OGH 2Ob637/86

OGH2Ob637/8616.6.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Huber als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des John David Eryl E***, geboren am 8. Dezember 1908, Pensionist, 9523 Landskron, St. Ruprecht Nr. 33, infolge Revisionsrekurses des John David Eryl E*** gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 10. Juni 1986, GZ 3 R 96,97/86-26, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Villach vom 18. März 1986, GZ 2 SW 2/86-12 und 13, bestätigt wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit den Beschlüssen ON 12 und 13 vom 18. März 1986 hat das Erstgericht für den nunmehrigen Rekurswerber gemäß § 238 Abs. 1 und 2 AußStrG einen einstweiligen Sachwalter zur Vertretung im Verfahren zur Prüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters sowie zur Vertretung im Verfahren vor Gerichten und Verwaltungsbehörden bestellt. Es begründete dies damit, der 77-jährige Betroffene habe zahlreiche Eingaben an verschiedene Behörden, die Staatsanwaltschaft Klagenfurt sowie das einschreitende Gericht gemacht, welche eindeutig auf krankhafte Vorstellungen bezüglich seiner Exekutions- und Zivilverfahren schließen ließen. Aufgrund der erfolgten Anregung der Exekutionsabteilung des einschreitenden Gerichtes sowie der protokollierten Beobachtungen des Verhandlungsrichters im Verfahren 6 C 877/83 des Bezirksgerichtes Villach über den Mangel der Fähigkeit des Betroffenen zu einer verständlichen Äußerung über den Rechtsstreit sei zur Abwendung der Gefahr von ihm nachteiligen Verfahrensführungen die amtswegige Einleitung des Verfahrens (§ 236 AußStrG) und Bestellung eines einstweiligen Sachwalters erforderlich.

Das Rekursgericht entnahm den jeweils als Rekurs bezeichneten Eingaben des Betroffenen in ON 20 und 21, daß er sich damit gegen die Zulässigkeit der Einleitung des Verfahrens nach §§ 236 ff AußStrG und die Bestellung einstweiliger Sachwalter wende, hielt die Anfechtung der erstgerichtlichen Beschlüsse jedoch nicht für gerechtfertigt. Der Betroffene habe seit mehreren Jahren seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Sprengel des Erstgerichtes, so daß trotz seiner ausländischen - britischen - Staatsbürgerschaft die inländische Gerichtsbarkeit im Sinne des § 110 Abs. 1 Z 2 JN gegeben sei. Zwar müsse gemäß § 15 IPRG die Notwendigkeit einer Beschränkung der Handlungsfähigkeit des Genannten nach seinem Personalstatut, also nach ausländischem Recht, beurteilt werden, verfahrensrechtlich seien aber grundsätzlich die inländischen Rechtsnormen anzuwenden. Soweit die Sachwalterbestellung dem materiellen Recht zugehöre, sei hier wegen der Dringlichkeit der Bestellung mangels der Möglichkeit rechtzeitiger Ermittlung des ausländischen Rechtes gemäß § 4 Abs. 2 IPR österreichisches Recht anzuwenden. Aus dem Inhalt der Eingaben des Betroffenen und seinem prozessualen Verhalten, insbesondere im Hinblick auf die mangelnde Befolgung von Ladungen im gegenständlichen Verfahren und die Verweigerung des Betretens des Richterzimmers trotz Anwesenheit im Gerichtsgebäude (ON 10 a, 11), lägen im Sinne der erstgerichtlichen Ansicht begründete Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Sachwalterbestellung vor. Im weiteren Verfahren habe das Erstgericht die maßgeblichen Normen des ausländischen Rechtes zu ermitteln und bei der Beurteilung der Handlungsfähigkeit des Betroffenen anzuwenden.

Rechtliche Beurteilung

In seinem als Revisionsrekurs bezeichneten und als solches auch im Verfahren zur Bestellung von Sachwaltern zulässigen Rechtsmittel (7 Ob 621/84) macht der Betroffene, dessen Rechtsmittelbefugnis im Bestellungsverfahren grundsätzlich nicht eingeschränkt ist (1 Ob 542/86), ausdrücklich den Beschwerdegrund der Aktenwidrigkeit im Sinne des § 16 AußStrG geltend. Dabei verweist er lediglich darauf, daß sich bestimmte Tatsachen aus dem Grundbuch bzw. den Akten des Landesgerichtes Klagenfurt und des Bezirksgerichtes Villach ergäben, wobei er die Aktenzeichen einzelner gegen ihn geführter Exekutionsverfahren usw. anführt. Ein Widerspruch des Inhaltes des vorliegenden Aktes über die Sachwalterschaftssache mit dem angefochtenen Beschluß und damit eine Aktenwidrigkeit dieses Beschlusses wird aber nicht aufgezeigt. Eine Aktenwidrigkeit liegt grundsätzlich nur vor, wenn das Rekursgericht in seiner Entscheidung den Akteninhalt unrichtig wiedergegeben und solcherart ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen hat (siehe AußStrG MGA2 E 125 zu § 16).

Auch eine Nichtigkeit ist nicht gegeben. Die inländische Gerichtsbarkeit und die örtliche Zuständigkeit des Erstgerichtes wurden von den Unterinstanzen im Sinne der Regelungen der §§ 110 Abs. 1 Z 2 und 109 JN sowie § 15 IPRG nach der Aktenlage zutreffend bejaht. Eine Verletzung grundsätzlicher verfahrensrechtlicher Bestimmungen vom Gewichte einer Nullität ist nicht erkennbar. Insbesondere ist auch kein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs bzw. der Unmittelbarkeit des Verfahrens gegeben, weil der Betroffene die vom Erstrichter im Sinne des § 237 AußStrG versuchte Aussprache im Richterzimmer trotz Anwesenheit im Gerichtsgebäude verweigerte, woraus sich hinreichende Schlüsse auf seine Persönlichkeit ergaben und im übrigen schriftliche Stellungnahmen in den Rekursen erfolgten. Mangels Vorliegens eines Beschwerdegrundes im Sinne des § 16 AußStrG war der außerordentliche Revisionsrekurs des Betroffenen daher zurückzuweisen.

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