Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, das auf die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahren gleich weiteren Verfahrenskosten erster Instanz Bedacht zu nehmen haben wird.
Text
Begründung
Die Klägerin begehrt die Bezahlung eines Betrages von S 484.800 samt Zinsen mit der Begründung, sie habe von der Beklagten eine Mühle zur Verarbeitung von Feldspat gekauft und der Beklagten sei bekannt gewesen, daß die Maschine für einen Kunden in Nigeria bestimmt gewesen sei. Die Maschine sei für den bedungenen Gebrauch nicht geeignet, weshalb die Klägerin Mängelrüge erhoben habe und Aufhebung des Vertrages (Wandlung) begehre.
Die Beklagte bestritt die behaupteten Mängel, brachte vor, die Klägerin habe keine ordnungsgemäße und rechtzeitige Mängelrüge erhoben, und wendete überdies ein, die Klägerin müßte im Rahmen der Rückabwicklung Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises die gelieferte Mühle samt Zubehör zurückstellen.
Auf den zuletzt angeführten Einwand erwiderte die Klägerin, sie könne eine "Zug-um-Zug-Leistung" weder urteilsmäßig begehren noch anbieten, weil die nigerianischen Behörden einer Ausfuhr der Mühle nicht zustimmen würden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Aus seinen Feststellungen (S. 8-13 der Urteilsausfertigung = AS 64 ff) ist folgendes hervorzuheben:
Nachdem bereits im Jahr 1983 zwischen den Parteien ein Schriftwechsel wegen der Lieferung der Anlage zur Vermahlung von Feldspat geführt worden war, fand am 11. April 1984 bei der Beklagten eine Besprechung statt, an der u.a. auch Ulrich B***, der ein technisches Büro in Lagos betreibt und die Mühle in der Folge für einen nigerianischen Kunden weiter erworben hat, teilnahm. Die Klägerin erteilte der Beklagten einen mündlichen Auftrag. Ein Export der Mühle nach Nigeria durch die klagende Partei war jedoch nicht möglich, weil keine Einfuhrgenehmigung erteilt wurde. Die Klägerin bezeichnete daher am 11. Mai 1984 die gesamte Mühle als Ersatzteilbestellung und bestellte sie so bei der Beklagten. Nur dadurch wurde der Export nach Nigeria aus zoll- und devisenrechtlichen Gründen möglich. Die Mühle wurde im Juni 1984 in Montageeinheiten zerlegt und verpackt und nach Nigeria verschifft, wo sie Ende Juni 1984 ankam. Ulrich B*** verkaufte die Mühle an einen nigerianischen Endabnehmer weiter, überwachte aber den Zusammenbau der Mühle in Lagos. Schon bei im Juli 1984 durchgeführten Probemahlungen zeigte sich, daß die Siebe zu klein waren und der Verschleiß mehrerer Teile der Mühle viel rascher eintrat, als von der Beklagten zugesichert. Der nigerianische Endabnehmer richtete am 7. August 1984 ein Fernschreiben an die Klägerin, das diese sofort an die Beklagte weiterleitete und in welchem die Siebe als falsch bezeichnet wurden. Die starke Abnützung wurde mit Fernschreiben vom 20. August 1984 gerügt. Von diesem Tag bis Oktober 1984 kam es zu einem regen Austausch von Fernschreiben und Telefongesprächen zwischen den Streitteilen, die Beklagte überließ der Klägerin verstärkte Bestandteile für die Mühle und auch andere Siebe. Trotzdem konnte die vorzeitige Abnützung nicht verhindert und die gewünschte Mahlleistung nicht erbracht werden. Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, die Frist zur Mängelrüge bei Maschinen beginne erst dann zu laufen, wenn diese betriebsfähig montiert seien. Die Mängelrüge sei daher als rechtzeitig anzusehen, weshalb die Beklagte für die von ihr gelieferte Mühle Gewähr zu leisten habe. Ob der Wandlungsanspruch begründet sei, könne aber dahingestellt bleiben, weil die Klägerin erklärt habe, eine Rückstellung der Mühle sei nicht möglich. Da die Klägerin ihre Gegenleistung verweigere, müsse ihr unbedingtes Leistungsbegehren abgewiesen werden. Der Wandlungsanspruch nach § 932 ABGB entfalle, wenn der Käufer in schuldbarer Weise die Rückstellung der Sache unmöglich gemacht habe. Die Klägerin habe in Kenntnis des Umstandes, daß die Mühle nach Nigeria nicht exportiert werden dürfe, die zerlegte Maschine als Ersatzteillieferung deklariert, weshalb es für sie klar gewesen sei, daß ein Rücktransport nicht möglich sein werde. Sie habe in voller Kenntnis, daß die Mühle im Fall einer Wandlung nicht zurückgestellt werden könne, den Export nach Nigeria durchgeführt. Darin liege ein stillschweigender Verzicht auf Wandlung. Dieser Verzicht sei so lange anzunehmen, bis die Klägerin beweise, an der Erfüllung der ihr obliegenden gesetzlichen Pflicht zur Rückstellung des Empfangenen ohne ihr Verschulden verhindert worden zu sein. Diesen Beweis habe sie aber weder angeboten noch erbracht.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es führte aus, entgegen der von Reischauer in Rummel, ABGB (Rdz 4 zu § 932) geäußerten Meinung bestehe ein Wandlungsrecht bei zu vertretender Nichtrückstellbarkeit nicht. Der Wandlungsanspruch nach § 932 ABGB entfalle dann, wenn der Käufer in schuldhafter Weise die Rückstellung unmöglich gemacht habe, wobei den Käufer die Beweislast dafür treffe, daß die Unmöglichkeit der Rückstellung von ihm nicht verschuldet sei. Wenn eine Ausfuhr der Mühle nach Nigeria nicht oder nur mit äußersten Schwierigkeiten möglich wäre, handle es sich um einen Umstand, der in erster Linie in die Sphäre der Klägerin falle, ihren Organen habe schon im Zeitpunkt des Kaufabschlusses klar sein müssen, daß für den Fall der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen eine Rückabwicklung des Geschäftes kaum möglich sein werde. Es sei ausschließlich Angelegenheit der Klägerin, ob ihr eine Rückabwicklung möglich sei. Die Klägerin habe durch Ausführung der Mühle nach Nigeria deren Rückstellung nahezu unmöglich gemacht. Überdies habe die Klägerin weder behauptet noch bewiesen, daß bei entsprechenden Bemühungen, insbesondere bei neuerlicher Zerlegung der Maschine, eine Rückstellung gänzlich ausgeschlossen wäre. Keinesfalls habe sie aber bewiesen, daß die Unmöglichkeit der Rückstellung von ihr nicht zu vertreten sei, sodaß der Wandlungsanspruch nach § 932 ABGB entfalle. Der Klagsanspruch sei aber auch deshalb nicht begründet, weil im Fall der Unmöglichkeit der Wiederherstellung ein angemessenes Entgelt zu leisten sei, dessen Höhe sich nach dem verschafften Nutzen richte. Die Klägerin habe die Mühle weiterveräußert und werde dies nach den Erfahrungen im geschäftlichen Verkehr nicht ohne Nutzen gemacht haben. Die Klägerin habe aber eine Zug-um-Zug-Leistung und damit auch eine Vergütung des verschafften Nutzens abgelehnt. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin. Sie macht die Anfechtungsgründe der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend und beantragt Abänderung im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens, hilfsweise Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht.
Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Sinne des Aufhebungsantrages berechtigt. Richtig ist zwar, daß nach ständiger Rechtsprechung der Wandlungsanspruch nach § 932 ABGB entfällt, wenn der Käufer in schuldhafter Weise die Rückstellung der Sache unmöglich gemacht hat (SZ 42/180; JBl. 1976, 98; 6 Ob540/78; 8 Ob 527/83). Ohne Verschulden des Bestellers schließt eine Unmöglichkeit der Rückstellung die Wandlung jedoch nicht aus (HS 4318; 7334; JBl. 1976, 98 u.a.). Daß die Unmöglichkeit der Rückstellung in der Sphäre des Bestellers liegt, genügt allein nicht, es muß ihn ein Verschulden treffen. In der bestimmungsgemäßen Weiterveräußerung kann kein Verschulden erblickt werden (vgl. Ehrenzweig-Mayrhofer, Schuldrecht, Allg. Teil 445). War der Beklagten bekannt, daß die Mühle für eine Weiterveräußerung nach Nigeria bestimmt war, dort aber nicht eingeführt werden durfte und daher eine Deklarierung der zerlegten Maschine als Ersatzteillieferung vorgesehen war, dann kann es der Klägerin nicht als Verschulden angelastet werden, daß sie auf diese Weise vorging, auch wenn dadurch ein Rücktransport der Maschine nach Österreich unmöglich gemacht wurde. Der Frage, ob die Beklagte Kenntnis davon hatte, welcher Bestimmung die Klägerin die Mühle zuführen wolle, kommt daher Bedeutung zu. Eine Feststellung hierüber fehlt indessen.
Sollte die Beklagte von der Bestimmung der Maschine keine Kenntnis gehabt haben, müßte der Klägerin, die die Maschine in ein außereuropäisches Land offensichtlich unter Umgehung der dortigen Rechtsvorschriften exportierte, ein Verschulden an einer Unmöglichkeit der Rückstellung, das eine Wandlung ausschließen würde, zugerechnet werden. Hatte die Beklagte hingegen Kenntnis vom Vorhaben der Klägerin, wäre ein derartiges Verschulden nicht anzunehmen. In diesem Fall müßte die Klägerin einen Beweis für ihre Behauptung erbringen, daß eine Rückstellung der Maschine nicht möglich sei. Erbringt sie diesen Beweis nicht, dann kann sie bei Verweigerung der Rückstellung die Rückzahlung des Kaufpreises nicht fordern. Gelingt der Klägerin hingegen der Beweis, daß ein Transport der Mühle nach Österreich nicht möglich ist, dann wären Feststellungen darüber erforderlich, aus welchen Gründen die Maschine nicht funktioniert (nach der Behauptung der Beklagten wurde die Mühle offensichtlich zum Mahlen eines härteren Gesteins als Feldspat verwendet).
Sollte sich ergeben, daß an der Maschine Mängel vorhanden sind, die von der Beklagten zu vertreten sind, sodaß die Klägerin Wandlung begehren kann, eine Rückstellung der Maschine aber ohne Verschulden der Klägerin nicht möglich ist, dann wäre die Klägerin verpflichtet, Zug um Zug eine Vergütung für den ihr zugekommenen Nutzen zu leisten (Bydlinski in Klang 2 IV/2, 700; 5 Ob 728/82; 1 Ob 638/83). Diese Frage wäre mit den Parteien zu erörtern und es müßte ihnen Gelegenheit gegeben werden, ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten. Die Erklärung der Klägerin, mit der eine "Zug um Zug-Leistung" abgelehnt wurde, stellte eine Erwiderung auf den Einwand der Beklagten dar, die Klägerin müsse die Mühle samt Zubehör zurückstellen. Die Frage einer zu leistenden Vergütung für die nicht rückstellbare Mühle wird im Vorbringen keiner der Parteien behandelt. Die Klägerin rügt daher mit Recht als Verfahrensmangel, daß diese Frage bisher nicht erörtert wurde.
Aus diesen Gründen mußten die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen werden. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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