Normen
Zivilprozeßordnung §1
Zivilprozeßordnung §6
Zivilprozeßordnung §160
Zivilprozeßordnung §1
Zivilprozeßordnung §6
Zivilprozeßordnung §160
Spruch:
Zustellung eines Beschlusses nach § 160 Abs. 2 ZPO. an eine verfahrensfremde Person, die zufällig den Namen der Beklagten hat. Rekurslegitimation und Kostenersatzanspruch dieses Prozeßfremden.
Entscheidung vom 16. September 1953, 2 Ob 695/53.
I. Instanz: Kreisgericht Steyr; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.
Text
Da die Vertreter der Parteien nach der Befreiung Österreichs zunächst als Rechtsanwälte nicht zugelassen gewesen sind, ist gemäß § 160 Abs. 1 ZPO. eine Unterbrechung des Verfahrens eingetreten. Später sind beide Parteienvertreter wieder zugelassen worden und der Vertreter des Beklagten gestorben, ehe das unterbrochene Verfahren wieder aufgenommen worden ist. Am 16. Mai 1953 beantragte die Klägerin die Wiederaufnahme des Verfahrens und gab als Anschrift des Beklagten "Wien, I., G.gasse 6/4" bekannt.
Das Erstgericht erteilte dem Beklagten unter Bekanntgabe der allfälligenSäumnisfolgen die erforderlichen Aufträge und verfügte die Zustellung des Antrages, seines Beschlusses und einer Rechtsmittelbelehrung an den Beklagten. Daraufhin brachte der im Antrag als Beklagter bezeichnete Dr. Rudolf L. gegen den Beschluß einen Rekurs ein, in dem er seine Identität mit dem im Verfahren geklagten Dr. L. bestritt.
Das Rekursgericht gab, nachdem durch Erhebungen festgestellt worden war, daß der Rekurswerber nicht der gesuchte Beklagte sei, dem Rekurs Folge, "behob" den erstgerichtlichen Beschluß und trug der Klägerin den Ersatz der Rekurskosten auf.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte den von der Klägerin angefochtenen Beschluß des Rekursgerichtes.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der im Revisionsrekurs vertretenen Ansicht, daß es "vollauf" genügt hätte, wenn der fälschlich in Anspruch genommene Dr. Rudolf L. dem Gerichte mitgeteilt hätte, daß er nicht der Beklagte sei, kann nicht beigepflichtet werden. Eine solche Mitteilung wäre, da im Verfahren Anwaltszwang besteht, nur beachtlich gewesen, wenn sie unter Beiziehung eines Rechtsanwaltes zustande gekommen wäre. Daß sich der Rekurswerber nach der Zustellung des Beschlusses zuerst an den Klagevertreter gewendet hat, geht sowohl aus seinem Rekurs als auch aus dem Revisionsrekurs selbst hervor. Dieser hat jedoch nach dem Vorbringen derKlägerin im Revisionsrekurs von Dr. Rudolf L. noch nähere Auskünfte verlangt und dem Gerichte gegenüber nichts unternommen. Dr. Rudolf L. ist aber nicht verpflichtet gewesen, sich in eine weitere Korrespondenz mit dem Klagevertreter einzulassen und damit Gefahr zu laufen, die Rechtsmittelfrist zu versäumen. Hätte er überhaupt auf den ihm zugestellten Gerichtsbeschluß nicht reagiert, wäre seine Identität mit dem geklagten Dr. Rudolf L. angenommen und ihm erst im weiteren Verfahren, wenn er sich daran beteiligte, Gelegenheit geboten worden, seine Identität mit der beklagten Partei zu bestreiten; auch hiebei hätte er sich der Mitwirkung eines Rechtsanwaltes bedienen müssen. Daraus folgt aber, daß der im Antrage als Beklagter bezeichnete Dr. Rudolf L. den erstgerichtlichen Beschluß nicht auf sich beruhen lassen mußte und zur Erhebung eines Rekurses berechtigt gewesen ist. Das Rekursgericht hat daher mit Recht, nachdem die Richtigkeit der Rekursbehauptungen erwiesen war, den einen Auftrag an den Rekurswerber enthaltenden erstgerichtlichen Beschluß beseitigt.
Aus diesen Erwägungen war dem Revisionsrekurs, der übrigens, soweit er gegen die Kostenentscheidung gerichtet ist, gemäß § 528 ZPO. unzulässig ist, ein Erfolg zu versagen.
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