Spruch:
Die Ablehnung der Haftung durch den Unternehmer eines Werks schließt die Haftung für schuldhaft herbeigeführten Schaden nicht aus.
Eine Warnung im Sinne des § 1168a ABGB. muß erkennen lassen, daß die Befolgung der Anweisung des Bestellers das Mißlingen des Werkes zur Folge haben könnte. Eine bloß unzweckmäßige Anweisung des Bestellers muß keineswegs für das Werk schädlich sein.
Entscheidung vom 17. November 1954, 2 Ob 728/54.
I. Instanz: Kreisgericht Leoben; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.
Text
Die Untergerichte nahmen als erwiesen an, der Beklagte habe schon vor Ausführung der Generalreparatur im Herbst 1951 erklärt, mit Rücksicht auf das hohe Alter des Gattermaterials keine Garantie zu geben. Der Kläger sei damit einverstanden gewesen. Der eingetretene Schaden habe seine Ursache in folgendem:
Durch das Anschweißen des verlängerten Verstärkungslineals an einer Seite des rechten Stelzenschaftes sei an jener Stelle eine Querschnittänderung eingetreten, die eine ungünstige Beanspruchung des Stelzenschaftes zur Folge gehabt habe. Dieser Umstand habe zur Entstehung des Bruches dieser Stelze im November 1952 beigetragen. Der Bruch sei aber auch durch die unsachgemäße Schweißung des Stelzenschaftes ausgelöst worden. Der Stelzenbruch selbst sei wieder die Ursache für den am Gatter eingetretenen weiteren Schaden gewesen.
Trotz dieser Feststellungen gelangte das Erstgericht in seinem Zwischenurteil zur Feststellung, daß der Klagsanspruch dem Gründe nach nicht zu Recht bestehe.
Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren als dem Gründe nach zu Recht bestehend erkannte.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Erklärung des Beklagten, er könne keine Garantie übernehmen, auch für die zweite Reparatur Geltung habe. Diese Erklärung hat nach den Feststellungen der Untergerichte ihre Stütze in den Aussagen des Beklagten und des Zeugen Ing. L. Nach deren Angaben kann sie nur die Bedeutung einer Ablehnung eines Garantievertrages haben. Übernehmen einer Garantie heißt Einstehen für einen Erfolg ohne Rücksicht auf Verschulden. Daß dies der Beklagte ablehnte, ist begreiflich, weil er, wie er zutreffend als Begründung für diese Haltung angab, in das Material des zur Reparatur genommenen Gegenstandes nicht habe hineinsehen können. Eine solche Erklärung mag den Ausschluß der Haftung aus dem Titel der Gewährleistung in sich schließen, ein Ausschluß der Haftung für schuldhaft herbeigeführten Schaden ist darin nicht zu erblicken. Ein solcher Ausschluß, der im übrigen in bezug auf auffallende Sorglosigkeit unwirksam wäre (SZ. II/104), müßte ausdrücklich vereinbart sein.
Das Berufungsgericht ist aber auch im Recht, wenn es bereits nach den Feststellungen des Erstgerichtes den Kausalzusammenhang zwischen unsachgemäß ausgeführter Reparatur und dem im November 1952 eingetretenen Schaden als gegeben ansieht.
Da der Stelzenbruch und damit der Schaden am Vollgatter auf eine unsachgemäße Arbeit, also auf eine Handlung der Gehilfen des Beklagten, zurückzuführen ist, für die dieser nach § 1313a ABGB. einzustehen hat, ist die Kausalität zwischen schädigendem Ereignis und Schadenseintritt gegeben.
Da das Verschulden dem Beklagten anzulasten ist, können seine Ausführungen über die Verteilung der Beweislast auf sich beruhen.
Der Beklagte und seine Gehilfen mußten als Fachleute wissen, daß eine unsachgemäße Arbeit, wie sie verrichtet wurde (Schweißung, einseitige Anbringung eines Verstärkungslineals) zu den in der Folge tatsächlich eingetretenen Schäden führen kann. Es ist daher auch bei Ablehnung der Anwendbarkeit des § 1298 ABGB. die Haftung des Beklagten im Gründe der §§ 1295, 1297 ABGB. gegeben.
Wenn endlich die Revision versucht, den Kläger für den Schadenseintritt verantwortlich zu machen, ist ihr auch dies mißglückt. Bei unrichtigen Anweisungen des Bestellers ist der Unternehmer nur dann für den eingetretenen Schaden verantwortlich, wenn er den Besteller nicht gewarnt hat. Die Verstärkung des Stelzenschaftes durch Seitenlineale wäre bei sachgemäßer Ausführung technisch vertretbar. Nun steht aber fest, daß die Art, wie die Verstärkung vorgenommen wurde, zu gefährlichen Querschnittseinschnürungen geführt hat. Aber selbst wenn man annehmen würde, der Kläger habe eine solche einseitige Verstärkung des Schaftes gewünscht, ist damit für den Beklagten nichts gewonnen. Das Erstgericht hat nur festgestellt, daß ein Angestellter des Beklagten den Kläger auf die Unzweckmäßigkeit seines Verlangens hingewiesen habe. Darin liegt aber, wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat keine Warnung im Sinne des § 1168a ABGB. Von einer solchen könnte nur dann gesprochen werden, wenn die Stellungnahme des Unternehmers zur Weisung des Bestellers erkennen ließe, daß die Befolgung der Weisung ein Mißlingen des Werkes zur Folge haben könne. Die Richtigkeit dieser Auffassung ergibt sich aus dem Zusammenhang, in den die Warnung mit dem Mißlingen des Werkes in der genannten Gesetzesstelle gebracht wird. Eine unzweckmäßige Vorrichtung muß keineswegs für das Werk schädlich sein. Sie mag auch bloß den gewünschten Zweck nicht erfüllen und daher unzweckmäßig sein. Die Stellungnahme des Angestellten des Beklagten zur Weisung des Klägers stellt demnach keine Warnung dar, die den Beklagten von seiner Haftung befreien würde.
In der Klagserzählung wird vorgebracht, daß eine Behebung des Schadens nicht möglich, oder doch mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden wäre. Damit stimmt überein, wenn der Sachverständige sagt, es sei bei dem hohen Alter des Gatters dessen Umbau wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen. Das Erstgericht ist dem Sachverständigengutachten gefolgt und hat ausdrücklich die oben wiedergegebene Stellungnahme des Sachverständigen zum Inhalte seiner Feststellungen gemacht. Das Berufungsgericht läßt allerdings einen Hinweis vermissen, ob es sich diesen Feststellungen anschließe. Der Beklagte bekämpft die oben angeführte Feststellung der ersten Instanz in seiner Berufungsmitteilung nicht. Er sagt überdies in seiner Revision nicht, daß die Behebbarkeit des Schadens wirtschaftlich vertretbar wäre. Ist die Schadensbehebung nicht tunlich, dann ist eine Wiederherstellung des vorigen Zustandes nicht möglich und demnach gemäß § 1323 ABGB. Geldersatz zu leisten. Es liegt also in der Unterlassung der Feststellung des Berufungsgerichtes über die Behebbarkeit oder Unbehebbarkeit des "Mangels" kein wesentlicher Verfahrensmangel, der die Aufhebung des Urteiles rechtfertigen würde. Das Berufungsgericht hat daher mit Recht das erstgerichtliche Urteil im Sinne der Feststellung abgeändert, daß der Schadenersatzanspruch des Klägers dem Gründe nach zu Recht bestehe.
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