Spruch:
Der Ersatzanspruch für Leistungen, die im Hinblick auf eine später nicht zustande gekommene Ehe mit dem Empfänger erbracht werden, richtet sich bei bloßer Absicht, sich zu ehelichen, nach dem § 1435 AsGB. und nur bei einem gegenseitigen Versprechen, sich zu ehelichen, nach § 46 ABGB.
Entscheidung vom 2. Februar 1967, 2 Ob 7/67.
I. Instanz: Landesgericht Innsbruck; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.
Text
Der Kläger hat in der Klage behauptet, daß er im Jahre 1960 für die Beklagte beim Ausbau ihres Hauses Arbeiten geleistet und für Fahrten im Interesse der Beklagten auch seinen Kraftwagen zur Verfügung gestellt habe. Er habe daher Anspruch auf Entlohnung und Vergütung für 250 Arbeitsstunden. Dies ergäbe bei einem Stundenlohn von 13 S
29.250 S. Weiters habe er 8000 km Fahrten mit seinem Kraftwagen geleistet. Dies ergäbe, einen Kilometer mit 2 S berechnet, 16.000 S. Außerdem habe er Anschaffungen für die Beklagte in der Höhe von 1440 S gemacht. Die Beklagte sei ihm daher 46.690 S schuldig.
Die Beklagte hat Leistungen des Klägers überhaupt, eine Auftragserteilung an ihn und die Zusage einer Entlohnung bestritten und eingewendet, daß der Kläger nur deshalb nach I. gekommen sei, weil sie beide Heiratsabsichten gehabt hätten. Der Kläger habe sich am Bau zu Unrecht als ihr Vertreter ausgegeben und habe ihr dadurch einen Schaden zugefügt, daß er durch sein herausforderndes Wesen, die Arbeiter vertrieben habe. Der Kläger habe ihre volle Gastfreundschaft genossen und für die Zeit seiner Anwesenheit unentgeltliche Unterkunft und Verpflegung gehabt. In der Folge hat die Beklagte zufolge der von ihr an den Kläger erbrachten Leistungen Gegenforderungen in der Höhe von zusammen 12.605 S eingewendet.
Das Erstgericht hat mit seinem ersten Urteil die Beklagte verurteilt, dem Kläger 24.000 S zu bezahlen. Das Mehrbegehren von 22.690 S hat es abgewiesen. Dieses Urteil wurde nur von der Beklagten angefochten, sodaß die Abweisung des Klagemehrbegehrens rechtskräftig geworden ist.
Das Berufungsgericht hat der Berufung der Beklagten Folge gegeben, das erstgerichtliche Urteil im Umfange der Verurteilung (24.000 S) aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückverwiesen. Es hat die Feststellungen des Erstgerichtes, daß der Kläger an 100 Tagen je 15 Stunden zu einem Stundenlohn von 13 S gearbeitet habe und 3000 Fahrkilometer zum Preis von 1.50 S pro Kilometer mit seinem Kraftwagen für die Beklagte erbracht habe, übernommen. Das Berufungsgericht hat auch die rechtliche Beurteilung der Sache durch das Erstgericht insoweit gebilligt, als dieses der Ansicht war, daß zwar keine vertraglichen Abmachungen zwischen den Parteien bestanden hätten, der Kläger aber seine Arbeiten und Leistungen im Hinblick auf die in Aussicht genommene Eheschließung erbracht habe. Da dieser Grund weggefallen sei, sei er gemäß § 1435 ABGB. berechtigt, Ersatz für seine Leistungen zu begehren. Die Gegenforderungen der Beklagten hatte das Erstgericht aus dem Gründe nicht berücksichtigt, weil die Beklagte keine formelle Aufrechnungseinrede erhoben hatte. Diese Auffassung hat das Berufungsgericht nicht geteilt. Es war vielmehr der Ansicht, daß die von der Beklagten in Rechnung gestellten Leistungen berücksichtigt hätte werden müssen, weil der Untergang der Klagsforderung im Wege der Aufrechnung behauptet worden sei.
Das Erstgericht hat mit seinem zweiten Urteil die Beklagte verurteilt, dem Kläger statt der früher angenommenen 24.000 S nur 16.460 S zu bezahlen. Es hat die Gegenforderungen der Beklagten mit 7540 S festgestellt. Ein Mehrbegehren von 30.230 S wurde abgewiesen.
Gegen dieses Urteil hat wieder nur die Beklagte Berufung erhoben, der das Berufungsgericht nicht Folge gegeben hat.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten. Sie macht die Revisionsgrunde nach § 503 Z. 2 und 4 ZPO. geltend und beantragt, das angefochtene Urteil entweder aufzuheben und die Sache an eines der Untergerichte zurückzuverweisen oder es dahin abzuändern, daß auch das restliche Klagebegehren von 16.460 S abgewiesen werde.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Revision ist nicht gerechtfertigt.
Die Beklagte wendet sich gegen die rechtliche Beurteilung der Sache nach § 1435 ABGB. Sie ist der Meinung, daß das Berufungsgericht ein Verlöbnis zwischen ihr und dem Kläger annehmen und die Sache nach den §§ 46, 1247 ABGB. beurteilen hätte müssen. Es wäre daher zu prüfen gewesen, aus wessen Verschulden die Heirat nicht zustandegekommen sei. Zu einer eventuellen Beurteilung der Sache als Geschäftsführung ohne Auftrag nach § 1037 ABGB. fehlten die nötigen Feststellungen. Soweit nicht festgestellt worden sei, ob ein gegenseitiges Eheversprechen gegeben worden sei und welchen Teil das Verschulden an der Vereitlung der Eheabsicht treffe, seien auch Verfahrensmängel gegeben.
Diese Ausführungen sind nicht geeignet, dem Rechtsmittel zu einem Erfolg zu verhelfen. Ein Verlöbnis nach § 45 ABGB. setzt mehr voraus, als die bloße Absicht, sich zu ehelichen. Das Verlöbnis ist nach herrschender Lehre und Rechtsprechung ein gegenseitiges Versprechen, sich zu ehelichen. Es ist somit eine zweiseitige Willenserklärung und damit ein Vertrag oder Vorvertrag, dessen Auflösung gemäß § 46 ABGB. die Folge hat, daß der Teil, der keine gegrundete Ursache zu einem Rücktritt gegeben hat, Anspruch auf Ersatz des wirklichen Schadens hat, der ihm aus dem Rücktritt des anderen Teiles entstanden ist (siehe auch Wentzel im Klang Kommentar[2] I/1 327 ff. zu den §§ 45, 46 ABGB., GlUNF. 2114, SZ. XXXIII 135 u. a.).
Von all dem kann hier keine Rede sein. Ein gegenseitiges Versprechen der Parteien, sich zu ehelichen, ist von keiner Seite behauptet worden. Ein solches Vertragsverhältnis ist auch nach dem festgestellten Sachverhalt nicht anzunehmen. Der Kläger hat seinen Anspruch in der Klage auf eine Vereinbarung mit der befreundeten Beklagten gestützt. Die Beklagte hat dagegen eingewendet, daß der Kläger, wenn überhaupt, Leistungen im Hinblick auf eine Heiratsabsicht unentgeltlich erbracht habe und daß sie ihm aus demselben Grund gastfreundschaftliche Unterkunft und Verpflegung gewährt habe. Das Erstgericht brauchte daher die Frage, ob ein Verlöbnis bestanden hat, nicht zu erörtern und darüber auch keine Feststellungen zu treffen, aus wessen Verschulden das Verlöbnis aufgelöst wurde. Feststellungsmängel liegen nicht vor.
Für die Entscheidung des vorliegenden Falles ist es auch nicht wesentlich, aus welchem Grund es zu keiner Eheschließung zwischen den Parteien gekommen ist. Nach dem festgestellten Sachverhalt hat der Kläger die als erwiesen angenommenen Arbeiten geleistet, weil er der Meinung war, daß eine Ehe mit der Beklagten zustandekommen werde. Die Beklagte hat die Leistungen des Klägers zugelassen und angenommen und hat ihm aus demselben Motiv Unterkunft und Verpflegung gewährt. Da es zu einer Eheschließung nicht gekommen ist, ist der Grund für die gegenseitigen Leistungen weggefallen. Da nicht anzunehmen ist, daß die gegenseitigen Leistungen ohne den festgestellten Grund überhaupt erbracht worden wären, besteht kein Hindernis, die gegenseitigen Forderungen der Parteien gemäß § 1435 ABGB. zu beurteilen. Da der Grund für die gegenseitigen Leistungen weggefallen ist, sind die Parteien berechtigt, diese in Rechnung zu stellen. Danach ergibt sich auf Grund der Feststellungen der Untergerichte ein mehr für den Kläger in der Höhe von 16.460 S.
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