericht in seinem Urteil vom 21. 11. 1975 Schmerzengeld nur bis einschließlich 1975 zugesprochen habe. Unter Berücksichtigung der Schmerzperiode sei für die Jahre 1976 bis 1980 ein Schmerzengeld von S 25.000 angemessen, wovon unter Berücksichtigung des Mitverschuldens des Klägers ihm ein Betrag von S 16.666,67 gebühre. Was den Verdienstentgang betreffe, so sei dem Kläger nicht zumutbar, als Pendler zu arbeiten, weil er an seinem Wohnort eine Kleinlandwirtschaft betreibe und bis zum Unfall stets daheim gewohnt und täglich nur kurze Entfernungen zu einem Arbeitsplatz zurückgelegt habe. Die Schadensminderungspflicht bringe es für den Kläger nicht mit sich, größere Beschwer als vor dem Unfall auf sich zu nehmen. Unter Berücksichtigung des Quotenvorrechtes des Sozialversicherungsträgers nach § 332 Abs 1 ASVG und des Mitverschuldens des Klägers stehe daher dem Kläger ein Verdienstentgang von S 52.733,85 zu.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes über die vom Kläger in den Jahren 1976 bis 1980 erlittenen Schmerzen und billigte auch die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes durch das Erstgericht, wonach Verjährung der klagsgegenständlichen Ansprüche im Hinblick auf das erwähnte Feststellungsurteil nicht eingetreten sei und der Kläger seiner Schadensminderungspflicht nicht zuwidergehandelt habe.
Lediglich in Ansehung des Schmerzengeldes sei die Berufung des Beklagten berechtigt, und zwar insoferne, als für die von 1976 bis 1980 jährlich durch „höchstens" 10 Tage erlittenen Schmerzen, die nur minuten- und stundenweise aufgetreten seien, ein weiteres Schmerzengeld von - gekürzt um die Mitverschuldensquote - nur S 10.000 angemessen erscheine.
In der Mängelrüge seiner Revision macht der Beklagte geltend, im Hinblick auf die gerichtsbekannte ungünstige Wirtschaftslage im Waldviertel sei eine Prozessbehauptung des Beklagten, dass der Kläger in Erfüllung seiner Schadensminderungspflicht auch außerhalb der Verwaltungsbezirke Gmünd und Zwettl Arbeit als Maurer hätte finden können, entbehrlich gewesen. Auch fehlten Feststellungen dahin, dass der Kläger seit dem Jahre 1969 - seiner Umschulung auf Korbflechter - nicht mehr beim Arbeitsamt Gmünd und seit 1976 auch nicht mehr benachbarten Arbeitsamt Zwettl als arbeitssuchend gemeldet gewesen sei.
Da Feststellungsmängel in den Bereich der rechtlichen Beurteilung fallen und eine unrichtige Bezeichnung der Rechtsmittelgründe nicht schadet, ist auf das bezügliche Vorbringen des Revisionswerbers als Teil seiner Rechtsrüge bei deren Behandlung einzugehen. Das Berufungsgericht hat indes zutreffend Feststellungen in der aufgezeigten Richtung als entbehrlich erachtet, weil davon auszugehen ist, dass der Kläger im Zeitpunkt der Schädigung nicht „Pendler" war und es an jedem Hinweis darauf fehlt, dass er ohne den Unfall nicht auch weiterhin als Maurergeselle im näheren Bereich seines Heimatortes tätig geblieben wäre. Im Übrigen wäre es Sache des Beklagten gewesen, konkret zu behaupten und unter Beweis zu stellen, dass der Kläger eine seiner früheren Tätigkeit entsprechende Verdienstmöglichkeit schuldhaft ausgeschlagen hätte (SZ 48/27 = ZVR 1976/8 uva). Der Nachweis der abstrakten Möglichkeit, durch eine anderweitige Beschäftigung den Verdienstausfall zu verringern oder wettzumachen (EvBl 1965/127), oder gar der bloße Hinweis auf die schlechte Beschäftigungslage in einem bestimmten Landstrich und den Umstand, dass deshalb ein erheblicher Teil des Erwerbsfähigen „Pendlers" seien, genügen nicht. Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht des Klägers hat der Beklagte somit nicht bewiesen.
In Ansehung des Schmerzengeldes vertritt der Beklagte die Ansicht, dass ungeachtet der für die Jahre 1976 bis 1980 erhobenen Beschwerden mit dem im Vorprozess zugesprochenen Betrag von S 150.000 das Auslangen zu finden gewesen wäre. Der Kläger hingegen meint, dass der vom Erstgericht zuerkannte Betrag von weiteren (rechnerisch) S 25.000 angemessen sei.
Die von den Streitteilen hier vorgebrachten Gesichtspunkte vermögen indes nicht zu überzeugen. Im Vorprozess wurden nur die bis 1975 erlittenen abschätzbaren Schmerzen abgegolten, eine Globalbemessung fand daher - ausnahmsweise - nicht statt. Richtig ist, dass im Fall einer ergänzenden Schmerzengeldbestimmung dem Geschädigten insgesamt nicht mehr zugesprochen werden darf, als er bei einer einmaligen Globalbemessung erhalten hätte. Diese - nachträgliche - Bemessung mit insgesamt S 165.000 lässt indes den Zuspruch des Berufungsgerichtes, dies auch im Hinblick auf die laufende Geldwertverdünnung, nicht als rechtsirrig erscheinen.
Der Beklagte bekämpft schließlich die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass mit Rücksicht auf das im Vorprozess ergangene Feststellungsurteil Verjährung der Klagsansprüche nicht eingetreten sei. Verjährung liege jedenfalls hinsichtlich jener Verdienstentgangsansprüche vor, die mehr als drei Jahre vor der Klagseinbringung entstanden seien, weil es sich bei diesen Ansprüchen um solche auf wiederkehrende Leistungen handle.
Dem kann nicht beigepflichtet werden. Ein - wie hier vorliegendes - rechtskräftiges Feststellungserkenntnis schaltet die Einrede der Verjährung, abgesehen von wiederkehrenden Leistungen, für die Dauer von 30 Jahren aus (2 Ob 271/71 = SZ 45/8 = EvBl 1972/222 = JBl 1973, 154 = ZVR 1972/200; VersR 1955, 1166 = VersRsch 1976, 88). Diese „wiederkehrenden Leistungen" müssen aber im Feststellungsurteil bereits als solche bestimmt sein. Wenn also ein Urteil auf Feststellung der Schadenersatzpflicht zB auch die Verpflichtung zum Ersatz künftig fällig werdender Rentenbeträge in bestimmter Höhe in sich begreift, unterliegen dann diese künftig (dh nach dem Feststellungsurteil) verfallenden Renten neuerlich der dreijährigen Verjährung (vgl Geigel, Haftpflichtprozeß17 11, 70; Wussow UHR12 1322 am Ende; außer SZ 45/8 noch 2 Ob 316/70 =SZ 43/222 = EvBl 1971/162 = ZVR 1971/103; 2 Ob 9/79 uam). Ein solcher Fall liegt aber hier nicht vor.
Aus diesen Erwägungen war beiden Revisionen ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41 und 50 ZPO. Den Parteien gebührt jeweils Ersatz für die erfolgreiche Revisionsbeantwortung.
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